Geschrieben von Nadine Dienstag, 28 Februar 2012 21:42
KADAVRIK - Interview zu "N.O.A.H." mit Sänger Niklas Preach
KADAVRIK haben gerade ihr drittes Album "N.O.A.H." veröffentlicht und befinden sich mit NAPALM DEATH auf Tour. Erstmals hat die Band deutsche Lyrics eingesetzt und ist damit ein Risiko eingegangen, das sich gelohnt hat. Wir sprachen mit dem sympathischen Sänger Niklas Preach über die neue Scheibe, über Musikunterricht an deutschen Schulen, die deutsche Metalszene, die Entstehung von KADAVRIK und den Weg, den die Band künftig einschlagen wird.
Herzlichen Glückwünsch zu Eurem neuen Album! „N.O.A.H.", ist klasse, eigenständig und vielfältig geworden. Stellt Euch bitte kurz vor, für alle, die von euch und dem Album noch nie was gehört haben: Welche Art von Musik spielen KADAVRIK und wer macht was?
Vielen Dank! Wir spielen eine Art melodischen Deathmetal und Blackmetal, was vertraut klingt, aber doch ziemlich eigenständig ist, da noch eine Vielzahl anderer Stile Einfluss erhalten. Wir haben keine Scheu, auch mal einen Breakdown einzubauen, oder aber mal ein Powermetal-Riff. Wir sind für diesen Stil klassisch besetzt, ich spiele Gitarre und singe, Chris Boss spielt Gitarre, Han Of Hate spielt Keyboard, Frank The Tank Schlagzeug und Oliver Rude Bass.
Wann habt ihr euch als KADAVRIK zusammengefunden und wie ist euer Bandname, der mir übrigens sehr gut gefällt, entstanden?
Wir sind Schulfreunde und hier entstand auch der Bandname in seiner ersten Version: Cadavric Obedience, eine freie und humorvolle Übersetzung von Kadavergehorsam, ein Thema, das wir damals in Zusammenhang mit dem „Hauptmann von Köpenick" in der Schule durchkauten. Nur Han war nicht in unserer Klasse, aber schon damals ein enger Freund von uns.
Und was bedeutet „N.O.A.H.", der aktuelle Albumtitel?
N.O.A.H. ist der Name einer modernen Arche, einem Raumschiff, mit dem die Superreichen und Eliten die sterbende Welt verlassen wollen, die sie in ihrem Wahn selbst zugrunde richteten. Das finden einige derjenigen ziemlich daneben, die auf der Erde zurückbleiben müssen. Sie formen dann eine Gruppe von Rebellen, die das Vorhaben dann unterbindet. Wie das ausgeht, sieht man recht eindrucksvoll auf unserem Cover. Das ganze Thema vertonen wir in vier Songs am Ende des Albums in deutscher Sprache.
Ihr kündigt „N.O.A.H." im Prinzip als vertonte Apokalypse an. Seht ihr wirklich so negativ in die Zukunft?
Das Projekt N.O.A.H. hat eine eigene Facebookseite, auf der wir im Vorfeld einiges an „Werbung" für das Raumschiff gepostet haben. Diese basierte auf Interviews, die auch bei YouTube zu finden sind, aber auch in Beiträgen, die die Lage der Welt auf Basis von Medienberichten darstellen. Dabei fiel uns schon auf, dass man eigentlich, wenn man die Zeitung liest oder fernsieht, der Überzeugung sein müsste, dass die Welt so schlecht und verdorben ist, dass sie eigentlich schon morgen untergehen müsste. Wir haben die kältesten Winter seit langem, die heißesten Sommer, die korruptesten Politiker, die bösesten Terroristen... eigentlich liest man kaum noch etwas Positives. Denkt man aber an die Google-Werbung, die vor einiger Zeit im Fernsehen lief, scheint es da aber doch noch einiges an Hoffnung zu geben und zumindest uns geht es im Moment eigentlich ganz gut, auch wenn die Medien am liebsten das Gegenteil verbreiten. So schlimm, wie es immer dargestellt wird, ist es vermutlich nicht, zumindest nicht überall und zu jeder Zeit.
Wie lange habt ihr an „N.O.A.H." gearbeitet? Habt ihr eine klare Arbeitsteilung oder entstehen die Songs durch gleichberechtigte Teamleistung?
Die Arbeit an diesem Album hat begonnen, als 2009 die Aufnahmen zu „Wine Will Turn To Blood Again" abgeschlossen waren. Ich schreibe die Musik meist alleine, und zwar eigentlich durchgehend, wir haben also nicht diese klassischen Songwriting-Phasen. Oli besucht mich regelmäßig und gibt seinen Senf dazu. Senf ist lecker und gibt dem ganzen dann noch eine schöne Note. Die Texte kommen vor allem von mir und Frank, aber auch Oli steuert was dazu. Konkrete Arbeitsteilung gibt es trotzdem, Han ist unser Schatzmeister und kümmert sich außerdem um das Merchandising, Oli macht vor allem die grafischen Angelegenheiten, Frank und Chris erledigen noch andere Dinge, die anfallen. Es gibt wirklich viel zu tun in so einer Band, wobei Musikmachen tatsächlich der kleinste Teil ist. Das ist schade, man lernt aber auch viel, was einem im „richtigen" Leben hilft, vor allem in Bezug auf Geduld, Vertrauen und Organisation.
In einem alten Interview von euch habe ich gelesen, dass ihr eure Instrumente alle autodidaktisch erlernt habt. Respekt! Die musikalische Leistung auf „N.O.A.H." ist beeindruckend, wenn ich da an meine Saitenquälerei denke..., habt ihr mittlerweile mal ein paar Stunden genommen oder immer noch alles „learning by doing"?
Nein, das ist immer noch so. Und ich denke, es ist gut so. Das hilft einem dabei, einen eigenen Stil zu entwickeln und nicht den Stil seines Lehrers zu kopieren. Das habe ich wirklich oft beobachtet, dass manche auf die Note genau Metallica-Soli nachspielen, aber keinen wirklich eigenständigen Song schreiben können. Im Zeitalter des Internets kann man sich wirklich gut auf anderen Wegen sein Instrument nahebringen und profitiert von der stilistischen Vielfalt, der man dort begegnet.
Die letzten vier Songs habt ihr mit deutschen Texten versehen. Meiner Meinung nach eine sehr gute Entscheidung, der Gesang kommt auch auf Deutsch sehr gut rüber und harmoniert wunderbar mit der Musik. Auf Anhieb wüsste ich auch nichts Vergleichbares in der Szene. Wie kam es dazu?
Der Konzept-Teil sollte sich abheben, und zwar ganz deutlich. Schon anhand der Titel kann man ablesen, dass es dort um etwas anderes geht, als bei dem Rest der Songs. Deutsch ist für uns eben sprachlich die einzige Alternative zum Englischen, und darüber hinaus noch sehr passend, da ja auch die musikalische Stimmung bei diesen Tracks deutlich negativer ist.
Fiel es Euch schwerer, Texte auf Deutsch zu schreiben? Einerseits hat man den Vorteil, sich in seiner Muttersprache besser ausdrücken zu können. Auf der anderen Seite lässt man auch mehr die Hosen runter, weil einen die deutschen Fans jetzt ganz genau verstehen.
Es funktionierte ganz gut, die deutschen Texte zu verfassen. Frank und ich haben damals schon im Deutsch-LK expressionistische Gedichte gefeiert. Dieser Stil hat dann auch Einfluss in die N.O.A.H.-Texte erhalten, wobei wir darauf achten mussten, dass sie trotzdem eingängig bleiben, ohne plump zu wirken. Ich denke, das haben wir ganz gut hinbekommen, jedenfalls ist das Feedback auf die deutschen Texte sehr positiv.
Es ist schade, dass Musik in deutschen Schulen meistens nur theoretisch behandelt wird und es auch gute Musiker/Bands immer noch sehr schwer haben, wenn sie etwas erreichen wollen. In unseren Charts dümpelt schon viel kommerzielles Mittelmaß, wenn ich da an Finnland denke... wie seht ihr so die deutsche (Metal-) Musikszene?
Ja, Musikunterricht ist eine Katastrophe, ich habe damals unter einem tyrannischen Musiklehrer eine 5- auf dem Zeugnis kassiert... Motivierend und kreativ war das gar nicht. Die Musikszene ist entsprechend auch eher banal. Der Zauber, der hinter echter Musik steckt, bleibt vielen einfach verschlossen. In der Metalszene sieht es hingegen ganz gut aus, wie wir finden. Hier im Pott sprießen viele Bands aus dem Boden, wir bewegen uns in einer ansehnlichen, freundschaftlichen Szene aus talentierten Bands. Ich denke an Gruppen wie HARASAI, WORDS OF FAREWELL, die erst kürzlich von AFM gesigned wurden, oder LEGION OF GOMORRA. Und natürlich WE SET THE SUN, die schon etwas bekannter sind. Es existiert viel Talent in der Metal Szene, und gerade in der Sparte „Melo-Death" brodelt es hier gewaltig. Mit etwas Glück steht uns eine New Wave Of German Melodeath bevor.
Wie seid ihr denn zu eurer Begeisterung für die Musik gekommen? Eventuell könnt ihr uns von einem Schlüsselerlebnis berichten oder habt musikalische Vorbilder?
Wir hatten einfach Bock, in einer Band zu spielen, weil Bands eben cool sind. Da keiner ein Instrument spielen konnte, haben wir uns getroffen und die Posten in der Band verteilt, Instrumente gekauft und drauflos gespielt.
Und die musikalischen Vorbilder, hmm, das ist bei mir einfach. Ich war damals Alexi Laiho-Fanboy, allerdings haben CHILDREN OF BODOM es sich mit den letzten beiden Platten endgültig verscherzt - ich fürchte, diese Band ist auf dem absteigenden Ast.
Ihr durftet gerade mit NAPALM DEATH auf Tour gehen. Wie kam es dazu und wie war es für euch?
Super, und es kommen ja noch viele Shows mit ihnen. Sie machen wirklich eine atemberaubende Show und sind richtig nette Leute. Das kam zustande, weil sie auch bei M.A.D.-Tourbooking unter Vertrag sind und wir die Shows zur Promotion unseres Albums gut gebrauchen können. M.A.D. leisten wirklich tolle Arbeit für uns.
Was kann man von so einer erfahrenen Band wie NAPALM DEATH lernen?
Ich finde, sie zeichnen sich vor allem durch Gelassenheit aus. Sie sind Backstage absolut ruhig und die totalen Profis. Sie haben keine großen Backdrops, minimales Equipment und machen trotzdem jeden Abend eine Show, die die Anwesenden von der ersten bis zur letzten Reihe mitreißt. Jeden Abend brodelt die Halle, und das vor allem durch ihre Ausstrahlung. Das ist sehr bemerkenswert, denn das ziehen sie seit 30 Jahren durch.
Auf eurem YouTube-Kanal kann habt ihr mit KTV (Kadavrik TV nehme ich an...?) einige Videos gedreht: von den Aufnahmen des Albums, Konzerten sowie Festivalauftritten und von eurem spektakulären Unterwassershooting. Wann kann man denn mal mit einem Musikvideo rechnen?
Ach, KTV ist eigentlich kein durchgehendes Markenzeichen, das haben wir, glaube ich, nur für die N.O.A.H.-Interviews benutzt. Ein Musikvideo ist fest geplant, wir haben auch schon Produzenten im Auge. Wann es allerdings soweit ist, hängt von verschiedensten Faktoren ab. Wenn es soweit ist, werdet ihr es mit Sicherheit auf burnyourears.de nachlesen können!
Ihr könnt ja sicher nicht von der Musik leben, wie verdient ihr „im normalen Leben" euer Geld?
Wir hätten in jedem Fall mehr verdient, als wir bekommen, haha. Nein, wir sind allesamt Studenten und leben von den üblichen Einnahmen eines Studenten, Ferienjobs, Jobs an der Uni... das ist auch okay so, die Freiheiten, die wir so haben, machen diese Band erst möglich.
Was ist euer Ziel für KADAVRIK, wo soll es hingehen, was wären eure Wünsche für die Band?
Konkrete Wünsche sind schwer zu definieren. Erfolg wäre schön, am besten natürlich so viel Erfolg, dass man einigermaßen davon leben kann. Das klingt utopisch, aber es ist doch immer gut, sich ein hochgestecktes Ziel zu suchen, sodass man sich nicht auf dem Erreichten ausruht. Man muss eben am Ball bleiben, und das ist vielleicht auch das kurzfristige Ziel für dieses Jahr. Es soll so weitergehen, wie das Jahr begonnen hat. Also in erster Linie mit vielen großen Shows.
Was war bis jetzt für euch der Höhepunkt mit KADAVRIK?
Ich denke, das beste Gefühl war unsere Show auf dem Summer Breeze 20. Das war einfach unglaublich, diese Menschenmasse zu sehen und bewegen zu können. Chris hat mir eine Anekdote erzählt, die er dort erlebt hat: Nach der Show ist er beim Changeover nochmal kurz auf die Bühne gegangen, um ein paar Dosen Bier, die er während des Sets nicht geschafft hat, zu holen. Und kaum steht er vorne am Bühnenrand, um sie aufzuheben, hat das Publikum wieder angefangen zu jubeln und zu schreien... bedankt hat er sich – wie es sich gehört – mit Bier. Das muss der Wahnsinn gewesen sein.
Werdet ihr denn in Zukunft auch eine kleine, eigenständige Tour machen oder wo kann man euch live sehen?
Wir werden keine Headliner-Tour oder so spielen. Eine eigenständige Tour hatten wir 2010 in Polen mit befreundeten Bands. Das haben wir selbst organisiert und war ein Haufen absurder Erlebnisse. Absurd aber positiv, tolle Parties und tolle Konzerte. Es ist eben ein Land im Umbruch, da ist eine Menge Energie in der Luft.
Dieses Jahr werden wir wohl keine Touren mehr selbst organisieren, sondern spielen, was uns angeboten wird, und was M.A.D. für uns möglich machen. Es ist europaweit viel geplant, zunächst mit NAPALM DEATH, später im Jahr auch mit anderen Bands. Für die Leser relevante Tourstops sind bislang Aachen, Magdeburg, Erfurt, Neukirchen und Essen beim grandiosen Evil Horde Metalfest. Aber wir versprechen, dass da noch einiges mehr kommt, und wir freuen uns natürlich über jede Anfrage, die man an uns schickt, und nehmen alles wahr, was möglich ist. Shows spielen ist eben ein großer Spaß für uns, und darüber hinaus auch die beste Möglichkeit der Fan-Akquise.
Alles Gute mit dem Album, ich hoffe ihr könnt es weiterhin vielen Leuten vorstellen und die Menschen begeistern. Die letzten Worte gehören euch!
Vielen Dank für die interessanten Fragen und Danke an die Leser, die meinen Worten bis hier unten gefolgt sind. Checkt facebook.com/kadavrik und spielt uns mal euren Freunden vor. Wir verneigen uns vor jedem von euch, und gebt Underground-Bands eine Chance, denn sie sind die Basis einer lebendigen Metal-Szene!
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