Geschrieben von Chris Donnerstag, 28 September 2006 18:40
Amplifier - Interview zu "Insider" mit Sänger und Gitarrist Sel Balamir
Link: http://www.amplifiertheband.com
AMPLIFIER bringen noch diesen Monat ihr zweites Album „Insider“ heraus, das wesentlich rockiger klingt als das eher atmosphärisch-experimentelle Debüt. Wir hatten das Vergnügen, Sel Balamir persönlich am Telefon zu den Neuerungen befragen zu können. Der Sänger und Gitarrist berichtete bestens gelaunt unter anderem von den schwierigen Aufnahmen, seiner ganz speziellen Herangehensweise an Musik sowie seinem Verständnis von guter Produktion.
Der Titel des neuen Albums lautet „Insider“. Worauf bezieht sich das?
„Insider“ ist ein guter Titel denke ich, denn er ist auf eine gewisse Art doppeldeutig. „Inside“ ist eine relative Proposition – es könnte Dein Inneres sein, mein Inneres…
Ich hatte den Titel zum Album schon, bevor fast alle Songs geschrieben wurden. Unser erstes Album war viel mehr nach außen gerichtet, dieses mehr nach innen, es hat eine dunklere Farbe.
Ich denke ganz im Gegenteil, dass gerade Euer Debüt mehr nach innen gekehrt und melancholischer war.
Es ist lustig, wie unterschiedlich die Leute das sehen … Das ist natürlich eine völlig subjektive Sache (lacht). Als ich das Album vor einigen Wochen gehört habe – ich habe es jetzt seit einiger Zeit nicht mehr gehört – dachte ich „Wow, ich kann die Dunkelheit richtig aus den Lautsprechern kriechen sehen“, weißt Du, und dagegen ist das erste so „Lalalaaa“ (singt hoch und lacht). Es ist irgendwie fröhlich…
Für mich handelt „Inside“ von dem Ort, an dem die Leute sagen, dass dort die Seele wohnt. Das ist der Platz, wo ich bin… Wo bin ich in meinem Kopf? - Und das ist es, worum es auf dem Album für mich geht.
Leider fehlen mir die Texte zu den Songs. Geht es thematisch ebenfalls um die Seele, gibt es da eine Art Konzept?
Es ist kein Konzept-Album, das die Fragen des Lebens behandelt oder so. Wir mögen das nicht und schreiben auch keine Texte in dieser Hinsicht. Aber Tatsache ist, dass wir bei unserem ersten Album junge Typen waren, und heute bin ich in den 30ern und erwachsen. Die meisten Sachen haben wir geschrieben, als wir 20 Jahre alt waren. Es hat alles einen etwas naiven Touch für mich, aber es war natürlich ein schönes Album. Wir hielten damals den Kopf in die Wolken, und das neue Album ist viel weniger „head in the clouds“.
Eure Musik klingt heute roher und wesentlich Riff-orientierter. Wie kam es zu dieser Entwicklung?
(Überlegt) Ich denke, alle Dinge im Leben sind irgendwie miteinander verbunden, eins führt zum anderen. Wir sind mit dem ersten Album lange getourt, und wenn Du so lange mit dem gleichen Kram beschäftigt bist, wird schnell deutlich, was verbessert werden könnte oder was noch fehlt. Was für uns fehlte, als wir die Shows gespielt haben, war diese Art von „Buff!“ - wir hatten einfach nicht viel Material, das richtig nach vorne geht. Wenn Du einen Gig spielst, kannst Du richtig spüren, dass die Leute so etwas manchmal wollen.
Ein wichtiger Teil des Konzepts von „Insider“ war, dass es um einiges simpler sein sollte, dass es die Leute zum Headbangen bringen sollte. Dies in Kombination mit unserem ersten Album bringt uns genügen Höhepunkte; wir spielen um die zwei Stunden, und wir können jetzt das bieten, was auch ich von einer Show erwarten würde. Das erste Album bewegt sich stark im Midtempo, also so „Dndeded deiiind de dit…“ (singt), was prima ist, aber nicht eine Stunde lang. Du brauchst einfach Licht und Schatten.
Ich bin von „Insider“ nicht enttäuscht, aber das Debüt hat mich doch etwas tiefer berührt oder mehr gepackt. Ich habe dazu fast sofort Zugang gefunden, was mir beim neuen Album nicht gelingt. Vielleicht muss ich der neuen Platte auch einfach noch mehr Runden im Player gönnen, da ich es erst vor zwei oder drei Tagen bekommen habe…
… oh ja, Du musst es oft hören, man muss es wirklich oft hören. Aber Du musst bedenken, dass die Leute keinerlei Erwartungen hatten, als sie das erste Album hörten, dass sie Anfangs einfach keine Idee hatten, was AMPLIFIER ist und welche Musik wir machen. Alles, was da passieren kann, ist, dass Du beeindruckt bist. Sobald man aber eine Erwartung befriedigen muss, wird es sehr viel schwerer, die Leute zu beeindrucken. Jeder möchte jetzt etwas anderes hören, und ich war ehrlich gesagt darauf vorbereitet, dass die Leute unser neues Album einfach nicht mögen. Eben weil es sehr im Kontrast zum ersten Album steht, aus den Gründen, die wir angesprochen haben.
Wir hätten auch einfach das erste Album noch einmal einspielen können – aber das wird nie passieren, wirklich nie passieren. Wir sind heute andere Personen und wir brauchten dieses zweite Album, um Dinge zu ergänzen, die früher gefehlt haben. Hätten wir dasselbe Ding noch mal gemacht, würde es wieder zwei Stunden lang „Dndeded deiiind de dit…“ (singt und lacht) gehen, wir säßen wieder im selben Boot. Ich war also darauf vorbereitet, dass es den Leuten eventuell nicht auf Anhieb gefällt.
Ich halte es für sehr viel besser als unser erstes Album, wenn ich das so sagen darf… (lacht)
Vielleicht werde ich das ja auch irgendwann sagen, nur momentan sieht es so aus, als würde das noch etwas intensivere Beschäftigung fordern. Zu etwas anderem: Die Presse bezeichnet Euch unter anderem als „Zukunft der Rock-Musik“ …
… ja, völliger Müll …
… habt ihr vielleicht aus diesem Grund stärkeren Druck gespürt bei den Aufnahmen zur neuen Platte? Eben auch, weil jetzt Erwartungen da waren, die vorher noch nicht bestanden haben, wie Du vorhin meintest?
Nun, man ignoriert doch die Erwartungen der Leute, oder? Wir haben uns da keine Gedanken gemacht, denn wir wollten keinem einen Gefallen tun. Am Ende des Tages mussten wir uns gefallen, niemand anderem.
Also frei nach dem Motto „Fuck the critics“, dem ich völlig zustimme…
Naja, was willst du tun? Warum mache ich das? Das sind die Fragen, die man sich dann stellt: Warum mache ich Musik, warum spiele ich in einer Band? Sicher nicht, um Leuten zu gefallen, auch weil Du nie alle zufrieden stellen kannst. Es ist bestimmt nicht, um Kohle zu scheffeln, weil wir keine scheffeln und niemals größer Geld verdient haben. Wir machen das, weil wir es machen wollen. Warum ist ein Musiker ein Musiker? Letzten Endes, weil er ein Musiker ist. Wenn wir nicht in AMPLIFIER spielen würden, wären wir in anderen Bands und würden andere Sachen machen. Es geht einfach nicht darum, was die Leute denken, oder wie wir sie zufrieden stellen können.
Ist die Band für Euch heute ein Full-Time-Job?
Ja, es ist alles, was wir machen.
Du meintest, Ihr würdet nicht viel Geld verdienen, und Ihr habt dennoch keine Nebenjobs?
Nein. Wir öhm… (lacht)... wir kaufen einfach keine Sachen. Wenn ich ein Loch in meiner Jeans habe, repariere ich sie. Ich kaufe mir keine neue … (lacht)
Was habt Ihr drei gemacht, bevor es AMPLIFIER gab, und wie habt Ihr zusammengefunden?
Ich komme aus London, und als ich 19 oder 20 Jahre alt war, bin ich nach Manchester gezogen und dort auf die Musikhochschule gegangen, weil ich einfach Musik machen wollte. Jeder von uns kommt von wo anders her, Neil (Bassist) ist nicht einmal aus den UK, sondern kommt aus Dublin, also Irland. Wir haben uns vorher nicht gekannt und gingen alle nach Manchester, um Musik zu machen und in Bands zu spielen. Ich ging auf die Musikhochschule, Matt ebenfalls, dort habe ich ihn getroffen. Matt ist unser Schlagzeuger und Neil arbeitete in einem Musikladen, und letztlich sind wir alle zusammen in einer Band gelandet. Manchester ist ziemlich klein, und wir spielten in einer Menge Bands. Matt war in fünf Bands gleichzeitig, denn wenn Du Schlagzeug spielst, bekommst Du eine Menge Auftritte – Leute brauchen immer Schlagzeuger.
Also schlussendlich wurden wir zu AMPLIFIER, der besten Band, in der wir bis dato gewesen sind. Es war das erste Mal, dass ich in einer Band war, bei der ich dachte: Das ist genau das, was ich will. Das entsprach genau meinen Vorstellungen davon, wie eine Band zu arbeiten hatte, welche Fähigkeiten und Absichten sie haben sollte. Und dieser Pfad endete dann hier, wo wir jetzt stehen.
Wenn ich Eure Musik höre, wundere ich mich immer, dass Ihr diesen Sound mit nur drei Leuten hinbekommt, und das auch live. Steckt dahinter ein Geheimnis oder karrt Ihr einfach haufenweise Effektgeräte mit Euch herum?
Ja, genau so ist es. Weißt Du, ich habe vier Amps. Und die machen nicht dieselben Sachen.
Das heißt, Du wechselst permanent zwischen den einzelnen Verstärkern?
Neil und ich, wir haben beide viele Effekte und Distortions. Wenn Du dasselbe Signal aus allen vier Amps gleichzeitig sendest, bleibt es dieselbe Sache, nur lauter. Der Trick ist: Du sendest nicht dasselbe Signal aus allen vier Amps. Bei einigen von ihnen ist Delay aktiviert, andere haben nur Distortion, manche sind clean… Ich benutze mein Equipment so wie ein Künstler verschiedene Farben auf seiner Palette, weißt Du. Es ist egal, wie groß die Leinwand ist, denn Du kannst auch eine kleine Leinwand mit viel Details und Informationen versehen, und so läuft das. Auf diese Weise klingen wir "gewaltig".
Das ist durchaus inspirierend… Ich spiele ganz normal über einen Amp, aber vielleicht sollte ich das auch mal ausprobieren
Als wir angefangen haben, hatte ich einen Amp, einen Lead-Kanal und eine Gitarre. Das ist im Grunde all das, was ich in jeder Band benutzt habe, in der ich vorher war. Das hat sich dann schrittweise entwickelt, mit neuen Apparaten und Systemen. Ich wollte anfangs einen richtig verzerrten Sound haben, bei dem man jedoch auch weiterhin die Akkorde heraushören kann. Ich dachte, wenn ich einen weiteren Amp aufbaue, kann ich dort nur Distortion einstellen und den anderen völlig clean lassen… Einfache Gedanken und simple Ideen wie diese führen dann zu wesentlich komplexeren Sounds, und ich bin nach wie vor dabei, Dinge auszuprobieren. Manches habe ich vor einigen Jahren noch gar nicht so hinbekommen …
Aber natürlich kommst Du irgendwann an einen Punkt, wo Du physisch einfach nicht mehr Zeug hinstellen kannst, zudem sieht es irgendwann einfach scheiße aus auf der Bühne (lacht). Wenn ich mit Leuten spiele außerhalb von AMPLIFIER spiele, einfach aus Spaß, benutze ich nie Effektpedale, niemals. Das ist zwar cool, aber man muss sich einfach vor Augen halten: Du bist nicht Dein Equipment. Wir proben ohne diese ganze Ausstattung, um am Ende kommen Songs dabei heraus. Wir brauchen unser Equipment nicht, wir könnten das auch akustisch spielen.
Das wäre ja mal interessant, zu hören - nehmt doch mal ein völlig „naturbelassenes“ Album auf, ganz ohne Effekte, oder macht zumindest mal eine abgespeckte Single von einem Eurer Songs… das wäre doch klasse!
Yeah, yeah … (freundlich abwiegelnd) – Weißt Du was? Es gibt eines, was ich Leuten sage, die mir so etwas vorschlagen: „More Than Words“ von EXTREME, „More Than Words“.
Bands sollten ihre akustische Seite nicht erforschen, das ist Mist (lacht).
Ok, der Song ist tatsächlich ziemlich cheesy…
(lacht)
Wie schreibt Ihr Eure Songs? Vieles klingt recht experimentell, habt Ihr da ein bestimmtes Vorgehen?
Das hängt einfach von der Situation ab. Das erste Album ist über einen viel längeren Zeitraum hinweg entstanden, bevor wir es aufgenommen haben. Damals waren es vielmehr Jams, die sich entwickelt haben, entwickelt und entwickelt und entwickelt … über eine sehr lange Zeit hinweg. Und „Insider“ ist so entstanden, dass wir Jahre getourt sind, bis eines Tages unser Label sagte: „Wir brauchen ein neues Album im nächsten Jahr.“ Und wir sagten: „Oookayyy … was heißt das? Heißt das, wir müssen im Januar fertig sein, oder im Februar, März…?“ Sie sagten nein, ihr müsst es im Oktober aufnehmen - und es war August. Und wir: „Fuuuck, ok …“.
Das ist ein weiterer Grund dafür, warum die Songs weitaus Riff-orientierter geworden sind. Wir jammen zwar weiterhin, aber das ganze läuft fokussierter ab. Das Schwierigste für mich war, die Texte in der kurzen Zeit hinzubekommen und herauszufinden, wonach sich die Stücke anhören. Manche können Songs über aktuelle Dinge schreiben, die gerade passieren, oder man schreibt Geschichten, aber das klappt bei mir so nicht. Wenn Du etwas mit einer Handlung schreibst, ist es einfach, weil Du den Rahmen hast. Für mich muss es in erster Linie damit zu tun haben, was die Musik selbst repräsentiert. Um sich darüber klar zu werden und dort hinein versetzen zu können, braucht man zwei bis drei Monate, aber diesen Luxus hatten wir nicht. Das war wirklich das Schwierigste, das zusammen zu bekommen. Es war ziemlich verrückt.
Aber Du magst das Album ja so, wie es jetzt ist, oder hättest Du Dir im Endeffekt mehr Zeit dafür gewünscht?
Du willst immer mehr Zeit haben. Aber um ehrlich zu sein: Wir haben die Zeit in erster Linie gebraucht, um die Songs zu schreiben, dann um sie zu lernen, und danach sind wir direkt ins Studio gegangen, um sie aufzunehmen. Wir hatten alle nur denkbaren beschissenen Probleme, die im Studio auftauchen können, und alle Arten von Rückschlägen. Es hat uns ungefähr vier Monate Arbeit gekostet, mit 12 Stunden Arbeit an jedem einzelnen Tag. Es war ein bekackter Alptraum, nach dem ich jetzt einfach froh bin und keine weitere Zeit mehr will (lacht).
Es war eine schwierige Geburt, aber die schwierigsten Geburten bringen die größten Belohnungen. Letztlich war es aber auch irgendwie gut, denn wir haben jetzt ein neues Album. Wenn ich es heute höre, entdecke ich selber noch Sachen, die ich vorher noch nicht wirklich herausgehört habe. Eigentlich kennst Du ein Album erst wirklich, nachdem Du damit getourt bist und es oft live gespielt hast; erst dann kennst Du auf die Essenz eines Albums. Ich wünschte, dass wir es hätten live spielen können, bevor wir es aufgenommen haben, aber so werden wir es einfach das nächste Mal machen, auf jeden Fall.
Du hast das Album erneut produziert. War das ebenfalls eins schwieriger Prozess?
Nein, denn ich schreibe ja auch die Songs und weiß daher, wie sie zu klingen haben. Das kann man schwer jemandem anderen beschreiben, und so bin ich froh darüber, das selbst machen zu können. Es geht mir immer leichter und schneller von der Hand, und im Grunde sollte jede Band ihre Musik selbst produzieren. Das ist sonst, als wäre man ein Maler und würde den Pinsel nicht selber halten.
Naja, man muss doch sicher auch ein gewisses Fachwissen dafür mitbringen, man produziert ja nicht mal eben so aus der Hüfte ein Album.
Das ist nicht schwer, wirklich nicht schwer. Die Leute sehen in einem Studio als erstes die Hardware, all die Lichter und Knöpfe und Fader. Aber die machen alle das gleiche, Du schließt etwas an, und alles funktioniert auf gleiche Weise.
Und wofür werden dann – mal ganz naiv gefragt - all die großen Produzenten bezahlt, wenn das im Grunde auch jeder selber hinbekommt?
Versteh mich nicht falsch; wenn ich sage, es ist leicht, meine ich das nicht als Abwertung für Produzenten. Ich meine einfach, wenn Du weißt, was Du willst, und Du hast Vertrauen in Deine Arbeit und das, was Du hörst, weil Du weißt, dass es sich gut anhört, dann ist das der Schlüssel zur Produzentenarbeit. Darum geht es bei Musik. Es geht darum, eine Art Information zu präsentieren, und das ist der Schlüssel zum Produzieren: Zu wissen, was man den Leuten zeigen, und was man ihnen nicht zeigen will, und in welchem Verhältnis diese Dinge zueinander stehen sollen. Einige meiner Lieblingsalben klingen im Grunde gräulich… Hast Du schon mal von der Band THE MUMMIES gehört?
Nein, keine Ahnung, was die machen …
Die spielen so eine Art Surf-Core, sind so eine Art Rockabilly-Band aus den Staaten. Deren Platten hören sich an, als wären sie mit einem Kassettenrecorder aufgenommen worden, der in der Mitte des Raumes steht. – Aber Tatsache ist, es funktioniert, weil sie verstehen, dass dieser Sound zu der Art von Musik passt, die sie spielen. Das ist für mich eine gute Produktion…
… welche einfach die Persönlichkeit der Musik auch im Sound widerspiegelt.
Exakt.
Du hast vorhin erzählt, dass bei den Aufnahmen zu „Insider“ im Studio eine Menge schief gelaufen ist. Hast Du mal ein Beispiel?
(lacht) Oh Gott, ich kann Dir einige Beispiele nennen. Der Beginn der Albumaufnahmen lief phantastisch. Wir haben alle Schlagzeug- und Bassspuren in etwa zwei Wochen aufgenommen bekommen, das war extrem gut. Auf dem ersten Album haben allein die Drums einen Monat benötigt (lacht) …
Wir dachten also, wir könnten mit allem bis zum Ende des Jahres fertig werden. Wir gingen dann in ein anderes Studio, um die Gitarren aufzunehmen, und es sah auf einmal aus, als würde es diesmal ewig dauern… Egal, wie schnell ich gearbeitet habe, es war einfach viel mehr Zeug, und wir hatten vorher nicht viel Zeit gehabt, uns viele Gedanken darüber zu machen. Es war nicht so, dass wir genau wussten, wie wir die Sache angehen müssen, sondern wir mussten einfach anfangen und sehen, wohin uns das führt. – Was wunderbar funktionierte mit Bass und Schlagzeug, aber diesmal absolut nicht.
Naja, wir haben es dann irgendwann fertig bekommen, auch den Gesang, und als wir etwa im Januar mit dem Mix anfingen, war gleich ein Pult kaputt. Es gab aber niemanden im Studio, der das reparieren konnte, also mussten wir einen Techniker kommen lassen. Der war dann aber krank, und es gab nicht viele andere, die sich mit diesen alten Pulten auskennen, und es dauerte … Nun, wir bekamen es dann schließlich repariert, woraufhin der Computer seine Arbeit einstellte. Wir kamen unter totalen Zeitdruck und haben dann wieder das Studio gewechselt und alles noch mal von vorne gemacht. Wir konnten im neuen Studio aber nur für etwa zwei Tage lang bleiben und waren gewzungen, erneut in ein anderes Studio gehen, um den Rest fertig zu machen. Wir waren also im mittlerweile dritten Studio, haben den Rest der Platte abgemischt, und merkten dann, dass der Kram aus dem zweiten Studio nicht gut klingt, den wir wiederum nachmixen mussten.
Wir haben also fast einen Monat für den Mix gebraucht, waren dann fertig, und als wir uns das Ergebnis schließlich angehört haben, merkten wir: „Hey, auf dem linken Kanal sind überhaupt keine Cymbeln, was für eine Scheiße ist das?“ Das hatte mit dem kaputten Pult zu tun, denn über die Wochen wurde der Sound immer leiser und leiser - so langsam, dass es uns damals nicht aufgefallen ist. Wir gingen also zurück und haben es noch mal aufgenommen… Am Ende brauchte es zwei Monate, es ging immer vor und zurück, vor und zurück, es war einfach ein Alptraum… (lacht)
Was für eine Geschichte… und teuer war das Ganze sicher auch noch.
Klar, die Kosten sind enorm hochgegangen, und wir waren zudem verdammt dich an der Deadline. Du musst in einem gewissen Plan bleiben, sonst kann die Platte nicht erscheinen. Horrormäßig…
Was für Musik hörst Du denn selber gerne?
Ich höre so ziemlich alles. Ich weiß, dass sich das jetzt ein bisschen nach Klischee anhört, aber… also ich höre Musik um ihrer Selbst willen, es gibt keine Genres, die für mich besonders relevant wären.
Auf „Insider“ gibt es einen Song namens „What Is Music?“, die in diesen Kontext passt. Hast Du eine Antwort auf diese Frage?
Tja, was ist es – ich habe keine Ahnung. Du arbeitest damit, Du bist ein Musikjournalist. Aber weißt Du, wenn ich einen Zahnarzt frage, was Zähne sind, erzählt er mir das. Der erzählt mir alles über Zähne. Aber wenn Du einen Musikjournalisten oder Musiker nach Musik fragst… ich habe verdammt noch mal keine Ahnung.
Musik ist ein Gefühl…
Ein Gefühl, ja, aber was ist ein Gefühl? Ich weiß nicht, das ist ziemlich komisch… es ist eine Art, wie ich mich ausdrücken kann.
Magst Du Metalbands?
Yeah, ich liebe Metalbands. - SLAYER sind eine meiner Lieblingsbands. Dave Lombardo, der gibt mir den Rest …
Gibt es eine Band, mit der Du gerne mal gemeinsam auf Tour gehen würdest?
BLACK SABBATH (lacht) … BLACK SABBATH... (lacht) definitiv. Ich hatte kürzlich einen Traum, dass ich in BLACK SABBATH wäre, und ich hatte einen großen Schnurrbart, wie Iommi. Ich spielte „The Wizzard“, das ist mein Lieblings-Song.
Herrlich… Abschließend hätte ich noch gerne gewusst, was Du als „Insel-Bewohner“ von diesen ganzen britischen Bands hältst, Combos wie THE STROKES, THE WHITE STRIPES und THE HIVES. Der Hype dauert ja bisher noch an…
Ja, ich mag einige Sachen. Um ehrlich zu sein, ich lese keine Musikmagazine, weil ich mir nicht gerne sagen lasse, was angesagt ist. Ich sehe mich lieber selber um und finde das für mich heraus. Ich mag das erste Album der STROKES sehr gerne, denn es klingt nicht wie irgendetwas anderes, was ich kenne. Ich weiß nicht, ob THE HIVES eine Album-Band sind, ich denke, sie sind eine Band zum live Sehen. THE WHITE STRIPES können verdammt brilliant sein, einiges auf ihren Platten ist wirklich erstaunlich.
Ich mag wirklich alles … das ist keine Lüge … alles, was echt ist und kein Beschiss. Nicht so wie das meiste, was Du im Radio hören kannst oder im TV sehen… Für mich ist der meiste Kram dort Werbekram. Eine Menge dieser Emo-Bands, die sind für mich nur Werbung, ich komme damit nicht klar. Die machen doch nur Werbung für Haar-Produkte … (lacht)
Besten Dank für das ausführliche Gespräch!
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Chris
Als Kind der 90er liebe ich Grunge und Alternative Rock – meine bevorzugten Genres sind aber Death, Groove, Dark und Thrash Metal. Ich kann Musik und Künstler schwer voneinander trennen und halte Szene-Polizisten für das Letzte, was Musik braucht. Cool, dass Du vorbeischaust!