"The Funeral Album" klingt fast wie ein Best-Of-Album, mit dem Unterschied, dass es sich dabei um komplett neue Songs handelt. Wolltet Ihr ein Resümee aus der Vergangenheit ziehen, um es den Fans als "Abschiedsgeschenk" zu hinterlassen?
Oh, es mag so aussehen, dass sich das ganze Album auf die Vergangenheit bezieht, aber das ist uns erst bewusst geworden, nachdem uns andere Leute darauf hingewiesen haben. Wir wussten, als wir ins Studio gingen, dass es das letzte Album sein würde, das wir zusammen aufnehmen. Das hat uns beeinflusst im Aufnahmeprozess, musikalisch wie textlich. Wenn ich das Album jetzt höre, wo es fertig ist, kann ich auch diese Art Essenz hören, welche die Band zu dem gemacht hat, was sie ist.
Inwiefern hat Eure Entscheidung, die Band aufzulösen, die Musik beeinflusst?
(Stockend) Ähm … es hat ungefähr zwei Jahre lang gedauert, bis wir diese Entscheidung getroffen hatten. Sie fiel letzten Sommer, ungefähr auf halbem Weg des Schreibprozesses für das Album. Somit hat es die Musik dahingehend beeinflusst, dass wir mehr oder weniger die letzten beiden Jahre in den Songs verarbeitet haben, sowie alles, was auf dem langen Weg der Band passiert ist. Das Album ist wohl persönlicher als je eins zuvor.
Habt Ihr Euch selbst unter Druck gesetzt, um "The Funeral Album" zu dem vielleicht besten Album der Bandgeschichte zu machen?
Wir haben in dieser Hinsicht wirklich nicht darüber nachgedacht oder Druck verspürt. Es war jedoch das mental schwerste Album, wir standen unter persönlichem Druck – alle, denke ich. Also nicht nach dem Motto: Wir müssen uns toppen, auf allen Ebenen. Aber ich denke, und sicherlich auch die anderen, dass wir ziemlich perfekt umgesetzt haben, was wir uns vorgenommen hatten.
Wie fühlte sich das an: Das letzte Mal zusammen jammen, zum letzten Mal gemeinsam im Studio?
Ähm, es war eine Art tiefer Traurigkeit und obwohl es mental so hart war, war es in gewisser Weise auch eine Belohnung. Als wir zum letzten Mal die Tür zum Studio schlossen, war das ein sehr emotionaler Moment. Aber wir wussten, was wir in unseren Händen hielten, und dass wir mit dieser CD etwas wirklich Besonderes für uns geschaffen haben. Und wohl auch für eine Menge Leute, die unsere Musik mögen.
Werdet Ihr noch zusammen Musik machen oder ist es ein totaler Split, sodass Ihr von nun an generell getrennte Wege geht?
Wir splitten – oder, weil ich das Wort nicht mag – wir beenden unsere Karriere mit Sentenced, aber wir hören nicht auf, Freunde zu sein. Ich denke nicht, dass wir weiterhin noch Musik zusammen machen werden, weil es sich nicht richtig anfühlen würde. Das wäre irgendwie komisch … diese lange Reise mit der Band, die vielen Jahre, das ist etwas … was wir in Frieden ruhen lassen wollen.
Welche Gründe stehen hinter Eurer Entscheidung? Du hörst Dich ziemlich traurig an …
Sicher, es ist hart, diesen großen Teil unseres Lebens ausklingen zu lassen. Es war, denke ich, für uns alle wie eine zweite Familie. Und bezüglich Familie – die meisten von uns sind mittlerweile verheiratet, ich habe zwei kleine Jungs, Lopakka hat auch einen kleinen Jungen … also das ist bereits ein großes Opfer für uns, weg zu sein von zu Hause, weißt Du. Dieser Rock'n'Roll-Way-Of-Living, seine Zeit in Bussen zu verbringen oder wie auch immer, was sich für uns nie angenehm anfühlte. Für mich persönlich war das mehr mit Problemen als mit guten Dingen verbunden, aber natürlich werden wir es vermissen, live zu spielen und zusammen Musik zu machen. Aber die Menge an Opfern, die Du bringen müsstest, um die guten Sachen mit dieser Band weitergehen zu lassen, das können wir wirklich nicht mehr.
Wart Ihr vielleicht auch an einem Punkt, an dem Ihr Angst davor hattet, Euch selbst zu wiederholen?
Nein. Die Entscheidung hatte mit der Musik selbst nichts zu tun, es waren mehr diese persönlichen Gründe. Wir hatten nicht den Eindruck, dass wir uns wiederholen würden oder musikalisch nichts mehr zu sagen hätten. Es ging darum, den richtigen Moment zu finden, das alles zu beenden – in der Blüte und nicht dann, wenn es bereits selbst langsam erlischt, was auch immer.
Ihr wolltet auf der Spitze des Erfolgs gehen?
Mehr oder weniger.
Somit war es eine sehr harte Entscheidung, denke ich.
Ja, war es, und wir haben immer noch damit zu kämpfen. Es ist so erschöpfend, darüber zu reden … Natürlich erzähle ich gerne, aber nicht von diesen … diesen sehr emotionalen Dingen.
Du hast ja noch Dein Poisonblack-Projekt. Wirst Du das jetzt stärker verfolgen oder Dich auch aus familiären Gründen erstmal ganz von der Musik verabschieden?
Es wird ebenfalls ein neues Poisonblack-Album zum Ende dieses Jahres geben, was bedeutet, dass ich weiterhin touren und live spielen werde, bis etwa Ende 2006. Danach werde ich jedoch eine lange Auszeit von der Musik nehmen und meine Karriere dahingehend beenden, dass ich nicht mehr auf Tour gehe.
Ich denke, jeder von uns wird in der Zukunft irgendetwas musikalisch machen. Weil es sehr hart ist, einfach damit aufzuhören und weil es schon immer so gewesen ist. Aber wir sind noch so sehr mit Sentenced beschäftigt, dass momentan der Raum fehlt, uns über irgendetwas anderes Gedanken zu machen. Wir müssen abwarten, was die Zukunft bringt.
Ihr besucht abschließend noch einige große Festivals, spielt aber keine Club-Tour mehr. War das Eure bewusste Entscheidung?
Ja – wir wollten keine volle Tour machen, weil wir Touren, wie gesagt, nicht mögen. Es ist für uns einfacher, es auf diese Art zu machen und einige Farewell-Festival-Shows zu spielen. Die Festivals werden teilweise noch gebucht, wir wissen also nicht, wie viele es letztlich werden – hoffentlich so viele, wie möglich.
Was sagt Ihr zum bisherigen Feedback auf die Split-Nachricht? Auf Eurer Homepage gibt es teilweise extrem traurige Nachrufe von Fans …
Es ist überwältigend, die Reaktionen der Leute zu sehen und ihre Gefühle, denen sie Ausdruck verleihen. Und zu sehen, dass diese Band ihnen so viel bedeutet hat. Wir haben diese Gefühle die letzten beiden Jahre gehabt, insofern teilen wir sie in gewisser Weise. Ich hoffe, dass jeder unsere Gründe versteht … Ich meine, letztendlich ist es nur das Ende einer Band und nicht das Ende der Welt.
Ich lade jeden ein, am Begräbnis teilzunehmen … und weißt Du, lasst es uns zu etwas Besonderem machen!
Wart Ihr Euch bewusst, eine solch treue Fanschar zu haben, oder kamen die Reaktionen für Euch eher unerwartet?
Wir haben im Laufe der Jahre viele Reaktionen von den Leuten bekommen, insofern kam es für uns nicht überraschend. Aber natürlich bringt es einen oft zum Nachdenken und es macht die Entscheidung ein wenig schwerer … also ... (holt lang und tief Luft) … yeah.
Im Rückblick, was war für Dich am wertvollsten in der Zeit mit Sentenced?
Einfach die kleinen Dinge … die guten Erfahrungen und die schlechten Erfahrungen, die wir alle als Band gemacht haben. Ich bin in die Band gekommen, als ich 23 war und jetzt bin ich 32, es war eine Art Erwachsenwerden in so vieler Hinsicht. Mit den Jungs zusammen sich weiter zu entwickeln und alles zusammen durchzumachen, das werde ich hauptsächlich vermissen. Aber ich kann hier nicht so stark ins Detail gehen, denn es gibt auch Dinge, die ich lieber für mich behalten möchte.