Geschrieben von Montag, 12 September 2022 13:40

Das war das Wacken Open Air 2022 – Der Festivalbericht mit Bildern

Es wurde wieder voll auf dem Holy Ground: Knapp 80.000 Metalfans waren zurück und machten Wacken unsicher. Nach einer Zwangspause von zwei Jahren kombinierte eines der größten Heavy Metal-Festivals der Welt alte Traditionen mit Innovationen: Wir haben euch einige Highlights und Bilder vom Wacken 2022 mitgebracht!

Wacken Wednesday

Endlich wieder WAAAAAAAAAAAAAACCCCCCCCCCKKKKKKKKKEEEEEEEEEEEEN! Das diesjährige Wacken Open Air startet als Novum furios bereits am Mittwoch auf der Louder Stage (jedoch nur mit Zusatzticket für 66,66€). Bevor jedoch die ersten Töne erklingen, schaut man sich wie jedes Jahr auf dem Festivalvorplatz um und wird von Sponsorenständen, Merchandise und einer nicht enden wollenden Schlange an der Bändchen-Ausgabestelle begrüßt.

Auch wenn ein Teil der Besucher:innen bereits am Montag und Dienstag in dem kleinen Dorf nahe Itzehoe ankam, die Mehrheit stürmt nach wie vor erst am Mittwoch den Campground und somit auch die Bändchenausgabe. Nach einer Wartezeit von bis zu 4h kann es dann aber auch schon losgehen, ausgerüstet mit dem neu eingeführtem Cashless Payment Chip und Zugang zum Gelände. Veranstalter Thomas Jensen entschuldigt sich später in einem Interview für die Wartezeiten und beteuert, dass das „nicht unser Anspruch“ sei.

Louder

Der „Wacken Wednesday“ beginnt zunächst mit VARANG NORD, den Metal Battle Gewinnern 2019, gefolgt von den Schweden BROTHERS OF METAL und GLORYHAMMER. Letztere kommen aufgrund von Flugabsagen und Staus zu spät und müssen ihr Set auf vier hastig dargebotene Songs begrenzen. Den krönenden Abschluss bilden die Headliner EPICA und AVANTASIA. Beide Bands trumpfen mit Pyrotechnik und epischen Bühnenshows auf und läuten auf fulminante Weise das diesjährige W:O:A ein.

Aber auch die anderen Bühnen lassen sich nicht lumpen: Für die Festivalgänger:innen ohne Zusatzticket gibt es beim Metal Battle tagsüber auf der Headbanger und W:E:T Stage wieder den ein oder anderen Newcomer zu entdecken und Abends THE IRON MAIDENS und THE NIGHTFLIGHT ORCHESTRA zu hören. Neben den traditionellen Gigs der WACKEN FIREFIGHTERS und BLAAS OF GLORY erklingt auf der Wackinger Stage Musik von MR. IRISH BASTARD, NOTHGARD und dem – nach der Menschenmenge davor zu urteilen – inoffiziellen Headliner des Tages: KNASTERBART.

Donnerstag

Louder

Am Donnerstag geht es dann für alle Wacken Besucher:innen richtig los. Auf der Louder Stage starten TORFROCK den Tag, gefolgt von CORVUS CORAX, die hier ihr erstes Metal-Album „Era Metallum“ vorstellen. Mit exotischen selbst gebauten Instrumenten und Sagen aus dem Hohen Norden schaffen die Berliner zumindest eine kleine textliche Abkühlung in der Wackener Mittagshitze.

Ein weiteres Highlight des heutigen Tages ist die Berlin-Akustik Show von HÄMATOM. Neben den vier Musikern Nord, West, Süd und Ost steht noch ein Ensemble aus Blasinstrumenten, Keyboard, Gitarre und Background-Sängerinnen auf der Bühne. Mit entsprechenden Kostümen und einer passenden Show erzählen HÄMATOM eine Geschichte über Gangster und Ganoven der 1920er mit den Musiker:innen als Haupt- und Nebenakteur:innen. Spät am Abend geben sich dann noch die Monster von GWAR die Ehre und schließen mit einer monströsen Show den Tag.

Faster & Harder

Auf den Hauptbühnen eröffnen unterdessen die Wacken Veteranen SKYLINE auf der Harder Stage den Donnerstag. Ein paar Stunden später stürmen GRAVE DIGGER zusammen mit gut 60 Dudelsack und Trommel spielenden Musiker:innen die Bühne, um ihre 40+2 jährige Jubiläumsshow zu spielen.

Um 19:45 Uhr verklingen die letzten Töne von DIRKSCHNEIDER und es wird unruhig, denn auf einmal überrollt eine Horde Wikinger den Platz vor den beiden Bühnen. Hoch oben, direkt unter dem Wacken Schädel tauchen plötzlich AMON AMARTH auf und spielen als „Guardians of Asgaard“ einen kurzen Gig als kleinen Vorgeschmack auf ihr neues Album und das kommende W:O:A.

Nun wird es nach einem grandiosen Auftritt von MERCYFUL FATE auch schon Zeit für den Headliner JUDAS PRIEST. Auch hier dürfen die Fans eine Jubiläumsshow vom Feinsten erleben. Allerdings nur, wer es direkt ins Infield geschafft hat, denn je weiter weg man von der Bühne steht, desto undeutlicher und blecherner wird leider der Sound. Schade, aber nichtsdestotrotz lassen die Herren um Sänger Rob Halford ihr Publikum aufs neue Wissen, dass sie es auch nach 50 (+2) Jahren noch genauso drauf haben wie früher.

Natürlich gibt es aber auch auf den kleineren Bühnen ordentlich was auf die Ohren. Angefangen bei den selbst ernannten Superhelden von den GRAILKNIGHTS, die zur besten Primetime auf der Wasteland Stage ihren stetigen Kampf gegen den Bösewicht Dr. Skull fortführen.

Auf Headbanger- und W:E:T Stage geben sich wenig später ROTTING CHRIST und BELPHEGOR die Klinke in die Hand und liefern unter dem Schleier der einsetzenden Dunkelheit zwei von Pyrotechnik und Nebel gespickte schwarzmetallische Shows ab, die definitiv, mit Ausnahme der Soundprobleme während der ersten drei BELPHEGOR Songs, Hauptbühnen-würdig sind.

Freitag

Faster & Harder

F wie Freitag und wie furios. Denn so beginnt dieser schon früh auf den Hauptbühnen mit den finnischen ESC Teilnehmern BLIND CHANNEL, gefolgt von einem Füllhorn an Bands verschiedener Genres, die quasi alles abdecken, was das Metalherz begehrt. Angefangen bei leichtem Glam Rock von KISSIN DYNAMITE, über Gothic Metal von LACUNA COIL und Folk Metal von FEUERSCHWANZ bis hin zu Göteborger Melodic Death Metal von AT THE GATES und THE HALO EFFECT. Besondere Highlights an diesem Freitag sind die Shows von IN EXTREMO, SLIPKNOT und Publikumsliebling BEHEMOTH. Doch eins nach dem anderen.

Nachdem KISSIN DYNAMITE und LACUNA COIL die Harder Stage eröffnet haben, beginnt für viele Wacken Gänger:innen erst so richtig der ziemlich sonnige und heiße Freitag. Zunächst mit der „Slaughter of the Soul“-Show von AT THE GATES, bei dem die Melodic-Death-Metaller ihr Erfolgsalbum nach über 25 Jahren in seiner vollen Schönheit präsentieren.

Weiter geht es mit BEHEMOTH, die kurzfristig für die erkrankten LIMP BIZKIT eingesprungen sind. Die Publikumslieblinge machen ihrem Status alle Ehre und lassen die zahlreich erschienenen Zuhöhrer:innen an ihrer schwarzen Messe teilhaben.

Auf der Faster Stage geht es im Anschluss bombastisch weiter mit der 25 Jahre Jubiläumsshow von IN EXTREMO. Feuer, gute Stimmung, neue Songs und alte Hits machen das Set aus. Ein riesengroßes Feuerwerk über beiden Hauptbühnen und dem Schädel zum Ende des Konzertes setzt dem Ganzen noch eins drauf und beendet den Auftritt mit einem sprichwörtlichen Knall.

Unterdessen wird auf der Schwesternbühne alles für die Headliner des Tages aufgebaut: SLIPKNOT. Das Infield füllt sich und alle warten gespannt darauf, dass die Formation um Corey Taylor ihr Wacken-Debüt gibt. Und die maskierten Nu Metaller liefern, was sie versprechen: Pyrotechnik, Spezialeffekte und Songs, die alle mitsingen können. Nicht nur der Band ist anzumerken, wie sehr sie sich freut, endlich auf dem W:O:A auftreten zu dürfen, auch im Publikum wird gemosht, die Haare werden fliegen gelassen und Crowdsurfer über die Köpfe getragen. Nach 13 Songs und zwei Zugaben verlässt das Septett sichtlich glücklich die Bühne und lässt die Fans ebenso ekstatisch zurück.

Bevor FEUERSCHWANZ den Tag beschließen, geben THE HALO EFFECT ein weiteres Debütkonzert. Die Melodic-Death-Metal-Supergroup – bestehend aus (ehemaligen) Mitgliedern von IN FLAMES und DARK TRANQUILLITY – hat sich zwar erst während der Pandemie gegründet und am 12. August ihr Debütalbum veröffentlicht, erobert den Holy Ground aber im Sturm. Sicherlich wird man diese Formation noch öfter in Wacken erleben dürfen.

Louder

Nebenan auf der Louder Stage gibt zunächst Rapper ALLIGATOAH am Nachmittag sein Wacken Debüt vor zahlreichem textsicherem Publikum. Abends lässt dann Gothic Legende ASP das schwarzblütige Publikum zuerst brennen, dann „vorwärts“ und „abwärts“ tauchen und schlussendlich auf Rabenschwingen fliegen.

Headbanger & W:E:T

Ein nicht minder gutes Kontrastprogramm ist derweil auf den ehemaligen Zeltbühnen zu hören. Auf der Headbanger geben sich zunächst die finnischen Thrash Metaller LOST SOCIETY die Ehre, bevor ME AND THAT MAN, das Nebenprojekt von Adam Darsky (besser bekannt als „Nergal“), bluesrockig den Nachmittag einleiten. Zwischendrin ertönt von der W:E:T Stage her klassisch deutscher Powermetal von FREEDOM CALL.

Wackinger

Auch auf der Wackinger Stage kommen feierwütige Fans am Freitag auf ihre Kosten. Um 16:30 Uhr betreten die Irish Folk Rocker THE O’REILLEYS AND THE PADDYHATS die Bühne und reißen innerhalb von 60 Minuten das Wackinger Village beinah komplett ab. Springende und moshende Fans soweit das Auge reicht, schon nach kurzer Zeit muss die Security im Graben aufgrund zahlreicher Crowdsurfer verdoppelt werden. Diese Band gehört definitiv auf eine größere Bühne.

Nach einer Stunde Atempause und amüsanter Pausenbespaßung durch einen Tech wird das Wackinger Village kurzerhand nach Mittelerde verlegt und die Kampfzwerge von WIND ROSE bringen mit ihrem energetischen Power Metal die Erde zum Beben und die Haare zum Fliegen. Mit einer bunten Mischung aus älteren Songs und Stücken ihres neuen Albums gelingt auch ihnen das W:O:A Debüt. Und wahrscheinlich sind sie die einzige Band, die es schafft, das Wackinger Village zu Techoklängen des Dance Remix' ihres viralen YouTube-Hit-Covers „Diggy Diggy Hole“ umherspringen zu lassen.

Samstag

Faster & Harder

Der letzte Wacken Tag bricht an und wie gewohnt ist auf einigen Campingplätzen bereits Aufbruchstimmung, oder zumindest Einpackstimmung. Auf allen Bühnen wird jedoch noch einmal richtig Gas gegeben und mit Highlights wie AS I LAY DYING, HÄMATOM, POWERWOLF und LORDI bräuchte man das Infield auch eigentlich gar nicht mehr verlassen.

Kurz vor der abendlichen Prime Time betreten HÄMATOM unter einem großen Regenbogen-Einhorn-Banner die Harder Stage für ihre non-akustik Show. Unterstützt von den 257ERS bei einem Song bringen die vier Herren das Infield unter einer Staubwolke zum Kochen. ARCH ENEMY machen mit noch mehr Energie weiter und präsentieren einige neue Songs, von denen einer sogar gefilmt wird.

Pünktlich um 22 Uhr, direkt vor dem dritten Headliner POWERWOLF, beginnt der traditionelle „Promoters Farewell“, bei dem sich die Organisatoren Holger Hübner und Thomas Jensen noch einmal beim Publikum bedanken und die neuen Acts für das nächste Jahr vorstellen.

Nach der Dankesrede beginnt ein episches Spektakel, bei dem sich zunächst eine Zombiemeute das Areal zwischen den Hauptbühnen aneignet, bevor wenig später eine Horde Wikinger mit Schilden, Speeren und Äxten beginnt, besagte Zombiemeute in die Flucht zu schlagen. Begleitet von epischer Musik und unter einem nicht zu übersehenden Wikinger-Motto flackern nun auf dem Bildschirmen die ersten Acts für das W:O:A 2023 auf: BEARTOOTH, BURNING WITCHES, DEICIDE, DROPKICK MURPHYS, ENSIFERUM, IRON MAIDEN, JINJER, MEGADETH, NERVOSA, PENTAGRAM, TWO STEPS FROM HELL und WARDRUNA.                      

Es folgt der dritte Headliner des Festivals mit seiner heiligen Heavy-Metal-Messe: POWERWOLF. Das Quintett um Sänger Attila Dorn nimmt dem zahlreich erschienenen Wacken-Publikum mit viel Pyrotechnik und heftigem Mitsingen zu Hits wie „Army Of The Night“, „Amen & Attack“ und „We Drink Your Blood“ nur zu gerne das Gelübde ab.

Nach guten zwei Stunden Power Metal wird es nun Zeit für den krönenden Abschluss des W:O:A 2022: LORDI. Die finnischen Monster-Rocker betreten in ihren charakteristischen Kostümen vor einer detaillierten Horror-Kulisse die Faster Stage und zelebrieren mit passender Pyrotechnik, Tänzeri:innen und spektakulären Showeffekten den Geburtstag ihres Debütalbums „Get Heavy“. Natürlich dürfen auch Hits wie „Blood Red Sandman“, „Would You Love A Monsterman“ und „Devil Is A Loser“ nicht fehlen. Spätestens jedoch beim Eurovision Hit „Hard Rock Hallelujah“ steht nichts und niemand mehr still und alle feiern mit LORDI den Abschluss des 31. Wacken Open-Air-Festivals.

Headbangers & W:E:T

Auf den ehemaligen Zeltbühnen sind unterdessen mit AUDN und SPIDERGAWD Bands zu sehen die sich langsam aus dem Untergrund in das Bewusstsein der breiten Masse bewegen. Die ehemaligen isländischen Metal-Battle-Gewinner AUDN präsentieren einen atmosphärischem Black Metal, der sich zur richtigen Uhrzeit, wenn der Himmel sich verdunkelt hat, sicher noch atmosphärischer anfühlt. Die Norweger SPIDERGAWD präsentieren ihren Musikstil, eine Mischung aus Stoner und Hard Rock, lässig und ohne viele Worte. Allen vor der Bühne gefällts und die Band zieht sogar ein wenig Laufpublikum an.

Wackinger

Auch im Wackinger Village geht am letzten Tag nochmal die Post ab. Angefangen mit der Karnevalsband HÖHNER, standesgemäß um 11:11 Uhr, spielen auch die WACKEN FIREFIGHTERS noch einmal auf. Am frühen Abend geben dann die Folk Metaller MANNTRA eine Stunde lang einen Einblick, wie traditionelle kroatische Musik „vermetalt“ werden kann und Besucher:innen mit mehr als einem Ohrwurm zurücklässt.

Direkt danach entführen STORM SEEKER das Publikum in die Karibik mit ordentlich Rum, Piratenschiffen und Schätzen, so weit das Auge – oder die Ohren – reicht. Die Interaktion des Quintetts mit dem Publikum ist zwar anfangs noch etwas zaghaft, entwickelt sich aber rasend schnell zu einer absoluten Piratenparty. Dies auch nur zurecht, denn wie sich herausstellt, feiert Sänger Timothy Arbor am selben Tag seinen Geburtstag.

Fazit

Wacken 2022 war nach zweijähriger pandemiebedingter Pause wieder ein Highlight des Sommers. Kleinere Schwierigkeiten wie lange Schlangen an der Bändchenausgabe oder das zunächst gewöhnungsbedürftige Bezahlsystem beiseite, war es wieder ein gelungenes Festival. Um es mit den Worten einer anonymen Poet:in auszudrücken, deren Worte die Außenseite einer Toilettentür zieren:

„Wenn die Wiese voller Zelte, Pavillons und Camper ist,
wo im Boden – in der Pipeline – Bier anstatt dem Erdöl fließt,
kommt die schönste Zeit von allen.
Bierchen schon zum Frühstück knallen,
Ravioli, Dosenfraß,
lange Haare, bisschen Gras.
Bühnenshows mit Flammenmeer tauchen übers Himmelszelt,
schwarze Kutten, buntes Heer, alle Fahnen dieser Welt.
Große Box mit harten Klängen,
Menschen die dazu headbangen,
alle derbe am abspaten [sic].
Ich sach dir Junge – Dat is Wacken!“

Das nächstjährige Wacken ist bereits ausverkauft und somit gilt: See you in Wacken – rain or shine!

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