Geschrieben von Freitag, 30 November 2007 10:30

Hardcore Superstar - Interview mit Sänger Jocke Berg und Bassist Martin Sandvik

hardcoresuperstar

Ich bin in Köln, es ist Ende November und saukalt. Bibbernd biegt man um eine Ecke und läuft vier jungen Männern quasi in die Arme. Zögerlich realisiere ich, dass ich zweien dieser Horde gleich gegenüber sitzen werde. Lest in den folgenden Zeilen, wie es den Jungs von HARDCORE SUPERSTAR in der letzten Zeit ergangen ist.

Martin Sandvik
: Herrje, bin ich müde.

Warum?


MS
: Ach, ich bin immer müde, wenn wir auf Tour sind. Zuviel zu trinken, zu wenig Schlaf. Business as usual.

Aber es ist doch gerade erst der zweite Tag auf der Tour?
Na ja, Du wirst bis heute abend wohl noch aufwachen. Euer neues Album ist in diesem Monat veröffentlich worden. Wie denkt Ihr darüber?

Jocke Berg
: Es ist ein wirklich gutes Album geworden, und wir sind wirklich stolz auf diese zwölf Songs, die wirklich stark sind. Ich finde, es ist das stärkste Album, das wir bis jetzt produziert haben.

Ihr verwendet wirklich viele Elemente aus den 1980ern. Wie seid Ihr damals auf die Idee gekommen, diese Musik zu spielen statt des modernen Metal-Sounds, den man sonst an allen Ecken und Enden hört?

JB
: Das kam ganz einfach aus uns heraus, und wir verschwendeten sehr wenige Gedanken daran, wie wir letztendlich klingen wollten. Die zehn Finger unserer Hände haben in diesem Fall einfach das Sagen gehabt.
MS
: Ich finde, „Dreamin’ In A Casket“ ist fast ein „Soundtrack“ zu unserem Leben. Wir sind mit der Glam-Szene und dem Bay-Area-Thrash-Metal in den 80ern aufgewachsen. Und ich denke, das letzte Album und „Dreamin’ In A Casket“ sind beides gute Mischungen aus dem 80er-GlamRock und dem guten, alten Bay-Area-Thrash-Metal.
JB
: Ja, Martin hat jetzt gerade den Sleaze-Thrash definiert. Ich würde sagen, dass wir eine Art von „Street-Metal“ spielen.

Was bedeutet Euch HARDCORE SUPERSTAR?


JB
: Mir persönlich bedeutet HARDCORE SUPERSTAR einfach alles. Man kann sich nicht nur 50-prozentig einer Band widmen. Man muss sich einer Band, meiner Meinung nach, 110-prozentig widmen, um glaubwürdig zu sein. Diese Band ist mein Leben.

Du bist bei HARDCORE SUPERSTAR seit 10 Jahren – seit den ersten Schritten?


JB
: Ja. Du sitzt jetzt gerade den beiden „Grundsteinen“ gegenüber. Martin und ich gründeten HARDCORE SUPERSTAR. Zu jener Zeit kannten wir Thomas Silver auch schon eine ganze Weile. Damals spielte ich Gitarre und sang zu gleichen Zeit. Aber das habe ich nicht so ganz hingekriegt. Also riefen wir Thomas an und fragten ihn, ob er uns beim ersten Gig „aushelfen“ könnte. Er war sehr hilfsbereit, sagte „Ja“ und ist nach wie vor bei uns dabei. „Adde“ – unser Drummer – wohnte zu jener Zeit in Los Angeles. Daher hatten wir zuerst einen anderen Drummer. Das war Mika Vaino aus Finnland, der die Band aber 1999 verlies…
MS
: … just bevor wir das Album „Bad Sneakers And A Pina Colada" veröffentlichten.
JB
: Dann riefen wir Adde in L.A an und er meinte, dass er bald „nach Hause“ zurück kehren würde und somit unheimlich gerne bei uns an den Drums sitzen würde.

Und sonst hattet Ihr keine Wechsel im Line-Up?


JB
: Nein. Das ist das Besondere an dieser Band. Wir stehen alle so dermaßen hinter HARDCORE SUPERSTAR, und wenn einer von uns keinen Bock mehr hätte und uns verlassen würde, dann wäre es einfach nicht mehr HARDCORE SUPERSTAR. Wir sind in dieser Hinsicht wirklich eine einzigartige Band.

Was ist die Geschichte hinter Eurem Bandnamen?


JB
: Also mit Pornographie hat es absolut rein gar nichts zu tun. Meine Mutter wollte eines Tages das Internet nach unserer Homepage durchsuchen. Ich sagte ihr, sie müsse einfach nur „Hardcore“ in einer Suchmaschine eingeben. (schmunzelt) Ziemlich genau zehn Minuten später rief sie mich erneut an und krakeelte durchs Telefon: „Sohn, was zur Hölle treibst du?“ Bis bei mir der Groschen fiel, dauerte es zwar ein bisschen, aber dann war für mich klar, warum sie sich ein bisschen aufregte. Grundsätzlich geht es bei unserem Namen darum, zu 110 Prozent hinter einer Sache zu stehen. Das ist auch, wie gesagt, das Rezept hinter HARDCORE SUPERSTAR.

Über die Jahre seid ihr bekannter und bekannter geworden. Nicht nur in Schweden, sondern auch in Europa und in der ganzen Welt. Spielt ihr ab und an noch mal Gigs „umsonst“?


MS
: Naja – mittlerweile ist HARDCORE SUPERSTAR zu unserem Beruf geworden. Somit ist es für uns doch ein bisschen wichtig, dass wir für unsere Shows bezahlt werden. Aber da gibt es doch Unterschiede. In Schweden kassieren wir mittlerweile verdammt hohe Gagen. In Deutschland ist es noch nicht so viel, aber wir arbeiten daran, das zu ändern. (grinst) Geld ist schon wichtig – schließlich müssen wir auch unsere Mieten bezahlen und etwas zum Beißen haben.

Keine Frage. Ebenso steht es außer Frage, dass HARDCORE SUPERSTAR Rock’N’Roll ist. Aber was ist mit Sex (Groupies) und Drugs?


JB
: (breit grinsend) Wo es nur geht, legen wir die Groupies flach und saugen soviel Koks in uns auf, wie nur eben möglich.

Und was ist mit Ameisen?


JB
: Ja sicher – keine Ameise ist vor uns sicher! (lacht) Nein, mal ganz ohne Spaß. Wenn es um Groupies geht, sind wir die absoluten „Loser“. Ich selber habe noch nie ein Groupie gevögelt und nehme auch keine Drogen.
MS
: Du warst ja auch die meiste Zeit verheiratet.
JB
: Ja, vor einem halben Jahr habe ich mich scheiden lassen. Groupies und Drogen sind aber wirklich absolut nicht mein Ding. Da ist mir meine rechte Hand doch lieber (lacht). Dieses ganze Sex, Drugs & Rock’N’Roll-Zeugs ist meiner Meinung nach auch nicht mehr ganz so akut. Nicht mehr so wie in den 1960ern, als die STONES groß wurden, und das Heroin samt passender Nadeln zum freien Konsum auf dem Tisch stand. Heutzutage ist es doch mehr das Bier (führt die Flasche zum Mund) und gesundes Essen. Schau Dir Olliver Twisted an. (besagte Person sitzt im Raum und verlustiert sich an roher Paprika und Gurke...) Nein – Sex und Drogen sind absolut aus der Mode. (lacht)
MS
: Außerdem teilen wir uns mit 14 Leuten einen Nightliner. Wenn jetzt jeder von uns noch ein Groupie dabei hätte, würde es schon verdammt eng werden.

Okay – ich will es mir auch nicht wirklich vorstellen. Aber was meint Ihr? Wie ernst sollte man eure Lyrics nehmen? Wenn ich mir „Sophisticated Ladies“ anhöre, kann ich mir trotzdem nicht vorstellen, dass ihr Frauen mit einem I.Q. von Knäckebrot bevorzugt.

(gemeinschaftliches Gemurmel von Seiten der Schweden)


MS: Für uns ist es wirklich schwer, etwas zu den Texten zu sagen, denn die fallen zu 95 Prozent in den Verantwortungsbereich von Adde, unserem Drummer.
JB
: Aber man kann schon sagen, die Texte von HARDCORE SUPERSTAR drehen sich um Leute, die wir getroffen haben, die wir nicht mögen oder die wir lieben. Es geht um Dinge, die uns während der ganzen Touren wiederfahren sind und unser Privatleben. Wir können keine Texte über den "Herrn der Ringe" schreiben. Dämonen, Drachen, Elfen – das passt nicht zu uns und unseren Persönlichkeiten. Es ist für uns einfach glaubwürdiger, Texte über reale Situationen, die wir auch wirklich durchgemacht haben, zu schreiben.
MS
: Für uns ist es auch einfach wichtig, dass die Gäste bei einem Konzert eine Verbindung zu uns aufbauen. Und die Leute einzuladen und einzunehmen geht einfacher, wenn die Texte auch gut und leicht zu verstehen sind

Ihr steht aber gerne auf der Bühne, oder?


JB
: Das ist einfach das Geilste, was einem passieren kann, wenn man in einer Band spielt. Touren, Konzerte, die Fans zu treffen.Ich hasse es im Studio – aber es ist halt irgendwie ein notwendiges Übel. Mittlerweile kriege ich das aber sehr gut hin. Die Vocals zu „Dreamin’ In A Casket“ habe ich in nur 4 1/2 Tagen eingesungen. Keine Ahnung, warum ich das so schnell erledigen wollte oder während der Aufnahmen ein bisschen schlecht drauf war, aber das kann sehr gut an meiner Ex-Frau gelegen haben.

Okay. Ihr habt mal in einem Interview gesagt, dass Ihr irgendwann mal Headliner sein werdet. Jetzt habt Ihr das geschafft. Wie fühlt sich das an?


JB
: Puh…. Was wir wohl damals meinten, war „Headliner-Gigs“ in den großen Arenen oder den größeren Clubs zu spielen.
MS
: Was wir mittlerweile in Schweden, Italien oder Japan machen.
JB
: Hier ist es auch wirklich toll, aber doch etwas ganz anderes, als ein Stadion zu füllen. Aber das scheint, wenn man hier sitzt, doch Zukunftsmusik zu sein. (schmunzelt) Vielleicht supporten wir ja mal CRASHDÏET in einem Stadion. (winkt dem immer noch essenden Olliver Twisted zu)

Eine Freundin von mir war gestern bei Eurem Gig in Hamburg und war begeistert. Wie habt Ihr selber den Kick-Off zur Tour erlebt?


JB
: Ich glaube, wir haben eine ganz gute Show hingelegt.
MS
: Doch, gestern Abend war echt toll. Die erste Show bei einer Tour ist immer etwas Besonderes. Man probiert die neuen Sachen aus und ist froh, wenn das Publikum sie gut aufnimmt.
JB
: Man ist da, trotz aller Erfahrung, die man in zehn Jahren gesammelt hat, doch immer noch nervös.
MS
: Ja, das stimmt, aber wir werden im Verlauf der Tour noch besser werden. (grinst) Großes Indianerehrenwort!

Meine Freundin hat sich in euer Backdrop verliebt. Was muss ich mir darunter vorstellen?


JB
: Es wurde in Göteborg gestaltet und produziert. Rote Rosen, so weit das Auge reicht.
MS
: Wie das Cover der aktuellen Scheibe.
JB
: Vielleicht gefällt es den Mädels und die Jungs werden es vielleicht hassen. Aber ja – ich denke, Euch Mädels gefällt es. (schmunzelt)

Also der romantische Einschlag bei einem Hardcore Superstar?


JB
: Ja, genau! Das trifft es sehr genau.

Habt Ihr weitere Pläne für diese Tour oder die Zeit danach?


JB
: Hm, diese Tour geht jetzt bis zum zweiten Dezember, und über Weihnachten haben wir eine kleine Pause. Zum Jahresanfang 2008 geht’s für uns für sieben Shows nach England und von da aus ans andere Ende der Welt, nach Australien, wo wir in Sydney und Melbourne spielen werden. Von da aus geht’s nach Japan, wo unsere beiden Konzerte in Osaka und Nagoya bereits ausverkauft sind. Finnland ist die folgende Station, (winkt dem interessiert zuhörenden Olliver Twisted zu) und von Schweden geht es zum Tourabschluss noch nach Brasilien und Argentinien.

Strammes Programm. Wo spielt Ihr denn am liebsten?


JB
: In Japan spielen wir sehr gerne. Die Leute dort sind wirklich bemerkenswert. Herzlich und verrück zugleich. Aber Deutschland heißt uns auch immer riesig willkommen. Wir kommen immer sehr gerne hierher.
MS
: Es ist einfach nur geil, bei den deutschen Sommer-Festivals zu spielen. Das RockHard Festival zu Pfingsten war der Hammer!.
JB
: In Österreich haben wir auf dem Northern Lights Festival gespielt. Kennst du das?

Nein
.

JB
: Der blanke Wahnsinn!. Das Summer Breeze ist aber in Deutschland, oder? Dort haben wir auch sehr gerne gespielt. 

Das war es dann von meiner Seite. Danke, dass Ihr euch die Zeit genommen habt. „Letzte Worte“?


JB
: Kauft unsere verdammte Platte! (breites Grinsen)