Ach, wie schön, wenn ein Jahr musikalisch so gut anfängt! Spätestens mit "Keeper Of The Seven Keys – The Legacy" haben sich HELLOWEEN ja wieder bekrabbelt, "Gambling With The Devil" war sogar die stärkste Scheibe der deutschen Metal-Institution seit den späten Achtzigern. Auch "7 Sinners" war eine gutes Album, konnte im Langzeittest dem direkten Vorgänger aber nicht ganz das Wasser reichen. Mit "Straight Out Of Hell" ist der Bande jetzt erneut ein ganz großartiger Streich gelungen, der nicht nur hohes Tempo, gute Laune, Frische und Dynamik, sondern auch einen bombastischen und knackigen Sound verspricht.
Blendet man das musikalisch und textlich platte "Asshole" und das "We Will Rock You"-artige Experiment "Wanna Be God" aus, erschlägt einen die neue HELLOWEEN-Scheibe mit einem Kracher nach dem anderen und markiert zweifellos den ersten Höhepunkt im noch ganz frischen Metal-Jahr 2013. Den ausdrucksstärksten und abwechslungsreichsten Track hat man direkt mal an den Anfang gesetzt: Das siebenminütige, mystische "Nabatea" macht bereits beim ersten Hören mit HELLOWEEN-typischen Harmonien, Breaks, Tempowechseln und einem Wahnsinnschorus so enorm viel Spaß, dass die Scheibe einfach nur gewinnen kann. Eigentlich sollte man meinen, dass die Kürbisköpfe ein solches Höchstmaß an Qualität nicht halten können, doch weit gefehlt: Mit dem pfeilschnellen Ohrwurm "Far From The Stars" (der Anfang ist der pure Wahnsinn, der Chorus so viel HELLOWEEN wie nur irgend möglich), der ersten Single "Burning Sun", in der sich Andi Deris ganz beeindruckend die Lunge aus dem Leib schreit, dem kraftvollen "Live Now!" und "Years" übertrifft sich das Quintett selbst. Jeder Song atmet entweder den Geist alter, magische HELLOWEEN-Tage oder führt sehr gekonnt den moderneren Stil ab "Time Of The Oath" fort. Oft sind es Details, die einen Song zu etwas ganz besonderem machen: Hier noch ein kleiner Melodiebogen, da ein paar Streicher und Keyboards, hier einige Pianosprenkler – zusammen mit dem wie immer fantastischen Gesang von Deris, Markus Großkopfs markantem Bass, den pumpenden Drums und dem traumwandlerisch sicheren Gitarren-Duo Weikath und Gerstner ergibt "Straight Out Of Hell" eines der besten HELLOWEEN-Alben der Neuzeit.
Erwähnenswert ist wenig überraschend auch der Rest der CD: Während "World Of War" wie eine Mischung aus klassischen HELLOWEEN und einem "Forever And One" auf Speed klingt, bringen das melancholische, von einem an "If I Could Fly" erinnernden Piano begleitete "Waiting For The Thunder" und die schöne Ballade "Hold Me In Your Arms" Abwechslung. Komplettiert wird der Reigen an sehr guten bis fantastischen Songperlen durch das heftige "Make Fire Catch The Fly", "Church Breaks Down" (mit einer der besten Bridges des gesamten Albums versehen) und den Titeltrack, der wie viele andere Nummern des Albums mit seiner unbeschwerten Fröhlichkeit einen krassen Gegensatz zum schwermütigen Vorgänger setzt. Und mit diesem kleinen Richtungswechsel, der einen Großteil des Materials in den Spätachtzigern zu heißen Kandidaten für eine der "Keeper"-Alben gemacht hätte (kann man der Band ein größeres Kompliment machen?), haben HELLOWEEN einfach alles richtig gemacht. Was für eine geile Scheibe!
Chrischi
Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten
Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...