Grai - Ashes Tipp

Grai - Ashes
    Folk Metal

    Label: Noizgate Records
    VÖ: 01.12.2017
    Bewertung:9/10

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Der Grund, warum ich GRAI gerade nicht wirklich leiden kann, ist ziemlich der gleiche, warum ich ihr aktuelle Album "Ashes" liebe: Wie soll man das Album angemessen besprechen?

Eine gute erste Hälfte ...

Klar, das vierte Studioalbum der Tataren setzt einen Haken hinter diverse Punkte, die man im Folk-Metal mittlerweile mehr oder weniger zum Standard zählen darf. Treibender Metal, gemischt mit gekonnt eingespielten Folkpassagen. Ätherischer, weiblicher Klargesang im Chor mit harten männlichen Growls – Russisch ist übrigens eine hervorragend growlbare Sprache. Abwechslungsreiche und teilweise eigenwillige Instrumentierung – ja, Maultrommeln sind Metal, sogar Wortsinn. Damit hat man aber der Vielseitigkeit noch lange nicht Genüge getan, die das Sextett auf die Scheibe gepresst hat.

Da ist mit "Haze" die, mittlerweile zum guten Ton gehörende, epische Einleitung, die es schafft, den dunklen Unterton zu etablieren, der sich durch das ganze Album zieht, aber nie wirklich dauerhaft die Oberhand gewinnt. "Song Of The Dead" setzt dann die Stimmung für die ersten Titel. Treibende Metal-Gitarren im Kontrast mit glänzenden Flöten mischen sich ebenso wie der emotionale Klargesang und die bebenden Growls, die darüber liegen. Zu sagen, dass das Muster über die nächsten Titel aufrechterhalten wird, ist zwar technisch richtig, aber gefühlt ziemlich falsch. Oberflächlich variieren Tempo und der Ausdruck der Gitarren, der Gesang findet für jedes Lied seine eigene Stimmung und die eingesetzten Instrumente sind geschickt gewählt, um zu unterstreichen und zu kontrastieren.

"Donya" zum Beispiel ist eine melancholische Rocknummer ohne ausschweifenden Folk, "Thread Of Winter" klingt wie eine Unterhaltung zwischen depressivem Melodic Death und fröhlichem Folk. "Shade" kann man dann fast einen Industrial-Einschlag andichten. Wenn ich einen benennen müsste, wäre das mein persönlicher Tiefpunkt des Albums. Vermutlich auch, weil es der Titel ist, der an diesem Punkt zwischen mir und meinen Lieblingen steht.

... und eine überragende zweite

Das Trio aus "Ashes", "Fortress" und "Farewell" ist seine eigene kleine Insel. Hier ist der Punkt, der mich beim ersten Hören sprachlos gelassen hat, der aus einem guten Album ein großartiges macht. Nach "Shade" wirkt "Ashes" wie ein harter Bruch. Akustische Gitarren und der mitreißende Klargesang setzen die Stimmung und das melancholische Solo auf der elektrischen Gitarre setzt einen Kontrastpunkt, ohne zu kratzen oder die Stimmung zu stören.

Und dann kommen wir endlich zu "Fortress", meinem persönlichen Highlight des Albums. Wieder akustische Gitarren, Streicher, Flöten. Der wunderbar weibliche Klargesang, ergänzt mit diesmal nicht männlichen Growls, sondern ebenfalls mit Klargesang, wie wenn Donner Harfe spielt. Die ruhige Stimmung immer wieder durchbrochen von kurzen elektrischen Passagen mit energetischen Growls. Wenn ein Titel hängen bleibt, dann dieser.

"Farewell" bleibt im Muster und wirkt wie der Abschied, den der Titel verspricht. Als ob man noch einen musikalischen Schubs bräuchte, um traurig zu werden, dass das Album nicht deutlich länger ist. Für gute Laune sorgt dann aber wieder das Cover zu Rotting Christs "...Pir Threontai". Dudelsäcke machen eben doch alles besser.

Beeindruckend ist, dass man sich trotz der vielen Variationen, die jeden Titel auf eigene musikalische Füße stellen, durch das komplette Album getragen fühlt, als wäre es ein gutes Konzeptalbum. Wie jeder einzelne Titel wirkt das ganze Album liebevoll abgestimmt und gekonnt nach einer klaren Vision gestaltet. Klare Empfehlung.

Tracklist

  1. Haze
  2. Song Of Dead
  3. A Water Well
  4. Darkness With Me
  5. Donya
  6. Tread Of Winter
  7. Shade
  8. Ashes
  9. Fortress
  10. Farewell
  11. …Pir Threontai (Rotting Christ Cover)

 

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