Manowar - Battle Hymns MMXI



Stil (Spielzeit): Heavy Metal (48:23)
Label/Vertrieb (VÖ): Magic Circle Music/Alive (03.12.10)
Bewertung: Keine Bewertung

http://www.manowar.com

Keine Ahnung, ob MANOWAR- und Magic Circle Music-Boss Joey DeMaio wegen des Gerichtsprozesses (eine Fotografin wurde bei einem "Geschäftsgespräch" recht unsanft behandelt) dringend Kohle benötigt, er mit neuen Songs nicht weiter kommt (nach Donnie Hamziks Rückkehr wurde bekanntlich sämtliches Material für "Hammer Of The Gods" in die Tonne getreten) oder er tatsächlich einfach nur Bock auf diese Neueinspielung hatte und der Welt beweisen möchte, dass "Battle Hymns" auch 2010 mit neuem Sound noch funktioniert – jedenfalls haben MANOWAR ihr legendäres Debüt von 1982 neu eingespielt und lassen weiterhin auf den "Gods Of War"-Nachfolger warten.

"Battle Hymns" kann in mehreren Punkten von den späteren Werken der amerikanischen True Metal-Verfechter abgegrenzt werden: Es ist noch deutlich rockiger und rotziger, beschäftigt sich mit ernsthafteren Themen (z.B. dem Vietnamkrieg in "Shell Shock") und atmet den frischen Spirit, der fast allen Debütalben anhaftet. Mit "Manowar" (über viele Jahre der traditionelle Konzertopener), "Metal Daze", dem epischen "Dark Avenger" und der Titeltrack-Hymne enthält der MANOWAR-Erstling gleich vier unsterbliche Klassiker des traditionellen Metals. Die restlichen Songs, darunter "Death Tone" und der straighte Rocker "Fast Taker", sind auf einem ähnlichen Niveau angesiedelt. Kann man ein solches Album, dessen Reiz doch gerade der etwas rumpelige, unperfekte, warme Klang und die klassischen Rocksoli von Ross The Boss ausmacht, überhaupt vernünftig in das Jahr 2010 (warum ist im Titel eigentlich bereits 2011 angegeben?) transportieren oder zumindest einigermaßen adäquat aufleben lassen?

Das Ergebnis fällt zwiespältig aus. Nein, an den Songs hat sich selbstverständlich nichts geändert, die sind songwriterisch so fantastisch wie auf dem Original. Und der Sound, der laut DeMaio mit dem heutigen Equipment ja angeblich endlich so erklingen kann, wie es immer gedacht war, ist tatsächlich vor allem eins: Fett, fett und fett. Die Gitarren braten, dass man meint, es würden zehn Marshall-Amps in der Bude stehen, die Drums sind so kräftig und voluminös, dass man den Punch richtig derbe in der Magengrube spürt, DeMaios Bass ist nicht omnipräsent, sondern steht gleichberechtigt neben den anderen Instrumenten, und Eric Adams tut das, was er schon immer konnte: Fantastisch und charakteristisch singen, wenn auch ein paar Oktaven tiefer (wie überhaupt alle Songs ein wenig tiefer gestimmt wurden). Aus Sicht der heutigen Zeit ist die Produktion perfekt, doch das ist gleichzeitig die Gemeinheit an der Sache: Verglichen mit dem warmen Original klingt "Battle Hymns MMXI" sehr steril, überbordend und ohne Dynamik. Für sich genommen ist die Produktion im Vergleich zu "Gods Of War" und "Thunder In The Sky" allerdings ein Quantensprung und vielleicht ein erstes positives Anzeichen dafür, dass in Zukunft doch noch mit den Amerikanern zu rechnen sein könnte.

Unerklärlicherweise wurden die Songs merklich langsamer eingespielt, so dass den Klassikern ein gutes Stück der unverbrauchten Energie verloren geht. Karl Logan ist selbstverständlich immer noch kein Ross The Boss, interpretiert die Soli auf seine Art aber überraschend gut. Donnie Hamzik trommelt merklich dynamischer und variabler als Scott Columbus, scheint aber nicht mehr so verspielt zu Werke zu gehen (dürfen?) wie bei dem Earthshaker-Auftritt 2005, während Joey DeMaio das ursprünglich amüsante, weil herrlich unbedarft heruntergerotzte "William's Tale" völlig in den Sand setzt. Eric Adams ist mit seiner tadellosen Leistung und seinem unglaublichen Organ wieder einmal der Fels in der Brandung und MANOWARs sicherer Hafen.

Jeder verbindet wohl seine eigenen Erinnerungen und Erfahrungen mit "Battle Hymns". Für mich ist die Erzählpassage in "Dark Avenger", die Sir Christopher Lee (wer auch sonst?) sehr theatralisch aufgenommen hat, zwar einigermaßen atmosphärisch, kommt allerdings nie an die magische Passage von Orson Welles heran. Was das Quartett (oder DeMaio) sich bei dem Schrei in "Metal Daze" gedacht hat, entzieht sich meiner Kenntnis; der klingt nämlich so, als hätte er höchstpersönlich das Clipping und digitale Verfremdungseffekte erfunden. Und letztendlich gefallen mir die abgewandelten "Victory"-Schreie in "Battle Hymns" nicht wirklich. Hier allerdings betreten wir endgültig den Bereich der ganz persönlichen Vorlieben und liebgewonnen Details.

Die Bonustracks ("Fast Taker" und "Death Tone" in frühen Liveversionen) entpuppen sich als lange nicht so spektakulär wie von der Band angekündigt. Letztendlich findet man solche Bootleg-Aufnahmen im Netz zuhauf. Trotzdem zeigen die beiden Livetracks, wie energisch und hungrig MANOWAR zu Beginn ihrer Karriere noch waren.

"Battle Hymns MMXI" hat seine starken Seiten und trumpft neben dem wahrlich dicken Sound mit einer sehr edlen Variation des Covers auf. Bei der Neuaufnahme scheinen MANOWAR aber eher darauf geschielt zu haben, das Debüt zu "metallisieren", statt den stark rockigen (und sich damit vom Rest der Alben abhebenden) Einschlag beizubehalten. Schön, wenn neue Fans mit der Neueinspielung auch auf die älteren, unbestreitbar grandiosen Alben aufmerksam gemacht werden können, doch ich bleibe lieber bei dem legendären Original. Ihre allerletzte Gnadenfrist bis zum nächsten Album haben MANOWAR mit "Battle Hymns MMXI" aber immerhin erst einmal verlängert...