Schon das leicht depressive Cover und die Bildsprache des Videos zum Song "Flutlicht" verraten, welche Ängste NO°RD ansteuern. Deshalb gibt es auch disharmonische Moll-Melodien zum Sprechgesang und kein wehleidiges Gebrülle, das sich nur vom flotten Takt anstacheln lässt und möglichst auf Krawall und Revolte gepolt ist. NO°RD sind textlich weniger kryptisch, als bekannte Genre-Größe und von daher leichter nachvollziehbar. Keine aneinandergereihte Phrasen oder Kalendersprüche. Alles wirkt unverkrampft und ehrlich, das beinhaltet dann den einen oder anderen seltsamen Schlenker im Gesang – aber man hört sich schließlich auch Punk Rock und keine glatt polierte Radio-Mucke an. Sicherlich ist es aber nicht verkehrt, den ambitionierten Vortrag des Sängers als ungewöhnlich oder sogar gewöhnungsbedürftig zu bezeichnen.
NO°RD führen den Hörer sicher durch jedes Unwetter – da vorne geht's weiter
NO°RD haben den Songs keine possierlichen musikalischen Spitzen verpasst, trotzdem scheint keinem der 11 Lieder etwas zu fehlen. Die Taktik, sich scheinbar bis zum Schwindeligwerden um die Gesangslinien des Sängers zu drehen, geht auf. Das Schlagzeug und die Gitarren kreisen den Hörer förmlich ein, man bekommt den Eindruck, dass die Musik den Hörer gleichermaßen in die Enge drückt und behutsam einkesselt. Dies ist auf den leicht dumpfen und dichten und angenehm scheppernden Sound zurückzuführen, der "Dahinter die Festung" den passenden Klang gibt.
NO°RD heben sich damit von den vielen neumodischen Kack-Platten ab, die Punk von dem wegführen, was ihn einst liebenswert gemacht hat. Das Album transportiert, ohne jegliche Nostalgie-Verklärtheit, ein fast vergessenes Gefühl von Früher und profitiert somit auch von einer gewissen Zeitlosigkeit.
Trampen nach NO°RDen?
"Dahinter die Festung" punktet aber unterm Strich am meisten mit der nachvollziehbaren Entwicklung, die es durchläuft. NO°RD starten mit äußerst schlechten Aussichten, man hat den Eindruck, dass es so gar nichts Gutes zu berichten gibt und die nächste gute halbe Stunde anstrengend deprimierend werden könnte. Doch von Song zu Song öffnet sich der Sound mehr, die Gitarren greifen immer mehr in die höheren Gefilde und die positiven Momente nehmen hörbar musikalisch und textlich zu. Beim vorletzten Song "Schlagring" werden NO°RD zum ersten Mal "richtig wütend" und nach dem kleinen Gewitter scheinen die Wolken wegzuziehen.
So richtig positiv lassen NO°RD den Hörer zwar nicht zurück, aber am Ende von "Dahinter die Festung" hat man zumindest den Eindruck, dass doch nicht alles tiefschwarz ist und noch ein Funken Hoffnung besteht. Starke Platte, die einen auf den Boden der Tatsachen zurückholt.
Trackliste
1. Serge 03:07
2. Flutlicht 03:18
3. Slalom 02:56
4. Plastiktüte 02:51
5. Bungee 04:14
6. Ronsdorf 02:29
7. Trampoline 02:38
8. Creeper 03:14
9. Fön 02:48
10. Schlagring 03:12
11. Stricke 05:08
Spieldauer: 36:00