NIGHTWISH fangen an, die erste Reihe vor uns steht auf. Wir auch. Hinter uns wird sofort "Setzt euch hin!" krakeelt. Die dritte Reihe diskutiert mit der ersten, dass sie sich bitte setzen soll. Ich tippe einen Fan vor mir an und sage: "Tu mir bitte einen Gefallen und setz dich bloß NICHT hin." Er schneidet eine Grimasse und meint: "Das habe ich auch ganz bestimmt nicht vor."
Drei Minuten später sitzen er und seine Begleitung und jeder andere vor uns. Ich werde wieder mal von hinten angetippt: "Kannst du dich bitte setzen?" Der Typ geht mir so auf den Sack, dass ich mich niederlasse. Meine Begleitung kurz darauf auch. Wir waren die einzigen, die noch standen.
Den Rest des Konzerts verbringen wir bis auf die letzte Zugabe im Sitzen. Mit gereckten Hälsen, in unnatürlicher Position seitwärts. Stehen wäre definitiv gesünder und bequemer gewesen.
Bei MAIDEN sitzen, bei METALLICA stehen? Seid ihr noch ganz dicht?
Ja, ich weiß, ich hatte einen Sitzplatz. SITZplatz. Hätte ich stehen wollen, hätte ich mir eine Innenraum-Karte besorgen sollen. Das müsste ich spätestens seit meinem letzten IRON MAIDEN-Konzert, eigentlich schon seit dem letzten MOTÖRHEAD-Gig ever in Düsseldorf ("Setzt euch hin, mein Kurzer kann nix sehen!") wissen. Bloß: Bei RAMMSTEIN, METALLICA oder den HOSEN bleibt niemand auf den Rängen sitzen. Da wird getanzt, gefeiert, fast noch mehr Stimmung gemacht als im Innenraum.
Irgendwie bin ich davon ausgegangen, dass es generell bei Metal-Konzerten so sein sollte. Wenn ich bei EVANESCENCE mit Orchester oder einer PINK FLOYD-Coverband sitze, leuchtet mir das völlig ein. Aber bei NIGHTWISH? IRON MAIDEN? MOTÖRHEAD?
Bei DREAM THEATER ist mir das auch mal passiert – bloß, dass mir das Gemecker von hinten scheißegal war, weil die Reihe vor mir dauerhaft stand. Wenn ich dann sitze, sehe ich nix. Also stehe ich auch. Und wenn ich an ruhigen Stellen Bock habe, mich niederzupflanzen, dann mache ich das nach Lust und Laune. Für mich war ein Sitzplatz immer die Möglichkeit, einen festen Platz mit guter Sicht auf die Bühne in unmittelbarer Umgebung zu Toiletten und Getränkeständen zu haben, und mich bei Bedarf setzen zu können. Eigentlich ist es ganz einfach: Die vorderste Reihe muss stets standhaft bleiben. Um was sehen zu können, muss der Rest auch stehen. Fertig.
Sehe ich das vielleicht alles falsch?
Vielleicht habe ich das mit dem Sitzen ja immer falsch verstanden oder einfach verkehrt gesehen. Steht ja schließlich "Sitzplatz" auf der Karte, nicht "Stehplatz mit Sitzmöglichkeit". Man kann es mittlerweile ja nicht mal mehr von einer Band oder bestimmten Stilrichtung abhängig machen, ob man nun Glück hat und auf stehen darf, oder zwei Stunden lang auf den Rängen kleben muss.
Aber ich weiß, dass es eben auch anders geht. Und mir würde nicht im Traum einfallen, den Spielverderber zu geben und die Leute vor mir ständig mit Aufforderungen, sich doch bitte bitte hinzusetzen, anzutippen. Und das geht mir einfach auf den Sack. Leute, das ist ein Konzert, keine Theateraufführung! Da will man auch auf den Rängen mitmachen, die Atmosphäre aufsaugen, für Stimmung sorgen.
Klar, es gibt Konzertgänger, die wegen gesundheitlicher Probleme oder dem Alter nicht mehr so lange stehen können und trotzdem einen Gig ihrer Lieblingsband sehen möchten. Die werden sich freuen, wenn auf den Sitzplätzen plötzlich alle vor ihnen aufstehen und sie eben nix mehr sehen. Das ist dann genauso beschissen.
Vielleicht sollten Konzertveranstalter darüber nachdenken, Sitzplatzbereiche aufzuteilen: Für reine Sitzer und die, die gerne mit der Band feiern möchten (im Stehen) und einfach nur die Möglichkeit, sich zwischendrin mal setzen zu können, in Anspruch nehmen möchten.
Wie seht ihr das? Könnt ihr meine Aufregung, die mir dann tatsächlich schon mal das halbe Konzert vermiest hat, nachvollziehen? Oder bin ich es einfach zu sehr gewohnt, dass auf Sitzplätzen auch gestanden wird, und ihr denkt: "Alter, dann nimm dir das nächste Mal doch 'nen Stehplatz und hör auf, rumzuheulen!?"