Geschrieben von Sonntag, 06 Januar 2008 09:32

The Boss Hoss - Interview mit Sänger Sascha aka Hoss

Review
Link: http://www.thebosshoss.com

THE BOSSHOSS sind mal wieder in der Hansestadt, und endlich hat es mal mit einem Interview geklappt. Sie spielen gleich zwei Tage in der restlos ausverkauften Großen Freiheit 36, und vor dem ersten Konzert warte ich relativ steifgefroren am Hintereingang. Es gibt Verzögerungen, da der Bus mit Glatteis etc. zu kämpfen hatte.
Anstatt Sänger Alec (Boss), der mit grünverfärbtem Gesicht und ziemlich krank aussehend auf dem Tresen hockt, soll ich mit Sascha (Hoss) reden. Meinetwegen. Ab ins Produktionsbüro und Sascha, der einen sehr freundlichen und liebenswerten Eindruck macht, legt los.

Hi Sascha. Da ich irgendwie fast die einzige bin bei unserem Magazin, die Euch kennt und sehr mag, bitte ich Dich, Euch doch mal kurz vorzustellen.

Wir sind sieben Jungs aus Berlin, sind seit drei Jahren zusammen auf Tour und machen ThrashPunkCountryRock...oder so ähnlich. (grinst)

Eure neue Single „Monkey Business“ scheint so etwas wie eine kleine Abrechnung mit dem Musikbusiness an sich zu sein. Was ist daran wahr?

Naja. Nach drei Jahren in diesem Business mussten wir mal Einiges loswerden. Wir haben teilweise einfach nicht verstanden, wieso Radiostationen uns zum Beispiel überhaupt gar nicht spielen. Die Hallen bei der Tour sind voll, aber Airplay bekommt man nicht. Manchmal fragt man sich auch, wo Labels eigentlich so leben. All diese Anzugfritzen, die überhaupt nicht wissen, was ansteht. Der Song ist jetzt um Himmels Willen keine bösartige Abrechnung. Betrachte es einfach als ein wenig Lästerei. Das ist schon ok so.

Eure neue CD heißt „Stallion Batallion“, ist das jetzt ein Wortspiel oder habt ihr Hengstallüren?

(grinst ziemlich breit) Ach, wir spielen einfach gerne mit Klischees. Wir sind keine Hengste, nein. Aber natürlich ist der Titel mit Absicht ein wenig zweideutig gehalten.

Ihr habt Euch 2004 gegründet und hattet bereits Ende des selben Jahres einen Major-Vertrag. Wie kam es dazu?

Wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Boss und ich waren zu Anfang alleine unterwegs, wir haben halt auf Parties gespielt. Das sprach sich rasend schnell herum. Die anderen Jungs kamen dann dazu, und wir haben auf immer größeren Parties gejammt. Irgendwann fragte das Label an. Und wir haben sofort einen Vertrag bekommen. Aus einem kleinen Geheimtipp ist also Ernst geworden. Träumt doch jeder Musiker von.

Eure Einflüsse sind sehr weitreichend. Ich denke mal, dass ihr alle schon seit längerem Musik macht?

Ja, allesamt. Alle haben vorher schon in anderen Bands gespielt. Und all die verschiedenen Einflüsse hört man jetzt halt zusammen. Meine alte Band war Rockabilly, der eine kommt aus dem Rock'n'Roll, einer schmeisst etwas AC/DC in den Topf, dann ist da noch Blues und Country. Wir spielen sozusagen RocknRoll mit Hut. Nicht Richtung Hank Williams, aber wir spielen Country halt genauso wie wir ihn hören möchten.

Wie entstanden eigentlich die Ideen, solche Songs wie „Toxic“ von Britney Spears oder „Hey Ya“ von Outkast zu covern? Passt ja nicht so ganz in Country-Punk-Rock...

Wieso, Britney ist doch total Rock'n'Roll! (lacht) Nee, mal im Ernst. Das war ein Gag, weil sie so weit weg vom Rock ist, mehr geht gar nicht. Sie selber finden wir sehr scheiße, aber „Toxic“ ist eigentlich ein sehr cooler Song. Und HipHop-Songs umzuschreiben, ist eigentlich eine Herausforderung und sehr spannend. Wir haben dann aber doch angefangen, mehr eigene Sachen zu schreiben, weil die Fans die Eigenkompositionen immer stärker forderten. Jetzt auf dem dritten Album haben wir ja kaum noch Coversongs. Und die Verkaufszahlen bestätigen das auch. Wir sind auf Platz 8 eingestiegen und haben schon 50.000 Teilchen verkauft. Das ist ja schon recht fein, nicht?

Hier in Hamburg seid ihr unglaublich angesagt, nach den zwei Konzerten heute und morgen ist bereits ein drittes im Februar angekündigt. Wieso grade hier? Immerhin seid ihr Berliner...

Pffft, keine Ahnung. Wir mögen Hamburg sehr, eventuell merken die Leute das? Das meiste läuft über Mundpropaganda. Wir haben wenig Promotion, aber es flutscht prima.

Ihr tourt unglaublich viel und lange. Normale Jobs braucht ihr nicht mehr, bzw. habt da auch keine Zeit mehr für oder?

Nein, wir können davon leben. Wir sind ja die Hälfte des Jahres unterwegs, natürlich können wir da nicht mehr einem „normalen“ Beruf nachgehen. Wir waren sogar schon in Kanada! In Vancouver, wo wir starteten, waren achtzig Leute. Am Ende in Toronto waren es vierhundert! Das war supergeil, wir hatten irre viel Promo bekommen, waren in Fernsehshows und so. Das war extrem skuril, immerhin kommt der Country von da drüben. Aber die Leute da haben es kapiert. Das ging so ab: „Sauerkraut, Cowboys, Yeeeha!!“ Unglaublich cool. Mal gucken, wir haben Lust auf einigen europäischen Festivals diesen Sommer zu spielen. Aber erstmal diese Tour zu Ende bringen, wir haben nur eine kurze Pause jetzt über die Feiertage und dann geht es bis Ende März weiter.

Was ist mit eurem Gitarristen Rocket passiert, wird er bis zum zweiten Tourteil wieder fit sein?

Ohje, der Rocket springt immer am Schluß von der Bühne. Aber in Ingolstadt hat er irgendwie einen Satz gemacht, ich habe das gar nicht richtig mitbekommen. Jedenfalls hat er sich die Kniescheibe gebrochen, ist gleich dort in Ingolstadt operiert worden. Üble Sache. Heute soll er wohl entlassen werden und dann noch etwas Reha. Wir denken schon, dass er zum zweiten Tourteil wieder am Start ist. Bis dahin hilft uns ein Freund von ABWÄRTS aus.

Auaaa! Gute Besserung! Zurück zu der Band und Plänen. Was kommt nach der Tour 2008?

Auja, ne Menge! Ein Live-Projekt soll im März rauskommen. Wir schneiden unter anderem auch heute hier die Show live mit. Im April werden wir in Moskau sein, dann so ein bis zwei Monate England unsicher machen. Sommer und Herbst wollen wir halt Festivals bestreiten. Mitte 2009 soll dann unser viertes Album rauskommen.

Meine Güte, Hut ab. Ihr habt ja einiges vor Euch. Wie setzen sich Eure Fans zusammen? Ich habe eben vor dem Club schon eine ganz lustige Mischung aus allen möglichen Schichten und Sortierungen bestaunen können ... und alle mit Hüten ..

Hihi. Es gibt auch keine Schubladen bei unseren Fans. Da ist von 18 bis 58 echt alles dabei. Die wollen halt alle tanzen, Spaß haben und "Yeeha!" machen. Und das geben wir denen. Uns kann man musikalisch in keine Schubladen stecken, ebenso unsere Fans nicht. Ist doch fein.

Ist auch fein. Inwieweit richtet ihr euch mit eurem Outfit und der Medienpräsenz nach Euch oder nach dem Label? Habt ihr Vorgaben, immer so herumzulaufen on stage?

(Wird fast empört) Nein!!! Absolut überhaupt nicht. In Feinripp-Unterhemden und Hüten treten wir seit der allerersten Show auf, als wir noch zu zweit waren. Niemals kam irgendeine Vorgabe vom Label. Wir haben zu 100 Prozent die Kontrolle über Kreativität. Da gibt es keinerlei Mitreden vom Label, das hält hübsch die Füße still. Wir haben die totale Selbstkontrolle. Artwork, Internet-Auftritt und Poster macht alles Boss, ich bin für die Musik verantwortlich und fertig.

Selten und schön, dass Labels einem Künstler diese Freiheit lassen. Wie entstanden eigentlich die Filmmusiken, die ihr so geschrieben habt? Wurdet ihr explizit dazu aufgefordert?

Bei dem ersten Film „FC Venus – Elf Paare müsst ihr sein“ in 2006 war es ein Song, der dann irgendwie der Abspann-Song wurde. Beim zweiten Film „Hände weg von Missisippi“ kannte Detlev Buck unser Album „Internashville Urban Hymns“ und den Jodelblues. Da haben wir dann halt bei der Dorfkeilerei mitgespielt und so nach und nach kamen immer mehr Songs dazu, bis es fünf waren. Wir haben uns mit Buck dann angefreundet und so kam es dazu, dass er die Regie bei unserem Video zu „Truck´n Roll“ machte.

So ein bisschen wie Tito & Tarantula in „From Dust Till Dawn, oder? Nur nicht so blutig...

Haha, ja, in etwa. Hat Spaß gemacht, auf jeden Fall.

Welche Erfahrungen habt ihr bis dato auf der jetzigen Tour gemacht?

Super! Ich liebe es, auf Tour zu sein. Wir sind nun mal eine Liveband, durch und durch. Es macht einfach super viel Spaß. Die kurze Pause jetzt nach Hamburg ist fein, aber dann freu ich mich auch schon wieder auf Mitte Januar, wenn es weitergeht.

Famous last words?

Och nöööö ... Hab ich nicht? Doch: Guckt Euch die Shows an und alles wird gut. Wer uns nicht live gesehen hat, verpasst was. Also kommen und angucken!

Sascha, vielen Dank für das Gespräch. Alles Gute für heute Abend, und auf dass Rocket schnell wieder fit wird! Vielleicht sieht man sich auf einem der Festivals im Sommer!

Das wäre fein, wir freuen uns! Ganz viel Spaß heute Abend bei der Show!

Im Nachhinein stellte sich dann leider heraus, dass Sänger Boss tatsächlich zu krank war um aufzutreten, man sah einen Notarzt durch die Katakomben der Freiheit flitzen. Hoss bestritt die Show also alleine. Am nächsten Abend war Boss aber wieder fit. Wenn man mal Lust hat auf einen durchgetanzten Abend mit sehr viel Lachen, sei einem ein Konzert der Berliner wärmstens ans Herz gelegt. Selten so viel Spaß gehabt!