Das 1994 erschienene Debütalbum "In the Nightside Eclipse" ist das Opus Magnum der Band und längst ein Referenzwerk dieser Metal-Subkultur extremster und dunkelster Auswüchse. Die intensive Mixtur aus brutalen Blasts, peitschenden Gitarrenriffs und markerschütternden Screams ist aufwühlend, atemberaubend, mitreißend. Die Klänge von EMPEROR sind nicht nur inspiriert von schwarzmetallischen Vorbildern der 80er Jahre (CELTIC FROST, TORMENTOR, BATHORY), sondern auch von der Düsternis und Einsamkeit der unwegsamen Wildnis Norwegens sowie dem unbedingten Willen, sich von der Normalität und einem gutbürgerlichen Leben so weit wie möglich zu distanzieren.
"In the Nightside Eclipse" besticht durch den zwar noch recht simplen, dennoch wirkungsvollen und vor allem in dieser Form zu Beginn der 1990er Jahre innovativen Einsatz von Piano und Synthesizer, der den Songs eine unerreichte symphonisch-orchestrale Note verleiht. Auch das Songwriting wirkt auf dem Erstling bereits deutlich ausgereift, wobei die Band bewusst auf die für die zweite Black-Metal-Welle typischen chaotischen Strukturen und Liedfragmente setzt.
Man mag kaum glauben, dass die Bandmitglieder bei den Aufnahmen allesamt noch Teens waren: Nie wieder klangen EMPEROR energiegeladener, frischer, atmosphärischer, wütender und schwärzer als auf diesem Album: die vertonte Umarmung dämonischer Dunkelheit. Als Bonus wurden auf dem Re-Release noch die drei Songs der EP "As The Shadows Rise" dazugepackt, die einige Monate nach dem Erstling im August 1994 veröffentlicht wurde und daher zweifellos noch zur selben musikalischen Phase zählt wie das Debüt.
Die zweite EMPEROR-Platte als großer Durchbruch
Wird das Debüt in der Retrospektive als das Meisterwerk der Band angesehen, gelang den Norwegern der Durchbruch erst 1997 mit dem zweiten Album "Anthems to the Welkin at Dusk". Diese Scheibe fällt insgesamt ausgefeilter und komplexer aus – ohne an Bosheit, Geschwindigkeit und erbarmungsloser Härte einzubüßen. Weiterhin regiert das Chaos! Wie gut der Spagat zwischen Altbewährtem und Fortschritt funktioniert, ist schon bei den ersten beiden Stück zu hören. Der Opener "Alsvartr (The Oath)" bietet einen eindrucksvollen Einstieg: eine klare Gitarrenmelodie, geflüsterte Vocals und zum Abschluss ein überwältigend majestätisches Synthesizer-Thema, das den Übergang zum bestialischen, rasenden "Ye Entrancemperium" ebnet.
EMPEROR haben ihr Repertoire weiterentwickelt, dafür aber an roher Unbekümmertheit eingebüßt. Ihsans Gekrächze wirkt abgeklärter, seine Stimme hat er offenbar geschult, und er setzt immer wieder auch Klargesang ein ("Thus Spake the Nightspirit"). Ein kleiner Wermutstropfen ist – mal wieder – die Produktion, die seit jeher ein Streitthema der Band gewesen ist: "Anthems to the Welkin at Dusk" stellt klangtechnisch zwar eine Verbesserung zu "In the Nightside Eclipse" dar, letztlich will der trotz Remastering zu dünne Sound aber nicht so recht zu dem vertrackten, symphonischen, teils sogar bombastischen Stil passen, der EMPEROR musikalisch von vielen Underground-Bands abhebt.
Das dritte Album – von Black zu Death Metal
Mit "IX Equilibrium" (1999) beschritten EMPEROR neue musikalische Pfade, was einige Anhänger der Band allerdings krumm nahmen. Denn das dritte Album liefert eine stilistische Erweiterung bzw. Umorientierung, da es weniger nach Black, sondern mehr nach Death Metal klingt. Diese Stilrichtung wurde von Teilen der damaligen Black-Metal-Szene als trendig, zu angepasst-kommerziell und daher wenig beachtenswert angesehen. Tatsächlich ist "IX Equilibrium" jedoch (obwohl an einigen Stellen vergleichsweise eingängig) insgesamt im Vergleich zu den beiden ersten Platten deutlich komplexer arrangiert und erfordert ein paar Durchläufe.
Stillstand ist nicht EMPERORS Sache, und so klingt der Gesang zeitweise nach Power Metal ("An Elegy of Icaros", "The Source of Icon E"), oder man hört gar – wie in "Sworn" – thrashige Parts heraus. Das dritte Werk fällt noch mal eine Spur kreativer und vielschichtiger aus, hier werden zahlreiche unterschiedliche Einflüsse miteinander verknüpft. Zudem treten die so vertrauten Keyboardklänge zugunsten von mehr Gitarrenriffs in den Hintergrund – überraschend, denn gerade die symphonischen Elemente sind besonders charakteristisch für die atmosphärische Musik von EMPEROR und wirken im Gegensatz zu den zahlreichen (parodistischen) Nachahmern nie kitschig, künstlich oder gar deplatziert. Doch sind es gerade die mit unbändigem Drang nach Weiterentwicklung kombinierten unvorhersehbaren Überraschungsmomente, die dieses Metal-Projekt so spannend machen.
Album Nummer vier – die Wege trennen sich
Das Fortschrittsdenken hatte zur Folge, dass die musikalischen Vorstellungen der beteiligten Musiker mehr und mehr auseinanderdrifteten. So erschien 2001 mit dem polarisierendenc"Prometheus – The Discipline of Fire & Demise" das letzte Album von EMPEROR, anschließend folgte die – vorläufige – Auflösung der Band. Black-Metal-Puristen wenden sich von "Prometheus" eher enttäuscht ab – mit den ersten beiden Werken hat dieses Album nicht mehr allzu viel gemein. Stattdessen lässt Ihsan als Chef im Ring seiner musikalischen Kreativität und Ausdruckskraft freien Lauf. Growls gehen über in Klargesang ("The Eruption"), Midtempoparts ("Depraved") wechseln sich ab mit Double-Bass-Attacken und schnellen, treibenden Riffs ("Empty"), und alles wird von einer progressiven Marschroute zusammengehalten.
Das Album ist zu komplex, um auf Anhieb zünden zu können. Wer sich jedoch auf die ausufernden Arrangements und die melodiösen Harmonien (Anspieltipp: "The Tongue of Fire") einlässt, wird erkennen, welch kompositorisches Geschick dem letzten Ausrufezeichen von EMPEROR zugrunde liegt, das einen würdigen Schlusspunkt der relativen kurzen, aber intensiven und vor allem abwechslungsreichen ersten Phase der Band darstellt.
Die Re-Releases lohnen sich vor allem für diejenigen, die noch nichts von EMPEROR im CD-Regal stehen haben und sich nun einfach und relativ günstig (fast) den gesamten Back-Katalog anschaffen können. Neben den vier Studioalben hat Candlelight auch die erste Demo "Wrath of the Tyrant" von 1992, die "Emperial Live Ceremony" von 2000 (aufgenommen 1999 im LA2 in London) sowie das "Live Inferno", das zwei Konzerte von 2006 in Oslo und Wacken beinhaltet, veröffentlicht.
Dass "In the Nightside Eclipse" in der Bandgeschichte nach wie vor eine Sonderrolle zukommt, wird u.a. anhand der Booklet-Gestaltung erkennbar: Neben den Songtexten gibt es noch ein umfangreiches Interview mit Samoth und Ihsan von 2005 zu lesen, in dem die Bandmitglieder die Entstehung dieses ‚Meilensteins’ Revue passieren lassen. Zudem wurden einige sehenswerte ältere Corpsepaint-Bandfotos abgedruckt. Zu den anderen Re-Releases gibt es dagegen nur die Songtexte: Hier wären nicht zuletzt wegen der stetigen Weiterentwicklung und des stilistischen Wandels der Band weitere Interview-Rückblicke spannend zu lesen gewesen.