Geschrieben von Kai Samstag, 06 August 2011 00:00
The Static Age - Interview mit Sänger Andrew zum Album 'In The City Of Wandering Lights'
Posthardcore wird heute oftmals mit Screamo, Emo, etc. verwechselt, und viele Leute sehen direkt bescheuerte Frisuren vor ihrem inneren Auge. THE STATIC AGE aus Chicago und Vermont sollte man dieser Szene nicht zuordnen – auch wenn sie sich eventuell die gleichen Vorbilder teilen. Ihr Sound erinnert eher an eine Mischung aus THURSDAY und THE CURE, und mit „In The City Of Wandering Lights" haben sie ein wahninnig gutes Album mit unglaublicher Atmosphäre vorgelegt. Wir baten Sänger Andrew, uns seine Band näher zu bringen.
Bitte stellt euch doch mal kurz vor.
Mein Name ist Andrew. Ich singe und spiele Gitarre – aber auch hin und wieder Keyboard und ein paar andere Instrumente. The Static Age sind aus Vermont, einem kleinen Bundesstaat im Nordosten der Vereinigten Staaten. Unser erstes echtes Album „Neon Nights Electric Lives" ist 2005 erschienen und seitdem waren wir auf unzähligen Touren in den Staaten und zweimal in Europa. Wir haben in verschiedenen Orten gewohnt, unter anderem waren wir eine Weile in Los Angeles und haben dort in Kellern, Garagen oder auf Sofas übernachtet. Außerdem waren wir eine Zeit lang in New York. Heute leben wir teilweise in Chicago und Vermont. Insgesamt haben wir drei Alben veröffentlicht. Unser letztes Album heißt „In The City Of Wandering Lights" und ist im April 2011 auf Flix Records (Sounds Of Subterrania) erschienen.
Welche Musik spielt ihr? Und wo liegen eure Einflüsse?
Eigentlich würde ich uns der Einfachheit halber als „Post Punk" beschreiben. Tatsächlich aber haben wir mit verschiedenen Sounds auf den jeweiligen Alben experimentiert. Ich höre eigentlich alles von The Chameleons aus England, über The Replacements bis zu Propagandhi, Minor Threat bis Leonard Cohen, aber auch Kate Bush oder The Damned – die alle auch einen Einfluss auf das haben, was wir tun. Derzeit höre ich viel Portishead, The Magnetic Fields, The Draft, The Mountain Goats, Glassjaw, The Replacements, Miwon, alte Cave In Platten oder auch Ulrich Schnauss.
Mit welchen Bands spielt ihr live oder tourt ihr?
Eigentlich kommen wir aus der DIY HC/Punk Szene. Wir sind mit unterschiedlichen Bands wie AFI und A Place To Bury Strangers, Tiger Army und As Tall As Lions, aber auch The Street Dogs und Drowningman getourt. All diese Shows waren toll.
Ihr kommt aus Chicago. Was ist der Unterschied zwischen den Touren in den USA und in Europa?
Ja ich lebe seit zwei Jahren hier in Chicago. Was die Unterschiede anbelangt, ist es aber hart, das zu vergleichen. Wir sind in den letzten sechs Jahren auf mindestens 15 verschiedenen US Touren gewesen, während wir erst zweimal in Europa waren. Es ist wirklich toll in der Lage zu sein, neue Plätze zu entdecken und Abenteuer zu erleben, wie durch Rumänien zu gondeln um erstmals in Bukarest zu spielen. Es ist aber genauso toll in den Staaten unterwegs zu sein und alte Gesichter wieder zu sehen, die man auf vorherigen Trips kennengelernt hat. Das fühlt sich an, als hätte man eine erweiterte Familie über das Land verstreut. Genauso freuen wir uns wahnsinnig darauf, alte Bekannte bald wieder in Europa sehen zu können.
Ihr habt kürzlich die EP „i/o" veröffentlicht, die mir sehr gut gefallen hat. Was bedeutet der Titel?
Danke für die netten Worte! Wir haben „i/o" im September 2009 gleichzeitig zu unserer ersten Europa Tour veröffentlicht. Es ist eine Referenz an Input/Output und spielt darauf an, wie wir mit der Platte experimentiert haben, wie wir mit der Welt um uns interagieren und in welcher Welt wir derzeit leben. Man kann die Platte als CD bei Flix Records in Deutschland bekommen, aber auch unter http://www.thestaticage.com/io kostenlos downloaden.
Wie ich gelesen habe, besteht die Band aus zwei Leuten. Wie nehmt ihr die Alben auf? Seid ihr zu zweit oder spielt ihr die Songs als Band ein? Stehen die Songs schon, bevor ihr ins Studio geht, oder arbeitet ihr die Arrangements später aus?
Der Kern der Band bestand immer aus Adam und mir, aber unsere Arbeitsweise hat von Platte zu Platte variiert. Unsere ersten beiden Alben entstanden als Quartett und alles war schon ausgearbeitet, als wir ins Studio gingen, obwohl wir bei „Neon Nights Electric Lives" mit Produzent Matt Squire durchaus noch viel rumexperimentiert haben. Mit" i/o" haben wir dann noch mal wesentlich mehr experimentiert, weil ich mir ein Studio in Brooklyn aufgebaut hatte, das ich inzwischen mit nach Chicago mitgenommen habe. Das meiste habe ich dann selbst aufgenommen und bei den Aufnahmen verschiedene Teile geschrieben. Die Ausnahmen waren die Songs „These Days" und „Daughters & Sons" für die Adam und Dave Joyal, der zu der Zeit unser Tour-Drummer war, in ein Studio in Vermont gingen und ihre Schlagzeug- und Bass-Tracks zu mir rübergeschickt haben. Mit den Fragmenten habe ich dann die Songs im Studio fertiggestellt.
Jetzt haben wir mit Joe Sowinski unser drittes Mitglied gefunden – er ist unser Drummer, mit dem ich in Chicago angefangen habe, zu proben. Wir haben über vier Monate lang an den Songs gearbeitet, die dann zu „In The City Of Wandering Lights" wurden. Adam hat den Bass in Vermont aufgenommen und ich habe fünf Wochen damit verbracht, in meinem eigenen Studio die Keyboards zu arrangieren und die Vocals aufzunehmen... und auch drei weitere Stücke zu schreiben und aufzunehmen.
Thursday oder The Cure? Posthardcore oder New Wave?
Ich würde The Cure nehmen, obwohl Thursday auch wahnsinnig nette Typen sind, mit denen wir auch schon öfters spielen durften. Aber bei Posthardcore oder New Wave gewinnt wohl keiner, da kommt's auf die Songs an. Wenn die Idee dahinter passt und die Songs gut sind, dann ist auch die Band gut. Egal, in welchem Genre. Also meistens zumindest... manche Genres sind natürlich auch unhörbar, hehe.
Wie viel Zeit beanspruchen The Static Age in deinem täglichen Leben und was für Jobs macht ihr Jungs so nebenher?
Naja, das kommt und geht. Ich würde sagen, drei oder vier Monate jedes Jahr ist The Static Age das einzige, was ich tue. Da sind wir dann auf Tour, nehmen auf, wir schreiben Songs usw. Den Rest der Zeit mache ich das nebenher, während ich auch andere Projekte vorantreibe. Neben meinen musikalischen Nebenprojekten bin ich auch Journalist und Programmierer – zwei Interessen von mir, die aufkamen während ich den ganzen Tag im Van rumsaß. Gerade bin ich Teil eines kleinen StartUp-Unternehmens, das Software entwickelt, um den Datenfluss im Internet zu analysieren. Schier endlose Datenmengen, die sich online verbergen – wir versuchen, daraus einen Sinn zu entwickeln. Wenn ich also nicht im Studio oder Van sitze, dann schreibe ich in Programmiersprache.
In welchen anderen musikalische Projekten seid ihr involviert und wie war dein Werdegang, bevor du The Static Age gegründet hast?
The Static Age ist mein Hauptprojekt seit einer ganzen Weile, aber ich arbeite hier und da auch an einem Soloprojekt. Da ist bisher ein Album erschienen. Außerdem macht es mir Spaß, unter Pseudonym in vielen verschiedenen Nebenprojekten mitzuspielen. In den letzten Jahren gab es viele Seitenprojekte, die aufkamen und dann wieder verschwunden sind. Ein Beispiel ist Through The Wire, die aus dem The Static Age Line-Up und ein bis zwei zusätzlichen Personen bestand und melodischen Hardcore gespielt haben. Wir hatten mal die Idee, ein Album aufzunehmen, die neulich wieder aufkam. Vielleicht machen wir das tatsächlich mal.
Seit ich jung bin habe ich in vielen Punk und Hardcore Bands gespielt. Mit 13, 14 habe ich damit angefangen. Meine erste Tour habe ich mit 15 Jahren in einer Grindcore Band gespielt. Wir waren vier Wochen auf 20 Shows quer durch die Staaten unterwegs. Danach war ich in einer melodischen Hardcore Band, In Reach, und in einer Thrash Punkband The Hermlock Verdicts mit Adam und dem ersten The Static Age Drummer Bobby. Zwischenzeitlich waren Adam und ich bei den River City Rebels, haben das aber wieder aufgegeben, weil wir da schon mit The Static Age begonnen hatten.
Ihr plant eine Europa-Tour für 2012. Was erwartet ihr?
Wir erwarten grundsätzlich eigentlich nur eine gute Zeit. Die Tour, die wir gerade zwischen April und Mai in Europa beendet haben, ging durch zwölf Länder und war eine unserer besten Touren bisher. Wir können es nicht erwarten, zurückzukommen!
Habt ihr eine Ideologie hinter der Band oder spielt ihr nur für die musikalische Ästhetik?
Ich denke, wir haben beides. Die Ideologie ist da, wenn man sie finden möchte, aber wir sind keine Prediger, die irgendwelche Botschaften verbreiten müssen. Uns geht es nicht so sehr um Slogans, aber wir haben unsere Ideen und Ideale. Manchmal ist das mehr durchgekommen und manchmal weniger. „Blank Screens" war sicher unsere politischste Platte, aber viele dieser Ideen finden sich auch auf „Neon Nights Electric Lives", „i/o" oder „In The City Of Wandering Lights", nur war das für den ein oder anderen nicht so offensichtlich.
Was steht noch an für The Static Age in diesem Jahr?
Wir arbeiten gerade an ein paar EPs, die am Ende des Jahres und Mitte nächsten Jahres erscheinen werden. Eine davon ist eine Benefiz EP für eine Nonprofit Organisation, für die ich arbeite und die sich darum kümmert, dass Foster Care Kinder Geld für ihre Ausbildung und außerschulischen Aktivitäten bekommen. Wer neugierig ist, surft mal hier vorbei: www.weriseabove.org. Im Herbst geht es auf US Tour. Das sind die beiden Hauptprojekte. Nächsten Februar geht es dann wieder nach Europa und für Juli 2012 sind auch schon wieder Shows in Deutschland geplant.
Famous Last Words?
Nee, lieber nicht. Ich möchte mich ja nicht lächerlich machen. Aber danke für das Interview, Kai!
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