Geschrieben von Arne Dienstag, 25 Mai 2010 10:25
Emil Bulls - Interview mit Sänger Christoph ''Chris'' von Freydorf zur Band und zur DVD 'The Feast'
Die EMIL BULLS aus Bayern sind irgendwie ein Phänomen. Viele Hochs und viele, viele Tiefs mussten die Jungs in den letzten Jahren durchleben, und trotzdem gibt es die Band nunmehr fünfzehn Jahre. Mit ihren letzten beiden Alben „Phönix" und „The Black Path" befand man sich wieder auf dem aufsteigenden Ast, und die darauffolgende Tour bewies umso mehr, dass die Bulls zurück sind. Wenn das dann mal nicht Grund genug ist, eine DVD zu veröffentlichen. Und diese liegt nun in Form von „The Feast" vor. Und auch auf der, soviel sei gesagt, knallt es ordentlich, denn sie beinhaltet eine ordentliche Portion unverbogene EMIL BULLS. Da gehört es quasi zum guten Ton, mal nachzufragen.
Hi, und erst einmal Glückwunsch zu eurem Jubiläum! Hättet ihr damals zu Gründungszeiten der Bulls gedacht, so lange dabeizubleiben?
Danke für die Glückwünsche. Manchmal ist schon seltsam, wenn man drüber nachdenkt, dass man jetzt schon die Hälfte seines Lebens in dieser Band spielt. Wir hatten zwar von Anfang an das Ziel und den Ehrgeiz, unsere Musik professionell zu betreiben und irgendwann einen Plattenvertrag zu bekommen, dass die Sache dann aber tatsächlich zu unserem Hauptjob geworden ist, den wir nach all den Jahren noch ausüben, ist schon irre. So schwer und hart es oft ist, wir leben unseren Traum und sind bereit für die nächsten 15 Jahre.
Kann man sagen, dass ihr die einzige überlebende deutsche „Newmetal"-Band (wenn ich das mal so sagen darf) seid? Von einigen anderen, die auch mal bekannter waren, hört man ja im Grunde fast gar nichts mehr.
Ich würde sagen, wir sind noch da, weil wir eben nie die typische trendgebundene „Newmetal"-Band waren. Die Band hat einige Trends überlebt, da EMIL BULLS immer ihren eigenen Stil hatten, dem sie stets treu geblieben sind und über die Jahre zu einem unverkennbaren, eigenen Sound geformt haben. So richtig haben wir nie in die Schubladen gepasst, in die man uns stecken wollte. Andere sind in ihren Schubladen verstaubt und erstickt, wir glänzen mehr denn je und haben noch genug frische Luft, um weitere Stufen auf der Karriereleiter zu erklimmen.
Ich denke, man muss als Band immer ein wenig mit der Zeit gehen und sich auch von neuen Einflüssen inspirieren lassen, darf aber auf keinen Fall die eigene, unverkennbare Note verlieren.
Mit 15 Jahren auf dem Buckel kann man ja auf einiges zurückschauen. Wenn ihr die Möglichkeit hättet, gäbe es Situationen, die ihr gerne nachträglich ändern würdet?
Wenn ich gerade an die Anfangstage denke, fallen mir einige Dinge ein, die ich heute so nicht mehr machen würde. Wenn man grün hinter den Ohren ist und auf einmal in ein Business geworfen wird, in dem jeder von sich denkt, er habe die Weisheit mit Löffeln gefressen, muss man verdammt aufpassen, dass die eigenen Ideen nicht auf der Strecke bleiben und dass man seine Überzeugung nicht aus den Augen verliert. Wenn ich mir das „Take On Me" Video vor Augen führe, ist es ein gutes Beispiel. Wir haben den Song aus eigener Überzeugung, als Hommage an eine der größten Bands aller Zeiten gecovert und stehen auch voll dahinter. Nur bei der Umsetzung des Videoclips haben wir die eigenen Ideen aus den Augen verloren und uns von der „Weisheit" der Businessfuzzis blenden lassen. Wir kommen in dem Video rüber wie sechs Deppen im Ferienlager, die zum ersten Mal mit dem weiblichen Geschlecht konfrontiert werden. Nicht unbedingt cool für ne Rockband. Das Video ist mittlerweile 10 Jahre alt und wir haben immer noch damit zu kämpfen, dass „Emil Bulls" für viele, die normalerweise voll auf unseren Sound abfahren würden, die Affen aus dem „Take On Me Video" sind. Und denen gibt man von vornherein keine Chance. Einen Song zu covern, ist für eine Band ja durchaus in Ordnung, und es gibt genug Beispiele, die das rechtfertigen. Wenn man sich jedoch dazu entscheidet, ein Werk dieser Art als Single zu veröffentlichen, sollte man auch an die optische Umsetzung denken. Faith No More haben das z.B. mit „Easy" oder „I Started A Joke" sehr gut gemacht.
Und da wäre natürlich noch die Frage nach den Hoch- und Tiefpunkten. Nenn doch mal bitte von beiden jeweils drei.
Absolute Hochs:
1. 2010 und 15 Jahre „Emil Bulls"
2. Jedes einzelne unserer Alben
3. Wir haben es geschafft, uns durch Mut und harte Arbeit aus dem Sumpf nach „The Southern Comfort" zu ziehen und mit „The Black Path" einen Neuanfang zu starten.
Absolute Tiefs:
1. Immer wieder gewisse Bandmitglieder zu verlieren... wobei uns das bis jetzt immer nur noch stärker gemacht hat. Trotzdem reicht's jetzt mal.
2. Meine Stimmbandprobleme auf der letzten Herbsttour. Das Schlimmste, was ich je erlebt habe, vor allem psychisch.
3. Als zu „The Southern Comfort" plötzlich alles ruhig um uns wurde und kein Mensch einen Pfifferling auf uns gegeben hätte.
In meinen Augen seid ihr ein Garant für eine großartige Liveshow. Ich habe euch ca. 2001 sowohl in einem kleinen Club in Münster, als auch auf dem Full Force gesehen. Welcher Rahmen ist euch da mittlerweile lieber? Und unterscheidet sich da die Nervosität irgendwie, falls noch vorhanden?
Ich für meinen Teil bin immer mega nervös und unmittelbar vor der Show oft auch ungenießbar, da ich versuche, mich in eine Art Aggressionsmodus zu versetzen. Nur so kann ich dann auf der Bühne von null auf Vollgas starten. Wenn die ersten paar Songs gut gelaufen sind, legt sich das dann in der Regel und ich kann wieder anfangen, klar zu denken.
Wir sind im Grunde eine Cluband, die glücklicherweise auch auf großen Bühnen funktioniert. Uns ist es egal, ob kleiner Club oder riesige Open Air Bühne. Beides hat seinen Reiz. Ich würde mal sagen, die Abwechslung macht's.
Die DVD lässt ja fast keine Wünsche offen, obwohl mir persönlich doch noch so zwei, drei Nummern von der Akustik-Tour als Beilage gefallen hätten. Wie zufrieden seid ihr mit dem Endprodukt?
Wenn ich an das Mini-Budget denke, das wir zur Verfügung hatten, übertrifft „The Feast" meine Erwartungen sogar. Für unsere erste Live-DVD, bei der wir Ton und Bild zu großen Teilen selber bearbeitet haben, ist es meiner Meinung nach eine runde Sache geworden, auf die wir auch ein wenig stolz sein können.
Und wie waren die ersten Resonanzen eurer Fans zur DVD?
Die ersten Reaktionen waren durchweg positiv. Klar gibt es auch Kritikpunkte, denn jeder hat ja irgendwie eine andere Erwartung und einen anderen Geschmack. Dem einen sind die Kameraführung und das Licht zu hektisch, der nächste findet genau das so geil, da es dem Ganzen eine eigene Art von Energie gibt. Wir wollten auf keinen Fall statische Bilder, auf denen immer nur der Sänger im Mittelpunkt steht. So macht's jeder. Unsere DVD wirkt eher wie ein verrücktes Skatevideo mit vielen Schnitten und einer abgefahrener Lichtshow. Sozusagen ein Zwei-Stunden-Musikvideo a la „Nothing In This World".
Ihr habt extra für die Premiere ein Kino gemietet. Wie aufgeregt wart ihr an dem Abend? Und wie seid ihr da mit den ersten Resonanzen umgegangen?
Ich persönlich war nervöser als vor jeder „normalen" Show, denn wir konnten nicht wissen, ob das Ganze im Kino auch rüberkommt und wie die Leute reagieren. Hätte ja passieren können, dass nach vier Songs alle gehen und man dann allein sein Popcorn fressen muss. Apropos fressen: Das Strangeste an dem Abend war, unsere Fressen auf 20x10 Metern zu sehen, und ich habe auch einige Songs gebraucht, um mich selber sehen bzw. ertragen zu können. Glücklicherweise ging alles gut und die Resonanz unserer Gäste war sehr positiv. Es war wohl für alle Beteiligten ein Abend, den man so nicht immer hat, und den man nicht so schnell vergisst. Danke an die besten Fans der Welt.
Habt ihr euch für den Abend des Mitschnitts speziell vorbereitet? Und gab es für die Filmcrew oder euch und den ganzen Ablauf irgendwelche Regeln?
Wir haben uns nicht speziell vorbereitet, denn wir kamen gerade von einer Tour und waren daher sehr gut eingespielt. Lediglich die Songs, die wir lange nicht mehr gespielt hatten, wurden kurz geprobt. Die einzige Regel war: keine Kamera kommt der Band irgendwie in die Quere. Wir wollten eine typische Bulls Show spielen, ohne irgendwie abgelenkt zu werden. In dem Moment, wo dir bewusst wird, dass du gefilmt wirst, ist die Gefahr sehr groß, dass du was verkackst oder unnatürlich agierst. Das durfte nicht passieren.
Die Setlist habt ihr ja auch bestimmt selbst zusammengestellt. Wie kam es dazu, dass ihr ausgerechnet an einem Mitschnittabend nicht eure Interpretation von AHAs „Take on me" zum Besten gegeben habt? Da war ich schon ein klein wenig enttäuscht, wo das doch nochmal so ein richtiger Knaller ist. Wonach habt ihr generell entschieden, was gespielt wird und was nicht?
Wir haben einfach die Songs gespielt, von denen wir das Gefühl hatten, dass sie über die Jahre live am besten angekommen sind.
Personell ist mir bei dem Gig aufgefallen, dass ihr ohne DJ aufgetreten seid. Soll das nun so bleiben?
Unser DJ spielt schon seit 2005 nicht mehr in der Band, und das wird wohl auch so bleiben.
Ohweh, da hab ich euch leider schon länger nicht mehr Live gesehen. Lieber schnell Themenwechsel, kommen wir nun zu eurem Bonusmaterial. Das ist ja schon eher verrückt, im positiven Sinn. Gäbe es noch weitere Rock'n'Roll Anekdoten, die es nicht auf die DVD geschafft haben? Nennt noch eine witzige und eine, die eher unter der Rubrik "peinlich" laufen würde. Und gab es welche, die ihr eigentlich drauf packen wolltet, die dann aber zensiert worden sind?
Da gibt es noch einige Anekdoten und Vorfälle, aber oft ist in „wichtigen" Momenten grad keine Kamera am Start oder der Akku ist leer. Wir haben auf der DVD eh schon viel Privates, Absurdes und Anrüchiges preisgegeben. Für den Rest gilt: „What Happens On Tour, Stays On Tour".
Was steht für dieses Jahr noch alles an? Tour? Festivals?
Den Sommer über sind wir auf zahlreichen Festivals vertreten, im Herbst folgt eine große „Phoenix" Abschlusstour, und dann gilt es ein neues Album zu schreiben... ein „ÜBERALBUM".
Zu guter Letzt wünsche ich euch nochmals alles Gute für die Zukunft und überlasse die letzten Worte euch.
Danke an alle da draußen, die uns unterstützen. „Spread The Word"! ...wir sehen uns auf Tour!
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Stile: Postcore, Deathmetal, Sludge, Hardcore
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