Geschrieben von Montag, 11 Oktober 2004 01:17

Samael - Interview mit Sänger Vorph zu "Reign Of Light"

Mit "Reign Of Light" meldet sich die Schweizer Musikinstanz Samael nach rund vier Jahren zurück. Man kann durchaus von einer kleinen Überraschung sprechen, denn die Band klingt musikalisch positiver und aufgeschlossener als bisher. Zeit für ein Interview mit Sänger und Gitarrist Vorph, der am Telefon freundlich auf die Fragen einging, ohne allzu große Worte zu machen.

Mein erster Eindruck beim Hören von "Reign Of Light" war, dass es sehr tanzbar geworden ist. War es Absicht, die Musik mehr "clubkompatibel" zu gestalten?

[Lacht] Also ich würde es nicht gerade so formulieren, aber ja – es war definitiv so, dass wir im Vergleich zu "Eternal" andere Beats und Rhythmen verwenden wollten, zu denen man sich irgendwie auch bewegen kann.

Wie sind die bisherigen Reaktionen auf das neue Album? Gibt es überhaupt schon welche, auch von Fans, die Euch vielleicht live gesehen haben?

Die Reaktionen waren bislang sehr positiv, also von der Presse und von den Leuten her, die das Album bislang hören konnten. Aber es ist ja noch nicht erschienen, sodass es von der Fanseite her noch keine Reaktionen gibt. Wir haben das Album bislang auch noch nicht live gespielt, das erste Mal wird am 9. Oktober sein.

Bist Du zufrieden mit "Reign Of Light"?

Ja, aber das ist meist so vor Erscheinen eines neuen Albums. Es gibt ja vorher genügend Zeit, um noch Dinge zu ändern, aber wir sind wirklich zufrieden.

Habt Ihr im Vergleich zu den letzten Alben etwas an Eurer Herangehensweise geändert?

Wir haben uns hoffentlich weiterentwickelt und sind besser geworden, aber es gab keinen radikalen Wechsel. Wir haben uns früher von Album zu Album mehr geändert, doch diesmal ist es mehr eine Weiterführung dessen, was wir schon vorher gemacht haben. Man kann es als einen guten Kompromiss zwischen "Eternal" und "Passage" bezeichnen. Es hat diesen weiteren Klangrahmen, den auch "Eternal" besitzt, aber es wirkt stärker als "Passage".

Was war Euer Hauptziel beim neuen Album? Wolltet Ihr straighter oder härter klingen?

Wir wollten von allem mehr, ja exakt. [lacht] Das war unser Hauptanliegen, einfach "mehr".

Wie siehst Du "Reign Of Light" stilistisch, wenn man jetzt einmal Schubladen aufziehen will?

Ich weiß nicht genau, aber wir haben es eigentlich ziemlich heavy gehalten und Verschiedenes versucht. Es gibt zwei Pole auf diesem Album: Einen mehr westlichen Musikstil und einen anderen, der diesen orientalischen Beigeschmack hat. Ich denke, es hat funktioniert – wir hatten auch schon vorher orientalische Einflüsse, aber diesmal sind sie stärker hervorgetreten.

Hatte das etwas mit der aktuellen Lage im nahen Osten zu tun, also mit Terrorismus, Glaubenskrieg und solchen Dingen?

Ich habe diese Frage schon öfter gestellt bekommen, aber nein, wir haben dabei wirklich nicht an diese Geschehnisse gedacht, zumindest nicht bewusst. Es hat damit zu tun, dass wir zum ersten Mal Gastmusiker auf unserem Album haben. Zum Beispiel Sami, der Sitar spielt, und das gab dem Ganzen einen anderen Geschmack. Wir hatten auch vorher schon eine Sitar, jedoch lediglich als synthetischen Sound.

"Reign Of Light" klingt positiver als Eure letzten Alben. Ich nehme an, dass das in Eurer Absicht lag.

Ja, wir haben es versucht. Wir dachten bereits bei Beendigung der Aufnahmen zu "Eternal", dass wir etwas wirklich Freundliches geschaffen haben, aber im Rückblick denke ich sogar, dass es ziemlich düster war. Wir haben es zumindest geschafft, dass dies nun tatsächlich ein "helles" Album geworden ist. Zumindest so freundlich, wie es uns möglich war.

Seht Ihr die Dinge oder das Leben nicht mehr so schwarz und düster wie vormals?

Am Ende des Tages zählt immer, aus welcher Perspektive Du einen Song betrachtest. Dieselben Worte können zu verschiedenen Zeitpunkten etwas vollkommen anderes bedeuten.

Woher nehmt Ihr die Inspiration für ein neues Album, gab es so etwas überhaupt?

Es war nichts anderes als vorher auch, einfach eine Weiterführung. Ich kann da nur für mich sprechen – ich schreibe ja die Texte und die sind so etwas ein Ausdruck meiner selbst. Ich habe nie ein Thema, das ich entwickeln möchte oder etwas in der Art, es sind einfach verschiedene Ideen, die ich zusammenpacke. Ich denke da an Gefühle, an Dinge, die ich erlebt habe; es geht überhaupt um das, was einem generell im Leben widerfährt.

Es gibt also kein Konzept hinter den Songs?

Es gibt kein generelles Konzept bei den meisten Songs, das könnte ich nicht sagen. Sie passen irgendwie in die Zeit und haben für mich natürlich eine Bedeutung, aber wenn wir ein neues Album herausbringen, kann ich keinen Titel herauspicken und sagen: "Das ist mein Lieblingssong, der exakt diese oder jene Aussage hat".

Was hat es mit dem Albumtitel und dem gleichnamigen Song auf sich?

"Reign Of Light" ist der positivste Song, den wir jemals geschrieben haben. Ein Lied über Eigenmotivation, der sagt, dass Du Du selbst sein und bleiben sollst, was auch immer passiert. Das ist ein wenig pathetisch und auch ziemlich simpel, aber das ist es, wofür der Song hauptsächlich steht und vielleicht auch das Album irgendwie, ja, aber es geht natürlich nicht nur darum.

Als Ihr mit Musik angefangen habt, klangt Ihr noch ziemlich anders. Manche nennen es "Black Metal", heute würde ja eher der Begriff "Dark Metal" auf Euch zutreffen …

Ich finde es nicht so wichtig, wie die Leute unsere Musik bezeichnen, denn letzten Endes ist es weiterhin dieselbe Musik. Aber klar, wir haben uns definitiv entwickelt seit den Anfangstagen, in denen wir eben das gespielt haben, was wir zu dem Zeitpunkt konnten. Wir haben immer versucht, unser Bestes zu geben und haben uns einfach entwickelt, als Musiker ebenso wie als Menschen. Das Beste von heute ist vermutlich besser als das Beste von damals … Aber ich denke nicht, dass wir jemals Black Metal gemacht haben, eher eine Art extremen Metal.

Wie ist es, wenn man als erfahrene und routinierte Band an die Aufnahmen zu einem neuen Werk herangeht? Pathetisch gefragt: Brennt noch das alte Feuer?

Ja! Ja, würde ich sagen! Heute gibt es eine Menge Unterschiede zu früher, aber weißt Du, die Dinge, die ich heute zu sagen habe, bedeuten für mich viel mehr in der Realität. Früher war ich eher auf der Suche nach Themen und habe mich im Phantasy-Bereich oder einer Art Traumwelt bewegt. Heute gibt es eine Brücke zwischen der Innen- und Außenwelt, was eine ganz andere Bedeutung für mich hat.

Warum habt Ihr gerade "Telepath" als erste Singleauskopplung gewählt? Oder hat das Eure Plattenfirma entschieden?

Wir hatten einige Ideen für den Remix und so kam es eigentlich ganz von selbst zu dieser Entscheidung. Zudem gab die Tatsache den Ausschlag, dass "Telepath" wohl der aggressivste Song des Albums ist. Da hatte uns niemand etwas zu sagen, es war allein unsere Entscheidung.

Ziemlich coole Idee, eine Karaoke-Version des Songs mit auf die Single zu packen. War das als Witz gedacht?

Ok, es "Karaoke" zu nennen war als eine Art Witz gemeint, aber es ist in erster Linie ein Instrumental, zu dem wir einfach den Text mit abgedruckt haben, damit die Leute ihn mitsingen können.

Nach etwa vier Jahren liegt ziemlich viel Zeit zwischen "Reign Of Light" und Eurem letzten Album und trotzdem seid Ihr fleißig getourt. Ihr scheint eine recht große Fanbase zu haben, die nicht nur zu Euren Shows kommt, wenn gerade ein neuer Release draußen ist …

Ja, wir waren sehr überrascht, und viele Leute haben uns auch vorher gewarnt, wiederholt durch Europa zu touren, da es sehr riskant sei und so weiter. Gerade in diesem Business hat alles seine Regeln, aber wir haben uns einfach wiederholt entschieden, es einfach zu machen – und es hat geklappt!

Gibt es im Metalbereich eine Band, die Du als wichtig für die heutige Musikszene bezeichnen würdest?

Ich hoffe, wir sind wichtig. [lacht]

Chris

Als Kind der 90er liebe ich Grunge und Alternative Rock – meine bevorzugten Genres sind aber Death, Groove, Dark und Thrash Metal. Ich kann Musik und Künstler schwer voneinander trennen und halte Szene-Polizisten für das Letzte, was Musik braucht. Cool, dass Du vorbeischaust!