Geschrieben von Sonntag, 17 Juni 2012 18:50

Ensiferum - Interview zum Album "Unsung Heroes" mit Sami Hinkka

Ensiferum 2012 Bandfoto

Leider sind wir von der mittelmäßen Organisation auf dem Metalfest Loreley auch als Redakteure nicht verschont geblieben: Unser Interviewtermin von Angesicht zu Angesicht mit ENSIFERUM konnte vor Ort nicht stattfinden – umso besser, dass uns das Mangement die Möglichkeit gab, unsere Fragen per Telefon zu stellen. So klingelte am Montag nach dem Festival gegen 18 Uhr mein Telefon und ein gut gelaunter Sami Hinkka, Bassist bei ENSIFERUM, meldete sich. Er befand sich gerade im Bus auf dem Weg von Prag nach Berlin, also konnten wir bequem über das kommende Album "Unsung Heroes" sprechen und auch über den Festivalauftritt auf der Loreley. 


Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast. Es gab einige Komplikationen auf dem Metalfest Loreley, die Security hat plötzlich unsere Pressepässe nicht mehr akzeptiert und uns am dritten Tag unvermittelt den Zugang zum Pressebereich verwehrt. Es war alles sehr kompliziert... ich hoffe, die Organisation für die Künstler war besser?

Das ist übel. Für uns war alles in Ordnung.

Das ist ja die Hauptsache. Ich habe natürlich trotzdem euren Auftritt gesehen, einer der besten des ganzen Festivals. Und ihr hattet an diesem Tag auf jeden Fall die meisten Fans mit ENSIFERUM T-Shirts. Hat es euch auch gefallen?

Ja (begeistert), direkt nach der Show waren wir uns alle einig. Die Band und auch die Crew finden, dass es eine der besten Shows war, die wir überhaupt jemals gespielt haben. Das Publikum war so brilliant.

Ihr hattet ja noch die Autogrammstunde kurz vor dem Auftritt. Was war denn das Verrückteste, das ihr an diesem Tag unterzeichnen musstet?

Hmm (überlegt), an diesem Tag? An diesem Tag war eigentlich gar nichts Verrücktes, ein Paar Schuhe und ein Paar Titten...

Oh, das ist schon normal für dich, ein Paar Titten?

(lacht) Nein, jetzt fällt mir doch noch was ein, da war ein Typ mit einer Paprika... der hatte tatsächlich eine grüne Paprika dabei. Ich hab' keine Ahnung was das sollte, aber er wollte tatsächlich ein Autogramm auf seine grüne Paprika. Das war so das Verrückteste an diesem Tag.

Mitterweile habt ihr ja eine Menge guter Songs, wie macht ihr das mit den Setlisten für so einen Festivalauftritt – nach welchen Gesichtspunkten sucht ihr die Lieder aus?

Es wird immer schwieriger. Auf der einen Seite spielen wir ja oft auf Festivals und manche der Besucher sehen uns schon zum fünften oder zehnten Mal. Dann schauen wir manchmal, was wir bei den letzten Shows in diesem Land gespielt haben und versuchen, einige andere Songs auszusuchen. Einfach, um es für die Leute spannend zu halten. Aber auf der anderen Seite gibt es ja auch Leute, die uns zum ersten Mal sehen und denen wollen wir natürlich auch die entsprechenden Stücke vorstellen. Und jetzt, wenn das neue Album rauskommt, wird es noch schwieriger.

Lustig war auf jeden Fall zu sehen, dass ihr die Leute mittlerweile noch nicht mal mehr animieren müsst, um zum Beispiel bei Songs wie „Iron" an den richtigen Stellen mitzusingen.

(lacht) Ja, das ist eben Deutschland, das ist schon so was wie unser zweites zu Hause mittlerweile.

Ihr habt auch einen Song vom kommenden Album gespielt, „Burning Leaves". Ich glaube, die Leute mochten es sehr, es ist auch ein typischer ENSIFERUM Song.

Ok, vielen Dank, das ist sehr schön zu hören, genau das wollten wir erreichen. Wir wollten unbedingt einen Song vom neuen Album spielen und der bot sich quasi an. Es ist einer der einfachsten Songs, mit einer packenden Melodie und einem eingängigen Chorus. Die Leute haben ja das Album noch nicht gehört und sollten gleich mitmachen können. Wie du gesagt hat, es sind viele traditionelle ENSIFERUM Elemente in dem Song.

Ja, genau wie der erste Titel auf dem Album „In My Sword I Trust", auch ein schöner Einstieg für die neue Scheibe. Der Name der Platte lautet „Unsung Heroes", richtig? Einige Monate davor habe ich irgendwo aufgeschnappt, dass das Album „Smile Pretty For The Devil" heißen soll. Habt ihr den Namen geändert?

Nein, (lacht) wo hast du das denn gehört?

Im Internet. Dieses Mal war es wirklich schwer, etwas über das neue Album zu erfahren. Bis ihr angefangen habt, das Studiotagebuch auf YouTube zu stellen. Zum Glück erfahren wir ja jetzt alles direkt von dir.

Ja, jetzt sind wir auch praktisch fertig, das Cover kommt auch noch und wir können jetzt die Promotion starten.

Ensiferum Bassist Sami HinkkaWorum geht es denn auf dem neuen Album, welchen „Unsung Heroes" leihen ENSIFERUM ihre Stimmen?

Ihr könnt ein Album mit traditionellen ENSIFERUM Elementen auf der einen Seite, aber auch mit viel mehr organischem Sound auf der anderen Seite erwarten. Wir haben versucht, beide Seiten ins Extreme zu treiben, den Metalsound und auch die softeren, folkigen Momente.

Das war auch genau mein erster Eindruck von der Scheibe. Ist es ein Konzeptalbum oder ist „Unsung Heroes" nur der Titel?

Nein, es ist nur der Titel. Es ist kein Konzeptalbum im eigentlichen Sinne, auch wenn einige Songs thematisch zusammenhängen.

Du schreibst die meisten Texte für ENSIFERUM, woher nimmst du deine Ideen?

Aus dem normalen Leben – ich verarbeite alles, was mir selbst passiert oder Leuten in meinem direkten Umfeld... oder auch Dinge, die ich in den Nachrichten höre. Dann dauert es einige Zeit, bis ich es auf Papier bringen kann, danach in den ENSIFERUM Style kriege und auch noch die Bedeutung transportiert bleibt.

Ist es für dich wichtig, dass die Fans deine Texte vom Sinn her verstehen? Sie sind ja in irgendeiner Art und Weise mit der Musik verbunden.

Ganz ehrlich? Nicht wirklich. Ich möchte die Texte auch nicht so viel erklären, mir liegt viel daran, dass jeder seine eigene Bedeutung für sich selbst darin findet. Jeder soll seine eigenen Erfahrungen oder auch verschiedene Themen mit den Texten in Verbindung bringen können. Ich finde es nicht so schön, wenn einem jemand sagen will, dass der Song jetzt über das und das geht und diese Strophe jetzt dies und das bedeutet. Da geht viel Interpretation verloren.

Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum viele Fans gerade die finnischen Texte mögen. Man versteht kein Wort und kann einfach die Musik auf sich wirken lassen und komplett interpretieren, was man möchte. Ich mag das auch.

Ja, mir geht es genau so mit Texten, die ich nicht verstehe.

Wie bei eurem Outro auf dem Loreley Aufritt, ihr habt dieses finnische Volkslied gespielt und keiner hat ein Wort verstanden. Aber jeder hat die gute Stimmung in dem Song gespürt und dazu gehüpft und getanzt.

Das benutzen wir öfter mal, es ist für uns auch so eine Art Partyruf. Wir wissen dann, die Show ist vorbei und jetzt kann gefeiert werden. (lacht)

Auf dem neuen Album habt ihr ein paar mehr klare Vocals. Emmi, Markus und auch du übernehmt viel mehr Gesangparts als vorher. War das ein direkter Wunsch von euch oder ist es einfach so passiert, weil es gut zu der Musik gepasst hat?

Das ist einfach so passiert. Wir wachsen immer mit dem Song und versuchen ihm das zu geben, was er braucht. Wenn wir denken, dass der Song klaren Gesang braucht, dann versuchen wir es einfach mal. Wir haben eigentlich keine Intentionen wie „Lasst uns so und so machen..." – wir lassen uns vom Song leiten. Erst, als wir immer mehr Songs zusammen hatten, fiel uns auf, dass wir diesmal mehr klaren Gesang von verschiedenen Leuten auf der Platte haben.

Ihr habt die epischen Momente auf „Unsung Heroes" noch mehr betont und „From Afar" damit auf jeden Fall übertroffen. Aber gleichzeitig habt ihr auch die harten Momente intensiviert. War es euer Ziel für dieses Album, die beiden Komponenten in Balance zu bringen? Ist das der „Heroic Folk Metal", wie ihr ihn für ENSIFERUM wolltet?

Ja, das kommt schon in die Richtung. Wir wollten auf jeden Fall mehr Metal-Momente und auch mehr opulente, folkige Momente. Wir haben die beiden Seiten auf diesem Album besser arrangiert als vorher, meiner Meinung nach.

iron maiden steve harris bassIch war zuerst etwas irritiert über den Nachschlag an Epik, aber dann habe ich gelesen, dass Markus und du IRON MAIDEN Fans seid und diese großen Momente mögt. Da hat es dann wieder Sinn gemacht und auch daran erinnert.

Ja, wir sind riesige IRON MAIDEN Fans!

Irgendwie sind wir das ja alle. War denn IRON MAIDEN deine persönliche Motivation, um damit anzufangen, Bass zu spielen?

Ja (stolz), und ich schäme mich nicht dafür. Ich habe auch zuerst mit den Fingern gespielt, bevor ich mit dem Plek gearbeitet habe. Steve Harris war meine Inspiration.

Wann hast du angefangen, zu spielen?

Mit elf. Ist also erst ein paar Jahre her. (lacht)

Gibt es eigentlich in Finnland eine spezielle musikalische Früherziehung? Viele so wahnsinnig gute Bands kommen aus Finnland.

Das ist eine richtig gute Frage, ich wünschte, ich hätte eine Antwort. Eventuell liegt es wirklich daran, dass wir so lange Winter haben und dann immer zum Proben gehen. Wir üben eben viel an den Instrumenten.

Welchen Beruf würdest du wählen, wenn du kein Musiker wärst?

Ich habe einen Beruf, ich bin Erzieher im Kindergarten.

Im Herbst spielt ihr eine Headlinershow. Was kann man da erwarten?

Auf jeden Fall viele Songs vom neuen Album, einen schöneren umfangreichen Bühnenaufbau als beim Festival und natürlich viel längere Spielzeit. Alles wird viel besser und ausschweifender, da es nur auf ENSIFERUM ausgerichtet ist. Unsere eigenen Gitarrenamps, mehr Licht ...

Eine Frage noch zu der DVD, die irgendwann kommen soll. Es gab ja einige finanzielle Probleme, so dass ihr euch entschieden habt, erst die neue CD einzuspielen. Aber das DVD-Projekt ist nicht gestorben, oder?

Es ist auf Eis gelegt, denn es ist einfach ein Fakt, dass die Leute nicht so oft DVDs kaufen. Wenn, dann eher von großen Bands, und da stimmt bei uns einfach die Kalkulation nicht, eine Geldsache eben. Hoffentlich ändert sich das bald, wir haben schon viel Material und richtig gute Ideen für eine DVD.

Kann ich mir vorstellen, ihr habt ja schon schauspielerische Fähigkeiten beim Studiotagebuch gezeigt. Mögt ihr es, vor der Kamera zu posen oder auch Videoclips für ENSIFERUM zu drehen?

Wir mögen das schon, von der neuen CD wird es auch eine Special Edition mit einer Dokumentation von über zwei Stunden geben. Da sieht man, wie wir komponiert und aufgenommen haben. Es ist ein bisschen wie die Studiotagebücher, nur mehr, und auch von dem Typ, der die Studiotagebücher gemacht hat. Eine schöne Sache für Hardcorefans, die wissen wollen, wie die Songs entstanden sind.

Ich finde das auch immer ganz schön, wenn man es fünf bis zehn Jahre später anschaut und dann sieht, wie die Bands in jungen Jahren waren und was dann aus der Band geworden ist.

Ja, genau. Schön, dass wir so was machen können.

Die letzten Worte gehören dir.

Vielen Dank für eure Unterstützung! Ich hoffe, wir sehen uns auf Festivals und ihr habt Spaß mit unserem neuen Album „Unsung Heroes", und dann sehen wir uns auch auf unserer Tour im Herbst.

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