Geschrieben von Dienstag, 16 August 2011 00:00

Hackneyed - Interview zum Album 'Carnival Cadavre'

hackneyed

HACKNEYED spielen Deathmetal für Leute, die über den Tellerrand hinausschauen. Die Band besteht aus vier Herren und einer Dame aus Abtsgmünd in Baden-Würtemberg und liefert mit „Carnival Cadavre" bereits ihr drittes Album ab. Zwei Vorgänger erschienen auf Nuclear Blast, die neue Scheibe auf Lifeforce Records. Wir sprachen mit der Band über die Bürde der späten Geburt, Frauen in der Band und warum man auch Pigsqueels einsetzen kann, ohne Deathcore zu spielen. Drummer Tim stand uns Rede und Antwort.


Hi - bitte stell dich und deine Band unseren Lesern vor.

Die Band besteht aus Sänger Phil (mit dem ich damals Hackneyed gegründet habe), Devin und Juan an den Gitarren, Tini am Bass und mir, Tim, an den Drums. Nachdem ich mit Phil schon ab 2006 zusammen Musik gemacht habe, kam mit dem Einstieg von meinem Bruder Devin das erste Mal eine wirklich spielfähige Besetzung zusammen, und wir haben uns ans Songwriting gemacht. 2008 haben wir in Abtsgmünd als Opener ein kleines Festival eröffnet, das von Achim Ostertag organisiert wurde. Mit seiner Unterstützung haben wir damals unser erstes Album „Death Prevails" aufgenommen, das bei Nuclear Blast erschienen ist, genau wie unsere zweite Scheibe „Burn After Reaping". Mit unserer neuen Scheibe „Carnival Cadavre" dürfen wir uns nun stolz ins Roster von Lifeforce Records einreihen, und wir sind gespannt, wie sich alles entwickelt und weitergehen wird.

Wie kamt ihr auf das Zirkus-Thema für euer Album?

Die Idee zu „Carnival Cadavre" entstand während ich mit Devin und Phil im Proberaum jammte. Da war ein Part, der sich für uns irgendwie nach Zirkus anhörte. Das fanden wir alle erst mal ziemlich lustig, aber dann kam uns die Idee, das ganze Album im Zirkus-Stil aufzuziehen. Wir hatten sofort zig Ideen, wie wir das Album mit Zirkus-Elementen vervollständigen könnten, und da war uns klar: das dritte Album muss „Carnival Cadavre" heißen.

In vielen Reviews (auch in meinem) wird immer wieder auf euer noch recht junges Alter eingegangen. Stört euch das?

Wenn ich ehrlich sein soll, ja! Manchmal geht uns das schon irgendwie auf den Keks. Am Anfang hat uns das zwar alles eine Menge Publicity beschert, aber trotzdem haben wir das Ganze immer mehr als einen Klotz am Bein wahrgenommen. Und bis heute hatten wir auch echt noch kein Interview, ohne irgendeinen Bezug zu unserem Alter – lustig, oder? Wir wollen nach wie vor einfach unsere Musik machen, und wir hoffen, dass wir vielleicht so langsam an dem Punkt angelangt sind, an dem unsere Musik Gegenstand der Diskussion ist, und nicht wie alt wir sind! Wir warten gespannt, wann es soweit sein wird.

Auch der Umstand, dass ihr eine Frau in der Band habt, scheint immer wieder auf Beachtung zu stoßen. Ist das positiv, da es Aufmerksamkeit generiert, oder negativ, weil es musikalisch vollkommen unbedeutend ist?

Auch hier sehe ich das ähnlich wie bei dieser ganzen Altersgeschichte. Ich meine, natürlich ist das ein Stück weit was Besonderes – eine Frau in einer Death Metal Band sieht man nicht alle Tage. Aber bei Bolt Thrower zum Beispiel fragt doch auch keiner nach der Frau am Bass. Da zählt einzig und allein die Musik. Ich finde, das sollte bei uns doch eigentlich auch so laufen. Wir haben Martina schließlich nicht in die Band geholt, um damit mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Wir kennen sie schon lange und haben früher auch schon Shows zusammen mit ihrer ehemaligen Band gespielt. Daher war sie – erst als Aushilfe, als Alex bei der Bundeswehr war und später dann eben auch als festes Bandmitglied – die erste Wahl für uns!

Ihr spielt ziemlich groovigen Deathmetal, der nicht grade mit der Core-Szene zusammenhängt. Wie kommt ihr zu den Pig Squeels?

Das stimmt! Die Pig Squeels von Phil sind nicht wirklich typisch für Death Metal. Das kommt aber sicher daher, dass wir eben auch ein Stück weit mit der ganzen Death Core Szene aufgewachsen sind. Da war zum Beispiel das Debüt-Album von Job For A Cowboy, welches uns auch sehr geprägt hat. Das lief damals wirklich ununterbrochen rauf und runter. Wir machen ja mit Hackneyed auch nicht den typischen Death Metal. Wir sind offen für vieles und verschließen uns deshalb auch nicht davor, Pig Squeels in unsere Songs einzubauen.

Ihr habt bereits zwei Platten für Nuclear Blast gemacht und seid jetzt bei Lifeforce Records. Was sagt ihr dazu, immer so hochkarätige Unterstützung von Seiten der Label zu haben, und wie kam es jetzt zum Wechsel?

Uns freut das natürlich total, und irgendwie gibt uns das auch immer eine gewisse Bestätigung für unser Tun. Zwei Alben über Nuclear Blast zu veröffentlichen, war für uns einer der bisher größten Höhepunkte in unserer „kleinen/jungen Karriere ". Ich denke, wir haben es damit sehr weit geschafft und sind auch rückblickend sehr stolz darauf. Die Zusammenarbeit mit Nuclear Blast hat immer gut geklappt, aber wir haben dann schon gemerkt, wie der Kontakt immer seltener wurde. Als dann auch deutlich größere Bands als wir plötzlich nicht mehr im Roster auftauchten, waren wir uns schon bewusst, dass auch unser drittes Album möglicherweise bei einem anderen Label erscheinen wird. Also haben wir frühzeitig die Fühler ausgestreckt und mit Lifeforce Records einen perfekten Partner gefunden!

Ihr habt mit „Carnival Cadavre" bereits das dritte Album raus. Welche Erfahrungen durftet ihr in der Musikbranche machen, und was würdet ihr jungen Bands raten, die jetzt grade vor ihrem ersten Album stehen?

Wir haben in den letzten drei Jahren sehr viel dazugelernt. Als wir damals den Vertrag bei Nuclear Blast unterzeichnet haben, hatten wir ja noch absolut keine Ahnung vom Musik-Business. Ich muss ehrlich sagen, dass ich mir viele Dinge ganz anders und manches auch aufregender vorgestellt hatte, als es dann nachher in Wirklichkeit war. Bands, die vor dem ersten Album stehen, würde ich raten, sich selbst einfach treu zu bleiben. Sobald du als Band anfängst, dich des vermeintlichen Erfolges wegen in eine bestimmte Richtung zu bewegen, kann das nicht lange gut gehen. Ich denke, man muss einfach Spaß an der ganzen Sache und den Willen haben, am Ball zu bleiben. Ich denke, viele (auch wir damals) unterschätzen, wie viel Arbeit und Zeit man in seine Band investieren muss, das ist manchmal wie ein zweiter Fulltime-Job.

Ihr habt geschrieben, dass das neue Album zwischen Shows, Proben, Touren und Vorproduktionen entstanden ist. War es schwer, sich auf das Songwriting zu konzentrieren?

Eigentlich haben wir uns dieses Mal für das Songwriting viel mehr Zeit gelassen, als bei den beiden Vorgänger-Alben. Aber klar, wenn man viele Shows spielt und dadurch ständig unterwegs ist, ist es natürlich schwerer, sich aufs Songwriting zu konzentrieren, die alten Songs müssen ja genauso geprobt werden. Wir haben allerdings dieses Mal ein paar Monate, bevor wir ins Studio gegangen sind, die alten Songs für eine Weile ruhen lassen, um uns voll und ganz auf das neue Material zu konzentrieren. Das hat dann auch super geklappt! Die Touren und Shows tragen natürlich auch zur Inspiration bei, aber die meisten Songs entstehen bei uns nach wie vor beim gemeinsamen Proben!

Wie werdet ihr als so junge Band, weiblicher Beteiligung und dem ein oder anderen Pig Squeel eigentlich in der traditionelleren Deathmetal-Szene aufgenommen?

Also, das mit dem Weibchen in der Band ist ja auch in der traditionellen Death-Metal Szene – siehe Bolt Thrower oder Arch Enemy – verwurzelt! Und auch Pig Squeals haben schon vor einigen Jahren im Death-Metal Einzug gefunden – noch bevor das mit Deathcore richtig verbreitet wurde. Aber davon abgesehen finde ich die in unserer Musik auch absolut nicht verkehrt und auch ziemlich passend. Wir machen ja auch sonst absolut nicht den Death-Metal nach Zahlen, und es kommen ja nicht nur beim Gesang Einflüsse aus den unterschiedlichsten Ecken mit rein. Und wirklich beschwert hat sich darüber auch noch keiner, haha ... Das Alter ist, wie bereits erwähnt, immer eine zwiespältige Sache. Auf der einen Seite haben wir einen super Draht zu einigen älteren Bands, die auch echt immer nach uns geschaut haben und uns voll supporten. Auf der anderen Seite gibt's natürlich auch immer Leute, die die Meinung vertreten, dass man so jung noch auf keiner Bühne was verloren hat. Aber die sind meist in der Unterzahl. Wir kommen schon klar!

Was passiert 2011 noch alles für euch?

Als erstes steht unser Album-Release von „Carnival Cadavre" auf dem Summer Breeze an. Wir freuen uns schon riesig, wieder auf der Bühne in Dinkelsbühl zu stehen! Es ist jedes Mal ein Erlebnis für sich. Wir haben eine super Stagetime und es ist immer sehr aufregend, mit so vielen großen Bands zu spielen. Wir sind sehr gespannt, wie das neue Album bei den Leuten ankommt und hoffen natürlich, mit den Leuten im Party-Zelt ordentlich zu feiern. Ansonsten spielen wir dieses Jahr noch einige Shows, auch Headliner-Shows, auf die wir uns sehr freuen. Vielleicht schaffen wir's im Herbst auch noch auf Tour zu gehen, aber das steht noch in den Sternen. Wir werden sehen.

Famous Last Words?

Hört euch die Platte an und kommt vorbei, wenn der „Carnival Cadavre" in eurem Ort halt macht! We bring the Circus back to town!
Kai