Geschrieben von Nadine Mittwoch, 15 August 2012 20:16
Baroness - Interview zum Album "Yellow & Green" mit Sänger John Baizley
Wie zu erwarten war, haben BARONESS aus Georgia mit ihrem dritten Album "Yellow & Green" eine zweistellige Chartplatzierung geschafft. Deutschland hat Geschmack bewiesen, ungewöhnlich für Musik dieses Kalibers. Wir sprachen mit John Baizley – der bei BARONESS nicht nur singt und Gitarre spielt, sondern auch stets das Coverartwork gestaltet – über das aktuelle Album sowie seine Einstellung und Motivation zur Musik.
Hallo John, ich liebe eure Musik und alle Alben von BARONESS. Erzähl uns bitte etwas über den Entstehungsprozess Eurer Platten – läuft der immer gleich ab oder verändert sich das von Album zu Album?
Der Vorgang ist immer ähnlich. Wir beginnen mit kleinen Songteilen und bauen dann darauf auf. Manchmal ist das eine Melodie, ein Riff oder einfach eine Idee, die uns im Kopf herumschwirrt. Was auch immer der Fall ist, wir versuchen, die Songs natürlich zu halten. Musik ist eine intuitive Sache, unsere besten Songs kommen schnell und unverkrampft.
Wie würdest du die Musik von BARONESS jemandem beschreiben, der euch noch nicht kennt?
Wir sind laut und unberechenbar. Wir schreiben die Musik, die in uns ist. Wir schreiben die Musik, die wir selbst hören wollen. Manchmal ist sie hart und aggressiv, manchmal ist sie mild und reaktionär. Die Musik kommt zu uns, wir versuchen sie nicht so sehr zu kontrollieren.
Jeder eurer Songs scheint eine eigene Geschichte zu haben. Kannst du uns die Geschichte hinter einem von ihnen erzählen? Gibt es einen Song, der eine besondere Bedeutung für dich hat oder der die Richtung für „Yellow & Green" vorgegeben hat?
Ich bevorzuge es, die Songs nicht so viel zu erklären. Es sind alles persönliche Geschichten aus meinem Leben. Mir ist es lieber, wenn der Hörer seine eigenen Erfahrungen mit dem Song macht. „Takes My Bones Away" handelt von mir als Kind, als ich von Migräne geplagt wurde. Ich litt unter Halluzinationen während der Migräneanfälle, in denen ich Gespräche mit imaginären Schlangen hatte.
Hattet ihr so viel Material oder war "Yellow & Green" von Anfang an als Doppel CD geplant?
Als wir anfingen zu schreiben, hatten wir umgehend 30 Songs. Wir drosselten bis auf 18 Songs, fühlten aber, dass wir eigentlich jeden Song aufnehmen können. Also wussten wir ziemlich früh, dass es eine Doppel CD werden würde. Wir wollten auch keine zu lange CD machen, und so entschieden wir uns zum Doppelalbum.
Alle BARONESS Alben sind nach Farben benannt. Ist das eure Vorstellung davon, wie die jeweilige Farbe klingen könnte oder was hat es damit auf sich?
Unsere Alben zu machen ist immer sehr kräftezehrend. Die Musik, die Texte, das Artwork... das sind immer richtig heftige Zeiten für uns. Wir wollten es vermeiden, eine Mauer um die Band zu bauen und gaben den Albumtiteln deshalb dieses unverbindliche Farbenthema. Die farbliche Zuordnung erschien uns auch einfacher als die übliche Benennung mit 1,2,3,4,5... Wir wollen uns Hörer komplett unbefangen an die Alben herangehen lassen und keinerlei Hindernisse zwischen Musiker und Hörer aufbauen.
Die ersten drei Alben klingen alle eigenständig und unterschiedlich, aber trotzdem typisch nach BARONESS – sie gehören auch irgendwie zusammen. Ich habe alle drei Alben hintereinander gehört und sie klingen schlüssig, und es scheint, als ob BARONESS eine Art „Plan" hätten. Einen „Plan" für ein großes Stück Kunst, unterteilt in verschiedene Parts. Konzentriert ihr euch wirklich immer ausschließlich auf das aktuelle Werk oder habt ihr einen nächsten Schritt, sprich „Plan" im Hinterkopf?
Unser "großer Plan" ist eigentlich nur, immer weiter Musik zu spielen und uns zu erlauben, als Musiker und Künstler zu wachsen. Das bedeutet, dass wir anstreben, uns nicht zu wiederholen und uns selbst nach vorne zu pushen, wo auch immer uns das hinbringt. Wir befinden uns ständig im Arbeitsprozess und versuchen die wahre Seele unserer Musik zu finden.
Was ist deine persönliche Motivation dahinter, Musik zu machen?
Es ist eine Ausdrucksweise für Gefühle und Kreativität. Ich glaube, ich würde elend zugrunde gehen, wenn wir keine Musik spielen oder schreiben würden. Es ist eine der stärksten, lohnenswertesten Dinge, die ich jemals getan habe.
Jetzt, nachdem „Yellow & Green" veröffentlicht wurde, wie wichtig ist es für dich, dass das Publikum die Platte „versteht"? Oder hast du eher das Motto „Hier ist mein Stück Kunst, nehmt euch was ihr wollt und findet eure eigene Bedeutung". Ich denke immer mit Schrecken an JACK WHITE, dessen Song „Seven Nation Army" zur Fußballhymne wurde. Ich denke nicht, dass er das im Sinn hatte. Aber er gab den Song praktisch frei und lebt gut damit.
Ich hatte nie das Bedürfnis, unsere Musik mehr zu erklären, als ich es bis jetzt getan habe. Wir fühlen, dass die Musik direkt aus uns kommt. Das Publikum oder der Hörer wird entscheiden, ob das gut ist oder nicht. Und sie werden ihre eigenen Erfahrungen damit machen. Das kann ich niemandem diktieren, selbst wenn ich es wollte. Musik ist schön, universell und ganz besonders persönlich. Es steht nicht in meiner Verantwortung dir zu sagen, welche Art von Erfahrung du machst, das ist dann deine Sache.
Du bist ein sehr beschäftigter Mann, spielst unterschiedliche Musik mit diversen Bands, kreierst das Artwork für BARONESS und andere Bands (KVELERTAK, KYLESA, SKELETONWITCH...), schreibst Bücher... wo nimmst du die Inspiration für all diese Dinge her?
Ich liebe, was ich tue. Ich fühle mich miserabel ohne Kunst und Musik in meinem Leben. Das Leben wird von Tag zu Tag kürzer und ich versuche, das Beste aus meiner Zeit hier zu machen, Dinge zu erschaffen und mich selbst zu fordern.
Was ich an BARONESS besonders mag, ist die Tatsache, dass ihr nicht vorhersehbar seid. Was braucht eine Band, um dich zu beeindrucken?
Mich beeindrucken Bands, die Risiken eingehen. Richtige Kunst und Musik ist nicht einfach zu erschaffen. Sie entsteht abseits von Trends, Vorhersehbarkeit und Modeerscheinungen, das bedeutet immer Herausforderung. Herz und Seele beeindrucken mich. Qualität steht auf jeden Fall vor kommerziellem Erfolg. Sobald Musik einer Formel folgt, ist sie zwangsläufig nicht mehr als solche zu bezeichnen.
Wen zählst du zu deinen persönlichen Einflüssen?
Die ganze Welt um mich herum. Es gibt so viele Künstler, Schreiber und Musiker da draußen, die unsere Kulture nach vorne bringen und verschiedene Perspektiven aufzeigen. Ich bin beeinflusst von jedem und allem, was mein Hirn ein Stück weiter öffnet. William Faulkner, Herman Hesse, Scott Walker, Neurosis, Kiki Smith, Saly Mann und noch viele andere.
Vielen Dank für das Gespräch!
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