Geschrieben von Kat Sonntag, 26 November 2006 01:59
Danko Jones - Interview mit Bassist John Calabrese zur Band
Im Rahmen der Eastpak Antidote-Tour mit DISCO ENSEMBLE, BEDOUIN SOUNDCLASH und GOGOL BORDELLO waren auch DANKO JONES mit von der Partie. Da ich die Band auf dem Wacken Open Air unglaublich großartig fand, wollte ich unbedingt mal mit dem charismatischen Frontman ein Schwätzchen halten. Also bestens gerüstet auf ins Grünspan bei der Reeperbahn gedackelt. Nette Begrüßung von einem der Roadies, hinten herum rein in einen unglaublichen Kessel an Lärm, Kabeln und hektischen Muckern. Wenn vier völlig verschiedene Bands zusammen touren, ist das wohl normal. Ich erblicke auch sofort Danko Jones selber, der ohne Gitarre und in Schlabberklamotten so ganz anders wirkt als auf der Bühne. Was Kleidung doch so ausmacht ...
Der Tourmanager bittet mich dann zu ... John Calabrese. Das ist der Basser. Na super. Alle Fragen sind auf Danko konzipiert und ich mache innerlich ein langes Gesicht. Dummerweise werden wir mitten in den Lärm gesetzt, auf ein schickes rotes Sofa, halbwegs in der Halle. Also schreit man sich einige Zeit mehr oder weniger lustlos an. Der Mr. Calabrese hat nämlich überhaupt keine Lust auf sowas wie Interviews und ist ganz fürchterlich maulfaul. Ein supernetter Mensch, aber halt lustlos bis zum Würgen. Aber nun ja, Job ist Job ....
Herzlich Willkommen, mal wieder in Hamburg! Wie oft wart ihr eigentlich schon hier?
Boah, super oft. Warte mal, also mindestens acht Mal sicherlich. Wieso, hast Du uns noch nie gesehen?
Ähm. Doch, auf dem Wacken. Davor hab ich´s immer irgendwie verpasst, sorry. Wie läuft die Antidote Tour?
Wie, Du hast uns erst einmal gesehen? Hm, naja. Also die Tour läuft ganz gut. Wir sind in Norwegen alleine gestartet und sind jetzt seit dem 31. Oktober mit dem Antidote-Package unterwegs. Das geht noch bis 27. November.
Die vier Bands sind ja alle unterschiedlich, wie kommt man so zurecht? Gibt es einen musikalischen Austausch untereinander?
Nö. Das ist wie ein Minifestival.
Es gibt kein Miteinander unter den Musikern? Sammelt man vielleicht Inspirationen? Gedankenaustausch? Neue musikalische Ideen?
Nö. Wir haben drei Nightliner und treten halt nacheinander auf.
Ok. Erzähl mal was über euren Auftritt auf dem Wacken. Ist der Unterschied für euch bedeutend, mal in kleinen Clubs wie dem hier, oder mal vor 60.000 Metallern zu spielen? Und wie kam Danko auf den „Zidanko“? (Anm.: Das Publikum wurde aufgefordert, sich gegenseitig mit dem Kopf bauchboxend selber zu feiern.)
Die Größe des Publikums ist mir egal. Die Metaller auf Festivals wie Wacken sind aber cooler. Das mit dem Zidanko war halt so ein Gag. Italien hat die WM gewonnen und das ist die Hauptsache. Die Besten sollen immer gewinnen, und Italien ist nun mal das beste Team der Welt. Ich bin Italiener, ich muß das wissen.
Ohje, das fanden wir hier nicht so wirklich, wir wollten zum Großteil wochenlang Pizza und Co. boykottieren. Findest Du diese italienische Art, Fußball zu spielen, wirklich so großartig?
Ja, aber klar. Italien hat die besten Fußballer der Welt (er ist regelrecht beleidigt...)
Themawechsel, Themawechsel, sonst hauen wir uns gleich Kissen um die Ohren. Wie läuft das Songwriting bei Euch? Ihr seid ständig auf Tour, wo holt ihr Eure Inspirationen?
Das ist völlig unterschiedlich, wie wir schreiben. Danko hat meistens die Ideen zu Texten, aber mal gibt es erst ein Riff oder erst eine Grundmelodie, mal erst einen Refrain. Wir haben da keine Regeln und ergänzen uns da gegenseitig. Das passiert einfach so.
Danko hat sich in einem Interview mal als „Imperfektionist“ bezeichnet, der es nicht mag, wenn alles perfekt klingt. Ergänzt ihr euch da auch?
Hat er? Stimmt ja auch. (und verstummt...)
Habt ihr eigentlich mittlerweile Frieden geschlossen mit der derzeitigen Label-Politik? Ihr wurdet ja jahrelang immer wieder abgelehnt.
Das war uns so egal. Wir wollten Musik machen und das haben wir getan. Jetzt läuft es fein, aber damals tat es das auch. Label hin, Label her. Hauptsache, ich kann auf einer Bühne stehen. (Er guckt fasziniert auf meinen Bleistift und das Papier mit den Fragen...) Geil, ich hab noch nie gesehen, dass jemand mitschreibt. Kannst Du das alles lesen? Wieso nimmst Du das nicht auf?
Ich hasse Diktiergeräte. Und natürlich kann ich meine Schrift lesen. Ich hab´s nicht so mit der Technik und verlasse mich da lieber auf meinen Stift, der funktioniert jedenfalls.
Hihi, ist irgendwie faszinierend. (Verdreht den Kopf und will lesen, was ich schreibe. Gibt es aber schnell auf.) Um noch mal auf die Frage zurückzukommen: So wie wir es geschafft haben, war für uns der nettere Weg. Wir haben lange und viel dafür gearbeitet. Ich philosophiere jetzt mal und behaupte, dass der Weg das Ziel war und ist. Labels waren da unwichtig.
Ist Euer Bühnen-Outfit (die Herren treten grundsätzlich in schwarzen Oberhemden und Anzughosen auf) sowas wie eine Kostümierung? Seid ihr andere Persönlichkeiten auf der Bühne?
Eigentlich nicht, ob ich nun ein Oberhemd anhabe oder ein Shirt wie jetzt, das ist mir egal. Aber es gehört bei uns nun mal dazu, auf der Bühne schick auszusehen. Das ist so gesehen also doch eine Art von Uniform.
Warum tragt ihr es denn?
Warum nicht?
(Hargh. Ich hau den gleich...) Ha-ha. Ja, schöne Antwort... Ihr seid mehr oder weniger ununterbrochen auf Tour. Wie vertreibt ihr euch die Zeit wenn ihr grad mal nicht Soundcheck macht oder ein Konzert gebt? Guckt ihr Euch die Städte an, bleibt überhaupt Zeit für sowas?
Also ich nicht. Ich höre Musik.
Wie. Ständig? Gehst Du nicht mal raus und schaust, wo Du grade bist?
Nö. Ich hab ja meinen Ipod und das reicht. Party mache ich nicht, ich will auf der Bühne stehen. Ich höre aber alles an Musik. Wirklich alles.
Alles? Auch HipHop, Folk, Country, quer durchs Angebot?
Ja. Alles. Immer.
Ok, was hast Du denn grade auf dem Ipod?
Ääääh. OPETH, ARCH ENEMY, DEFTONES ...
Jau, äußerst vielfältig. Alles Rock bis Metal oder?
Ja, nunja, Du hast ja gefragt, was ich jetzt grade drauf habe...
(Kann mir ein breites Grinsen nicht verkneifen) Soso. Erwischt!
(er grinst breit zurück... Burschi, nicht mit mir...)
Sind Dir nach all den Jahren auf Tour Unterschiede aufgefallen zwischen dem kanadischen / amerikanischen Publikum und den europäischen Fans?
Eigentlich nicht. Aber die Amis lassen sich viel schneller von Hypes beeinflussen. Das geht da alles unglaublich schnell, grade eben bist Du ein Star und groß im Kommen, und kurze Zeit später lässt man dich fallen wie Abfall. Alles ist sehr vergänglich. Das zeichnet sich in Europa aber auch mittlerweile ab.
Spielst Du auf den Hype mit den Casting-Shows an?
Ja. Auch. Die Menschen, die sowas gut finden, sind arme Leute.
Wie meinst Du das?
Die Leute gucken mehr auf den Fernseher und das, was da abgeht, als auf sich selber. Sie vereinsamen total und konzentrieren sich auf das, was im Fernsehen vor sich geht. Aber nicht auf sich und ihre Umwelt. Das ist arm.
Abschließend noch eine Frage: welches Land fehlt Euch eigentlich noch auf der Tourliste?
Nur noch Südamerika. Wir haben in Japan, Australien und Afrika schon gespielt. Wirklich nur noch Südamerika, und das könnte nächstes Jahr klappen.
Dann sag ich mal Dankeschön und habt viel Spaß heute abend!
Ebenfalls Danke und bis später, Du guckst Dir das Konzert an?
Ja, selbstverständlich. Ich freue mich drauf!
Das ist schön, ich wünsche Dir viel Spaß!
Sprach´s und sauste von dannen. Ein großer Mensch von Eastpak hatte dem Interview interessiert zugehört und mir dann noch ein wirklich nettes Shirt geschenkt. Von hier aus dafür auch nochmal Danke. Das Konzert ein paar Stunden später war übrigens sehr, sehr klasse, genau wie erwartet.
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