Geschrieben von Mittwoch, 06 April 2016 14:34

SXSW-Festival 2016 - Bericht und Eindrücke aus Austin, Texas

Das legendäre „SXSW Music Festival“ verwandelt die Hauptstadt von Texas jedes Jahr für sechs Tage in eine einzige große „Live Music Venue“. Neben den Clubs wird nahezu jeder Parkplatz und jeder Hinterhof zu einer Bühne. BurnYourEars war dieses Jahr – nach einem ersten Besuch in 2012 – zum zweiten Mal beim Festival (vom 15. bis zum 20. März) mit dabei.

Und es lag eine ganz besondere Stimmung in der Luft, denn: das Festival feierte sein 30-jähriges Jubiläum. Die 30 ist ja häufig Anlass für etwas Besonderes ... entsprechend fiel bspw. die Wahl der Keynote-Speaker aus: neben Präsident Barack Obama und seiner Frau Michelle wurde insbesondere der Vortrag von Tony Visconti, dem Top-Produzenten, mit dem u.a. David Bowie gearbeitet hat, mit Spannung erwartet.

Ich wollte mich aber voll auf die Musik konzentrieren und war gespannt, ob sich hier im Vergleich zu 2012 etwas verändert hat. Für die wichtigste Veränderung hatte ich im Vorfeld bereits selbst gesorgt: Im Rahmen der Reisevorbereitungen habe ich meinen Artikel von 2012 noch einmal gelesen und meinen Nummer-Eins-Tipp („Ein Hotel in Downtown nehmen“) befolgt. Beim Anblick des Preises am Ende der Buchungsbestätigung beschleunigte sich meine Atmung zwar spürbar, aber letztendlich war es von unschätzbarem Wert, sich vor dem Abendprogramm für eine Stunde ins Hotel zurückziehen und die Füße hochlegen zu können.

Da mir in diesem Jahr so gut wie keine Zeit blieb, das Festival musikalisch vorzubereiten, hieß es also direkt nach Ankunft „Festival-App runterladen, Programmheft durchblättern und für Orientierung sorgen“. Keine leichte Aufgabe bei 2.000 Bands, 90 Clubs sowie unzähligen offiziellen und inoffiziellen Day-Parties. Die örtliche Tageszeitung lieferte zusätzlich Tipps für Auftritte von „Local Bands“ am ersten Abend. Am späten Montagabend stand das Programm für die kommenden Tage und wurde mit Bier und Cocktails im „Blackheart“ in der Reiney Street gefeiert.

Dienstag, 15.03.2016
21:20 Uhr | Charlie Belle @ Maggie Mae‘s
22:00 Uhr | Hudsom Thames @ McDonald’s Loft
23:10 Uhr | Uncle Lucius @ Maggie Mae’s Gibson Room

Mittwoch, 16.03.2016
14:00 Uhr | Maren Morris (Austin, Texas) @ Spotify House
15:30 Uhr | Bonnie Montgomery @ Blackheart
20:00 Uhr | The Avett Brothers @ JW Marriott
21:30 Uhr | Ryan Adams and The Shining @ JW Marriott
23:00 Uhr | Parker Millsap @ 800 Congress
21:30 Uhr | Russell Dickerson @ 800 Congress

Donnerstag, 17.03.2016
14:30 Uhr | The Blind Owls @ Hotel Vegas
16:00 Uhr | The Wild Feathers @ Radio Day Stage
18:00 Uhr | Brian Fallon @ Lady Bird Outdoor Stage
20:00 Uhr | Margo Price @ The Gatsby
21:00 Uhr | Sam Outlaw @ The Gatsby
22:00 Uhr | Wynonna & The Big Noise @ The Gatsby
23:20 Uhr | The Wild Feathers @ Maggie Mae’s Rooftop
23:40 Uhr | Lydia Loveless @ Maggie Mae’s Rooftop
01:30 Uhr | Soul Asylum @ The Belmont

Freitag, 18.03.2016
14:00 Uhr | Lydia Loveless @ Yard Dog Gallery
23:00 Uhr | Jamestown Revival @ Clive Bar
00:00 Uhr | The Head And The Heart @ Clive Bar

Samstag, 19.03.2016
14:50 Uhr | The Wild Feathers @ Whole Foods Market
15:40 Uhr | Arkells @ Whole Foods Market
20:00 Uhr | Seratones @ South By San José
21:00 Uhr | Jon Dee Graham @ The Continental Club
22:00 Uhr | Patricia Vonne @ The Continental Club

Zu den Highlights des Festivals gehörten:

RYAN ADAMS

Es braucht schon jemand Besonderes, um in einem (mit Teppichboden ausgelegten!) Hotelsaal die passende Atmosphäre für ein Live-Konzert entstehen zu lassen: please welcome Mr. Ryan Adams! Vor 20 Jahren spielte Multitalent RYAN ADAMS mit seiner damaligen Band WHISKEYTOWN erstmals beim SXSW und legte damit den Grundstein für seine beeindruckende Karriere.

In diesem Jahr tauchte Adams, begleitet von seiner hervorragenden Band THE SHINING, in einem 90-minütigen Set mitunter tief ab in das umfassende Song-Repertoire seiner 15-jährigen Solokarriere und spielte neben der aktuellen Single „Gimme Something Good“ Klassiker wie „New York, New York“ oder „When The Stars Go Blue“. Beeindruckend war, wie Adams den oft recht lauten Saal im JW Marriott mit einer Solo-Akustikversion von „My Winding Wheels“ komplett zum Schweigen brachte.

THE WILD FEATHERS

Alle Zeichen deuten darauf hin, dass THE WILD FEATHERS aus Nashville, TN, die nächste große Rockband Amerikas werden. Ihr selbstbetiteltes Debut schaffte es 2013 auf Anhieb auf Platz 1 der Billboard Heatseekers Charts (die Charts für „Up and Coming Musicians"). Die darauf folgenden zwei Jahre verbrachte die Band nonstop auf Tour, wobei sie unter anderem für Größen wie Bob Dylan und Gary Clark Jr. die Shows eröffnete.

Am 11. März 2016 erschien ihr zweites Album „Lonely Is A Livetime“. Das neue Album vereint vielfältigere Einflüsse und zeigt deutlich, dass der Sound und das Songwriting in den Jahren des Tourens „erwachsener“ geworden ist, sich die Band aber ihre ursprünglichen Qualitäten wie bspw. den mehrfachen Harmoniegesang bewahrt und beides zu einfach schönen Songs kombiniert hat.

SOUL ASYLUM

Jeder kennt die Band, die mit „Runaway Train“ einen Riesenhit hatte. Aber nicht viele wissen, dass SOUL ASYLUM mit „Change Of Fortune“ mittlerweile ihr elftes Studioalbum vorgelegt haben und seit gut 35 Jahren im Geschäft sind. Das aktuelle Line-up um das einzig verbliebene Gründungsmitglied David Pirner versteht es gerade live nach wie vor, seine Zuhörer mit einer Mischung aus Rock und Punk zu begeistern.

Das neue Album und insbesondere die aktuelle Single „Supersonic“ sind ein hervorragender Beweis dafür, dass die Band – nach den eher seichteren kommerziellen Hits wie „Black Gold“ und „Misery“ – ihren Indie-Punk-Wurzeln treu geblieben ist und nach wie vor richtig rocken kann.

LYDIA LOVELESS

Die erst 25-jährige Twang-Rockerin aus Ohio gehört zu den faszinierendsten Künstlern des diesjährigen Festivals. Aufgewachsen auf einer Farm als Tochter eines „Country Music Bar“-Besitzers, tauchte sie in ihrer Jugend in die Punkszene von Columbus, Ohio ein. So entstand ein Musikmix aus Punk-Attitüde und rauhen, manchmal aber auch verletzlich wirkenden Melodien, mit dem sie ihre Zuhörer in ihren Bann zieht. Zusammen mit ihrer fünfköpfigen Band stürmt sie regelrecht die Bühne und hinterlässt beim Zuhörer das Gefühl, gerade Zeuge eines sehr „realen“ Moments gewesen zu sein.

Überragend war auch in diesem Jahr die Mischung aus absoluten Highlights, aufstrebenden neuen Bands und zum Teil auch absoluter Geschmacksverirrungen. Hat man im Programm einen Ankerpunkt entdeckt, lohnt es sich immer, bis zum nächsten Auftritt zu bleiben und sich überraschen zu lassen. Und wenn es schlimm wird (und das wird es manchmal), ist die nächste Band nur ca. 100 Meter entfernt.

Es war schön zu sehen, dass sich manche Dinge in unserer hektischen Welt nicht verändern ... so wie das SXSW Music Festival. Wer Musik liebt, im März ein paar Tage Zeit und entsprechende finanzielle Reserven hat, ist in Austin bestens aufgehoben. Nirgends gibt es musikalisch in so kurzer Zeit so viele Möglichkeiten, Neues zu erleben, Bekanntes zu genießen oder Alt-Bekanntes wieder zu entdecken. Kurzum: die Vielfalt des SXSW ist atemberaubend und immer eine Reise wert.

Ausführliche Reisetipps sowie ein „How To SXSW“ findet ihr hier.