Tony, Du hast zuletzt bei TRANSPORT LEAGUE gespielt und bezeichnest M.A.N als würdige Nachfolge-Band. Was war der Grund für das Ende Deiner alten Kapelle?
Es gab verschiedene Gründe. Wir haben das ja eine ganze Weile gemacht und auch echt gute Besprechungen bekommen, die Leute mochten unsere Musik. Ich weiß nicht genau, es gab eben immer Probleme mit den Labels… (sucht nach Worten) Musik zu spielen, die nicht dem entspricht, was sonst so aus Schweden oder Göteborg kommt, war nicht besonders handhabbar für die Labels. Die Independent-Firmen fanden unseren Stil zu Major-Label orientiert, und die wiederum fanden uns zu Independent-orientiert, wir saßen also zwischen den Stühlen. Nach einer Weile war das echt frustrierend.
Dazu kam, dass die ersten beiden Alben einen etwas anderen Sound hatten als die letzte Scheibe; wir haben diese „Bogie from hell“-Sache erfunden, aber unser Stil hatte sich beim letzten Album so stark verändert, dass es nicht mehr dieses alte Ding war. Zur selben Zeit wollte ich meinen Gesang verbessern und entschied, nicht mehr weiter als Gitarrist in der Band zu spielen. Es gab also verschiedene Gründe, noch mal neu anzufangen, und das ist immer eine schwierige Sache. Die Leute kannten ja den Namen, da ging ja schon Einiges, und jetzt mit M.A.N ist es einfach anders, weil wir völlig neu wieder anfangen müssen.
Also ist M.A.N die logische Weiterentwicklung von TRANSPORT LEAGUE.
Ja, kann man schon sagen. Das erste Album mit M.A.N wurde eigentlich auch unter dem Namen TRANSPORT LEAGUE aufgenommen. Als wir überlegten, auf welchem Label es erscheinen sollte, haben wir uns für eine Umbenennung entschieden.
Ist „Obey. Consume. Reject” in Deutschland erschienen? Ich habe davon zumindest nichts mitbekommen.
Ja, sie kam in ganz Europa heraus, aber wurde wirklich schlecht verbreitet und promotet. Da lief wohl einiges schief.
Seid Ihr in Skandinavien bekannter?
Nun, wir bekamen leider auch in Skandinavien nicht die Möglichkeit, unser Album anständig zu veröffentlichen. Zuerst haben wir es selbst rausgebracht, und dann hatten wir den Deal mit Gain, die es noch mal veröffentlichten. Aber es wurde komplett schlecht promotet, so dass wir keinen großen Namen in Skandinavien haben.
Also Newcomer-Status, wie hier in Europa …
Ja, das ist uns klar.
Euer neues Album klingt stark riff-orientiert, auch im Vergleich zur ersten Scheibe, von der ich momentan aber nur wenige Songs von Eurer MySpace-Seite kenne. Kann man sagen, dass Ihr früher melodischer wart?
Man könnte sagen, dass wir heute stärker Riff-basiert spielen, ja. Was das Melodische angeht, ich weiß nicht… das liegt im Auge des Betrachters. Vielleicht ist das „Peacenemy“-Album in gewisser Hinsicht aggressiver, zugleich hat es aber Ähnlichkeiten in Bezug auf Hooks und Aufbau. Es fühlt sich an wie eine natürliche Entwicklung, auch mit den neuen Mitgliedern. Denn ich bin der einzige, der vom Line-up des ersten Albums übrig geblieben ist. Wir haben einen neuen Drummer, einen neuen Gitaristen und einen neuen Bassisten. Und jeder war Teil des Songwriting-Prozesses. Ich habe vorher rund 95 Prozent aller Sachen geschrieben, und dieses Mal ein Drittel oder so.
Wie kam dieser Wechsel innerhalb der Band zustande?
Man hatte zu wenig Zeit oder wollte was anderes machen, wohnte zu weit entfernt von Göteborg, hatte keine Zeit zum Proben, kein Interesse oder persönliche Probleme. – Ein Hauptgrund waren Gesundheitsprobleme.
In die Runde gefragt: Habt Ihr vorher in anderen Bands gespielt?
Rob (Bass): Ich habe vorher in einer Band namens GHOSTFLESH gespielt. Wir haben eine Mini-CD und ein Album herausgebracht, damals 1999.
(Der Rest der Anwesenden versteht und spricht offensichtlich kaum Englisch und nickt daher nur freundlich.)
Demnach ist es neu für ein paar von Euch, auf Tour zu gehen.
Rob: Ja, es ist aufregend, neu und frisch. Tony und ich haben schon in mehreren Projekten vorher zusammen gespielt, die auf ein paar Mini-CDs erschienen sind. Wir bekamen ein paar Reviews, sogar im Rock Hard.
Tony: Wir hatten kein Label, aber wir haben eine lange gemeinsame Vorgeschichte. Robin und ich kennen uns seit 1996 oder so.
Rob: Ich sah Tony im Video der Band B-THONG zu „Seeking“. Das liegt lang zurück, aber ich sagte meinen Jungs „den muss ich haben für unseren neuen Kram“.
Ok, zurück zum Album. Mein erster Eindruck von „Peacenemy“ war nicht so toll – ich würde nicht sagen „langweilig“, aber sie hat mich nicht groß berührt. Erst nach und nach habe ich Zugang gefunden, und jetzt muss ich sagen: Klasse Scheibe!
Tony: Das ist cool! Es ist sehr ehrlich von Dir, dass Du das so frei sagst. Das …
Rob: … schätzen wir sehr ...
Tony: … absolut! Und jetzt sagst Du, es ist ein tolles Album – das freut uns total!
Wie kam es denn zur Zusammenarbeit mit Burton C. Bell von FEAR FACTORY beim Song „My Own Sickness“?
Tony: Mit dem ersten Line-up von M.A.N spielten wir eine Support-Tour mit FEAR FACTORY. Wir hatten etwa elf gemeinsame Shows in Skandinavien, auch weil Burton davor ein Fan von TRANSPORT LEAGUE gewesen ist. Wir sind gute Freunde geworden, und nach der Tour meldete er sich, als wir gerade mit den neuen Aufnahmen begonnen hatten. Wir kamen dann auf die Idee, dass er auf einem der neuen Songs einen Gesangspart übernehmen könnte. So war es dann auch, und das Ergebnis ist wirklich toll, wir sind damit sehr glücklich.
Hast Du ihm gesagt, was er singen soll?
Tony: Nein, er kam von alleine mit dem Chorus. Ich habe ihm völlig freie Hand gelassen, aber die Riffs und das Arrangement kamen von uns aus der Band.
Es ist einer der besten Songs der Platte geworden. Nicht nur, weil Burton darauf singt, sondern weil das Stück einer der doch recht wenigen von Grund auf melodischen Titel ist. Ich hätte mir deshalb mehr Material dieses Kalibers gewünscht, so wie „Body Sewer“ oder auch „Eyes Bled, Tears Shed“. Die zünden auch sofort!
Tony: Ja, diese Songs gefallen Dir. Aber beides sind ältere Sachen, bei denen wir sogar überlegt hatten, sie wegzulassen. Sie standen für uns in gewisser Weise für die „alten M.A.N“, sie waren zu melodisch. Sie haben eine sehr harsche, aggressive Strophe und einen gesungenen Chorus, der ihnen in gewisser Hinsicht diese Nu Metal-Form gibt.
Also mögt Ihr diese Art Songs nicht besonders?
Tony: Nein… doch… wir mögen diese Art Songs, aber wir wollten etwas anderes machen, auch in Abgrenzung zum ersten Album.
Also klingt das erste Album melodischer, so wie ich anfangs vermutet habe.
Tony: Ja, irgendwie hast Du Recht. Ich habe das für mich nur noch nicht so klar gesehen …
In der Platteninfo steht über Euch, dass Ihr den typischen Göteborg-Sound spielt. Das trifft nun ganz offensichtlich überhaupt nicht zu.
Tony: Nein, und ich habe keine Ahnung, woher das kommt.
Rob: Vermutlich, weil wir aus Göteborg stammen.
Welches sind also Eure wahren Einflüsse?
Rob: IN FLAMES, DARK TRANQUILLITY…. Bands wie diese, weißt Du. (alles lacht)
Tony: Wir sind von amerikanischen Bands beeinflusst. PRONG, WHITE ZOMBIE, AMERICAN HEADCHARGE… und wie Du eingangs sagtest, auch STATIC X, MUDVAYNE …
Ihr seid also nicht der Meinung vieler Kritiker, dass Nu Metal tot ist?
Tony: Du kannst den Sound interessant machen, du musst nicht die langweilige Form nehmen. Nun, Kritiker sagen, wir spielen Nu Metal. Vielleicht tun wir das, ist mir egal.
Rob: Einfach Metal. Pissed-of-metal.
Tony: Yeah, pissed-of-metal! Was bedeutet das Kürzel M.A.N ?
Tony: M.A.N steht für absolut nichts. „Means Absolutely Nothing“, das ist die Bedeutung. Du kannst auch gerne selbst bestimmen, für was es steht, z.B. „Metal All Night“. Aber die ursprüngliche Idee war, einen einfachen Namen mit drei Buchstaben zu haben, den man mit allem Möglichen verbinden kann. Mit der Menschheit (Mankind) oder was auch immer …
Und warum steht hinter dem „N“ kein Punkt?
Tony: (lacht) Weil es nicht gut aussah. Reine Formsache, haha … Es ist ein Name, nicht mehr. Vielleicht ist es cool oder langweilig oder doof, ich weiß es nicht. Als ich zum ersten mal den Namen „PANTERA“ hörte, dachte ich auch „häh?“. Hey, es ist nur ein Name.
Robguz, ich habe gelesen, dass Du eine selbstgebaute Gitarre spielst, mit 11 Saiten.
Robguz (Gitarre): Tja… ich habe aber auch ein paar Probleme damit, diese 11-saitige Gitarre passend in die Band mit einzubringen. Sie ist für ein anderes Stimm-System gebaut, das sich nicht ganz mit M.A.N in Einklang bringen lässt.
Welche Musik spielst Du für gewöhnlich mit dem Instrument?
Robguz: Ich spiele seit etwa 10 Jahren unterschiedliche Musik mit der Gitarre, mehr Jazz- oder Art-Musik. Aber die Möglichkeiten mit dem Instrument sind unerschöpflich, und ich habe von Anfang an versucht, sie auch für M.A.N einzusetzen.
Auf der Platte gibt es neben der Gitarre noch mehr ungewöhnliche Klänge zu hören, bist Du dafür auch verantwortlich?
Robguz: Ja, ich drücke mich sehr gerne auf viele verschiedene Weisen aus, nur die Gitarre reicht mir nicht. Ich spiele zum Beispiel die Israj aus Indien oder das Kuhhorn, auch das mittelalterliche Cello.
Rob: Er ist ein echter Künstler, ein echter Freak. Als wir das erste Mal mit Robguz spielten, brachte er seine 11-saitige mit. Wir dachten nur „Wow!", als wir diese abgedrehte Monster-Gitarre gesehen haben.
Robguz: Ich wollte meine eigene Interpretation des M.A.N-Sounds spielen, aber so, dass es zur Musik passt und den anderen Jungs auch gefällt.
Rob: Ein paar Passagen unserer Songs sind auf diesen Instrumenten geschrieben worden, die Robguz spielt. Er benutzte die 11-saitige richtig für’s Songwriting.
Ich vermute, jeder von Euch hat das Alter von 30 Jahren bereits überschritten …
Engberg (Schlagzeug): … noch nicht …(Allgemeines Gelächter und Stimmengewirr)
… ok. Aber Ihr seid nicht die Jüngsten in dem Geschäft, und vor allem Du, Tony, hast schon viel auf und hinter der Bühne mitgemacht. Das Feuer lodert aber immer noch, wie ich sehe.
Tony: Das ist wie eine Droge. Meine Freunde im Tourwagen, das kalte Wasser auf der Bühne und das Publikum – das sind meine Drogen. Und ein guter Monitor-Sound. (lacht) Das ist wirklich wahr, das ist meine Nahrung, die mich weitermachen lässt.