Geschrieben von Donnerstag, 11 November 2010 22:12

Ghost Brigade - Interview mit den Gitarristen Tommi und Wille zu 'Isolation Songs'

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Spätestens seit ihrem zweiten Album "Isolation Songs" von 2009 ist die Band GHOST BRIGADE weit mehr als ein bloßer Gehimtipp in der Szene. Aktuell begeben sich die düsteren Finnen auf Europa-Tour mit Amorphis und Orphaned Land. Für uns war der Tourauftakt in Hamburg ein guter Anlass, die Gitarristen Tommi Kiviniemi und Wille Naukkarinen zum Gespräch zu bitten.


Heute ist der erste Gig eurer Europa Tour, und in ein paar Minuten geht es auf die Bühne. Seid ihr schon aufgeregt?


Wille: Absolut!

Tommi:
Wir hoffen, dass überhaupt schon jemand da ist, wenn wir anfangen zu spielen.

Ich glaube nicht, dass ihr euch da Sorgen machen müsst. Habt ihr in der Vergangenheit schon mal mit Amorphis oder Orphaned Land zusammengearbeitet?

Wille: Tomi, der Sänger von Amorphis, ist ein Freund von uns. Wir haben schon ein paar gemeinsame Konzerte und Festivals gespielt. Aber es ist die erste gemeinsame Tour.

Tommi:
Mit Orphaned Land haben wir noch nie gearbeitet. Ich kenne die Band eigentlich nur vom Namen her und weiss, dass sie aus Israel kommen und Metal mit orientalischen Einflüssen spielen. Es wird also auch für uns spannend, sie heute zum ersten Mal live zu sehen.

Eure ersten beiden Albem zeichnen sich vor allen Dingen durch düstere und melancholische Texte aus. Gibt es hier einen persönlichen Bezug zu euch, oder versteht ihr euch eher als Geschichtenschreiber?

Tommi: Alle Bestandteile unserer Texte sind sehr persönlich.

Wille:
Absolut. Ich habe schon einige Texte für Ghost Brigade geschrieben, die direkt aus meiner Seele kamen. Natürlich bedient man sich hier und da ein paar literarischer Kniffe, um noch ein bisschen mehr Würze in das Ganze zu bringen, aber das Meiste handelt direkt von uns und unseren Erfahrungen.

Egal, was und wo man über euch liest, überall heißt es, dass man euch nicht in eine Schublade stecken kann, weil ihr so viele verschiedene Einflüsse in euer Musik vereint. Ihr werdet irgendwo zwischen Metal, Rock und Alternativ angesiedelt. Fühlt sich diese Nicht-Kategorisierbarkeit manchmal auch wie eine Schublade an?

Tommi: Ja, machmal schon. Ich habe auch schon gelesen, dass wir eine Crossover-Band sind. Das sind wir auf keinen Fall. Wir sind einfach nur die Gesamtheit aller Einflüsse der Bandmitglieder. Uns ist egal, ob man das, was wir tun, als Metal oder Pop bezeichnet.

Wille:
Für uns ist das einfach eine ganz natürliche Sache. Die Leute fragen uns immer: Warum macht ihr das? Und wir antworten dann: Warum denn nicht? Musik hat so viele Facetten, und wir sind offen für alles, was uns gefällt und probieren Vieles aus. Zu viele Bands legen sich direkt am Anfang darauf fest, dass Sie eine bestimmte Richtung einschlagen wollen. Das war nie unser Weg. Wir nehmen einfach die Instrumente in die Hand, jammen miteinander und schauen, was dabei heraus kommt. Wir hoffen, dass wir nie in eine bestimmte Ecke gedrängt werden. Und bisher funktiorniert das ganz gut.

Wie läuft es ab, wenn ihr an neuen Songs arbeitet? Setzt ihr euch alle zusammen, oder habt ihr eine klare Aufgabenverteilung?

Tommi: Wir haben da keine klare Vorgehensweise. In den meisten Fällen ist es aber so, dass derjenige, der eine Idee hat - sei es ein Riff, eine Melodie oder ein Text - diese bei sich zuhause aufnimmt und an die anderen weiterleitet. In der nächsten Probe setzen wir uns dann zusammen und schauen, was man daraus machen kann und ob es für uns funktioniert. Die Basics entstehen also in Einzelarbeit und die Feinheiten mit der kompletten Band. Für uns ist das der beste Weg.

Wille: Einer der Gründe für diese Vorgehensweise ist auch, dass wir in verschiedenen Städten leben. Wir proben vielleicht ein oder zwei Mal die Woche gemeinsam, und auch dann ist es manchmal so, dass nicht alle können, weil sie noch andere Verpflichtungen haben. Durch das Internet stehen wir aber in engem Kontakt miteinander. Es gibt also immer die Möglichkeit, weiter zu machen.

Zusätzlich zu euren Proben, den Konzerten und den Touren macht ihr sehr viele Sachen selbst. So vermarktet ihr euer Merchandise und entwerft die Artworks für eure CDs. Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, diese Extra-Arbeit aus der Hand zu geben?

Wille: Nein, darüber haben wir noch nie nachgedacht. Das ist Teil des Bandkonzepts. Wir möchten immer genau im Bilde darüber sein, was bei Ghost Brigade passiert. Außerdem bin ich Grafikdesigner. Warum sollte ich also nicht die Gestaltung unserer Alben selbst übernehmen?

Tommi:
Im Endeffekt ist es doch so: Wir wissen am Besten, was wir wollen und was wir erwarten. Einem Außenstehenden müsste man das erst mal erklären.

Im Sommer diesen Jahres hattet ihr einen Auftritt auf dem Wacken Open Air. Wie hat euch die Atmosphäre dort gefallen?

Wille: Der Auftritt und die Fans waren natürlich ein Highlight für uns.

Tommi: Richtig, auf der Bühne war es großartig. Zumindest so lange, bis die Techniker uns beim vorletzten Song den Saft abgedreht haben.

Wieso das?

Tommi: Wir waren leicht über der Zeit. Vielleicht zwei Minuten. Aber die kennen bei sowas keine Gnade. Sehr schade, dass es so abgelaufen ist. Ich hätte als Veranstalter wahrscheinlich anders reagiert.

Wille: Spielverderber! (lacht) Davon abgesehen war es aber toll. Die Show von Alice Cooper war klasse. Leider war das auch mit das Einzige, was wir sehen konnten. Wir hatten viel zu tun und sind immer nur von A nach B gelaufen, um irgendwelche Details zu klären.

Wille, bevor ihr Ghost Brigade gegründet habt, haben du und euer jetziger Drummer Veli-Matti und Basser Janne bei der Stoner Rock Band Sunride gespielt. Zu dieser Zeit hattet ihr einen Vertrag bei der deutschen Plattenfirma People Like You. Wacken, euer Tourstart in Hamburg und ein deutsches Label in der Vergangenheit – es deutet alles darauf hin, dass ihr einen besonderen Bezug zu Deutschland habt. Stimmt das? 

Wille:
Speziellen Bezug? Ich glaube nicht. Das ist einfach passiert. Das Label hat uns angerufen, und wir waren uns darüber einig, dass wir einen Vertrag mit ihnen abschließen wollten. Auch die anderen Begebenheiten sind eher Zufälle. Aber es scheint tatsächlich so, als wenn Ghost Brigade gerade in Deutschland gut funktioniert. Eigentlich weiss ich gar nicht genau, warum. Vielleicht ist es die düstere Seite unserer Musik... oder euer Wetter. (lacht)

Was haben sich Ghost Brigade für die Zukunft vorgenommen?

Tommi: Eigentlich haben wir alle Ziele, die wir erreichen wollten, bereits erreicht. Wir hatten nie große Erwartungen und waren selbst überrascht von dem Erfolg. Am Anfang war Ghost Brigade einfach nur ein Projekt. Nicht mal ein Album war angedacht. Im Moment fühlt sich die ganze Sache gut an. Und so lange das so so ist, werden wir weiter machen... vielleicht für immer.

Wille:
Wahrscheinlich für immer.

Das hört sich gut an. Aber wo wir gerade davon reden: Wann können eure Fans mit einem neuen Album rechnen?

Tommi (räuspert sich kurz): Lass es mich so sagen: Wir werden keinerlei Auskünfte in diese Richtung geben.

Das ist schade. Aber gibt es denn konkrete Songideen?

Wille: Kein Kommentar (grinst)

Dann bleibt mir nur noch, euch und dem Publikum eine großartige Show zu wünschen.

Wille: Vielen Dank. Wir werden 100 Prozent geben.


Nachtrag: Nach dem Auftritt habe ich Tommi noch kurz getroffen. Er war absolut begeistert von der Energie und der Größe des Publikums und hofft, dass die kommenden Shows eben so gut laufen werden.


Vero

Gastautorin mit Wacken-Expertise