Das Rockharz in Ballenstedt, mit seinem 25-jährigen Jubiläum im nächsten Jahr, ist eines der etablierteren Festivals in der durchaus fruchtbaren Festivallandschaft Deutschlands. Auch 2017 ist das Festival wieder vorzeitig ausverkauft, dank der immer weiter wachsenden Fangemeinde und dem wie immer soliden Lineup. Prolog – Zum Wiederverkauf von Tickets Über das Drama mit dem Wiederverkauf von Tickets, das sich aus dieser Situation ergibt, will ich ein paar Worte verlieren. Wer kurzfristig eine Karte will, ist bei dem dünnen Angebot vermutlich bereit, einen höheren Preis zu bezahlen – wer die Nachfrage sieht, wird natürlich in Versuchung geführt, einen höheren Preis zu verlangen. Als jemand, der weder kaufen noch verkaufen muss, Verzicht zu predigen, mag etwas anmaßend klingen und ist vermutlich vollkommen sinnlos. Aber wenn weiter Tickets, trotz Ticketbedingungen, zum doppelten und dreifachen Preis öffentlich auf eBay versteigert werden, wird es entweder weniger Tickets im freien Verkauf geben – warum nicht zwei kaufen, wenn ich damit das Festival umsonst bekomme? – oder die Tickets werden für alle teurer, weil der Veranstalter Schutzmaßnahmen einführt und die Kosten dafür auf alle umlegt. Also muss ich wirklich mein kurzfristig übriges Ticket über Einkaufswert verkaufen, um mich gut zu fühlen? Muss ich wirklich 300 Euro bezahlen, weil meine Freunde sonst ohne mich fahren? Die Antwort wird leider für ein paar Leute positiv ausfallen, aber irgendwie habe ich gelernt, von Metalheads mehr zu erwarten ... Anreise Unsere Geschichte beginnt am Dienstag vor dem Festival. Die frühzeitige Anreise kostet einen Zehner, dafür spart man den Stress, dass alles vor der ersten Band stehen muss und gewinnt einen zusätzlichen gemütlichen Grillabend unter Freunden. Der Dienstag ist mittlerweile recht beliebt, was die Anreise angeht, der Campingplatz wie immer gut markiert und noch geht es auch ohne explizite Einweisung recht zivilisiert zu. Es wird nicht unbedingt platzsparend gebaut, aber doch rücksichtsvoll und effizient, und als gegen Abend die Tore schließen, bis zum offiziellen Start am Mittwochmorgen, steht eine beachtliche, laute, fröhliche, mehr oder weniger leicht angetrunkene Zeltstadt unter der Teufelmauer. Nur die Wetteraussichten sind nicht so rosig wie sonst: Ab Donnerstag erst Regen, dann Freitag Gewitter und Samstag wieder Regen kündigen die Vorhersagen an. Mittwoch Der Mittwoch ist der offizielle Anreisetag und durch die mittlerweile traditionelle AFM-Labelnacht auch musikalisch recht solide ausgestattet. Während die seit dem frühen morgen beständig wachsende Schlange von Autos vor dem Gelände langsam zu schrumpfen anfängt und die letzten freien Flächen mit Zelten vollgepuzzelt werden, ist also zum ersten Mal Zeit, den Hintern vom heimischen Campingstuhl zu lösen und sich auf den Weg Richtung Infield zu machen.Den Anfang machen KRYPTOS, die erste indische Metalband unter internationalem Label und auf Tour durch Europa. Und eine gelungene Wahl, um das Festival zu eröffnen. Zwar hält sich die gezeigte Begeisterung im Publikum in Grenzen, aber an dem klassischen 80er-Metal, den die Band durchaus sympathisch präsentiert, hat auch niemand etwas auszusetzen. Technisch sauberer Fahrstuhlmetal (im besten Sinne) mit erkennbarem Potential. Anschließend bekommt man mit BLOODBOUND aus Schweden die nächste aufstrebende Band aus dem Stall von AFM Records auf die Ohren. Die Schweden bringen etwas mehr Schwung ins Publikum und spielen vor ihren Feuer speienden Drachen mit Überzeugung und Begeisterung Powermetal, der hinter jedes Klischee ein akkurates Häkchen setzt und sich dann mit zufriedenem Grinsen zurücklehnt.Danach geht es weiter im Thema mit SERIOUS BLACK. Langsam sind die meisten Schultern warm genug, um eine Faust oder Pommesgabel in die Luft zu heben, und die ersten suchen schwungvoll Körperkontakt zu ihren Mitmetallern. Das einziges Problem der Band ist, dass man deutlich merkt, welcher Titel vom starken ersten Album und welcher vom enttäuschenden zweiten stammt. Die Qualitätsschwankungen drücken sich in leichter Verwirrung und schwankender Begeisterung im Publikum aus. Für etwas Abwechslung zwischen Heavy und Power sorgen dann STAHLMANN mit einer Prise Neue Deutsche Härte. Langsam füllt sich das Gelände und die Band kann die bisher aufgebaute Stimmung mit einem soliden Set weitertragen. Lediglich die Ganzköperbemahlung in Stahl fehlt, die Schminke steckt laut Band noch unterwegs fest. Wie übel die riechen muss, dass sie getrennt von Band und sonstiger Ausrüstung reisen muss, möchte ich mir gar nicht vorstellen ...ORDEN OGAN übernehmen im Anschluss die Bühne zu ihrem fünften Rockharz-Auftritt. Die Kostüme und Dekoration zum neuen Album "Gunmen", das man bei der Gelegenheit zwei Tage vor dem offiziellen Erscheinen kaufen kann, werden schon mal Probe gefahren und sehen ORDEN OGAN-typisch professionell charmant selbstgemacht aus. Die Band kann man mittlerweile ruhigen Gewissens als etablierte Powermetalgröße betrachten und die Begeisterung für den Vorgeschmack auf "Gunmen" ist genau so groß, wie die für die sorgfältig ausgewählten alten Titel. Die Stimmung im mitgebrachten schwarzen Lametta-Regen ist durchaus begeistert.Den Tag als Headliner beschließen dürfen DIRKSCHEIDER, seit rund zwei Jahren auf Abschiedstour. Mittlerweile stehen die meisten Zelte und entsprechend voll ist das Infield. Wer lediglich da ist, um zu einem kalten Bier noch einmal "Fast As A Shark" und "Balls To The Wall" mitzugrölen, ist schwer zu sagen. Fans von Feuer, rundlichen alten Männern und klassischem, deutschem Dicke-Eier-Metal bekommen jedenfalls einiges geboten.Der Weg zurück zum Campingstuhl, um den letzten als regenfrei gemeldeten Tag des Festivals entspannt ausklingen zu lassen, ist etwas umständlicher als gedacht. Das eine oder andere, was nachmittags noch ein Weg war, ist mittlerweile jemandes vorübergehendes Wohnzimmer. Donnerstag Irgendwie hat sich der Regen aus der Vorhersage verabschiedet. Dafür beginnt der erste offizielle Festivaltag mit INFECTED RAIN aus Moldawien, für das ich metaltechnisch genauso wenig Referenzpunkte habe, wie für KRYPTOS am Vortag. Solider Nu-Metal und es kommt an. Schon vor dem Mittagessen gibt es die ersten Pits. Leider werden auch Schwächen im Sound der Darkstage bemerkbar. Aber die erste blauhaarige Frau des Tages legt ordentlich vor und die Band hinterlässt auch mit nur 30 Minuten Zeit einen bleibenden Eindruck beim Publikum.Einhornlastig und mit durchaus beeindruckendem Publikumsaufgebot, einige trotz Hitze im Einhornkostüm, geht es dann weiter mit APRON. Mit guter Bühnenpräsenz, riesigen Luftballons, Konfetti, Tröten und einem Crowdsurfkrokodil eine riesen Party. Auf Platte muss ich die Band leider mit "Gefällt Mir Nicht Mehr" zitieren, aber live sind sie durchaus zu empfehlen und bekommen definitiv noch eine Chance.Zugunsten eines ausgiebigen Mittagessens im Camp spare ich mir THE NEW BLACK, NACHTBLUT und WOLFHEART, die dem Hörensagen nach alle eine gute Show abgeliefert haben. Allerdings werden die genervten Töne ob des Sounds auf der Darkstage langsam etwas zahlreicher.Weiter geht es für mich mit CIVIL WAR. Als ich das erste Mal über die Band gestolpert bin, habe ich mich gefragt, warum Bernhard Weiß von AXXIS trotz Heiserkeit für eine SABATON-Tribute-Band singen muss. Die Stimme, die Nils Patrik Johansson mitgebracht hat, ist mittlerweile ausgetauscht, der solide Powermetal, den die SABATON-Ausgründung auf die Bühne bringt, ist aber noch da und gibt dem mittlerweile per Schlauch künstlich mit Regen versorgten Publikum nochmal einen ordentlichen Stimmungsschub.Etwas gemütlicher wird es mit MANTAR und Doom Metal, der Tempowechsel und die eher reduzierte Show sorgen aber für ein paar Umstellungsprobleme beim Publikum. Gegen Ende der Show schafft die Band es dann doch, die Anwesenden mitzureißen.RAGE übernehmen danach die Rockstage. Alte Hasen der deutschen Metalszene, mit dem fünften Auftritt alte Rockharz-Veteranen und durch den personellen Neustart 2015 wieder deutlich frischer unterwegs. Mittlerweile sind die beiden Neuen an Peavys Seite super eingespielt und beim Publikum kommen neben urzeitlichen RAGE-Klassikern, den essentiellen Live-Titeln "Straigth To Hell" und "Higher Than The Sky" auch die aktuellen und kommenden Titel an. Besonders festivalgeeignet ist auch das mittlerweile etablierte "Holy Diver"-Zwischenspiel von Gitarrist Marcos.Ähnlich historisch – je nachdem, wie man die Unterbrechung rechnet – geht es weiter mit solidem Bay-Area-Thrash von DEATH ANGEL, die den Beginn ihrer Europatour begehen. Zu harten, mitreißenden Gitarrenriffs gibt es ein Circlepit im künstlichen Regen und wenig Zeit zum Verschnaufen für das mittlerweile deutlich gewachsene Publikum.Den nächsten Slot beanspruchen HAGGARD für sich und bis auf einige Fans, die die ersten Reihen belegen, scheint das Publikum im Großen und Ganzen meine "Warum?"-Haltung gegenüber der Band zu teilen. Rein objektiv liefern sie eine solide Show ab, aber großflächige Euphorie kommt nicht wirklich auf. Ich denke, HAGGARD ist eine Band, die man hören wollen muss – keine, die man auf einem Festival einfach so mal hören kann.Gut, dass mit LACUNA COIL eine hoch motivierte Christina Scabbia in Zwangsjacke auf der Bühne steht. Mit viel Energie (und trotz des eher schlechter als besser werdenden Sounds auf der Darkstage) schaffen es die erfahrenen Italiener, dem Publikum die genervte Stimmung aus den Knochen zu treiben, die aufkommt, wenn HAGGARD auf unvorbereitete Metaller treffen.Zum Abendessen gibt es dann KADAVAR. Bei dem, was man aus Richtung der Imbissbuden mitbekommt, nicht der beste Zeitpunkt, um nicht vor der Bühne zu stehen – und auch in den Berichten der Anwesenden kommen die Berliner gut weg. Bleibt die geistige Notiz, das nächste mal zu HAGGARD zu essen oder zu hungern.Den Tag der energetischen Frauen schließen ARCH ENEMY mit Frontfrau Alissa White-Gluz ab. Während "Will To Power" bald "War Eternal" als aktuelle Platte ablöst, wird noch einmal die Show aufgefahren, mit der die Band seit ein paar Jahren auf Tour ist. Während die Show mit viel Licht, Pyros und der gewohnten Energie auf die Bühne gebracht wird, fällt es klanglich etwas unter das gewohnte Niveau. Ob das daran liegt, dass die Form nicht ganz da ist, oder ausschließlich daran, dass der sowiso schon dumpfe Sound der Darkstage mittlerweile durch gelegentliches Knacken und das gefühlte Ausfallen ganzer Spuren ergänzt wird, ist schwer zu sagen. Da ARCH ENEMYs Grundniveau aber eher hoch ist, schadet auch der vergleichsweise schwache Klang der allgemeinen Stimmung nicht wirklich.Großer Headliner des Tages sind dann IN EXTREMO. Bei vollem Infield scheinen die Mittelalter-Rocker den langsam angenehm werden Temperaturen des ausklingenden, heißen Tages mit Feuer zu Leibe rücken zu wollen. Während die zahlreichen Pyrobatterien fast im Dauerfeuer laufen, heizt die Band auch musikalisch ordentlich ein. Obwohl IN EXTREMO für mich eine reine Festival Band sind – maximal eine Stunde am Stück und nicht öfter als ein Mal in zwei Jahren – muss man ihnen schon zugestehen, dass sie den Platz als Headliner angemessen ausfüllen. Und zum Dank gibt es vom Publikum nicht nur jede Menge Fäuste, Krach und Crowdsurfer, sondern auch ein ordentliches Ständchen für Dr. Pymonte, der einen runden Geburtstag begeht.Als kleines Betthupferl darf dann wer will zu FIDDLERS GREEN sein T-Shirt schwenken. Mich persönlich können sie jedoch nicht mehr überzeugen, wenn die Alternative der bequemste Campingstuhl der Welt nach einem langen, anstrengenden Tag voll guter Musik ist. Freitag Der Freitag hat für mich musikalisch deutlich weniger zu bieten. So ziehen VLAD IN TEARS, KAMBRIUM, CYPECORE und EWIGHEIM vorbei, während ich versuche, mich vor der brennenden Sonne zu verstecken. War nicht Gewitter gemeldet? Braucht man dafür nicht Wolken?Die erste Band, die mich lockt, ist FIRKIN, keltischer Folk-Rock aus Ungarn. Beim Vorabhören stand ich ihnen etwas kritisch gegenüber – irgendwie bin ich empfindlich, was Adaptionen von keltischem Folk angeht. Aber die Bühnepräzenz der energetischen Band schafft es, der Musik den kleinen Schubs zu geben, den sie braucht, um mich auf ihre Seite zu ziehen. Die noch überschaubare Zahl der Menschen, die sich in der Mittagssonne zur Bühne gequält hat, sieht das scheinbar ähnlich und schon nach kurzer Zeit wird am Ende des Regenbogens aus dem Feuerwehrschlauch das Tanzbein geschwungen zu Flöte, Geige und "Whiskey In The Jar". Selbst an dem Cover zu FLOGGING MOLLYs "Drunken Lullabies" finde ich nicht viel auszusetzen. Definitiv eine Band, die mir noch eine Weile erhalten bleibt.Als nächstes übernehmen OHRENFEIND, Zweigniederlassung von AC/DC in Hamburg, mit viel Begeisterung die Bühne. Und trotz oder gerade wegen ihrer Schnörkellosigkeit überträgt sich die Begeisterung recht schnell und nachhaltig auf die Umwelt.Was mir von UNZUCHT am stärksten im Gedächtnis geblieben ist: der Regenschauer. Echter Regen. Beim Rockharz. Nachdem der Wetterdienst jeden morgen den Schwanz eingezogen und trotz Unwetterwarnung das einzige Unwetter die unerbittlich stechende Sonne war. Nach fünf Minuten ist der Spuk schon wieder vorbei, UNZUCHT spielen noch eine Weile und es scheint bei den versammelten Fans gut anzukommen, während mein Gehirn es als Hintergrundgeräusch ausblendet.OST+FRONT. Vorbild sind RAMMSTEIN. Statt Feuerwerk schwenkt Eva Edelweis ihren Penis ins Publikum – nicht der beeindruckendste, der mir dieses Jahr bei einem Konzert entgegen geschwenkt wurde. Die Frage ist, wer von uns sich deshalb mehr Gedanken machen muss. Die Fans freuen sich über den Schnaps, den die mitgebrachte Lack-Krankenschwester verteilt. Ich denke darüber nach, wie sehr der direkte Vergleich die Texte von Till Lindemann aufwertet, während ich versuche, den Abstand zwischen mir und dem mit roter Farbe gefüllten riesigen Ballon, der übers Publikum hüpft, möglichst groß zu halten. Weiter geht's mit VARG, die ich mir, das wird man ja wohl noch sagen dürfen, getrost schenke. Frisch erholt geht es dann mit LORD OF THE LOST weiter. Eben noch im gut besetzten Zirkel der Bands, die ich bisher erfolgreich ignoriert habe, ohne dafür einen Grund zu haben, haben sie sich mit ihrem starken Set in den stetig wachsenden Kreis der Bands gespielt, in die ich mal intensiver rein hören müsste, wenn ich Zeit habe. Bei den normalen Menschen jedenfalls sorgen sie für gute Stimmung. Trotz der immer noch bestehenden Soundprobleme auf der Darkstage – es fällt sogar kurz einmal alles aus – werden der Band jede Menge Arme entgegen geworfen und es wird in recht beeindruckender Lautstärke Textsicherheit bewiesen.Etwas unter gehen im Vergleich BEYOND THE BLACK, lediglich ein Cover zu MOTÖRHEADs "Love Me Forever" will mir auffallen. Der Slot zwischen LORD OF THE LOST und PAIN ist keiner, in dem man es sich leisten kann, Schwäche zu zeigen.Peter Tägtgren fährt mit PAIN ordentlich auf. Selbst SABATON Frontmann Joakim Brodén darf in Form einer lebensechten Puppe auftreten, um sich an "Call Me" zu beteiligen. Ein durchaus liebvoller Gag, mit der nötigen Ernsthaftigkeit gespielt. Mit viel Energie und mit musikalisch überzeugender Arbeit gegen das Soundsystem der Darkstage, zieht die Gruppe einen Haufen Sympathie auf sich und ist eine klare Empfehlung. Mit MONO INC. gibt es nochmal einen Dark-Rock-Einschub, den ich nutze, um mich vor den Headlinern zu stärken. Der Stimmung vor der Bühne scheint meine Abwesenheit aber nicht zu schaden.Zu ICED EARTH muss man nicht mehr viel erklären. Die Power-Metal-Truppe um Jon Schaffer ist schon seit über 30 Jahren dabei. Das Set fühlt sich für mich irgendwie durchwachsen an, wobei ich nicht mit dem Finger darauf zeigen kann, was mir fehlt oder was zu viel ist. Vielleicht einfach der Fluch der diesjährigen Darkstage. Aber es wird fleißig mitgesungen und die Pommesgabel geschwenkt. Auch die Band scheint nicht unglücklich mit der Stimmung auf dem vollen Infield. Eigentlich kein Grund zur Klage also.Mit meiner Ansicht zu HEAVEN SHALL BURN als Headliner mache ich mir vermulich wenig Freunde. Für mich passen die Thüringer dieses Jahr irgendwie nicht ins Lineup, was aber vermutlich ihren Platz gerade rechtfertigt. Die Metalcore-Truppe bietet jedenfalls Abwechslung zu den anderen Headlinern. Das Infield fühlt sich etwas leerer an, als es sein könnte, der Campingplatz auf dem Rückweg etwas voller. Trotzdem ist die Publikumsanwesenheit noch angemessen für einen Headliner und das, was auf der Bühne aufgefahren ist, optisch recht beeindruckend. Man kann der Band auch sicher nicht vorwerfen, dass sie ihre Instrumente nicht beherrscht – höchstens das, was sie sich damit zu tun entschieden hat. Ich jedenfalls gucke es mir nicht bis zum Ende an.BELHEGOR können dann tun, was sie wollen, ich bin sicher im Camp. Aber für MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN raffe ich mich nochmal auf. Zu meiner Überraschung und zu der der Band geht es scheinbar allen so. Ich möchte nicht behaupten, dass es voller ist, als zu HEAVEN SHALL BURN ... deshalb lasse ich das ... aber die Osnabrücker Piraten haben nach dem ersten Schreck über das volle, volle und textsichere Infield mindestens so viel Spaß, wie das fast vollständig versammelte Rockharz. Samstag Um dem Abreisechaos zu entgehen, geht es für mein Camp schon Samstagnacht vom Campingplatz. Das heißt: Neben Ausschlafen und einem gemütlichen Katerfrühstück mit viel Kaffee, um DIE PULVERAFFEN aus den Knochen zu bekommen, auch das Camp wieder auf Kofferraumgröße zu reduzieren. Und so bringen – das erste Mal bei halbwegs erträglicher Sonneneinstrahlung – DAWN OF DISEASE, DESERTED FEAR, DEW SCENTED und TANK allen, die sich schon aufraffen können, den Schlaf aus den Ohren, während ich einer nur knapp vermiedenen Niederlage im Gruppentetris beiwohne.Die erste Band, die ich dann vor der Bühne verfolge, sind THE VINTAGE CARAVAN. Um ehrlich zu sein, hatte ich die Band beim ersten Reinhören zu Hause schon abgeschrieben und habe keine Ahnung, welcher Impuls mich zur Bühne getrieben hat. In was habe ich da bitte vorher reingehört? Die Isländer mit ihrem 70er Rock machen riesigen Spaß und bringen eine extrem ansteckende Begeisterung auf die Bühne. Jeden Tag eine neue Überraschung, so muss ein Festival sein.Die gute Stimmung, die die Isländer mitgebracht haben, können MR. IRISH BASTARD mitnehmen und nochmal verstärken. Nachdem nach anfänglichen Problemen mit der Bierlogistik eine Kurierlieferung für den Sänger eingetroffen ist, läuft das Set der irischen Folk-Punk-Band aus Münster rund. Obwohl die Sonne wieder brennt und das Publikum künstlich beregnet werden muss, um die Betriebstemperatur erträglich zu halten, wird getanzt, gesungen und gelacht, bis sich Band und Publikum gut gelaunt wieder trennen.SERUM 114 dürfen dann auf der Rockstage zeigen, dass es aus Deutschland neben Irish-Folk-Punk auch guten, deutschsprachigen Punkrock gibt. Den Leuten gefällt es und so erhebt sich dann zum Ende eine riesige Staubwolke, als die Band zum Dreck schleudern aufruft.Die Death-Metal Vetranen von ASPHYX, die portugisischen Dunkel-Metaller von MOONSPELL und den Melodeath von INSOMNIUM gebe ich mir dann wieder aus einiger Entfernung. Es gibt einfach wieder zu viel Essen, das man probiert haben muss.Weiter im Programm geht es für mich mit GRAVE DIGGER. Auch zu diesen alten Männern muss man nicht mehr viel sagen. Die Truppe um Chris Boltendahl – den ich seit der Kreuzfahrt immer noch im hellblauen Pullover vor mir sehe – weiß, was sie tut und das Rockharz scheint sich auch sicher, dass sie abliefern. Das Infield ist mittlerweile gut gefüllt und die Stimmung gut. Richtig Freude kommt aber erst auf, als endlich "Rebellion" aus voller Kehle mitgesungen werden kann.KORPIKLAANI sind am letzen Tag vielleicht nicht ideal, wenn Viele schon wieder versuchen auszunüchtern, aber ich weiß nicht, wie viel mehr man hätte erwarten können. Außer vielleicht guten Sound, aber mittlerweile hat man sich an der Darkstage leider daran gewöhnt. Trotzdem ist Party angesagt, keine Pause für die Grabenschlampen, und wo das Circlepit war, wächst so schnell kein Gras mehr. Die ideale Begrüßung für den Sonnenuntergang.DARK TRANQUILLITY sind heute eine knappe Sache. Die erste Abschlussklasse der Göteburger Schule hat Glück, dass das Rockharz auf einem Flugplatz stattfindet. Gitarristen-Stellvertreter Christopher Ammott kann so noch in letzter Minute mit einer privaten Propellermaschine eingeflogen werden – ein Prämiere für das Rockharz –, nachdem er aufgrund von Verspätungen in Berlin festhing. Auf der Bühne merkt man der Band den Stress nicht an und die sympathischen Schweden spielen sich zu einem weiteren Highlight des Festivals hoch.Die Schweizer Folk-Metaller von ELUVEITIE mussten sich im letzten Jahr personell etwas neu sortieren, der Bühnenpräsenz hat das aber nicht merklich geschadet. Ja ich weiß, Fabienne Erni klingt anders als Anna Murphy, sowohl vom Namen als auch an entscheidenden Stellen stimmlich. Aber sie klingt nicht schlecht und nach einer Weile wird man sich daran gewöhnt haben. ELUVEITIE machen jedenfalls weiter Spaß, selbst wenn sich die Darkstage mit lautem Knacken und einem zwischenzeitlichen Totalausfall des Sounds nochmal richtig Mühe gibt.Bevor sich BLIND GUARDIAN als Headliner auf der Bühne austoben dürfen, gibt es noch die traditionelle Lob- und Dankesrede des Veranstalters für Fans und Crew. Als die Krefelder dann die Bühne übernehmen, ist das Infield voll. Es gibt ja schließlich den "Bard's Song" und "Valhalla" mit zu brüllen. Auch die Ankündigung, dass die Band das Album "Imaginations From The Other Side" vollständig zum Besten geben wird, stößt auf spürbare Begeisterung. Insgesamt ein Set mit vielen Klassikern, ideal für ein Festival und vom Publikum dankend angenommen.Für die ganz Harten gibt es im Anschluss noch FEUERSCHWANZ und ALCEST, ich für meinen Teil mache mich lieber auf den Heimweg und freue mich aufs nächste Jahr. Angekündigt sind für das 25-jährige Jubiläum schon HAMMERFALL, KNORKATOR, EISBRECHER, PARADISE LOST, EQUILIBRIUM und AMORPHIS. Wer sich die Enttäuschung über preistreibende Wiederverkäufer sparen möchte, kann schon jetzt sein Frühbucherticket kaufen und sich auf ein hoffentlich genauso gelunges Rockharz wie in diesem Jahr freuen.