Geschrieben von Chrischi Montag, 30 Mai 2016 08:00
Pink Floyd - Soundtrack From The Film "More" (LP, Reissue)
Das 1969 erschienene "More" ist das erste PINK FLOYD-Studioalbum ohne Beteiligung von Gründungsmitglied Syd Barrett, der bereits auf "A Saucerful Of Secrets" nur am Rande in Erscheinung trat. Bei der dritten Veröffentlichung der Briten handelt es sich um kein gewöhnliches Album: "More" ist der Soundtrack zum gleichnamigen Film von Barbet Schroeder, welcher der Band laut eigener Aussagen mehr kompositorischen Freiraum gab, als die vorherigen Alben.
Während der Film, in dem Mimsy Farmer und Klaus Grünberg ein drogenabhängiges Hippie-Pärchen auf Ibiza spielen, weitgehend in Vergessenheit geraten ist, spielt der Soundtrack von PINK FLOYD in der Bandgeschichte eine wichtige Rolle. Das innerhalb von nur acht Tagen aufgenommene, von der Band selbst produzierte Album gehört zwar nicht zu den eindrucksvollsten Werken der Bandhistorie, mit seinem Mix aus zahlreichen Stilen zeigt es jedoch wie kaum ein anderes FLOYD-Album den Ideen- und Abwechslungsreichtum der Band. Verantwortlich für die Lead Vocals ist hauptsächlich David Gilmour, die Songs wurden von Roger Waters oder der kompletten Band geschrieben.
Das von Vogelgezwitscher eingeläutete, ruhige "Cirrus Minor" mit traurigen Vocals, melancholischer Orgel und Effekten am Ende eröffnet die A-Seite auf eindrucksvolle, intensive Weise. Bei dem fantastischen "The Nile Song" mit seinen rauen Vocals und schnoddrigen Gitarren inklusive Solo handelt es sich um den bis dato härtesten PINK FLOYD-Song, ganz ohne Keyboards und Effekte. "Crying Song" ist ein entspanntes Stück mit Akustikgitarren und verhaltenen Drums, das wie "The Khyber Song" ziemlich drogengeschwängert klingt. Die hörenswerte Akustik-Ballade "Green Is The Colour" zeigt die Folk-Seite der Band, das recht simple, liebliche "Cymbaline" ist ein Ohrwurm allererster Güte. Das instrumentale "Party Sequence" beendet die A-Seite des Vinyls.
Das "Main Theme" eröffnet die B-Seite des Soundtracks. Mit dissonanten Keyboards und Effekten erinnert es stark an die ersten beiden Alben der Band. "Ibiza Bar" ist auf der B-Seite das einzige Stück mit Gesang. Es nimmt die Melodie von "The Nile Song" wieder auf und zeigt PINK FLOYD erneut von einer bis dahin ungewohnt harten, rockigen Seite. Im Gegensatz zu "The Nile Song" klingt "Ibiza Bar" etwas geschliffener und setzt auf dezente Keyboards. Die beiden Rocker sind definitiv die besten Nummern auf "More".
Den musikalischen Ansatz von "More Blues" beschreibt bereits der Songtitel – ebenfalls ungewohnt. Mit etwas über sieben Minuten Spielzeit ist "Quicksilver" der längste Track des Soundtracks, der erneut die experimentellen Fäden der beiden Vorgänger-LPs aufnimmt, jedoch sehr blass bleibt. Das kurze, mit Filmdialogen untermalte "A Spanish Piece" zeigt, dass PINK FLOYD auch spanische Musik können, bevor "Dramatic Theme" (eine verkürzte, eher gitarrenorientierte Version des "Main Theme") das Soundtrack-Album beschließt.
Vor allem den Instrumentals merkt man deutlich an, dass sie speziell für einen Film geschrieben worden sind und nur den Zweck haben, Szenen musikalisch zu untermalen. Sie funktionieren ohne das dazugehörige Bildmaterial selten gut, oft aber gar nicht. Deshalb ist bis auf das strahlende Licht "Ibiza Bar" die B-Seite auch recht schwach. Neben einigen Songperlen der A-Seite, die zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind, ist das Beeindruckende an "More" die enorme Stilvielfalt, die PINK FLOYD abdecken. Das dritte Studioalbum ist kein Geniestreich, wird aber oft im PINK FLOYD-Backkatalog übersehen. Alleine "Cirrus Minor", "The Nile Song" und "Ibiza Bar" sind sehr hörenswert und gehören mit zum besten Material der FLOYD-Frühphase, in der sich die Band von den Barrett-Einflüssen loslöst.
Die Neuauflage auf 180 Gramm schwerem, schwarzen Vinyl ist mit dem großen Cover schon ein Blickfang und die erste (und einzige) Wahl für alle LP-Liebhaber. Die müssen sich aber erneut mit einer minimalistischen Ausstattung zufrieden geben: Verarbeitung der Hülle und Platte sind zwar allererste Sahne, die Innenhülle ist aber erneut schwarz, und einen Downloadcode für die MP3s gibt's auch hier nicht.
Seite A
1. Cirrus Minor
2. The Nile Song
3. Crying Song
4. Up The Khyber
5. Green Is The Colour
6. Cymbaline
7. Party Sequence
Seite B
1. Main Theme
2. Ibiza Bar
3. More Blues
4. Quicksilver
5. A Spanish Piece
6. Dramatic Theme
Chrischi
Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten
Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...