Freezeebee gehören für mich auf die Liste der Gewinner des Jahres. Nicht nur, dass sie ein verdammt gutes Demo aufgenommen haben (siehe Review), auch live konnten sie mich überzeugen. Die wichtigen letzten Punkte für den Listenplatz sammelten sie jedoch mit folgendem E-Mail-Interview, das sie als sympathische Spacken outet.
Ihr habt auf dem Bizarre 2002 gespielt, ward Vorband von Henry Rollins und habt derzeit dennoch keinen Labelvertrag, richtig? Welche Begründung bekommt Ihr von den Labels, wenn sie Euch absagen?
Jan: „Zu klassisch rockig“, „Singt auf Deutsch und wir signen euch sofort“, “Probiert’s doch mal mit Sampler und Keyboard“ oder eben Standardabsagen. Wir lassen uns nicht reinreden und deshalb bleiben wir vorerst ungesigned. Für die Majors fehlen die Hits und für die Indies sind wir zu kommerziell.
Joe: Gerade solche Worte lassen uns erst recht weitermachen (so Sätze sind doch alle für’s 5 Mark Phrasen-Schwein). So gesehen haben wir auch ohne diese Leute für uns persönlich mehr erreicht, als wir gedacht hätten, und warum soll es dann nicht auch so weitergehen?
Nico: Die Plattenfirmenleute sagen immer "Ihr seid zu sehr... und irgendwie... könnt ihr nicht... äh... äh... auch beantwortet ihr Interviewfragen zu langsam, was auf einen niedrigen IQ schließen läßt... Wir kommen vielleicht mal auf euer Konzert... aber bei der Dummheit... ja, das ist es! Genau deswegen können wir euch nicht signen! Schickt mal auch eure neuen Songs, wenn ihr wieder welche habt, aber arbeitet vor allem an eurer Intelligenz.“
Wie seid ihr damals an den Bizarre- und den Rollins-Gig gekommen?
Jan: Beim Bizarre waren wir an erster Stelle der Nachrückerliste, und da ein Act abgesprungen ist, waren wir an der Reihe. Da waren wir durch unseren Visions-Sampler-Auftritt automatisch akkreditiert. Für das Strange Noise Festival waren wir vom Veranstalter gebucht. Henry hat das wenig interessiert. Entombed haben an dem Abend auch gespielt und nichts von uns mitbekommen.
Ihr habt so ziemlich alles in Eurer Mugge, einschließlich runtergestimmte Giddas. Welche Bands beeinflussen Euch bei Eurer Musik? Und habt Ihr einen gemeinsamen Nenner, was Musik außerhalb von Freezeebee angeht?
Jan: Also ich habe vor 14 Jahren damit angefangen, meine Gitarre runterzustimmen. Verantwortlich dafür sind Cream und Black Sabbath, das hat bei Freezeebee nichts mit New Metal zu tun, sondern nur mit Feeling. Wir benutzen momentan drei verschiedene Tunings. Eins davon ist so seltsam, dass man darauf nicht mehr konventionell spielen kann.
Über unsere Einflüsse kann ich nur sagen, dass ich gerne singen würde wie Buddy Miles, Glenn Hughes oder Doug Pinnick. Das sind zwar nicht alle, aber eine Auswahl meiner persönlichen Top Ten. Wenn es um einen gemeinsamen Nenner geht, würde ich mal Queens Of The Stoneage, Foo Fighters und Cinematic Orchestra nennen.
Flo: Bei mir fing alles mit Bands wie Metallica, Nirvana, Sepultura und Pantera an. Dann hörte ich viel Hardcore und Stonerkram. Jetzt höre ich so ziemlich alles, am liebsten Jeanette, die alte Rockröhre!
Joe: Ich höre alles bis auf Schlager. Natürlich gibt es da nach wie vor Dinge, die dann mehr hängen bleiben als andere, wie z.B. damals Helmet, oder Björk. Zuhause höre ich meist elektronische Sachen.
Nico: The Rasmus, Evanescence, Nickelback, P.O.D., Papa Roach, Bumskaravane etc. Wir mögen eben innovative Gitarrenmusik.
Wie oft probt Ihr und wie läuft das Songwriting ab?
Jan: Wir proben dreimal in der Woche. Wir jamen so vor uns hin und wenn jemand ein cooles Riff anspielt, bleiben wir dran und entwickeln einen Song daraus. Das geht manchmal ratz-fatz.
Joe: Manchmal ist’s aber auch für die Katz, dann wird halt wieder von vorne angefangen.
Wovon handeln Eure Texte?
Jan: Die Texte singen wir spontan bei den Jamings, und im Nachhinein werden dann die Texte passend zusammengereimt. Bei mir geht es dann meistens um die Band, Freundschaft, Sehnsucht und Enttäuschungen. Der Schreibstil bleibt in der Regel sehr offen, so dass eigene Interpretationen des Zuhörers möglich sind.
Was macht Ihr neben Freezeebee?
Jan: So wenig wie möglich arbeiten ist unser Motto.
Flo: Stimmt. Hab jetzt aber trotzdem angefangen zu studieren.
Joe: Stimmt. Studiere deshalb immer noch.
Nico: So wenig wie möglich arbeiten ist auch mein Motto. Aber das ist gerade voll am abmotten.
Wie lief die Tour mit Harmful? Wie kamen die darauf, Euch mitzunehmen?
Jan: Wir haben nur in Hamburg mit Harmful gespielt. Wir haben Harmful nach ihrem Konzert in der Batschkapp getroffen. Dann hat der Aren [Sänger von Harmful] vorgeschlagen, mal wieder einen Gig zusammen zu spielen und wir haben Hamburg vorgeschlagen, weil wir die 4Lyn-Jungs bei der Gelegenheit wiedersehen konnten. Der Spaß hat uns 280 Euro gekostet. Juchhuuu!!!
Joe: Dennoch war das seit langem mal wieder ein richtig schöner Abend.
Nico: Wir kennen Harmful schon seit zehn Jahren. Dadurch konnten wir so einen massiven Druck auf die ausüben, dass wir vor denen für Umme spielen durften. „Wir wissen, wo du wohnst“, habe ich dem Aren gesagt. Und schwupps waren wir in Hamburg.
Stehen künftig weitere Touren an?
Jan: Leider keine Tour geplant. Wir nehmen momentan einen Longplayer auf.
Ihr schreibt über Euch selbst: „Freezeebee schaffen einen Gegentrend zur Welle des Drecks“. Ich verstehe, was gemeint ist, aber könnt Ihr das mal aus Eurer Sicht erläutern?
Flo: Nun gut, für mich gab es schon lange kein Aha-Erlebnis mehr, wenn ich mir neue Veröffentlichungen von gesignten Bands angehört habe. Von dem Rotz, der mittags im Fernseher läuft, mal ganz abgesehen. Natürlich tauchen immer mal zwei drei gute Bands im Jahr auf (habe jetzt keine Statistik gemacht), aber der Grossteil bleibt halt einfach Schrott.
Joe: Vielen neuen Sachen kann man ja gar keinen direkten Vorwurf machen, da da schon auch solides Handwerk dahinter steckt, mehr aber leider nicht, und dass ist die Kacke. Wir nehmen für uns keinesfalls in Anspruch, die innovativste Band der Welt zu sein (das ist sowieso niemand, weil alles war schon mal irgendwie da). Wir versuchen zumindest, alles musikalisch Vorhandene innovativ zusammenzusetzen. Und bauen uns kein Wohnzimmer im Gelsenkirchener Barock.
Wie sieht die nächste Zukunft von Freezeebee aus?
Jan: Wir nehmen unseren Longplayer auf, veröffentlichen das auf unserem eigenen Label und werden reich und berühmt.
Flo: Ausserdem ist eine Live-Doppel-DVD inkl. Karte für die VIP-Internet-Lounge in Planung. Wird toll!
Joe: Unser FZB-Freizeitpak bei Bottrop nimmt auch seine ersten Formen an. Die Fertigstellung ist für den Sommer 2005 geplant. Es wird ein Park sein, der über die weltgrößte Sammlung von Hüpfburgen verfügt, zumal wir eine Fläche bebauen können, in die ca. 200 Fußballfelder passen. Wenn da die Herzen der Hörer alternativer Musik nicht höher schlagen, wissen wir auch nicht, was wir noch machen sollen. Also hüpft los!
Nico: Dann planen wir noch das Vereinigte Freeropa! Alles muss tiefer gestimmt sein: die Glocken, die Sirenen, die Telefonklingeln, Türklingeln, Hupen; an den Bahngleisen werden Züge nur mit Barry-White-Samplen angesagt (RIP). Nur die Währung sollte nicht so tief gestimmt sein. Aber gut, wir arbeiten dran, dass der Freero wieder stabil wird.
Mit wem würdet Ihr gerne mal touren und warum?
Jan: Das sind zu viele Bands, die ich jetzt aufzählen könnte. Wichtig ist, dass es musikalisch zusammen passt, damit es für den Zuschauer ein guter Abend wird.
Nico: Mit Bumskaravane... kennt die wer?
Liegt Euch noch was am Herzen, dann raus damit ...
Flo: Wenn wir alle gemeinsam etwas anpacken, können wir etwas Grosses schaffen. Genießt die Nächstenliebe.
Joe: Wenn man alleine etwas anpackt, kann man etwas Grosses schaffen. Scheiß auf die Nächstenliebe.
Nico: Wenn ich mir auf der Bühne in den Schritt pack, heißt das noch lange nicht, dass ich Kinder mehr als normal liebe.
Jan: Wen man ein Geschenk an Weihnachten auspackt, sollte man nicht zuviel Nächstenliebe dahinter vermuten. Bleibt euren Geschlechtsteilen treu und lasst nicht jeden Landstreicher daran herumrubbeln.
Alle Artikel zu
Chris
Als Kind der 90er liebe ich Grunge und Alternative Rock – meine bevorzugten Genres sind aber Death, Groove, Dark und Thrash Metal. Ich kann Musik und Künstler schwer voneinander trennen und halte Szene-Polizisten für das Letzte, was Musik braucht. Cool, dass Du vorbeischaust!