Geschrieben von Mittwoch, 27 April 2011 00:00

Rasta Knast - Interview mit der Band zum 'Tertius Decismus'-Album

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RASTA KNAST ist eine Band, die man vom ersten Eindruck her wohl in die „Ahja, Deutschpunk…“-Ecke stellen könnte – sollte man aber nicht. Die Jungs sind seit 13 Jahren in Sachen Punk unterwegs, haben dabei nie ein Blatt vor den Mund genommen und ihr Genre immer von der Schokoladenseite präsentiert. Mit Alben wie „Die Katze beißt in Draht“ und „Bandera Pirata“ haben die Niedersachsen beinahe sowas wie Klassiker des Genres abgeliefert. Und dass nicht nur deutsche, hundebesitzende Bahnhofslungerer auf das Quartett abfahren, beweisen auch die internationalen Aktivitäten von RASTA KNAST, welche die Band bereits quer durch Europa, nach Südamerika und Japan geführt hat. Nach 13 Jahren wurde es wohl einfach mal Zeit, ein Zwischenzeugnis auszustellen, was sie mit dem Best Of-Album „Tertius Decismus“ getan haben. Zeit auch für BYE, sich der Band mal im Interview anzunehmen.


Bitte stellt Euch und Eure Band mal vor.

Wir sind Martin K. (Gitarre & Gesang), Atti (Gitarre und Gesang), Dom (Bass und Gesang) und Nils (Drums)= Rasta Knast. Die Band gibt’s seit 1997 und unser Stil ist melodischer Punkrock mit schwedischen Einflüssen und meist deutschen Texten. Wir verstehen uns als politisch und kritisch, aber ohne dabei die ganze Zeit mit erhobenem Zeigefinger 'rumlaufen zu wollen und haben eine Vorliebe für feucht-fröhliche Festivitäten... und Käsebrot.

Erzählt uns doch mal ein wenig von dem Besetzungskarussel, welches bei RK ja gerne mal zuschlägt. Wie lange sind die einzelnen Mitglieder jetzt dabei?

Ja, das Besetzungskarussell hat uns in der Tat schon so manche Nerven gekostet. In der Vergangenheit war es eigentlich immer so, dass die Bandmitglieder recht weit auseinander gewohnt haben, was dann mit viel Fahrerei, also Zeit- und Geldaufwand verbunden war. Das war sicherlich ein wesentlicher Grund für die meisten Umbesetzungen. Wenn man zu 'ner Probe regelrecht anreisen muss und steckt z.B. im Stau oder Ähnliches, dann kann man sich natürlich nicht so entspannt zusammen setzen wie wenn alle recht kurze Wege haben – oder man braucht erst mal einen Haufen Beruhigungs-Bier, was den musikalischen Fähigkeiten ja irgendwann 'ne Grenze setzt. Martin ist Gründungsmitglied und von Anfang an dabei, Atti seit vier Jahren, Dom seit drei Jahren und Nils seit letztem Jahr.

Wie fühlt es sich an, als Punkband ein Best Of-Album zu machen?

Oh, das klingt ja schon etwas nach Verbrechen, haha... Nee, im Ernst: Für uns ist die „Tertius Decimus“ eher ein klanglicher Abriss der Bandgeschichte zum 13jährigen Jubiläum, wir haben ja nicht nur die Songs draufgepackt, die wir am coolsten finden, sondern auch welche, die auf EPs drauf waren und daher nicht so bekannt sind. Oder welche, von denen wir glauben, dass sie einfach den Umfang dessen, was wir musikalisch machen, gut repräsentieren. Wir haben auch den Hintergedanken gehabt, dass sich neue HörerInnen mit der Scheibe ein Bild von RASTA KNAST machen können, ohne mehrere Platten kaufen zu müssen. Bei vielen größeren Bands werden ja gerne mal die Songs, die sich einfach am besten verkaufen, auf eine Best Of gepresst und man hat dann als Hörer den Eindruck, dass es nur darum geht, ohne zusätzlichen Aufwand nochmal Kohle zu machen.

Wenn man das als Best Of-typisch betrachtet, ist die „Tertius Decimus“ eigentlich eher ein Portrait- als ein Best Of-Album, aber wenn wir „Portrait-Album“ schreiben würden, würde ja (zurecht) niemand wissen, was das sein soll. Also, ein bloßes Wiederaufkochen alter Sachen war nicht unsere Absicht und wir hoffen, dass man das auch hört. Sicherlich fühlt sich das anders an, als wenn man jetzt ein Album mit ganz neuem Material aufnimmt, aber wir haben deswegen jetzt nicht mit einem schlechten Gewissen zu kämpfen oder Ähnliches - weil kommerzielle Aspekte bei der Entscheidung, die Platte zu machen, keine Rolle gespielt haben, darum wird sie ja auch zum „Nice-Preis“ angeboten.

Wie war es, ein paar alte Stücke noch mal neu aufzunehmen?

Schwer zu sagen... das hat wohl jeder von uns anders wahrgenommen. Für Martin war es eher interessant, diese doch älteren Stücke mit anderen Leuten und dadurch auch anderem Sound zu produzieren. Einige kleine Änderungen, die sich im Laufe der Live-Interpretationen ergaben, konnten so dann auch eingebaut werden. Für Atti fühlte es sich etwas surreal an, weil es teilweise die Songs waren, die ihn vor 10 Jahren in seiner Jugend bei diversen Punkerfeten begleitet haben. Sich dann dabei selber singen zu hören, war anfangs ungewohnt, obwohl wir die meisten Songs ja bei Konzerten spielen. Dom fand das alles super, besonders seine eigenen Bassinterpretationen jetzt bei diesen Songs zu hören. Nils war zum Zeitpunkt der Aufnahmen noch nicht dabei.

Was macht ihr neben der Band noch? Oder macht ihr RASTA KNAST Vollzeit?

Nein, von RASTA KNAST Vollzeit würden wir nicht über die Runden kommen. Martin arbeitet nebenbei in seinem DNA-Antistudio, Dom studiert und jobbt, Atti studiert und sammelt Pfandflaschen (vorzugsweise selbst geleerte) und Nils betreut Menschen mit Behinderung. Nils spielt noch in zwei weiteren Bands (Reset Mankind und Kollateral), Atti ebenso noch bei Kasa, und dann haben wir wie jeder andere auch natürlich noch Familie, Freunde und teilweise Beziehungen, was dann alles zusammen unsere Zeit recht gründlich ausfüllt.

Wie kam eure Verbindung zu Südamerika zustande, wie kann ich mir eure Touren dort vorstellen?

Die Verbindung kam bei einem Gig zustande, als Rasta Knast 1999 unsere jetzigen Freunde Jeff und Marcos von Agrotoxico aus Brasilien kennen gelernt hatten, die zu diesem Zeitpunkt grade mit Olho Seco auf Europa-Tour waren. Man verstand sich gleich gut, soff sich unter den Tisch, und als man am Nachmittag des nächsten Tages unsanft durch die Besen der Reinigungskräfte geweckt wurde, war die Bandfreundschaft geboren und mit ihr Jeffs Plan, Rasta Knast auf seinem Label RedStar Records zu Veröffentlichen. So kam es dann auch zur ersten Brasilien-Tour, welcher mittlerweile drei weitere gefolgt sind.

Dort zu touren ist einzigartig. Landschaftlich zwischen Urwald, Palmen und Kokosnüssen ein Paradies wie aus dem Reisekatalog, politisch eine junge Demokratie, gebeutelt von einer riesigen Arm-Reich-Kluft und ihren Begleiterscheinungen wie extremer Kriminalität etc.. Und von der Szene her wirklich hammergeil. Dort scheint es mehr Einheit der linken Kultur und Musik zu geben; dass melodische Punkbands und Auf-die-Fresse-Hardcore zusammen spielen, ist selbstverständlich, und die HörerInnen feiern auch das ab, was nicht 100%ig ihrem Schwerpunkt entspricht. Man hat den Eindruck, es existiert ein Bewusstsein für die Bedeutung vom Zusammenhalt. Eher so „Cool dass Du auch was Kritisches und Kreatives machst/magst, zeig mal her“ und weniger „Naja, das ist ja jetzt nicht so GANZ mein Ding“. Ansonsten fahren wir dort wie hier auch mit dem Kleinbus von Club zu Club und spielen abends. Unsere Freunde sind aber immer dabei, denn ungefährlich ist es wegen der hohen Kriminalität nicht grade und man muss schon wissen, wo man sich wann aufhalten kann, um nicht überfallen und/oder abgemurkst zu werden.

Wo tourt ihr am liebsten? Wo wollt ihr noch hin?

Eigentlich kann man schwer sagen, dass man da oder dort am liebst tourt, weil das Geile am Touren grade der Umstand ist, dass man immer mal wieder woanders hinkommt und andere Dinge erlebt. Wir haben schon echt schöne Auftritte im deutschsprachigen Raum gehabt, aber selbstverständlich auch im Ausland. Es ist eher so, dass jede Region und die Menschen dort ihre Besonderheiten haben, die kennen zu lernen wir uns freuen.

Hatte ihr jemals das Gefühl, dass sich euer Image als ASTAKASK-Schwedenpunk-Fans beim Songwriting limitiert? Haltet ihr euch da an bestimmt Vorgaben, damit es mit dem originalen RASTA KNAST-Sound verwurzelt bleibt?

Dass unser Image uns limitiert, empfinden wir eigentlich nicht so. Wir wollen ja diesen Stil spielen, wir alle hören auch andere Musik als Schwedenpunk und machen teilweise auch anderweitig andere Musik, aber unser Konsens als RASTA KNAST ist schon diese Schiene. Das ist aber eher unser eigenes Ziel, durch das Image wäre es ja eine Anforderung von außen. Man könnte sagen, unsere eigene Zielsetzung fokussiert uns auf diesen Bereich, aber Limitierung hat ja irgendwie etwas von unfreiwilliger Begrenzung und das ist nicht der Fall. Wir achten schon darauf, dass unsere Songs in Sachen Melodik etc. das haben, was in unseren Augen bzw. Ohren Schwedenpunk ausmacht. Federführend ist dabei Martin, weil er diese Richtung ja schon am längsten macht, den Sound und die Songs der Band geprägt hat und von daher am meisten Erfahrung auf dieser Schiene hat. Aber auch der Rest von uns ist mit dem Anspruch, genau das zu machen, in die Band gekommen, von daher limitiert uns nichts im negativen Sinne – außer vielleicht manchmal unser Zeitplan bzw. der Umstand, dass wir nur langsam voran kommen, weil wir alle noch viel anderes um die Ohren haben.

Was sind eure Pläne für das dieses Jahr?

Wir wollen 2011 verstärkt unser neues Album in Angriff nehmen; so gute Bedingungen wie jetzt gab's noch nie: dadurch, dass wir uns jetzt ohne große Fahrerei auch spontan mal treffen können, weil wir alle um die Ecke wohnen, können wir da entspannter rangehen. Es sind weniger Planung und Ausgaben nötig, und das wollen wir uns zunutze machen. Ansonsten werden wir selbstverständlich auch lärmend durch die Lande ziehen. Ohne die Partys bei Konzerten und das Treffen alter und neuer Freunde wäre das Ganze ja nur halb so schön, wir sind ja eine Live-Band und wollen unterwegs sein. Den einen oder anderen Abstecher in die weite Welt werden wir wohl auch machen, erst mal geht’s im April nach Spanien und danach mit unseren Kumpels von Left For Dead auf Irland-Tour.

Famous Last Words?

Politik ist nicht das Interview mit Politiker XY im Fernsehen, sondern die Lehre von der Organisation des Zusammenlebens. Also geht sie uns alle was an. Unpolitisch gibt es nicht.
Prost + VARNING!! FÖR PUNK!

Rasta Knast @ MySpace