Geschrieben von Sonntag, 08 Oktober 2006 13:29

Insomnium - Interview zu "Above The Weeping World" mit Gitarrist Ville Vänni



INSOMNIUM sind mit ihrem aktuellen dritten Album "Above The Weeping World" aus ihrem eigenen Schatten hervorgetreten. Klang der Vorgänger noch ein wenig zu sehr nach großen skandinavischen Bands à la OPETH und Co., so haben wir es dieser Tage mit einer sehr eigenständigen Kapelle zu tun. Die Songs besitzen mehr Druck als früher, dafür klingt die sensible Seite der Finnen nicht mehr so oft heraus. Gitarrist Ville teilte uns seine Sicht der Dinge per E-Mail mit ...

Ville, bitte stelle Dich und Deine Band kurz unseren Lesern vor.

Hallo, ich bin Ville Vänni, Gitarrist bei INSOMNIUM. Wir sind eine Melodic Death Metal Band aus Finnland, und da ich versuche, irgendwelche irreführenden Klassifikationen zu vermeiden, lasse ich unsere Musik lieber für sich selbst sprechen.

Eure Musik klingt einerseits sehr melancholisch und warm, voller Emotionalität - auf der anderen Seite knallt Ihr extrem nach vorne, mit Doublebass und Growls. Im Vergleich zu Eurem letzten Album habt Ihr Euch in punkto Songwriting zudem stark verbessert. Wie siehst Du Eure Entwicklung, und was hat sich seit Eurem Letztwerk "Since The Day It All Came Down" verändert?

"Above The Weeping World" ist definitive das beste Album, das wir bislang gemacht haben. Ich denke, dieses Mal ist uns sowohl die Vorproduktionsphase sowie auch die Studioarbeit sehr geglückt, es lief viel besser als bei "Since The Day…". Die letzte Platte wurde hauptsächlich mit der Akustik-Gitarre geschrieben, doch dieses Mal nutzten wir viele elektrischen Gitarren beim Songwriting, und das mag den Unterschied zwischen den beiden letzten Werken erklären. Auf "Above The Weeping World" haben wir es irgendwie hinbekommen, die Songstrukturen zu straffen, zudem sind die Kontraste stärker.

Die ersten zwei Minuten von "Change Of Heart" oder der Anfang von "Devoid Of Caring"klingen, als wäret Ihr beim Schreiben von Metalcore beeinflusst gewesen. Wenn an diesen Stellen keine Growls sondern klarer Gesang stünde, könnten sie durchaus von einer der momentan angesagten Combos dieses Genres stamen, obwohl sich die Songs dann natürlich in andere Richtung weiterentwickeln. Ich finde diese Mischung ziemlich cool und gelungen - aber habt Ihr auch nur einen Gedanken an diese Ähnlichkeit verschwendet? Hört Ihr überhaupt Metalcore-Bands?

Dieses ganze Metalcore-Konzept leidet irgendwie an Inflation, das ist der selbe Effekt, wie er mit dem letzten amerikanischen Boom passierte, dem Nu Metal. Wir versuchen, Musik aus einem weiten Spektrum zu hören, und ich freue mich, dass es momentan einige gute Bands in den Staaten gibt, beispielsweise KILLSWITCH ENGAGE. Dennoch denke ich, dass die beste Musik (und daher auch unser Einfluss) aus Skandinavien kommt.

Wovon lasst Ihr Euch beim Songwriting inspirieren?

Vom Leben generell. Wir sind von der Musik, die wir hören, inspiriert, aber hauptsächlich durch Literatur, Kunst und Dinge, die wir sehen oder die wir im Leben erfahren. Der "Hauptantrieb" hinter jedem Song ist ein bestimmtes Gefühl oder eine Stimmung, die wir mit der Musik darzustellen versuchen.

Aus der Platteninfo entnehme ich, dass die Texte von Dichtern wie Poe oder Hölderlin beeinflusst sind. Gibt es eine Art Konzept hinter den Lyrics?

Auf unserem vorherigen Album hatten wir ein Konzept, das die Songs als Geschichte miteinander verbunden hat, doch diesmal sind die Lieder eher wie Individuen. Sie formen aber dennoch eine Art Einheit. Wir integrieren Einflüsse aus einem weiten kulturellen Spektrum, nicht nur Metal Musik oder damit Verwandtes. Unser Sänger Niilo studiert Kulturgeschichte und liest eine Menge Romane und Gedichte, so ist es also ganz normal, dass wir daraus Einflüsse beziehen. Diese Texte sind unsere eigene Interpretation klassischer Dramenthemen.

Ich mag die traditionellen finnischen Melodien auf dem Album sehr, sie erinern mich ein wenig an AMORPHIS. Mehr eigentlich als an OPETH und Konsorten, wie es noch beim vorhergehenden Album war. Dennoch klingen einige Eurer neuen Songs sich ein wenig zu ähnlich für meinen Geschmack, gerade bezogen auf die Melodien, aber auch im Hinblick auf wiederkehrende Struktur-Elemente. Insbesondere das Growling limitiert Euch ein wenig, ich hätte lieber mehrere cleane Gesangspassagen gehabt wie bei "The Killjoy". Was denkst Du darüber, und wird es wieder mehr cleane Vocals bei Euch geben in Zukunft?

Ich denke, dass Du noch nicht richtig vertraut geworden bist mit den Songs, wenn manche zu ähnlich für Dich klingen. (Lachsmiley) Wir haben ganz bewusst die Arrangements ein wenig gestrafft auf diesem Album, um es kompakter und besser hörbar zu machen. Es ist schwer zu sagen, in welche Richtung wir als nächstes gehen werden, wir sind einfach ehrlich zu uns selbst und machen die Sachen so, wie wir wollen. Es gibt immer jemanden, der mehr von diesem oder jenem hören möchte, und wenn Du alle zufriedenstellen willst, bewegst Du Dich auf dünnem Eis.
Cleane Vocals mögen eine größere Rolle auf dem nächsten Album spielen, aber das ist zu diesem Zeitpunkt unmöglich zu sagen. Wir werden sehen, wie sich die Dinge entwickeln, vielleicht wird's auch alles Britney Spears-Zeug das nächste Mal… (Lachsmiley)

Welche Ziele wollt Ihr mit diesem Album erreichen?

Wir möchten, dass alle Kriege beendet warden, Wasser sich in Wein verwandelt und Satan siegt! Ernsthaft, wir wollen unsere Musik auf das "nächste Level" bringen, indem wir durch Europa touren und einige neue Fans hinzugewinnen. Wir möchten Musik machen, hinter der wir mit ganzem Herzen stehen und uns so selbst weiterbringen.

Wie lief der Schreib- und Aufnahme-Prozess ab - war es eher eine harte Zeit oder hattet Ihr mehr Spaß als Last?

Der Schreibprozess ist immer lang uns nervenfressend für uns, denn wir komponieren die Riffs und Ideen separat, um sie danach bei den Proben in verschiedenen Arrangements auszuprobieren. Wir leben in getrennten Städten, unsere Proben sind also lang und konzentriert, die Grundarbeit findet immer vorher statt. Wir hatten unseren Anteil an Problemen während der Aufnahmen, aber unser Tontechniker hatte seinen Job wirklich drauf, und alles kam so auf's Tape, wie wir uns das vorgestellt haben. Die Studiozeit war ziemlich kurz für uns, aber das ist der Preis dafür, wenn Du Perfektionist mit limitierten Fähigkeiten bist. (Anm.d.Red: Ich schätze, hier war eher Möglichkeiten gemeint... die Fähigkeiten der Jungs sind hörbar alles andere als limitiert.)
Welchen Status habt Ihr mittlerweile in Skandinavien, ist INSOMNIUM mittlerweile ein Full-Time-Job für Euch?

Wir alle haben eigene Jobs, sodass wir finanziell unabhängig sind, um mit INSOMNIUM machen zu können, wozu wir Lust haben. Mitglied einer Band zu sein ist dennoch ein Full-Time-Job, denn diese Dinge neigen dazu, Dich überallhin zu verfolgen! Ich denke, unser Status in Skandinavien ist "bubbling under", aber die Dinge entwickeln sich mit diesem Album in eine gute Richtung. Ich denke, unsere anstehende Tour hat damit eine Menge zu tun.

Abschließend: Wann kommt Ihr nach Deutschland?

Wir werden am 12. Oktober nach Deutschland kommen und vier Shows bei Euch spielen, als Teil der Europa-Tour. Checkt einfach www.insomnium.net für mehr Tourdaten!