Geschrieben von Fabien Montag, 27 Dezember 2010 00:00
Interment – Interview mit Frontmann Johan Jansson zu „Into The Crypts Of Blasphemy“
INTERMENT sind eine der ältesten und urtümlichsten Bands der schwedischen Death-Metal-Szene, gegründet zur gleichen Zeit wie die großen Brüder ENTOMBED und DISMEMBER. In der Szene sind INTERMENT eine echte Hausnummer, obwohl das Quartett in diesem Jahr – 22 Jahre nach Bandgründung – erst sein Debütalbum veröffentlicht hat.
In der winzigen Berliner Metalkneipe "Blackland" spielen INTERMENT den Abschlussgig ihrer "Black Steel Worship"-Tour mit DIABOLICAL und URN. Zwischendurch schnappe ich mir Frontmann Johan, der mir einen tiefen Einblick in die schwedische Szene gibt.
Hallo Johan, danke für deine Zeit!
Sehr gern!
INTERMENT kommen aus Avesta, wie weit liegt das von Stockholm entfernt?
Es liegt ungefähr 150 Kilometer nordwestlich, also schon recht nah.
Aber Stockholm liegt dort näher als Göteborg?
Genau, Göteborg ist ca. 450 Kilometer weit weg.
Also kann man sagen, dass ihr "Stockholm Death Metal" spielt.
Auf jeden Fall, das ist korrekt. Kein Göteborg-Metal.
Die Band wurde 1988 gegründet, richtig? Das ist verdammt lange her.
Ja, wir haben damals angefangen. Aber wir hatten noch keinen richtigen Namen, sondern haben verschiedene Bandnamen ausprobiert, bevor wir uns auf "Beyond" festgelegt haben. Und wir haben auch nur eine Demo aufgenommen und in Eigenregie veröffentlicht; 1990 war das. Im selben Jahr hat allerdings unser Sänger das Interesse an der Musik verloren und sich stattdessen nur noch für's Angeln interessiert... also habe ich mir neben der Gitarre noch das Mikro geschnappt. Außerdem hab ich am Anfang auch noch Schlagzeug gespielt, weil wir keinen Schlagzeuger hatten... aber im August 1990 waren wir endlich komplett, haben uns dann in INTERMENT umbenannt und das Sunlight Studio gebucht, um unsere erste richtige Demo aufzunehmen. Das muss dann 1991 gewesen sein.
Und "Into The Crypts Of Blasphemy" aus diesem Jahr ist tatsächlich euer eigentliches Debütalbum?
Ja, es hat leider ein bisschen gedauert... (lacht)
Was habt ihr denn in den zwanzig Jahren gemacht?
Na ja, wir haben ein paar Demos aufgenommen, das zweite hieß "Forward To The Unknown", welches wir bei Dan Swanö aufgenommen haben... und 1994 haben wir unser letztes Demotape aufgenommen, was wir aber nie veröffentlicht haben. Wir wollten einfach nur die Songs als Aufnahmen haben. Zur selben Zeit hatten mein Bassist und ich auch noch eine Punkband namens UNCURBED, wodurch sich das mit INTERMENT immer weiter aufgeweicht hat. Wir haben zwar versucht, einen Plattendeal zu bekommen, nur leider gab es zu der Zeit viel zu viele ähnliche Bands, sodass es für uns leider nicht mehr geklappt hat. Heutzutage ist das etwas einfacher, weil irgendwie jeder selber Alben aufnehmen kann.
Vor ein paar Jahren, 2006, haben wir uns mal wieder zusammengesetzt und uns unsere alten Demos angehört – und es war geil! Das hat uns inspiriert und wir dachten nur, fuck, wir sollten mal wieder was machen. Also haben wir dann ein paar Songs geschrieben, die aber nicht so besonders waren... dann war unser Bassist schon wieder weg und weil wir auch alle Arbeit haben, war das mit den Proben schwierig... es lief eigentlich von Anfang an beschissen.
Gibt es außer dir noch andere Gründungsmitglieder in der Band oder bist du der einzig verbliebene?
Unser Gitarrist John ist auch seit Anfang an dabei. Unglücklicherweise hat er gerade einen neuen Job angetreten und kann deshalb nicht bei dieser Tour mit dabei sein, genauso wie unser Drummer. Das ist unsere erste Tour überhaupt und zuerst sagt unser Drummer ab, weil er in seinem Job nicht so lange freinehmen kann – also haben wir einen Ersatzdrummer mitgenommen. Und dann sagt John uns auch noch, dass er ebenfalls nicht mitkommen kann! Also mussten wir auch noch einen Sessiongitarristen finden, denn wenn INTERMENT nicht hätten touren können, wäre die komplette Tour abgesagt worden, weil das zusätzliche Geld von unserem Label gefehlt hätte. Zum Glück haben wir noch die Jungs gefunden.
Mit zwei Sessionmusikern spielen bringt doch bestimmt auch Probleme mit sich. Wie viel musstet ihr vor der Tour proben?
Das Lustige ist ja, dass wir vor der Tour kein einziges Mal komplett proben konnten! Perra, der Sessiondrummer, wohnt so weit weg, dass er allein mit den Aufnahmen für die Tour proben musste. Währenddessen haben wir im Proberaum mit Kennet, unserem eigentlichen Drummer, und Toob, dem Aushilfsgitarristen, geprobt. Toob wohnt "nur" 50 Kilometer von uns entfernt, sodass das so ging.
Also habt ihr vor der Tour kein einziges Mal mit Perra gespielt?
Doch, er kam das letzte Wochenende vor Tourbeginn nach Avesta und hat bei mir übernachtet. Zum Glück hat das alles hingehauen, sonst wären wir echt am Arsch gewesen.
Man hat gar nicht gemerkt, dass er Sessiondrummer ist. Er hat seine Sache wirklich gut gemacht.
Ja, finde ich auch. Ein paar Gigs waren scheiße, aber der Großteil der Tour war großartig!
Das ist wichtig, Hauptsache weitermachen.
Genau, denn was kann man schon tun, außer weitermachen?
Übrigens muss man sich echt gut im Untergrund auskennen, um auf Bands wie euch und eure Tourkollegen DIABOLICAL und URN zu stoßen.
Oder man muss das Buch "Swedish Death Metal" gelesen haben, da stehen wir nämlich drin.
Echt jetzt? Das Buch wollte ich mir schon lange kaufen, ich hatte nur nie die Kohle.
Ja, da gibts ein Kapitel, das sich um unsere Gegend und Szene dreht.
Wie alt warst du, als INTERMENT gegründet wurden?
Äh, ich bin Jahrgang '71, also muss ich 16 oder 17 gewesen sein...
Und du spielst mit eurem Bassisten Martin auch bei DEMONICAL?
Richtig, bei DEMONICAL ist außerdem der Sänger von DIABOLICAL mit dabei. Martin und ich haben auch bei CENTINEX gespielt.
So viele verschiedene Bands, wer soll da durchblicken... Wie ist Martin Teil von INTERMENT geworden?
Martin und ich haben auch noch mit anderen Bands zu tun gehabt, unter anderem mit FUNEBRARUM. Zu der Zeit war Mathias Norman von KATATONIA unser Bassist, aber er hatte zu wenig Zeit. Das war 2007, als wir mit INTERMENT wieder loslegen wollten. Da brauchten wir einen Bassisten, der auch Zeit zum Proben hat, weshalb dann Martin bei uns eingestiegen ist. Mit ihm haben wir 2007 unseren ersten Gig seit 1992 gespielt, der übrigens auf der Release-Party zum "Swedish Death Metal"-Buch war, zusammen mit GROTESQUE und NIRVANA 2002. Es war wie ein großes Klassentreffen, weil die ganze schwedische Death-Metal-Szene anwesend war. Einfach großartig! Im selben Jahr haben wir dann noch auf dem Party.San gespielt.
Wie seid ihr daran gekommen?
Eigentlich sollten FUNEBRARUM, mit denen wir kurz zuvor eine Split-Demo gemacht haben, als letzten Tourstopp auf dem Party.San spielen. Aber die Tour lief nicht gut, weshalb sie beim Party.San absagen mussten und da wir die Split mit ihnen gemacht hatten, sind wir eingesprungen. Also haben wir unser Erspartes zusammengekratzt, Easyjet gebucht und das Wochenende auf dem Party.San verbracht. Es war geil, auch wenn die Bühne viel zu groß für uns war. Wir hatten ja seit 15 Jahren nicht mehr gespielt, niemand kannte uns. Aber es war trotzdem ok. Heute waren wir aber besser. (grinst)
Wie viele Leute haben euch beim Party.San gesehen?
Vielleicht ein paar hundert... wir haben ja am Samstagvormittag gespielt, als alle noch besoffen in den Zelten lagen. Wahrscheinlich haben wir die meisten davon mit unserem Krach aufgeweckt, haha!
Schade für die Leute, die euch verpasst haben.
Tja, die sollten sich ärgern! Sie haben eine waschechte schwedische Death-Metal-Band verpasst. Aber es war trotzdem toll für uns, denn wir sind ja wirklich nur eine kleine, unbekannte Band.
Wie sind die Reaktionen für "Into The Crypts Of Blasphemy" ausgefallen?
Besser als ich dachte! Ich bin zwar auch so sehr zufrieden mit dem Album, aber man wird ja nie die Zweifel los, dass anderen Leuten unsere Songs nicht gefallen würden. Vor allem hatte ich erwartet, dass die meisten Leute viel größere Ansprüche haben und eher modernen Death Metal hören wollen. Stattdessen haben wir sogar einige 10/10-Bewertungen von Magazinen bekommen, auch viel 7 oder 8.
Das ist genau das, was die Leute hören wollen: purer schwedischer Death Metal!
Fein!
Morgen geht's wieder zurück nach Schweden?
Ja, wir nehmen die Fähre irgendwann am Vormittag.
Also keine Zeit für Sightseeing?
Leider nicht, ich hab nur ein bisschen in die Luft gucken können, als wir vorhin mal was essen waren.
Gibt es schon Pläne für weitere Alben oder Touren?
Wir spielen nächstes Jahr drei Gigs in Spanien, auf dem Protzen Open Air und bei irgendeinem kleinen finnischen Festival. Außerdem befinde ich mich mit DEMONICAL gerade mitten in den Aufnahmen für ein neues Album. Mit INTERMENT wollen wir noch eine 7-Inch aufnehmen, mehr ist noch nicht geplant. Außerdem hat man ja ab und zu auch noch Arbeit.
Wie verdienst du dein Geld?
Der Staat gibt es mir, haha! Im Moment bin ich außerdem Aushilfslehrer für Gitarre und Bass, weil der Bassist von SCAR SYMMETRY, der den Job eigentlich hat, in den USA auf Tour ist. Und ansonsten springe ich mal hier und mal da ein, wenn sich was anbietet.
Okay, vielen Dank! Gibt es noch etwas, das du den Lesern und Fans sagen möchtest?
Trinkt viel Wodka! Und unterstützt die schwedische Death-Metal-Szene. Hoffentlich können wir bald mal wieder herkommen, ansonsten sehen wir euch hoffentlich auf dem Protzen Open Air.
interment.se
Alle Artikel zu