Geschrieben von Freitag, 30 November 2007 10:27

Crashdiet - Interview zu "The Unattractive Revolution"


ericyoung - peter london

Na dann mal Prost. So beginnt man Interviews zwar äußerst selten, aber so sind die Jungs von CRASHDÏET, die wir in Köln zum Schwätzchen trafen. Aber ich will nicht zuviel vorab sagen, lest einfach in den folgenden Zeilen, was die jungen Schweden bewegt.

Eric Young
: Prost!

Öh, ja, Prost.


EY
: Oh mann, jetzt hätte ich fast „Kippis“ gesagt aber dann noch rechtzeitig gemerkt, dass wir gar nicht mehr in Finnland sind.

Nein, nicht wirklich.


EY
: Ja, wir waren die komplette letzte Woche noch in Finnland und das einzige, was ich die ganze Zeit gesagt habe war „Kippis“ - „Kippis“ ist finnisch für „Prost“. (aha – wieder was dazu gelernt)  Seitdem wir einen finnischen Sänger haben, habe ich eine Menge finnischer Wörter dazu gelernt, zuallererst natürlich die Schimpfwörter (grinst).

Ja, das ist doch das Interessanteste an einer Fremdsprache.


EY
: Ja, ganz genau. Ich meine, wenn du jemanden ärgern oder anpöbeln willst, dann kannst du das am besten in seiner Muttersprache machen.

Peter London
: Allerdings. (Er kann sich ebenfalls ein gewisses Schmunzeln nicht verkneifen, aber bevor man sich in einer Diskussion über Schimpfwörter und Fremdsprachen verrennt, lenke ich das Gespräch lieber auf musikalische Aspekte.)

Glückwunsch zu „The Unattractive Revolution“. Ihr habt wirklich gute Arbeit geleistet. Wie denkt Ihr denn darüber?


EY
: Ich finde dieses Album einfach großartig und denke, dass wir uns selber damit etwas bewiesen und einen großen Schritt nach vorne gemacht haben. Wir hatten vorab die Vision, einen unheimlich kraftvollen Sound und „große“ Songs zu kreieren, die sich deutlich von unserem ersten Album unterscheiden. Das haben wir gut hingekriegt, und wenn man sich „The Unattractive Revolution“ und „Rest In Sleaze“ anhört, sind es wirklich zwei absolut unterschiedliche Alben geworden. Nachdem Dave uns verlassen hatte, wollten wir einfach nicht so weitermachen wie bisher und hatten auch zunächst keinen Plan, wie es weiter gehen sollte. Traurig aber wahr. Wir mussten unsere Songs irgendwie ohne Dave’s Talent schreiben, und ich denke, Martin Sweet, unser Gitarrist, macht einen verdammt guten Job dabei, schrieb ein paar wirkliche „Kick-Ass-Songs“, die wir anschließend aufnahmen. Ich denke, es ist wirklich sehr gut gelaufen.

PL
: Wir wollten den „nostalgischen“ Rock mit etwas Neuem verbinden.

EY
: Ja, das trifft es sehr gut. Ich meine, man hört das RATT-Riffing in manchen Songs und ganz klar auch den Einfluss der 1980er-Jahre. Man hat den ganzen „Mist“ ja schon vorher gehört, aber wir wollten es auch durch verschiedene Kombinationen interessant klingen lassen. Den 80s-Metal wollten wir nicht eins zu eins abspielen.

Wie Du ja anmerktest, jeder kennt den 80s-Metal. Wie habt ihr das ganze „aufgefrischt“?


EY
: Das ist eine gemeine Frage! Ich denke, es ist so gut wie unmöglich zu sagen „Okay, jetzt starten wir etwas komplett Neues“ und das dann auch so in die Tat umzusetzen. Ich finde, das muss alles ganz natürlich aus einem heraus kommen. Jedes Mal, wenn Dave oder Martin einen Song schrieben, hatte ich das Gefühl, dass es wirklich etwas anderes ist und ich so etwas noch nie vorher gehört habe. Dave hatte diese Begabung und Martin hat sie glücklicherweise auch.

Ihr wurdet damals direkt von Universal gesignt. Wie seid ihr mit dem plötzlichen Erfolg zu der Zeit klar gekommen?


EY
: Zuallererst haben wir es abgelehnt, das Ganze überhaupt zu realisieren. (schmunzelt) Ich zum Beispiel habe richtig lange gebraucht um zu verarbeiten, dass wir wirklich einen Plattenvertrag bei Universal, einer der größten Plattenfirmen der Welt, hatten. Ich habe immer wieder zu mir selber gesagt: „Ach, das ist bestimmt nur eine Tochtergesellschaft, so ein kleiner Laden, der in irgendeiner Weise mit Universal verlinkt ist. Aber als wir es dann gemeinschaftlich doch begriffen hatten, waren wir doch sehr aufgeregt über diesen Deal. Das darauf folgende Jahr war einfach großartig und wir hatten eine gute Zeit. Ich meine, es war 2005. Oder doch 2004?

PL
: Es war 2004.

EY
: Ja stimmt, 2004. Wir fingen dann an, unser Debut-Album aufzunehmen, was wirklich ewig dauerte. Ein Jahr oder so waren wir damit beschäftigt, „Rest In Sleaze“ fertig zu stellen. Als es dann veröffentlicht wurde, hatten wir uns an den Gedanken, bei Universal zu sein, schließlich gewöhnt.

Ich war mir nicht sicher, wie ich diese Frage stellen soll, aber nachdem Dave gestorben war, schien alles zu Ende. Wie habt ihr anschließend wieder als Band zusammen gefunden?


EY
: Das war eine Verkettung verschiedener Umstände. Zuerst sind wir alle unsere eigenen Wege gegangen. Ich bin erst mal nach Afrika gereist, um meine Mutter zu besuchen und etwas Abstand von der ganzen Sache zu gewinnen. Peter hat angefangen zu trinken und Martin hat, als Therapie, ganz schnell wieder angefangen Songs zu schreiben. Einige Monate später trafen wir uns „zufällig“ wieder, als wir allesamt auf der selben Party aufschlugen. Wir beschlossen, um der alten Zeiten willen, ein bisschen zu proben und Martin stellte uns einige seiner Songs vor.

PL
: Als wir seine Songs hörten, waren wir der Meinung, dass sie zu gut seien um „weggeworfen“ und von niemandem gehört zu werden. Wir mussten einfach weiter machen.

EY
: Ganz genau. Und wir hatten die unendliche Unterstützung unserer Fans, die einfach was Neues von den verbliebenden Bandmitgliedern hören wollten. Auch die Unterstützung von Daves Familie war enorm. Ich erinnere mich, wie Daves Mutter zu uns sagte, dass es für sie ein noch größerer Verlust wäre, wenn wir aufhörten zu musizieren, denn das hätte für sie bedeutet, dass Dave nicht nur sein Leben sondern auch unseres „ruiniert“ hätte.

War es für euch denn sehr schwer, einen neuen Sänger zu finden, der auch in der Lage ist, Dave’s Erbe anzutreten?


EY
: Oh ja, es war wirklich schwer. Wir haben auf unserer Website publiziert, dass wir einen neuen Sänger suchen. Somit suchten wir quasi nicht nur in Schweden sondern weltweit und bekamen an die 300 E-Mails in wenigen Wochen. Und zwar wirklich von allen möglichen Menschen aus so ziemlich allen Ländern, die man sich vorstellen kann. Von Japan bis Brasilien war alles dabei. Ein Typ aus Japan ist sogar extra deswegen mit seinem Demotape nach Stockholm gereist und ging ins Hard Rock Café, saß dort, trank etwas und wartete auf uns. Das zog er eine Woche, Nacht für Nacht, durch, weil er dachte, dass wir im Hard Rock Café „abhängen“ würden. Aber dort lassen wir uns eigentlich nicht blicken – das Bier ist dort einfach zu teuer. 
(Ein schlagendes Argument)
Aber eine Freundin von uns arbeitete zu dieser Zeit dort hinter dem Tresen und sah diesen Japaner wirklich jeden Abend...

PL
: … wie er dort ziemlich verloren mit seinem Demo in der Hand rumsaß. Irgendwann hat sie ihn einfach angesprochen und ihn gefragt, was er denn im Hard Rock Café mache.

EY
: Er hatte übrigens auch ein CRASHDÏET-Shirt an, und er antwortete ihr: „Oh, ich warte auf die CRASHDÏET-Jungs.“ Sie erzählte ihm, dass wir nicht ins Hard Rock Café gingen, bot ihm aber an, sein Demo mitzunehmen und es uns zu geben. So hörten wir uns das Demo an, welches wirklich gut war. Aber irgendwie hat es nicht so ganz den Punkt getroffen. Wir wollten einfach einen Sänger, der uns wirklich umhaut. So haben wir bestimmt ein halbes Jahr gesucht. Dann kamen wir eines Tages aus Schottland zurück, wo wir einen weiteren Sänger sichteten und in unserem Postfach war eine E-Mail von Mr. Olliver Twisted. Er schickte uns ein paar Nacktfotos von sich und einige MP3 von seiner Band. Wir fanden, er sah wirklich gut aus und klang noch besser. Ich glaube, am nächsten Morgen habe ich ihn bereits angerufen und er war doch ein bisschen „schockiert“ über die sofortige Antwort. Grundsätzlich wollten wir eigentlich, dass er sich sofort in den nächsten Flieger setzt und nach Stockholm kommt, damit wir ihn treffen und kennen lernen konnten. Leider hatte er dafür kein Geld, also rief ich Universal an und sagte nur, dass wir unbedingt nach Finnland fliegen müssen, um diesen einen Typen zu treffen. Unser A & R reagierte genauso wie wir auf die Nacktfotos und seine Stimme und arrangierte für uns den Flug. Olliver passte einfach super zu uns und ich glaube, bereits einen Monat später fingen wir an, die ersten Aufnahmen zu machen. Und seitdem ging alles verdammt schnell voran!

Das kann ich mir gut vorstellen.
Euer Outfit stellt übrigens außer Frage, das MÖTLEY CRÜE euch stark beeinflusst haben. Wie war es denn, mit Mick Mars bei „The Unattractive Revolution“ zusammen zu arbeiten?

EY
: Puh…. Irgendwie surreal. Du erwartest schließlich nicht einfach so, dass ein Mitglied deiner „Idol-Band“ dich anruft und sagt: „Hey, lasst uns ein paar Songs zusammen schreiben!“ (gemeinschaftliches Lachen) – aber so hat es sich wirklich zugetragen. Mick Mars wollte einfach mal mit anderen Bands zusammen Songs schreiben, und irgendwer in seinem näheren Umfeld erwähnte unsere Band. Er hörte sich „Rest In Sleaze“ an, und es gefiel ihm wirklich sehr gut. Also flog er nach Stockholm, wo er sich mit Martin Sweet traf. Die beiden saßen den ganzen Tag zusammen und schrieben Songs zusammen. Ich habe ihn leider nicht persönlich getroffen, aber Martin war total fasziniert von ihm und erzählte uns begeistert, was für ein toller Mensch Mick Mars sei und über wie viel Energie und Einfallsreichtum er verfüge. Er kommt von seiner Ausstrahlung her nicht wirklich energiegeladen rüber, aber er muss eine wirkliche „Riff-Maschine“ sein. Ich glaube, drei Songs haben sie zusammen geschrieben, und zwei davon sind auf dem Album gelandet. (Amn. der Red. – Es handelt sich um „I Don’t Care“ und „Alone“)

Ihr habt jetzt eure Tour mit HARDCORE SUPERSTAR begonnen, heute spielt Ihr den zweiten Gig. Wie fühlt ihr euch?


PL
: Ich kann es eigentlich noch gar nicht richtig fassen. Es ist, als würde ein Traum in Erfüllung gehen. Es ist einfach nur cool.

EY
: Ja, wirklich cool. Das ist wirklich unsere erste große Tour mit allem Drum und Dran – Nightliner etc. Wir haben schon viele Konzerte im Herbst gespielt – wir haben doch jetzt Herbst, oder? Naja – eigentlich ist es ja schon fast Winter, wenn man von den Temperaturen ausgeht, aber wirklich bis zum Tag, bevor die Tour mit HARDCORE SUPERSTAR begann, sind wir noch durch ganz Skandinavien getourt. Daher sind wir schon trainiert und die Gigs, die wir jeden Abend „abliefern“, gehen uns einfach von der Hand. Aber ich liebe es einfach, auf Tour zu sein – das ganze Drumherum ist einfach großartig. Man bereist die Welt und darf seine Musik coolen Leuten präsentieren. Das ist, meiner Meinung nach, ein verdammter Segen.

Was macht Ihr denn so, wenn ihr jetzt nicht gerade auf der Bühne steht?


EY
: Bier trinken! Die ganze Zeit! So kommt es mir jedenfalls vor, weil man ja kaum irgendwas anderes machen kann. Man ist ja jeden Tag in einer anderen Stadt und man geht zuallererst auf die Suche nach einem ortsansässigen „Alkohol-Dealer“ und kauft ein. (Peter London kann sich ein breites Grinsen nicht verkneifen) Hier sieht die Sache aber ganz anders aus – wie Du selber siehst, ist der Kühlschrank gut gefüllt und wir kriegen das Bier umsonst. (Sprach’s und führt die Flasche zum Mund) Nicht, dass Du uns jetzt falsch verstehst, aber man hat wirklich nicht viel Abwechslung, wenn man mal von Interviews und gelegentlichen Soundchecks absieht. Und immer wieder passiert irgendetwas Unerwartetes. Irgendetwas geht mal wieder kaputt und muss repariert werden. Dann läuft man an einem geilen Tattoo-Laden vorbei und besorgt sich ein besonderes Souvenir. Man kann schon verschiedene Sachen machen, aber grundsätzlich trinkt man doch die meiste Zeit Bier.

Okay. Ihr teilt euch einen Nightliner?


EY
: Ja, das stimmt.

Wie kommt Ihr untereinander klar?


EY
: Unheimlich gut!

PL
: Das ist schon fast perfekt, wie wir uns verstehen. Die Jungs von HARDCORE SUPERSTAR sind einfach toll.

EY
: Ja. Irgendwie scheint es, als wären wir aus dem gleichen Holz geschnitzt. Wir haben scheinbar die gleichen Träume, haben ähnliche Musikstile und den gleichen Musikgeschmack. Es passt einfach. Ich finde, es sind einfach tolle Leute und sie denken, hoffentlich, das gleiche von uns. (schmunzelt) Wenn man alles bis jetzt beurteilt, ist es einfach super. Nach dem gestrigen Gig waren wir noch die ganze Nacht auf. Ich bin, glaube ich, um 8 Uhr endlich ins Bett gekommen, nachdem wir uns zusammen die ganze Nacht RATT-Videos angeschaut und Bier getrunken haben. Im Bus können wir uns einfach nur wohl fühlen. Die Jungs von HARDCORE SUPERSTAR sind einfach „easy-going“. Absolut keine Probleme.

Habt Ihr irgendwelche anderen Erwartungen an die Tour? Wollt ihr vielleicht die Welt erobern?


PL
: Ja, sicherlich!

EY
: Das steht schon auf unserem Plan, aber diese Tour beschränkt sich ja auf Europa. Somit erobern wir jetzt erst mal Europa und dann sehen wir weiter. Für 2008 sind schon zwei oder drei Touren in Planung. Dann geht es auf jeden Fall nach Australien und Japan, und vielleicht kommen wir auch noch mal nach Deutschland. Ich glaube, Ihr mögt unser Album (grinst) und dann kommen wir doch gerne zurück. Vielleicht spielen wir ja auch in Wacken. Aber derzeit passiert so viel. Nach dieser Tour schauen wir dann mal, was weiterhin passieren wird.

Du hast jetzt gerade Wacken erwähnt. Habt Ihr an weitere Sommer-Festivals in Deutschland gedacht?


EY
: Ich glaube, man versucht uns auf das Billing für’s Rock Am Ring zu kriegen. Das wäre wirklich toll. Ich liebe Deutschland und war schon das eine oder andere Mal in Wacken als Besucher. Ihr Deutschen seid einfach großartig – ich liebe Euch. Ihr seid so weltoffen und gehört wirklich zu den freundlichsten Menschen auf diesem Planeten. Wir lieben Deutschland und es ist so sicher wie das Amen in der Kirche, dass wir zurück kommen werden. Okay – ich kann jetzt Deutschland nicht nur wegen Wacken beurteilen. Wenn man danach gehen würde, wäre Deutschland ein einziger Haufen Alkoholiker, (gemeinschaftliches Lachen) aber ich gehe mal davon aus, dass dem nicht so ist. Okay – ich weiß es nicht, aber ich hoffe es mal. (grinst)

Nein, in Deutschland saufen wir nicht 24/7. Habt Ihr „letzte“ Worte an unsere Leser?


EY
: Ja, uns macht dieser ganze Krempel einfach ne Menge Spaß. Ich hoffe, Ihr kauft alle fleißig unser Album, damit wir uns leisten können, nach Deutschland zurück zu kommen. Uns gefällt es echt gut und wir bedanken uns für die Unterstützung.