Geschrieben von Kai Sonntag, 13 Februar 2011 00:00
Heisterkamp - Interview mit Sänger Nicholas zum Album 'Schweren Herzens Popmusik'
Mit „Schweren Herzens Popmusik" haben HEISTERKAMP ein sehr intimes und anrührendes Stück Musik im Akustikgewand und ohne Bandzinober hingelegt. Passend zum Winter möchte man es sich mit einem Kakao mit Schuss vor dem Kamin gemütlich machen und in Gefühlen schwelgen. Da dieses Projekt nicht unbedingt medial überpresent war, haben wir mal nachgehakt. Manege frei für Sänger und Gitarrist Nicholas.
Bitte stell dich und deine Band unseren Lesern vor.
Nicholas mein Name. Sänger und Gitarrist bei JUPITER JONES uns irgendwie selbiges bei HEISTERKAMP. Mein partner in crime heißt Jan, war jahrelang bei den fabelhaften JOHN Q PUBLIC aktiv und ist das Herz, Song- und Logisitkzentrum von HEISTERKAMP.
Wie kam es zu eurer Zusammenarbeit?
Da wir beide Eifelkinder sind, war es nicht allzu schwer, sich kennenzulernen. Die Musikszene dort ist zwar verhältnismäßig rege, aber der Platz sehr beschränkt. Da läuft man sich recht schnell über den Weg. Wir haben dann irgendwann – ich weiß gar nicht mehr wie, wann und warum – beschlossen, dass wir dringend zusammen Musik machen müssen. War ja auch ein guter Plan, im Nachhinein betrachtet. Ziel war es, Musik zu machen, die sich mit dem geringsten Aufwand realisieren lässt und trotzdem funktioniert. Weg von Effektbrettern und Verstärkertürmen. Weniger Schweiß, mehr Muckeligkeit.
Stammt euer Name von Strombergs Ernie, oder wie kommt man auf Heisterkamp?
Vollkommen richtig. Die Serie war zu der Zeit, in der wir uns in der Namensfindung befanden, noch nicht so populär wie sie es heute ist. Dieser verschrobene, komplexschwangere Charakter war mir von Anfang an total sympathisch. Der Loser-Prototyp. Auf so etwas steh ich total. Jan brauchte dann ein wenig, hat sich aber auch damit angefreundet. Er wurde sanft gezwungen.
Warum denn "schweren Herzens Popmusik"? Wenn man sich an das letzte JUPITER JONES-Album erinnert, gab es da ja schon einige Überschneidungen.
Klar. Und das "Schwere Herz" bezieht sich hierbei auch nicht darauf, dass wir uns überwinden müssen, solche Musik zu machen. Es dreht sich in den Songs einzig und allein um das Universalthema der Popmusik: Gebrochene und geheilte Herzen. Liebe und so. Eine gewisse Traurigkeit schwingt da immer mit, Melancholie und eine gesunde Portion Pathos. Gegen Popmusik kann man sich gar nicht verwehren. Die BEATLES waren Pop. Todschlagargument.
Wären die Songs nicht in anderen Arrangements bei JJ oder JQP gelaufen, oder war von Anfang an klar, dass sie in einem solchen Projekt münden würden?
Wir haben die meisten Songs gemeinsam geschrieben, bei Jan oder mir zuhause. Jan hat die meisten Melodien geliefert, ich die meisten Texte. Daher war auch immer klar, zu welchem Projekt die Lieder gehören. Das waren beinahe klassische Band-Situationen, mit Jammen und allem, was dazu gehört, obwohl wir ja eigentlich eine sehr unklassische Band sind. Wir sehen uns selten, proben nie und sparen uns jeglichen Tam-Tam. Bisher ist es nur bei einem Song vorgekommen, dass ein Song, der eigentlich für HEISTERKAMP gedacht war, bei JUPITER JONES gelandet ist. Das war ,Und dann warten', vom letzten Album.
Wird es zu HEISTERKAMP auch Konzerte oder Touren geben, und wie hätte ich mir das vorzustellen?
Bisher ist das leider noch unmöglich, da ich im Moment unfassbar viel mit JUPITER JONES zu tun habe und, um ganz ehrlich zu sein, wir bei einigen Songs auch gar nicht mehr wissen, was wir da eigentlich gemacht haben. Die einzigen Dokumentationen dazu befinden sich auf der Platte. Wir haben teilweise mit sehr kruden, nicht mehr nachzuvollziehenden, offenen Stimmungen gearbeitet und die Picking-Patterns der Gitarre sind, mir zumindest, auch nicht mehr ganz klar. In einer Zeit, in der uns viele Mußestunden zur Verfügung stehen, können wir aber mal darüber nachdenken. So mit 50. Zur Selbstverwirklichung. Aber mal im Ernst. Im Moment leider nicht. Aber man sollte niemals nie sagen!
Wer von euch war für die Elektronik verantwortlich, und habt ihr im Studio noch mehr experimentiert?
Ein paar der Elektronik-Fetzen stammen von mir, einige von Jan. Das war eher learning by doing und trial and error. ,Alaska' beispielsweise ist bei einer Art Band-Urlaub in Holland, mitten in der Nacht, entstanden. Jan hatte diese schräg-schöne Klavierlinie und ich hab relativ ahnungslos an Reason (Sound-Software) rumgeschraubt. Irgendwann hat's dann plötzlich gut geklungen und wir haben es so gelassen. Einen echten Studiobesuch gab es ja nie. Der größte Teil der Platte ist in Echtzeit entstanden und die jeweiligen Stellschräubchen wurden dann später justiert.
Wie ging der Aufnahme-Prozess vonstatten?
Der hat sich über insgesamt vier oder fünf Jahre hingezogen. Aber auch nur, weil wir uns so selten gesehen haben. Immer, wenn irgendwo ein wenig Zeit zur Verfügung stand, haben wir uns bei Jan oder mir getroffen und weitergemacht. Daher auch kein Studiobesuch. Wir haben alles im Homerecording-Verfahren aufgenommen, danach mithilfe eines guten Freundes gemixt und mithilfe eines anderen guten Freundes gemastert. Das war, nachdem Jan mich angerufen hatte, um mir mitzuteilen, dass wir genug Songs für eine Platte zusammen haben. Irgendwie waren wir beide überrascht.
Habt ihr versucht, bei einem anderen Label zu veröffentlichen oder war euer JJ-Stammlabel von Anfang an klar?
Nein, das war von Anfang an klar. Mathildas bietet einfach die Strukturen, die wir brauchten. Und das war nicht mehr, als ein Labelcode und ein Logo. HEISTERKAMP ist eher ein musikalisches Tagebuch. Wir lieben es beide sehr, wollen es auch nicht stiefmütterlich behandeln, aber es soll auch keinen Stressfaktor darstellen. Das würde wieder Vieles kaputt machen. Also haben wir, ganz entspannt, das eigene Label gewählt, die Platte limitiert und den Verkauf hat Jan selbst geregelt. Das war allerdings ein Arsch voll Arbeit. Danke dafür!
Macht so eine Arbeit (also die Aufnahmen) mehr Spaß, wenn man in einem kleineren Projekt ist, oder habt ihr das gewohnte Gefüge eurer Stammbands vermisst?
Das sind zwei total unterschiedliche Baustellen. Vieles, was bei HEISTERKAMP geht, würde bei JQP oder JJ nicht funktionieren. Diese entspannte Atmosphäre und die Entscheidung, manche Dinge einfach mal so zu belassen, wie sie sind, auch wenn sie nicht ganz perfekt sind, dafür aber einfach Charme versprühen... Eine echt schöne Erfahrung. Ein bisschen wie antiautoritäre Erziehung. Man mag etwas echt, aber genehmigt Fehler, weil sie den Charakter ausmachen.
Wird es andere Platten von HEISTERKAMP geben?
Um es kurz zu machen: Das weiß der Fuchs! Wir sind ja noch jung und so...
Was sind eure Pläne für 2011?
Als Band? Erst einmal glücklich darüber sein, dass wir es geschafft haben, eine echt schöne Platte zu veröffentlichen, die einigen Leuten wirklich Freude macht. Viel mehr lässt der Zeitplan, leider Gottes, gerade echt nicht zu. Alles weitere klären wir dann in bereits erwähnten Mußestunden... Wann immer sie denn kommen mögen.
Famous Last Words?
Das ist immer die gemeinste Frage! Rettet den Planeten, werdet gute Menschen, esst mehr Gemüse! In der Regel hat man nichts Bedeutungsschwangeres zum Schluss übrig, solange man kein Problem mit dem eigenen Ego hat. Mark Twain hat mal gesagt, dass ein Jeder immer einen Zettel mit seinen letzten Worten dabei haben soll, die er vorher von seinem besten Freund hat prüfen lassen, weil niemand so großkotzig sein soll, davon auszugehen, dass ihm in der Sekunde seines Todes epochale Worte einfallen. Grundsätzlich ein guter Plan. Walt Whitman hat ihn beherzigt und sein letztes Wort war „Scheiße!" Und warum!? Weil er den Zettel nicht fand! So etwas geht grundsätzlich schief.
www.tanzmitheisterkamp.de
Alle Artikel zu