Geschrieben von Mittwoch, 12 März 2014 18:01

Five Finger Death Punch, Upon A Burning Body & Pop Evil - Große Freiheit 36, Hamburg

Es ist Anfang März und von Winter in Hamburg nichts mehr zu spüren. Stattdessen beschert Petrus uns bereits seit ein paar Tagen fast frühsommerliche Temperaturen inklusive lauer Abende, die die Hamburger aus ihrem Winterschlaf locken. Dementsprechend viele Leute tummeln sich am Montagabend auf der Großen Freiheit, wobei ein Großteil davon für das heutige FIVE FINGER DEATH PUNCH Konzert Schlange steht – da der Gig bereits seit Wochen ausverkauft ist, reicht sie fast bis zum Dollhouse. Die Bierstube hat ihre Pforten geöffnet und versüßt den Anstehenden mit rockigen 80er Hits von Bon Jovi & Co. die Wartezeit.

Drinnen angekommen werden erst einmal die Merchandise Preise abgecheckt, und die haben es in sich: FIVE FINGER DEATH PUNCH nehmen für ein T-Shirt 30 bis 40 Euro, CDs kosten 15 bis 20 Euro und ein mit dem Bandlogo besticktes Hemd toppt das ganze sogar mit unverschämten 70 Euro. Um den Schock zu verdauen, geht es jetzt an die Bar und kurz darauf stürmen auch schon die Rocker von POP EVIL aus Michigan, USA die Bühne.  

Es folgt ein tranciges Intro und als erstes entert Drummer Chachi Riot seinen "Arbeitsplatz". Der CrossFit Fan, der die Band erst seit 2011 unterstützt, soll für die Liveshows der Jungs aus Grand Rapids eine absolute Bereicherung sein. Er explodiert regelrecht auf der Bühne und sein Drumkit steht in den Staaten auf einem erhöhten Podest, damit auch die Fans in den hintersten Reihen sein Schauspiel mitverfolgen können. Heute Abend hat der muskulöse, tätowierte Hüne kaum Platz auf der Bühne, schafft es aber dennoch, durch sein auffälliges Stageacting von Anfang an alle Blicke auf sich zu ziehen. Die vier anderen Bandmitglieder sind nahezu komplett in Schwarz gekleidet und offensichtlich wurden teilweise sogar die Haare diesem Stil angepasst.

Sänger und Bandgründer Leigh Kakaty begrüßt die Hamburger mit einem obercoolen "Get your fucking hands in the air" und kommt durch die schwarze Kapuze und das halboffene Hemd ein klein wenig prollig rüber. Die groove- und beatbetonte Musik veranlasst die Anwesenden sofort zum Mitwippen – und das, obwohl der Sound während der ersten beiden Songs noch zu Wünschen übrig lässt. Nach der kleinen Eingewöhnungsphase sind Kakaty & Co. voll da. Während der Frontmann durch seine raue, starke Reibeisenstimme besticht, versprühen die übrigen Vier derartig viel Spielfreude und Energie durch Positionswechsel, wilde Drehungen oder Blickkontakte und andere Interaktionen mit den Fans in den ersten Reihen, dass man nach wenigen Songs schon nicht mehr das Gefühl hat, es hier mit einem Supportact zu tun zu haben. Natürlich kommt den Jungs ihre Bühnenerfahrung zugute und sie sind ein super eingespieltes Team, welches nach bestimmten Breaks oder anderen Songparts durch kleine, fast choreographisch abgestimmte Gesten und Posen das Publikum zum Staunen bringt.

Allerdings wirkt nichts davon zu abgedroschen oder einstudiert. Dies wird am besten bei dem Song „Torn To Pieces“ deutlich, den Sänger Leigh für seinen verstorbenen Vater geschrieben hat. Auch wenn sich der südländisch wirkende Amerikaner vor dem Song seines Hemdes entledigt, um uns seine muskulösen, mit schwarzen Schnüren abgebundenen Arme zu präsentieren, kommt die Message des Songs an und verursacht bei mir mit Textzeilen wie "I’m torn to pieces, I’m broken down, I still see your face when you’re not around" die erste Gänsehaut des Abends. Am Ende küsst Kakaty den Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand und deutet danach in Richtung Himmel – das mag für einige zu kitschig rüberkommen, kennt man allerdings den Hintergrund dieser Geste, rührt sie einen doch sehr. Nach dieser Ballade ist die Stimmung auf dem Höhepunkt und als Kakaty den foldenden Song "Last Man Standing" auf der Menge stehend performt, ist der Funke auch auf den letzten Besucher übergesprungen. Leider folgt im Anschluss nur noch die eingängige Single "Trenches" vom aktuellen Album "Onyx". Bei dieser geben POP EVIL und allen voran Drummer Chachi, der vollen Körpereinsatz zeigt und sogar im Stehen munter drauf los trommelt, nochmal alles ... und dann ist der Zauber leider nach nur 30 Minuten auch schon wieder vorbei.

Die halbstündige Umbaupause verfliegt im Nu und um 20:55 Uhr brechen nach einem bedrohlichen Intro vom Band UPON A BURNING BODY über uns herein. Die Texaner sehen mit ihren grauen Anzügen und gegelten Frisen eher harmlos aus, ihr Deathcore hingegen ist alles andere als leichte Kost und geht leider das komplette Set über in einem fiesen Soundbrei unter. Mit den neumodischen Auswüchsen des Metal scheint das eher ältere Publikum am heutigen Abend sowieso nicht so viel anfangen zu können, und so ernten die Jungspunde ab und zu sogar "Death Punch!"-Rufe statt frenetischen Applaus. Die Band bemüht sich dennoch, das 25-minütige Set über die Hamburger mit gemeinsamen Springeinlagen, Breakdowns und motivierenden Gangshouts aus der Reserve zu locken.

Besonders Bassist Rey Martinez sprüht vor Energie und lässt sich durch das anfangs sehr verhaltene Publikum nicht entmutigen. Sänger Danny Leal reagiert hingegen eher verhalten, als seiner "Spin this motherfucker" Aufforderung keine Taten folgen, strahlt kurze Zeit später aber wieder, da er einen einzelnen Crowdsurfer auf der Menge entdeckt. Leider werden um uns herum durch die gutturalen Geräusche oder das fiese Gekeife von der Bühne etliche Fans zu einer vorzeitigen Raucherpause bewogen und es wird spürbar leerer im Pit. Vor den letzten zwei Songs „Texas Blood Money“ und "Sin City" sorgt allerdings ein eingespielter spanischer Gitarrenpart für eine schöne Atmosphäre und irgendwie scheinen diese beiden Songs der Menge ein Begriff zu sein. Die Stimmung wird deutlich besser und es gibt sogar noch einen Circle Pit.

Mit einem kurzen "Life sucks and then you die" verabschieden sich die stylischen Herren unpathetisch und viel zu früh bereits um 21:20 Uhr, denn die jetzt folgende Umbaupause dauert gefühlte fünf Stunden. Anfangs können RAMMSTEIN mit „Engel“ vom Band die Stimmung noch anheizen, was frenetische "Death Punch!"-Rufe zur Folge hat – doch nach fast 40 Minuten ist auch der letzte Fan ein wenig genervt.

Punkt 22 Uhr geht dann aber doch das Licht aus und Ivan Moody brüllt ein markerschütterndes "Right!" ins Mikro, noch im Backstagebereich stehend. Der Weckruf funktioniert sofort und ein etwas alberner Einspieler vom Band gibt den ersten Beat vor. FIVE FINGER DEATH PUNCH übernehmen danach direkt und legen mit "Under And Over It" fulminant los. Fronter Ivan Moody gibt sich gewohnt prollig, nicht nur optisch, sondern auch in Bezug auf seine Gesten und Aussagen. Die Fans lieben ihn dafür und feiern FFDP wie Superstars ab.

Es ist lustig, wie bunt zusammengewürfelt diese Band wirkt: Neben Moody ist jedes Mal auch Basser Chris Kael ein Hingucker, der mit seinem Rauschebart fast genau wie Davy Jones aus "Piraten der Karibik" aussieht. Während die Band permanent in Bewegung ist, liebt es Gitarrist Jason Hook, sich mit einem Bein auf eine Monitorbox zu stellen und seine Gitarrenkunst – teilweise sogar mit mehrhälsigen Instrumenten – zur Schau zu stellen und dabei mit dem Kopf im Takt mitzugehen. Herrlicherweise stehen die Kalifornier so wenig auf die "Wall Of Death" wie ich und fordern ihre Fans mit Ansagen wie "Are you ready to have some fun? Open it up! Run, Hamburg" eher zu Circle Pits auf.

Das erste Highlight des Abends ist definitiv die Powerballade "Bad Company", bei welcher die zweihälsige Gitarre von Jason Hook erstmals zum Einsatz kommt. Außerdem stellt Ivan Moody eindrucksvoll unter Beweis, was für ein begnadeter Sänger er ist. Sichtlich beeindruckt von den positiven Reaktionen und der Textsicherheit seiner Fans, lässt sich Moody häufiger zu schmeichelnden Sprüchen wie "I fucking love you, Germany" oder "The firealarm went on backstage because you are so hot, Hamburg" hinreißen. Auch seine weiblichen Fans lässt er nicht unbeachtet und so dürfen drei Mädels während des Songs "Burn Motherfucker" mit 5FDP die Bühne rocken. Eine der Drei fällt Moody direkt beim entern der Bühne um den Hals und möchte diesen einmaligen Moment sofort mit dem Handy festhalten, was Moody dann etwas entrüstet mit der Aussage "Are you really taking a fucking selfie?!" kommentiert.

Ein weiteres Highlight des heutigen Abends sind die von Ivan Moody und Jason Hook dargebrachten Akustikversionen der Songs "Remember Everything" und "Battle Born", bei denen sogar harte, tätowierte Kerle im Publikum ihre Mobiltelefone in die Höhe reißen und sichtlich ergriffen lauthals mitsingen. Auch an den Musikern auf der Bühne geht die tolle Atmosphäre im Saal nicht vorbei, und so formt Moody mit beiden Handen häufiger ein Herz und hält es sich an die Brust. Nach dem ruhigen Part wundert sich der Frontmann, wie einige Fans während einer Akustikperformance so gewalttätig abgehen können und kündigt den nächsten Song "Never Enough" mit den Worten "Lets show them how to be violent" an. Auch während dieser Performance folgen Liebesbekundungen an das Publikum mit "You are way too nice" oder "I fucking love you, Hamburg".

"Far From Home" singt Moody teilweise komplett ohne Instrumente, was eine absolute Gänsehaut bei mir erzeugt. Zur Krönung gibt es direkt im Anschluss den Überhit "The Bleeding", der laut Aussagen der Band auch immer noch deren liebster Livesong ist. Die Textzeile des Songs "It’s over now" kündigt nach einer Stunde und 15 Minuten leider bereits das Ende des heutigen Abends an, aber als Zugabe wird dann doch noch LL Cool Js "Mama Said Knock You Out" performt. Ein kurzes "Ich liebe Dich, Hamburg. We will see you next time" folgt und das Licht geht aus. Was für ein grandioser Konzertabend!

Setlist Five Finger Death Punch:

Under And Over
Burn It Down
Hard To See
Lift Me Up
Bad Company
No One Gets Left Behind
Burn MF
Coming Down
Remember Everything
Battle Born
Never Enough
Far From Home
The Bleeding
Mama Said Knock You Out

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