Geschrieben von Samstag, 06 Dezember 2008 01:29

Joey Cape - Interview mit dem Sänger von Lag Wagon zu seinem Solo-Projekt



Joey Cape ist seit über 20 Jahren bei LAG WAGON und hat damit eine ganze Generation von Punkrockern geprägt. Aber auch seine Nebenprojekte wie BAD ASTRONOUT oder AFTERBURNER sind nicht zu unterschätzen. Nachdem er bereits in der Vergangenheit den ein oder anderen Akustik-Song veröffentlicht hat, wurde vor kurzem mit „Bridge“ ein komplettes Solo-Album auf den Markt gebracht. Zwar klingen sowohl die aktuelle LAG WAGON-EP und sein Soloalbum eher durchschnittlich, trotzdem war es mal an der Zeit, dem Mann, der an dem absoluten Meisterwerk „Trashed“ beteiligt war, ein paar Fragen zu stellen. Und so sympathisch wie der kleine Sänger, Gitarrist und Produzent immer wirkt, beantwortete er auch die Fragen.

Könntest du dich bitte unseren Lesern vorstellen?
Ich bin Joey Cape aus San Francisco, Kalifornien. Schön, dich kennen zu lernen.

Erzähl uns doch von deinem Solo-Projekt. Wie lange hat es gedauert, die Songs zu schreiben und aufzunehmen?

Ich hab daran in einem Zeitraum von über zwei Jahren gearbeitet – immer in Intervallen, wenn ich nicht auf Tour oder mit einer anderen Bands beschäftigt war. Die meisten Songs wurden ebenfalls in dieser Zeit geschrieben.

Warum hast du eigentlich LAG WAGON-Songs auf deinem Album „gecovert“? Hattest du nicht genug Songs oder wolltest du sie unbedingt mit einer akustischen Gitarre aufgenommen haben?

Na ja, eigentlich haben LAG WAGON die Songs von meiner Akustik-Platte gecovert. Es ist schon etwas ironisch. Meine Platte war lange bevor LAG WAGON die Songs überhaupt gelernt haben fertig – trotzdem ist die LW-EP eher veröffentlicht worden als mein Album, was die Konfusion und die Frage von dir heraufbeschwört. Im nachhinein war es vielleicht eine schlechte Entscheidung, die Akustik-Platte als Demo zu verwenden, aber LAGWAGON waren einfach reif für neues Live-Material und diese Songs waren nun mal alles, was ich zu dem Zeitpunkt hatte. Irgendwie ist es aber auch cool, da es jetzt zwei total verschiedenen Versionen von den fünf Songs gibt.

Welche Versionen bevorzugst du denn persönlich?

Ich denke, ich bevorzuge immer die akustische Version, außer vielleicht "Memoirs and Landmines". Ich mag dort wirklich Jesses Bassfiguren in dem Song und ich finde, es war mal etwas anderes für LAG WAGON. Es sind zumeist von den Lyrics getragene Songs, und eine akustische Platte unterstützt die Texte und die Melodie meist besser. Außerdem ziehe ich die Tiefe und das langsamere Tempo für das Songwriting vor. Die Rahmenbedingungen erlauben einfach mehr emotionale Dynamik.

In welcher Tradition siehst du dich als Songwriter? Vermischen sich diese Einflüsse mit denen, die du für das LAG WAGON-Songwriting nutzt?

Ich habe mich nie notwendigerweise als Songwriter gesehen.  Ich weiß, dass ich immer ein Fan von diversen Folk- und Countrysongwritern wie Simon and Garfunkle oder Bob Dylan war. Aber auch Popbands wie die BEATLES oder sogar ABBA. As ich aufwuchs, war unser Haus ein sehr musikalisches. Mein Vater und ältere Geschwister waren Musiker und haben eine Menge Musik von Folk bis Klassik gehört. Kein Jazz und Blues allerdings, weswegen ich vermutlich so einen “weißen Soul” habe. Aber ich schätze, die Songwriter haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin, aber es ist schwer da wirklich objektiv zu sein. In LAG WAGON-Songs kommen diese klassischen Genres auch vor, aber auch frühe Metalbands. Ich bin aber natürlich auch mit Punk aufgewachsen. Insgesamt gesehen ist die Basis meines Songwritings in allen Projekten dieselbe.  Abgesehen vom Finden der Melodie ist der Rest nur noch “Formatierung” und das Beachten des Vibes eines Songs, seiner Melodie und des Textes.

Fühlt ihr euch eigentlich wirklich so alt, wie es der Titel des letzten LAG WAGON-Albums nahe legt („I Think My Older Brother Used To Listen To Lagwagon“)?

Natürlich tun wir das. Rock N Roll ist was für junge Leute. Eigentlich ist der Titel sogar ein Zitat, das wir über die Jahre schon einige Male gehört haben, und es scheint auch irgendwie zu passen.

Was ist denn eigentlich das Geheimnis eurer Band, so lange zusammen und auf der Bühne zu bleiben? Gibt es irgendwelche Entscheidungen, die du im Nachhinein bereust?

Ich bedaure schon ein paar Sachen, aber nichts, was erwähnenswert wäre. Ich schätze, wir haben überlebt, weil wir nie eine so berühmte Band waren. Wir haben eine kontinuierliche Karriere im Underground und uns nie dazu hinreißen lassen, eine Mainstreamband zu werden. Einfache Entscheidungen muss eine Band jeden Tag in ihrer Karriere treffen. Wie die Möglichkeiten eines Videos, Radioeinsatzes, Support-Touren und die Auswahl der Publicity. Es ist aber ziemlich einfach, auf der Low-Profile-Straße zu fahren. Wenn der große Hype eine Rolle spielt, ist das nicht gut für die Identität einer Band. Da sind dann zu viele Menschen beteiligt, und zu viele Meinungen verwässern die Grundintentionen der Band. Wir sind halt nie mit dieser Achterbahn mitgefahren. Unser Ritt war eher etwas monoton, mit einigen Hügeln und Tälern. Das macht es einfacher, die Dinge zusammen zu halten und auf unsere Überzeugungen zu fokussieren.

Wie kriegst du es eigentlich unter einen Hut, Solo-Künstler, LAGWAGON-Sänger und auch noch Familienvater zu sein?

Manchmal ist es schon schwierig, aber nicht so sehr, wie es sich anhört. In einer Band zu sein ist nicht wirklich ein Full-Time-Job, und die ganze Freizeit ist weder förderlich für das Finanzielle noch das Künstlerische. Ich bin nur hier für eine unsichere Anzahl von Jahren, und ich möchte die Zeit nutzen, in denen ich produktiv sein kann. Ich denke, ich kann mich sehr glücklich schätzen, Job mit Leidenschaft verbinden zu können. Also versuche ich, soviel wie möglich zu arbeiten. Ich habe eigentlich auch noch zwei andere Bands, die du nicht erwähnt hast, und ich überlege grade eine neue im nächsten Jahr zu gründen. Es wird zum größten Teil eine Erweiterung meines Solodings sein. Ich möchte halt noch eine Band hinzufügen, um weniger limitiert zu sein.

Arbeitest du eigentlich noch als Produzent? Welche deiner von dir produzierten Platten ist denn dein Schätzchen?

Ich produziere alles, bei dem ich beteiligt bin, bis zu einem gewissen Grad. Ich denke, meine stolzesten Momente waren während der Aufnahmen zu "Houston, We Have A Drinking Problem" von BAD ASTRONAUT. Ich mochte wirklich den ganzen Aufnahmeprozess und all die kreativen Techniken, die wir uns vorgenommen haben für die Platte. Es war das erste Mal bei vielen Sachen für mich und ich fühlte, dass ich eine wirkliche Änderung in meiner Musik vollzog – mich also selbst ein wenig neu erfunden habe als Künstler.

Warum hat sich eigentlich der Stil von LAG WAGON und der deiner Stimme so drastisch zwischen “Trashed” und „Hoss“ verändert?

Ich sehe den Unterschied gar nicht so, wie du ihn vielleicht siehst. Ich bin mir nicht sicher. Es ist da immer schwer, objektiv zu sein.

Hast du jemals überlegt, deine Platten über ein eigenes Label laufen zu lassen, so wie Fat Mike es mit Fat Wreck Chords gemacht hat?

Ja. Eigentlich haben wir die ersten beiden BAD ASTRONAUT-Platten über mein Label “My Records” gemacht, ein Label, welches ich über fünf Jahre betrieben habe. Am Ende habe ich aber erkannt, dass die Labelarbeit nichts für mich ist, und ich habe die Alben über Fat veröffentlicht. Es ist einfach zu viel Arbeit ohne richtige Mannschaft. Da waren ja nur zwei von uns, Jessica und ich selbst.

Wo werden LAG WAGON und du in den nächsten fünf Jahren sein?

Ich habe keine Ahnung.

Famous Last Words?

Fisch ist kein Gemüse.

Vielen dank für deine Zeit.

Kai