Höllen-Lärm – Die komplette, schonungslose, einzigartige Geschichte des Heavy Metal Tipp


„An alle Headbanger da draußen: Dieses Buch ist für euch!“ Zur Freude der angesprochenen Fanschar harter Musik hält der Inhalt, was der Klappentext verspricht. „Höllen-Lärm“ ist kein weiterer missglückter Versuch, eine Art übergreifende Enzyklopädie über die Entstehung und Entwicklung des Heavy Metal zu schreiben. Wo Fans in der Literatur bislang nur unbefriedigende und lückenhafte Ansammlungen von Halbwissen fanden, wird ihnen nun auf knapp 400 Seiten die Welt des Heavy Metal chronologisch umfassend und faktenreich erschlossen.

Ian Christie, selbst Metal-Anhänger und Berichterstatter für Reuters, Wired und Salon.com, beschreibt anhand von Interviewauszügen und vielen kleinen Anekdoten sehr lebendig und detailliert die unterschiedlichen Epochen und Auswüchse der metallenen Musikgeschichte. Seien es Black Sabbath als Begründer des hardrockenden Genres Anfang der Siebziger, Bands aus der „New Wave Of British Heavy Metal“ wie Iron Maiden und Judas Priest, die Glam-Rock-Welle der späten achtziger Jahre oder der Thrash- und Nu-Metal der Neunziger: Stets werden Hintergründe, Verbindungen und Zusammenhänge erläutert und mit angrenzenden musikalischen Kulturströmungen wie beispielsweise dem Grunge, Punk oder Rap in Verbindung gebracht.

Ohne übermäßig Partei zu ergreifen, vermittelt Christie in Kapiteln zur Zensur, welch bizarre Formen das Unverständnis von Staat und Eltern gegenüber Heavy Metal angenommen hat, insbesondere in den USA. Kurze Übersichten über die unterschiedlichen Sparten und ihre stiltypischen Veröffentlichungen erleichtern dem unerfahrenen Leser die Orientierung zwischen Black Metal, Death, Grindcore, Doom und vielen weiteren Spielweisen, deren Herkunft und Entstehungsgeschichte weitgehend erschöpfend vorgestellt und beschrieben werden.

Am Beispiel der Erfolgsstory von Metallica, die sich wie ein roter Faden sowohl durch die Geschichte des Heavy Metal als auch durch dieses Buch zieht, verstehen auch Außenstehende, in welchem Maße Fans und Medien ausschlaggebend für die Entwicklung und auch Rückschläge der Musik waren und sind. Nebenbei löst „Höllen-Lärm“ einige kleine Geheimnisse des Heavy Metal, darunter die Herkunft des Zweifinger-Grußes unter Headbangern sowie die Frage, warum Metallica einige Zeit lang Angst vor dem Sänger King Diamond hatten.

Die im Anhang des Buches aufgeführte Liste der „fünfundzwanzig besten Heavy-Metal-Alben aller Zeiten“ ist ebenso diskussionswürdig wie die belustigenden und willkürlich zusammengestellten „Metal-Charts“, die unter anderem die drei „schrägsten Albumtitel“ auflisten. - Glücklicherweise wird jedoch nur an dieser Stelle das Niveau erreicht, auf dem sich frühere Werke mit Heavy-Metal befassten.

Da Christie im ausführlichen Nachwort die heutigen Probleme irakischer Metal-Fans sowie die jüngeren Entwicklungen im Bereich des Metalcore mit einbezieht, gibt es derzeit kein umfangreicheres und aktuelleres Buch auf dem Markt, das angehende und eingeschworene Headbanger wie auch interessierte Außenstehende gleichsam informiert und unterhält.

Ian Christie, Verlagsgruppe Koch/Hannibal, 408 S., 25,90 €

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