Geschrieben von Joey Freitag, 21 November 2008 16:17
Beneath The Massacre - Interview mit Sänger Elliot
Die Kanadier BENEATH THE MASSACRE aus Quebec, Montreal veröffentlichen am Tag des Interviews, also am 14.11.08, ihr neues Album "Dystopia" in Europa. Nach bereits zwei Releases, einer EP und einem Full-Length Debut touren die überaus netten Jungs nun mit ihren Landsmännern von CRYPTOPSY, um "Dystopia" zu promoten. Nach einer scheußlichen Autofahrt von 1 1/2 Stunden in kompletter Orientierungslosigkeit kam ich schließlich in Schweinfurt an, um Vocalist Elliot und Bassist Dennis ein paar Fragen zu stellen.
Na, wie geht es euch gerade?
Uns geht es ganz gut, wir sind zwar gerade erst gelandet und haben noch einen üblen Jetlag, aber freuen uns total drüber, endlich in Europa sein zu dürfen. Natürlich freuen wir uns auch auf die ganzen Konzerte, die wir in der nächsten Zeit hier geben werden. Also alles in allem geht es uns gut, wir sind nur noch ein bisschen fertig vom Flug und so.
Was gefällt euch an Deutschland?
Also, zuerst einmal das Publikum und die Weise, wie die Menschen hier mit Respekt behandelt werden. Diesen Respekt bekommen wir dann natürlich auch zu spüren. Dann gibt es natürlich noch die ganzen tollen Touristen-Attraktionen, aber vorrangig sind wir jetzt erstmal wegen der Musik hier. Das ist einfach gut für unsere Band. (lacht) Ach, und eine Sache gefällt mir besonders an Deutschland: Hier sind alle Wände vollgeschrieben. Ich lese diesen Mist beiläufig und denke mir: Ach, der Typ war etwa auch hier? Besonders toll ist das auf der Toilette, da wird einem nie langweilig, weil man so immer was zu lesen hat.
Denkt ihr, die neuen Songs von "Dystopia" werden live gut ankommen?
Ich denke, das kommt immer auf die Art des Publikums an, die ist von Konzert zu Konzert unterschiedlich. Die Kids sind allerdings oftmals wegen der Hardcore- und Technikelemente auf unseren Shows. Sie lieben einfach unsere Breakdowns. Im Song "No Future" zum Beispiel gibt es nur einen großen Breakdown, und das kommt live immer besonders gut an. Das versuchen wir auch vermehrt mit unseren neuen Songs zu vermitteln, indem wir mehr Hardcore und langsame Beats unterbringen, aber verallgemeinern kann man es nie, was die Leute an einem Abend hören wollen.
Freut ihr euch auf die Reaktionen der Fans auf die neue Platte?
Ja und nein. Ich mache mir eigentlich nicht so viele Gedanken über Kritik und sowas. Wir wollen halt einfach live spielen; was die Leute davon halten, ist letztlich ihre Sache. Natürlich freut es uns, wenn wir reichlich Support kriegen, wir bekommen zum Beispiel täglich dutzende Mails und Kommentare von Fans.
Euer neues Album "Dystopia" klingt anders als euer Vorgänger "Mechanics Of Dysfunction". Es klingt roher und authentischer, wie eine Live-Band eben...
Ja, das stimmt. Diesmal sind wir auch ganz anders an die Sache herangegangen. Wir wollten, dass das Album besser und wärmer klingt, mit wärmeren und tieferen Tönen eben. Die Bassdrum zum Beispiel hat so einen tiefen Sound und klingt einfach bombastisch. Außerdem haben wir diesmal, im Gegensatz zu "Mechanics Of Dysfunction", mit Metronom gearbeitet, wir haben Tempo-Presets für jeden Part erstellt, das hat Vieles einfacher gemacht. Das letzte Mal im Studio haben wir teilweise versucht, bestimmte Parts einfach so schnell wie möglich zu spielen und anschließend merkten wir, dass die Vocals überhaupt nicht mehr auf die Parts passten und alles einfach zu schnell war. Es war uns wichtig, diesmal mit Metronom zu arbeiten, da gewisse Parts einfach den gewissen Vibe brauchen, und wenn sie zu schnell gespielt werden, geht dieser Vibe eben verloren.
Wie war das Aufnehmen und Mixen dieses Mal? Hat euer Sound-Engineer eure Erwartungen erfüllen können?
Dies Mal sind wir wirklich rundum zufrieden gewesen. Wir haben ja mit Yannick St-Amand zusammen gearbeitet, er hat dieses Mal die Aufnahme und das Mixing geleitet. Er war es auch, der uns Jason Suecof empfohl, er hat dann später ebenfalls an "Dystopia" mitgearbeitet. Wir vertrauen Yannick von Anfang an, da wir ihn schon lange kennen und er auch schon von Anfang an dabei war. Wie gesagt, der Click vom Metronom machte alles einfacher, die ganze Stimmung war auch einfach besser als letztes Mal. Aber am Ultimum sind wir trotzdem noch nicht angelangt, wir sind ja noch eine vergleichsweise junge Band, wir haben gerade erst angefangen und ich denke, wir haben noch eine Menge Potential. Ich denke auch, dass das Live-Spielen einfach etwas ganz anderes ist als die Songs im Studio einzuspielen, man kann nicht davon ausgehen, dass wir die Songs live genau so spielen wie auf Platte. Manche Parts spielen wir langsamer oder schneller, wie es gerade eben passt. Wenn man eine Band erwartet, die die Songs genauso wie auf Platte spielt, dann kann man sich auch die Platten anhören. NECROPHAGIST zum Beispiel, die spielen ihre Songs live genauso wie sie auf ihren Alben sind, das ist einfach krank.
Ihr habt den Song "Never More" von der damaligen EP "Evidence Of Inequity" ein weiteres Mal aufgenommen und ihn auch auf "Dystopia" veröffentlicht. Warum?
Das hatte verschiedene Gründe. Einer davon war, dass die EP einfach schwierig zu bekommen ist und wir mit der Neuauflage des Songs die Aufmerksamkeit auch ein bisschen auf unsere EP lenken wollten, deshalb spielen wir ihn auch stets live. So auf die Art: "Hey, was war das denn für ein Song, den ihr da gespielt habt?" Ich denke einfach, dass die EP die Qualität eines guten und hochwertig produzierten Albums hat, und dass es unseren Mühen nicht gerecht werden würde, wenn sie in der Versenkung verschwindet. Außerdem wollten wir einfach diesen krassen Breakdown von "Never More" nochmal mit Yannick und Jason aufnehmen, da wir das Gefühl hatten, dass sie diesem Song einfach noch das gewisse Etwas geben könnten.
Was sind eure Haupteinflüsse, wenn es ums Songwriting geht?
Uh, das ist eine schwere Frage. Also damals hätte ich Bands genannt wie DYING FETUS, SUFFOCATION oder DILLINGER ESCAPE PLAN, aber heute ist das schwer zu sagen. Wir werden von so vielen Dingen beeinflusst, am meisten natürlich unterbewusst, das ist sowas wie ein passiver Prozess. Außerdem ist es schwer, von musikalischen Einflüssen zu reden. Unser Bassist hier zum Beispiel, er hört den ganzen Tag nur COLDPLAY, und so klingt unsere Musik nun wirklich nicht! (lacht)
Wie lange habt ihr gebraucht, um "Dystopia" zu schreiben?
Ich glaube, wir haben so im Oktober oder November letzten Jahres damit angefangen, das war die Zeit, als wir auf Tour waren. Ungefähr sechs Monate müssten das gewesen sein. Wir haben in Motels, zum Beispiel in El Paso, geschrieben, in irgendwelchen Absteigen, also eigentlich überall. Meistens saßen wir hinten in unserem Tourbus und haben eifrig Riffs geschrieben, wirklich Zeit im Proberaum oder zu Hause hatten wir dafür kaum, wir waren ja die ganze Zeit on the road.
Was hat es mit dem Albumtitel "Dystopia" auf sich?
"Dystopia" ist so etwas wie die Antithese zu "Utopia". Das soll einfach eine Feststellung sein, auf welchem Weg unsere Gesellschaft gerade ist und worauf wir uns zubewegen. Die Welt bewegt sich nämlich zielstrebig auf ihren Untergang zu, alle sehen nur zu und keinen kümmert es.
Woher kommt euer Bandname?
Als wir damals auf Namenssuche waren, suchten wir nach einem passenden Wort im Zusammenhang mit "underneath", also unterhalb von etwas sein. Wir dachte zuerst an sowas wie "Beneath the Surface", also etwas, das unter der Oberfläche brodelt, aber im Endeffekt war uns das Wort "Surface" viel zu lieb und nicht böse genug. Irgendwann kamen wir dann auf "Massacre" und das fanden wir einfach passend, da es krass und brutal klingt, einfach Deathmetal. So kamen wir zu unserem Namen.
Wie schafft ihr es, so ein so hohes technisches Level zu halten?
Naja, wir spielen knapp zweihundert Shows pro Jahr (lacht). Aber wenn wir nach dem Touren immer zu Hause sind, üben wir etwa drei Mal die Woche, das kommt immer darauf an. Unser Drummer Justin zum Beispiel nimmt sich kurzerhand immer sein Metronom mit zum Üben, unser Proberaum ist nämlich nur fünf Minuten von Hause weg. Unser Gitarrist dagegen übt gar nicht, der kifft den ganzen Tag nur.
Ja, ich erinnere mich da an euer Studio-Tagebuch auf YouTube, wo euer Gitarrist ganz lässig und gechillt total schnelle Sweeps mit einer Hand auf seiner Gitarre spielt...
(lacht) Ja, wenn man genau hinsieht, merkt man, dass es total gefaket ist. Unser Gitarrist tut so, als würde er mit einer Hand diesen schnellen Gitarrenpart spielen und mit der anderen streichelt er nebenher einen Hund. Das sollte bloß ein Witz sein, da dieser Gitarrenpart mit zwei Händen allein kaum spielbar ist und wir bei den Aufnahmen ewig daran saßen, ihn einzuspielen.
Was dürfen wir denn in Zukunft von BENEATH THE MASSACRE erwarten?
Wir sind eine Work-And-Progress Band. Wir sind die letzten beiden Monate nur getourt, und wenn wir mit dieser Tour fertig sind, werden wir unsere erste Headliner-Tour spielen, mit unseren Freunden von DESPISED ICON. Ich hoffe aber auch, dass wir demnächst mal hier in Europa eine Headliner-Tour spielen können, mal schauen. Irgendwann werden wir dann auch bestimmt wieder ein neues Album aufnehmen. Für uns alle ist BENEATH THE MASSACRE ein Fulltime-Projekt, nebenher haben wir bisher nichts am laufen, also keine anderen Projekte oder so. Das würde bei den zweihundert Shows pro Jahr auch gar nicht funktionieren.
Habt ihr noch irgendwelche letzten Worte?
Dennis, denk nach! (Stille) Uns fällt grad nichts intellektuelles ein, aber checkt auf jeden Fall unsere Myspace Seite, kauft unsere Platten und um Himmels willen - bitte downloadet nicht! (lacht) Das ruiniert die Musiker, die damit ihr Geld verdienen. Man muss sich das so vorstellen: Zwei Wochen bevor das Album erscheint, kommen die Kids zu dir an und sagen: "Hey, geile neue Platte! Ich hab sie schon, sogar mit den Japan-Bonustracks!" Da fühlt man sich irgendwie verarscht. Ich denke, wenn man eine Band wirklich mag, findet man auch offizielle Wege, sie zu supporten. Sei es jetzt nur ein Shirt zu kaufen oder eben eine Platte von uns. Also - wenn ihr unsere Musik gut findet, dann kauft einfach unser Zeug!
http://www.myspace.com/btm
Alle Artikel zu