Geschrieben von Freitag, 23 März 2007 10:38

Saxon - Interview mit Bassist Nibbs Carter


An einem lauschigen Frühlinsgabend wanderte ich zur Abwechslung mal hinter die Markthalle in Hamburg, ein Interview mit SAXON stand an. Mit wem, wusste noch keiner. Nach einem Anruf beim Tourmanager hörte ich, wie er nach Biff rief, dann folgte dumpfes Gemurmel und ein „Warte mal bitte, da kommt gleich jemand raus.“ Ok. Aus der Hintertür kommen eine Dame, ein junger Mann und... Nibbs. Hey, auch fein. Die Dame ist die Britta von ICS und fragt sehr höflich an, ob es ein Problem wäre, aufgrund der Zeitnot das Interview zusammen mit einem Kollegen von einer Kieler Radiostation zu machen. Also krabbeln wir alle zusammen in den Bus, mit mir ist noch ein sogenannter Pratikant, der sein erstes Konzert vor 24 Jahren mit SAXON in der Markthalle erlebte, und der auf seinen Händen im Tourbus auf dem Sofa sitzt. Die Begrüßung ist sehr locker und freundlich, und Nibbs hat augenscheinlich prächtige Laune.

Hi Nibbs, vielen Dank für die Zeit mit uns...

Nibbs (kalauert): Das sagt man doch erst hinterher..

Ich finde es aber netter vorher, das gehört sich so, ich bin ja gut erzogen. Sind denn alle wieder gesund jetzt? (Anm. d. V.: SAXON mussten einige Gigs in Irland und England absagen, weil Biff eine schwere Halsentzündung hatte)

Ohja, alle sind wieder richtig gesund. Wir sind fit und freuen uns sehr auf die Tour!

Lass uns über „Inner Sanctum“ reden. Ich habe den Eindruck, dass ihr unglaublich frisch und energiegeladen klingt. Noch mehr als bei „Lionheart“. Was habt ihr gemacht? Frischzellenkur?

Nö. Wir mussten uns tierisch beeilen, das war alles!  Wir hatten von Channel 4 das Angebot bekommen, eine Dokumentation über SAXON zu machen und fanden das sehr interessant. Also haben wir diese Doku gedreht und dachten immer, wir haben ja noch Zeit für das Album...u nd wir haben immer noch Zeit... lala, wir haben immer noch Zeit. Und plötzlich hatten wir gar keine Zeit mehr, mussten uns tierisch im Studio beeilen und so kam es, dass es so frisch klingt. Mit dem Sound bin ich auch sehr zufrieden, aber das Intro z.B. finde ich jetzt gar nicht mehr so toll. Man ist aber nie total zufrieden.

Was ist mit Biff´s Stimme geschehen? Der klingt rauher und härter und einfach nur klasse. Hat er eine neue Gesangstechnik oder wie hat er das gemacht?

Er hat diesmal einfach mal eine andere Attitüde gewählt. Das macht er ja ganz gerne mal. Außerdem wird er sehr von seinen Kindern inspiriert. Klingt komisch, ist aber so. Seine Kinder geben ihm immer neue Ideen ein, und er lässt sich dann auch davon beeinflussen. Das prägt halt doch sehr.

Das ist eine sehr schöne Erklärung. Wie schaut es mit der Setlist aus? Was spielt ihr? Nur die neuen Songs? Gemischt? Ganz alt?

Uuuuh. Ich finde die Setlist furchterregend. Wir spielen so viel, quer die Bandgeschichte. Es ist wirklich schwer gewesen, die passenden Songs auszusuchen. Wir haben da tatsächlich ein „Luxusproblem“ (auf deutsch gesprochen), weil wir so einen gewaltigen Backkatalog haben. Nun schaut es so aus, dass die Fans sich erstmal eine Stunde gedulden müssen, bis die alten Kracher kommen. Da sind wir auch ein wenig egoistisch. Die stehen dann da, und wenn es zu den alten Hits kommt, jodelt alles (wedelt mit den Armen). Aber wir wollen es so. Die sollen sich ja auch mit dem neuen Material auseinandersetzen, und das geht nicht, wenn man gleich mit „Crusader“ anfängt (grinst sehr breit). Aber es ist schon ein wenig hart, weil wir sehr viele Überlegungen angestellt hatten, was wir wann spielen. Und das muß man dann ja auch auf der Bühne erstmal umsetzen, nicht? Aber es ist eine tolle Herausforderung.

Euer Drummer Nigel ist ja wieder zurück in der Band. Wie kam es dazu?

Haha, das war cool. Wir haben ja immer gewusst, dass Jörg irgendwann wieder zurück zu VICTORY will. Die Arbeit mit ihm war immer supertoll, wir haben einen guten Kontakt zueinander. Während eines Soundchecks telefonierte Biff, ohne dass wir es wussten, halt mit Nigel. Wir standen da so herum und jammten, und Biff kam auf die Bühne und meinte, alles in einem Satz : “Hey, das klingt gut. Achja, und Nigel ist wieder unser Drummer“... (Nibbs sitzt da mit weit offenem Mund und schauspielert oscarreif). Oh! So standen wir alle da. Oh!. Naja, und dann war er wieder da. (lacht sich scheckig). Es ist schon so, dass die Arbeit mit Jörg absolut großartig war, aber die Rückkehr von Nigel ist wie eine Wiedergeburt.

Hättest Du dir vor vielen Jahren vorstellen können, immer noch mit SAXON zu spielen und immer noch diese treue Fangemeinde zu haben?


Nee. Niemals. Für mich ist das immer noch ein wahrgewordener Traum. Vor allem hatte ich das als kleiner Junge ja niemals geplant! So mit dreizehn ca. sah ich einmal RUSH im Fernsehen und war zwar davon infiziert, aber ich wollte da noch nicht selber Musik machen. Eines Tages klaute ich das Mofi (wieder auf deutsch gesprochen... Fragezeichen in der Runde...)

Mofa?

Huchja, hihi. Also ich klaute das Mofaaa meiner Schwester und knatterte so ein bisschen auf den Wiesen herum, machte tolle Stunts, brrmmbruuummm, na ihr wisst schon. Und aus so einem Schuppen klang eine wilde Musik. Ich also hingefahren und was sah ich? Zwei meiner Kumpels an Drums und Gitarre, die irgendwas Punkiges schreddelten. Wow, dachte ich. Das sah so cool aus, das will ich auch machen. Und als ich kurz darauf Geburtstag hatte, schenkte meine Mutter mir tatsächlich 40 Pfund. Das war für uns damals wirklich viel Geld. Ich bin also schnurstracks in den Musikladen gelaufen, zeigte auf eine Gitarre, jedenfalls dachte ich, dass es eine wäre. Die kostete genau 40 Pfund, ich hab sie sofort gekauft. Bin dann zu meinen Kumpels und meinte, dass ich jetzt auch eine Gitarre hätte und mitspielen will. Blöderweise war das ein Bass. Tscha, und deswegen spiele ich heute Bass.

Schöne Story...

Herrje, es tut mir leid, aber ich muss unbedingt noch rüber zu S*****, wie lange hat der auf? Bis 22 Uhr? Bis 20 Uhr? (es ist zwanzig vor Acht). Mist. Tut mir so leid, aber ich muss noch ganz viele CD´s kaufen, seid nicht böse..

Nein, geh du mal schön shoppen. Vielen Dank noch mal und eine erfolgreiche Tournee!

Jaaa, das werden wir haben! Habt ganz viel Spaß heute abend!

Sprachs und trabte über die Straße ab ins grösste Elektronikkaufhaus... Unglaublich netter Kerl. Er hat sogar noch ganz viel unterschrieben für den Kollegen aus Kiel. Schade, dass die Zeit relativ kurz bemessen war, aber seine Professionalität und Freundlichkeit hat es wieder wettgemacht. Und das Konzert war natürlich super!

Kat