Geschrieben von Sonntag, 09 September 2007 16:44

Portugal.The Man - Interview mit Bassist Zack und Sänger John zum Album "Church Mouth"


 

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Link: www.portugaltheman.net/

 
Kaum ein halbes Jahr ist vergangen, seitdem BurnYourEars das letzte Interview mit den Indie-Newcomern PORTUGAL. THE MAN führte. Eigentlich müsste ein weiteres Gespräch also verfrüht erscheinen. Aber in dem Halbjahr hat sich eine Menge getan: neuer Sound, neues Album, geplante EPs, vollendete und angedachte Projekte und eine weitere Tour. Außerdem waren mal wieder zahlreiche Tiere Gesprächsstoff, wenn auch in anderem Zusammenhang als damals. Und was haben eigentlich die Herren Ziggy Stardust und Sgt. Pepper gemeinsam? Und was haben die beiden mit dem Herren Portugal zu tun?

Da John Gourley, Sänger, Gitarrist und mein eigentlich anvisierter Gesprächspartner, zunächst auf Futtersuche weilte, stellte sich für den ersten Teil der Plauderei der gut gelaunte Bassist Zack Carothers zur Verfügung.

Hallo Zack!

Hi!

Ich habe einige Fragen an Portugal. The Man, aber als ich sie mir überlegte, ging ich davon aus, erneut John zu interviewen, wie schon letztes Jahr. Ich werde also ein wenig improvisieren müssen.

Kein Problem! Cool!

Seit dem letzten Interview ist ein halbes Jahr vergangen und seitdem habt ihr eure erste wirklich große Tour beendet und mit „Church Mouth“ euer zweites Album aufgenommen. Und nun seid ihr wieder hier. Scheint so, als ob bei euch alles gut läuft, oder ist euch mal wieder der Van liegengeblieben?

Ja stimmt, das war wirklich die einzige blöde Sache. Unser Van ist tatsächlich oft liegengeblieben – schrecklich! Naja, letztlich sind wir damit aber gut zurechtgekommen.

John erzählte mir beim damaligen Interview viel über einen, wie er es nannte, „Soul- Rock n' Roll-Vibe“, den die neuen Sachen haben sollen.

Yeah, den haben sie definitiv! Das hat mit unserem letzten Aufenthalt in Deutschland zu tun und mit unserem Umgang damit. Wir kamen sehr unvorbereitet her, denn wir waren es gewohnt, 25 Minuten oder eine halbe Stunde zu spielen.
Hier realisierten wir, dass wir häufig die einzige Band des Abends waren. Als wir dann gefragt wurden, ob wir eine oder anderthalb Stunden spielen könnten, sagten wir „Ähhh….sicher! Okay!“. Es war ein bisschen… naja, wir haben dann unsere normalen Songs gespielt und sie etwas gestreckt und viel gejammt. Das war echt fantastisch, weil wir so viel darüber lernten, wie jeder von uns Musik wirklich Musik spielt und wie wir als Band zusammenspielen. Deshalb hatte Deutschland so einen großen Einfluss auf das neue Album, das wir kürzlich aufgenommen haben.

Wie kommt es, dass ihr jetzt „südlicher“ klingt, also nach Southern Rock, New Orleans-Sound und viel Blues?

Als wir „Waiter: You Vultures!“ aufnahmen hatten wir noch keinen Drummer. Erst ganz zum Schluss kam Jason hinzu. So waren alle Songs, die wir schrieben, von John, mir und unserem damaligen Keyboarder Wes, und deshalb waren wir gezwungen, viel mit elektronischem Zeug zu arbeiten.
Als dann Jason dazukam, wurde alles viel angenehmer, weil wir von da an improvisieren und aufeinander eingehen konnten. So haben wir uns als Band gefunden. Es entstand dann „Swingy Southern Bluesy Rock“, sozusagen. Wir hatten einfach viel Spaß daran, so ein Zeug zu spielen, deshalb wollten wir unser neues Album mehr in diesem Stil halten. Wir haben unsere Einstellung stark geändert und wir wollten viele verschiedene Stile verwenden, weil wir uns zu verschiedensten Sachen hingezogen fühlen. Jetzt haben wir uns stark mit gutem Classic Rock und New Orleans-Zeug beschäftigt. Sicherlich haben wir letztlich mehr Oldschool-Sachen ausprobiert.

Das erste Album klang ein wenig kalt.

Ja, wir waren nicht so glücklich damit […]. Dieses Album jetzt klingt mehr danach, wie wir klingen wollen und wie „Waiter: You Vultures!“ klingen würde, wenn wir damals einen Drummer und mehr Zeit gehabt hätten.

Das ist der springende Punkt. Als ich „Church Mouth“ zum ersten Mal hörte, dachte ich: „So klingt Portugal. The Man live“.

Ja, wir haben versucht, unserem Live-Sound näher zu kommen und ihn einzufangen.

Was ist Jason's Rolle beim Schreiben neuer Songs?

Er und ich haben viel daran gearbeitet, dass Bass und Drums zeitweise wie ein einziges Instrument funktionieren. Wir lieben Bands mit starker Rhythmus-Sektion und viel Action zwischen Bass und Drums. Denk nur mal an LED ZEPPELIN. John Paul Jones und John Bonham spielen einfach perfekt zusammen. Wir haben ebenfalls beim Songwriting Wert darauf gelegt, dass der Bass immer zu den Drums passt. Aber [lacht] wir wollen natürlich nicht ernsthaft so gut sein wie Jones / Bonham…

Auf „Church Mouth“ ist der Rhythmus viel treibender. Er geht immer voran, immer voraus…

Wir fühlen uns als Rhythmus-Sektion immer sicherer und sind als Band zusammengerückt. Die treibenden Rhythmen sind inzwischen ein wichtiger Teil unserer Musik und wir arbeiten daran, uns zu verbessern.

Lass uns jetzt über eure Texte sprechen. Da gibt es eine ganz spezielle Sache, die ich nicht verstehe…

John's Lyrics sind häufig sehr schwer zu verstehen.

In den alten Texten tauchten sehr viele Tiere auf. Wo sind die auf einmal hin?

Das ist eine gute Frage.

Ich bin ziemlich verwirrt deswegen.

John geht, was das Schreiben betrifft, durch verschiedene Phasen. Wir machen zwar nie Konzeptalben, aber die Lyrics gehören irgendwie zusammen. Nunja… John ist recht sprunghaft in seinen Gedanken und lässt sie weit herumschweifen. Zwei bis drei Jahre streiften diese Tiere in seinen Gedanken herum, so dass er viele Texte darüber schrieb. Möglicherweise war er von den Büchern und Filmen beeinflusst, die wir lasen und sahen. Zur Zeit von „Waiter: You Vultures!“ lasen wir Bücher wie „Watership down [Unten am Fluss]“ und sahen sehr alte Cartoons. Das könnte damit zu tun haben, denke ich.
Als wir damals das Album schrieben, war er quasi in einer Art Traumland und deswegen wurden aus vielen Charakteren in den Texten Tiere. „Church Mouth“ handelt mehr von Menschen. Ich habe keine Ahnung, wo die Tiere hin sind. Aber grundsätzlich nutzt er gerne Tiere als Metapher für Personen.

Kannst du uns etwas über den Refrain von „Bellies Are Full" erzählen? "
If we had the money we'd climb our way back down somehow ..."

Lass mich überlegen. Der Song ist ziemlich verwirrend und hat verschiedene Bedeutungen. Am besten fragst du gleich John nach dieser speziellen Zeile, wenn er zurück ist.
Aber der Song als Ganzes ist im Grunde über viele Sachen, die in ihn hineingepackt wurden. John schreibt eigentlich nie einen Text über eine einzelne Sache. Ein Großteil des Stückes handelt von seiner Familie oder von unseren Familien. Und auch von Arbeit. Wir haben nur gelegentlich Jobs und verdienen kein Geld. Wir machen, was wir lieben. Viele andere nehmen Jobs wegen des Geldes an.

Ich las einige Kommentare John's zu seinen Texten, aber die werfen nur weitere Fragen auf.

John ist ein großartiger Texter, aber sogar ihm fällt es schwer, seine Texte zu erklären. Manche seiner Texte verstehe ich, aber viele auch nicht. Sie springen häufig zwischen Themen hin und her, die nichts miteinander zu tun haben. Wir haben zum Beispiel eine Zeile über den Goldrausch in Alaska und dann geht es mit etwas komplett anderem weiter. Irgendwie verbindet er so was, denn seine Gedankengänge sind recht seltsam. 

Ihr habt kürzlich einige Stücke von THE SOUND OF ANIMALS FIGHTING für deren EP- Wiederveröffentlichung „Tiger & The Duke“ geremixt. Wie kam die Verbindung zustande?

Wir sind gute Freunde von dem Typen, der die ganze Sache zusammenbrachte. Ich weiß gar nicht mehr wann wir uns zum ersten Mal trafen. Jedenfalls brachte Rich Balling ein Buch über Dichtung und Kunst heraus, für das wir einen Songtext zur Verfügung stellten. Es heißt „Revolution On Canvas – Poetry From The Indie Music Scene“. Er gehört zum SOUND OF ANIMALS FIGHTING- Team. Wir hingen mit einigen von denen in Kalifornien rum. Sie fragten dann John, ob er Remixe von einigen ihrer Songs machen würde, was er dann auch tat. Es klingt cool, ist aber sicherlich ein Spaßremix.

Welchen Stil hat es? Euren?

Nein, es ist komplett elektronisch. „Sehr ruhige Elektronik“, würde ich dazu mal sagen. Es klingt eher wie unsere EPs, auf denen wir sehr experimentelle elektronische Musik machen. Aber auf den Alben machen wir Rock.
Die EPs sind für uns Spaßsachen, weil wir auf ihnen wirklich alles machen können, ohne uns Sorgen machen zu müssen. Alles elektronisch, keine echten Drums…
Auf „Church Mouth“ hingegen gehen wir „back to the roots“. Alles klingt organisch und ist Handarbeit. Wir werden sicherlich noch mehr Remixe machen.

Interessant. „Portugal. The Man remixing Portugal. The Man”.

Ja, nur zum Spaß, zum Beispiel Songs mit dem Computer im Bulli einen neuen Sound geben. Ich bin einer großer Fan von Remixen und auch davon, Songs in die Hände eines anderen zu übergeben und zu sehen, was daraus wird. Wir überlegen, eine EP zu machen, für die John, Jason und ich je einen Song schreiben würden. Auf der B- Seite würden wir dann unsere Songs gegenseitig neu mixen. Ich glaube, das wäre cool und würde viel Spaß machen. Musik zu machen und live zu spielen ist nunmal das Größte für uns. Das ist buchstäblich alles, was wir machen: Essen, schlafen, Bier trinken und, wenn wir nichts von alledem tun, Musik machen.

Was sind eure Zukunftspläne? Neues Album? Neue EP?

Beides. Wir haben bereits damit begonnen, neues Material für eine EP und ein neues Album zu schreiben. Wenn wir von hier abreisen, werden wir einige Shows in Alaska spielen, auf die wir sehr gespannt sind. Dann machen wir unsere erste Headliner- Tour in den USA, was ein bisschen beängstigend ist [grinst]. Das wird spaßig. Dann machen wir hoffentlich eine oder zwei EPs und kehren September oder Oktober nach Deutschland zurück. Danach steht schon das nächste Album an. Wir sind ständig auf Tour und ganz schön beschäftigt. Hoffentlich beginnen wir mit dem neuen Album dann schon Ende November. Wir bringen unsere Alben schneller raus, als es unserem Label gefällt [grinst]. 

Wie sieht’s mit Festivals aus?

Wir wollen unbedingt dort spielen, vor allem hier in Deutschland. Die deutschen Festivals sind ja weltberühmt. 

Ach?

Ja, man sieht sie immer auf Band- DVDs. Ich habe beispielsweise das Poster für das Hurricane- Festival gesehen – Wahnsinn! Ich will da spielen! 
Unsere Booking- Agentur weiß bereits, dass es uns zu den Festivals hinzieht. Leider wird das dieses Jahr wohl nichts mehr, aber hoffentlich nächstes Jahr.

Gib mir bitte zu folgenden drei Begriffen ein kurzes Statement. Der erste ist „Politik“

Politik… Tja… Wir sind eine halbpolitische Band, in gewissem Sinn. Wir sind nicht… hmm…. wir informieren uns darüber, aber soweit es unsere Musik betrifft, nunja, viele unserer Songs haben eine politische Bedeutung und es ist sehr offensichtlich, wo wir stehen. Aber wir sind mit Sicherheit keine Band, die einfach rausgeht und direkt sagt, was sie denkt.
Wir sind eher… nicht unbedingt mysteriös, aber wir drängen unsere Meinung niemandem direkt auf, bezüglich Politik und Religion und so weiter. Im Grunde tun wir, was unsere Texte sagen. Nun sind aber John’s Texte womöglich für manche Hörer verwirrend und nicht jeder wird genau verstehen, was er meint. Allgemein gesagt sind wir sehr gegen Vieles, was gegenwärtig in unserem Land passiert und gegen Vieles, was unser Land weltweit tut. Noch ein Jahr, dann ist Bush weg. Mal sehen, was dann kommt.
Alles in allem sind wir sehr liberale Leute, obwohl oder weil John und ich an einem sehr konservativen Ort, Alaska, aufwuchsen. Manchmal sind unsere Ansichten recht seltsam. Wir sind gewissermaßen Grenzgänger, denn wir würden uns nicht als „Demokraten“ oder „Republikaner“ bezeichnen. Es ist immer merkwürdig, wenn man voll und ganz das eine oder andere ist. An beiden Richtungen gibt es einzelne Sachen, die wir mögen.

Du hast bereits den zweiten Stichpunkt, den ich bringen wollte, erwähnt: "Religion"

Da gilt das Gleiche. Wir sind nicht religionsfeindlich. Es stört uns allerdings, wie Religion auf Politik einwirkt und wie Leute sie bei Wahlen und Gesetzesverabschiedungen benutzen. Da laufen viele Sauereien. Das ist bei Amerika auch nicht verwunderlich, weil es ja von Leuten gegründet wurde, die aus Europa wegen ihrer Religionsverrücktheit vertrieben worden waren. Leider ist das noch schlimmer geworden, weil Bush und seine Partei etwas verrückt sind. 

Stichwort: "Portugal. The Man."

[lacht] Oh! Der Name oder die Band?

Einfach alles… der Name, die Band und alles weitere…

Wir sind einfach ein paar Typen [lacht], die Musik lieben und es lieben, sie zu machen. Wir werden so lange touren und Songs schreiben, solange mindestens fünf Leute zu unseren Konzerten kommen [lacht]. 
Zum Namen kann ich noch sagen, dass es damit begann, dass wir den Namen einer einzelnen Person als Bandnamen wollten. Sowas wie „JAMES BROWN“ in Leuchtschrift. Das vermittelt ein „Bigger than life“- Gefühl. Aber wir wollten keinen von unseren Namen verwenden, da wir ja kein Solo- Projekt sind. Außerdem hat keiner von uns einen geeigneten Namen [lacht]. Zumindest nicht annähernd so gut wie James Brown. Also wollten wir einen Charakter kreieren sowie DAVID BOWIE „Ziggy Stardust“ erschuf oder die BEATLES „Sgt. Pepper“. Neben diesem fiktiven Charakter sollte der Name die Band auch als eine Gruppe repräsentieren. Wir kamen darauf, dass ein Landesname so ein Begriff ist, der eine Gruppe von Menschen repräsentiert. Die nächste Überlegung war, welcher Landesname wie eine Person klingt, die gleichzeitig eine Gruppe ist… ziemlich seltsam das Ganze…

Und warum ausgerechnet Portugal? Hattet ihr eine Karte und habt blind einen Punkt ausgewählt?

Wir haben einfach ein paar Namen in den Raum geworfen und uns dann schnell entschieden, weil wir dachten, dass Portugal als Bandname gut klingen würde. Damit der Name nicht mit dem Land verwechselt wird, haben wir dann noch den Punkt und das „The Man“ hinzugefügt.

Danke Zack!


Glücklicherweise war zwischenzeitlich Sänger und Gitarrist John Gourley wieder zurückgekehrt, so dass ich das Interview mit ihm fortführen konnte. 

Hallo John!

Hallo!

Ich habe vorhin bereits Zack eine Menge über die Musik gefragt und auch über die Texte. Er meinte, letzteres wäre vor allem dein Bereich. Direkt gefragt: Worüber schreibst du?

Das hängt sehr vom Moment ab und dann schreibe ich an Ort und Stelle. Viele Texte sind eher ungerichtet. Darin geht es dann im weitesten Sinne um Gedanken zu Religion, die ja in sich selbst politisch ist. 

Ich lese einfach mal drei zufällige Stellen aus den Lyrics vor…
 

… und ich sage was dazu. Gerne!

Zunächst eine Stelle aus „My Mind“: 
"My mind is all gone 
Down deep pace past finding another there 
Got a dollar? Sold!"

Das ist über meinen eigenen Verstand. Während einer sehr seltsamen Zeit im letzten Sommer hatte ich ihn komplett verloren. Ich weiß nicht, wie es passierte, aber ich konnte nicht mal mehr Auto fahren und hatte mein Telefon ausgeschaltet. Es war sehr merkwürdig. Ich kann mich nur an kleine Fetzen erinnern, vieles hab ich einfach vergessen. Jetzt kann ich zwar darüber lachen und darüber Witze machen, aber damals war das überhaupt nicht lustig, eher beängstigend. Der Song ist über diese Erfahrung, die ich vorher nicht gemacht hatte. Jetzt geht es mir besser – zumindest ein wenig [lacht].

Lass uns sehen, was du zu diesen Zeilen aus „Oh Lord“ zu sagen hast:
"Because
We are the fire 
We’re you save down in my hands
the higher we clime 
these shapes show
and this place is more holy when nobody
knows."

Das ist über den Himmel und darüber, dass niemand weiß, was passiert, wenn wir sterben. Den Leuten wird mit dem Höllenfeuer Angst gemacht. Meiner Meinung nach sind wir es, die Hölle und Himmel erschaffen. „We are the fire“ soll heißen, dass wir die Feuer machen und die Extreme Himmel und Hölle insgesamt. Die Leute wollen, dass die Hölle zu fürchten ist, und auch Gott. 

Meinst du, dass Gott, Hölle und so weiter von Menschen gemachte Konstruktionen sind?

Ja, sie dienen der Kontrolle, jedenfalls meiner Meinung nach. Wir sind eine sehr respektvolle und in gewissem Sinne sehr spirituelle Band. In diesem Song geht es darum, wer alle diese Kriege beginnt und was es bedeutet, darüber zu streiten, wer Recht hat, wenn es doch letztlich niemand wirklich weiß.

Das letzte Zitat:
"Birth me of blood oil
salt sugar water pales
build me black Jesus
cause Jesus can’t save me."

Die ersten beiden Zeilen sollen ungefähr beschreiben, woraus wir sind und was alles am laufen hält. Und die Sache mit Jesus… tja, das ist wieder wie in „Oh Lord“. Wer weiß, ob er von Jesus gerettet werden wird? Das sind eher zufällige Gedankensprünge. Meistens rede ich selbst gar nicht über meine Texte. Häufig ist Zack derjenige, der die Texte liest und mir dann sagt, worüber ich geschrieben habe!

So wie ich ihn verstanden habe, versteht er die einzelnen Punkte, über die du schreibst, aber er versteht nicht, wie du die Themen vermischst und von einer Idee zur anderen springst.

Zack kennt mich sehr gut. Ich bin die ganze Zeit hindurch völlig zerstreut und schreibe die Texte in etwa so, wie ich rede, das heißt, so wie sie mir in den Sinn kommen. Das kann dann schon sprunghaft sein und verschiedene Themen berühren. 

Gibt es zentrale Themen, die der Hörer in allen Texten, also den neuen und den alten, wieder finden kann?

Das neue Material schrieb ich in seinen Grundzügen in derselben Weise wie das alte, also innerhalb weniger Tage. Deshalb werden zusammen gehörende Themen in verschiedenen Songs angesprochen. Anstatt ein Album Song für Song zu schreiben, tendiere ich dazu, sozusagen verknüpfend zu schreiben. „My Mind“ ist vielleicht der geradlinigste Song, aber er ist ebenfalls mit dem Religionsthema verbunden.
Zuhause ist zum Beispiel die Diskussion zur Homo- Ehe sehr religiös geprägt und dabei geht es doch im Grunde um gleiche Rechte. Diese Diskussion hat mich an Alaska erinnert, wo ich aufgewachsen bin. Dort gibt es sehr viele konservative Christen, wie Sportjäger zum Beispiel oder auch viele Besserverdiener. 
Ich finde es total befremdlich, wenn Bezeichnungen wie „Lebenspartnerschaft an Stelle der Ehe“ vorgeschlagen werden. Wo ist denn der Unterschied? Lass uns einfach „verheiratet“ sagen.

Hat euch der „Soul- Rock `n Roll“- Vibe, den du vor einem halben Jahr erwähnt hast, der Band neue Kraft gegeben? „Church Mouth“ klingt ja viel wärmer und organischer als „Waiter: You vultures!“
 

Wir haben uns von den Drum Machines entfernt und jetzt viele Sachen gemacht, die damals nicht möglich waren, weil Jason [Sechrist] noch nicht lange genug in der Band war, um die Drum Parts zu schreiben. 
Das Album ist insgesamt ein Ergebnis unserer letzten Deutschlandtour, vor allem das Live- Jammen hat viel gebracht. Dabei merkt man auf ganz natürliche Weise, an welchen Songstellen man spielen kann und wann man sich zurückhalten kann und sollte. Ich habe definitiv dadurch meinen Platz gefunden. 
Zack und Jason sind eine wirklich tolle Rhythmus- Sektion geworden. Es gibt ja nicht allzu viele Bands, wo man sagen würde: „Wahnsinns- Bassist!“ oder „Wahnsinns- Drummer!“.

Häufig spielt der Bassist ja nur den Grundton…

Ja, und Sänger plus Leadgitarre machen dann fast alles alleine. Dabei sind doch Rhythmus und Groove so wichtig!
Als wir dann ins Studio gingen, fühlte sich tief im Süden verwurzelter Blues sehr passend zum Thema Religion an. 

Du hast einige Songs für THE SOUND OF ANIMALS FIGHTING geremixt.
 

Ja, ich kannte Rich Balling, der das Projekt gestartet hatte, bereits etwa fünf Jahre. Ich hatte nie Zeit, dort mitzumachen. Da sind ja sehr viele Leute dabei. Direkt nachdem damals „Tiger & The Duke“ veröffentlicht war, fragte mich Rich, ob ich nicht die nächste Platte komplett remixen könnte. Als es jetzt im Zuge der Wiederveröffentlichung soweit war, hatte ich wegen der Tour und den Aufnahmen nicht genug Zeit für so viele Songs. Also sollte ich zunächst nur zwei machen. Als ich damit nach wenigen Tagen fertig war, bearbeitete ich einen dritten, einfach so zum Spaß.
Nachdem ich erfahren hatte, dass ich einige Songs überarbeiten sollte, hörte ich mir das Album nicht mehr an. Ich bekam dann nur den Gesang und musste dann auf dieser Basis die Musik entwickeln. Einer der Beats ist lustigerweise so ähnlich wie im Original geworden.  

Hast du vorher schon ähnliche Sachen gemacht?

Ja, ich mache sowas sehr gerne, auch wenn ich beim Touren nicht so viel Zeit dafür habe. Vielleicht ergibt sich in Zukunft noch mal die Gelegenheit.

So wie du mit Songs und Strukturen herumspielst müsstest du eigentlich Produzent sein.
 

Ob das so gut wäre? Hip-Hop vielleicht. Ich habe kein Problem damit, Regie zu führen und zu sagen: „Lass uns dies und das ausprobieren!“, aber ich bin kein Typ, der hinter einem Aufnahmepult sitzt und auf „Record“ drückt. Dafür braucht man andere Typen.

Und Hip-Hop?

Ich kann mir vorstellen, in dem Bereich was zu machen, weil da viele coole Sachen möglich sind. Bei vielen von diesen Sachen gibt es aber Schwächen auf Seiten der Texte. Man kann aber sehr gut mit Reimen und aufeinander anspielenden und aufbauenden Wörtern arbeiten. Es ist zum Beispiel gut möglich, eine Zeile zu schreiben und dann das letzte Worte als Ausgangspunkt der nächsten Zeile zu nehmen. 

Manchmal setzt du Wörter ähnlich perkussiv wie Drums ein.

Ja, ich mache das manchmal gerne, vor allem mit Alliterationen. Das kann dann klingen wie [klopft fröhlich einen Drum- Beat auf den Oberschenkeln].

John, ich danke dir erneut für das Interview.


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