Geschrieben von Freitag, 03 November 2006 09:02

Samiam: "Wir wollten nie Popstars werden" - Interview mit Gitarrist Sergie

SAMIAM sind wieder da. Nicht jeder hat mitbekommen, dass sich die Band aufgelöst hatte. Allerdings war es sehr still um die Amerikaner geworden. Das letzte Studioalbum „Astray“ stammt aus dem Jahr 2000. Insgesamt drei Europatouren in der Zeit, in der sich SAMIAM eigentlich aufgelöst hatten, ließen die Band aber dennoch nicht in Vergessenheit geraten. Und nun kommt „Whatever`s Got You Down“ auf den Markt, ein großartiges neues Album der emotionalen Punkrocker. Gitarrist Sergie stand uns Rede und Antwort und sprach über die Auszeit, das neue Album und einiges mehr.

Sergie, stell dich doch mal kurz vor und erzähl uns ein wenig über SAMIAM!

Okay, ich bin Sergie, der Gitarrist, und habe mit unserem Sänger Jason SAMIAM vor gut 16 Jahren gestartet. Insgesamt haben wir sechs Platten veröffentlicht und waren insgesamt zwölfmal in Deutschland auf Tour. Das 13. Mal steht unmittelbar bevor.

Im Jahr 2000 haben wir uns aufgelöst, dennoch haben wir in den Jahren danach noch drei Tourneen gespielt. Und dann haben wir uns doch wieder überlegt, eine neue Platte zu veröffentlichen und letztes Jahr ging es ins Studio. Nun wird das neue Werk im Jahr 2006 endlich herauskommen.

Kannst du uns mehr über die letzten sechs Jahre erzählen?

Wir hatten uns grundsätzlich aufgelöst. Dennoch tourten wir dreimal durch Europa. Wenn wir Lust hatten, trafen wir uns zum Üben. Genauso nahmen wir auch hin wieder einige Monate Abstand voneinander. Wir hatten keine weiterführenden Pläne. Zwar wollten wir auch irgendwann wieder ein weiteres Album aufnehmen, doch spielte ich in der Zwischenzeit in einer anderen Band. Die anderen waren ebenfalls beschäftigt und so fehlte die Zeit. Wir hatten keinen Masterplan und wollten eigentlich auch nie Karriere machen.

SAMIAM waren schon immer nie mehr als ein Hobby für uns alle. Und so verstrich die Zeit, ohne dass irgendetwas daraufhin deutete, dass wir ein neues Album aufnehmen würden. Wir wollten eben nie Popstars werden, sondern nur für uns Musik machen und zusammenspielen. Und so war uns eine weitere Platte irgendwann nicht mehr so wichtig. Daher hat es so lange gedauert.

Wie habt ihr euch in der langen Pause die Zeit vertrieben?

Wie schon gesagt, ich war in einer anderen Band namens SOLEA aktiv, wir veröffentlichten einige Alben und tourten auch zweimal durch Europa. Außerdem bin ich Ehemann geworden und Musik ist nicht mehr das Wichtigste in meinem Leben, auch wenn die Musik immer noch eine große Rolle spielt.

Wie kam es dazu, dass ihr euch jetzt wiedervereint habt und euer neues Album jetzt herauskam?

Es war nicht geplant, aber da wir immer Kontakt zueinander hielten, haben wir uns irgendwann doch dazu entschlossen, wieder ein Album aufzunehmen. Und dann haben wir es einfach getan.

Hat es dann noch lange gedauert, bis ihr mit den Aufnahmen begonnen habt?

Ja, das hat es. Zuerst begannen wir wieder zu proben, Songs zu schreiben und uns wieder aneinander zu gewöhnen. Auch unseren neuen Bassisten Jeremy Bergo mussten wir ja erst einarbeiten. Gute sieben Monate danach starteten wir dann mit den Aufnahmesessions. Das war Anfang Mai in diesem Jahr. Wir haben uns also viel Zeit gelassen und in Ruhe gearbeitet. Wir wollten unsere neuen Songs auch einfach noch einmal in vielen Varianten ausprobieren und daher dauerte es länger als gedacht.

Erzähl doch mal ein bisschen über eure Zeit im Studio und wie ihr das neue Album aufgenommen habt.

Im Grunde war es so wie früher. Wir haben uns einen Produzenten gesucht und das Album mit allem Drum und Dran aufgenommen. Aber unsere Einstellung war anders. Wir wollten uns von all den anderen Poppunkbands, die zurzeit so angesagt sind, klar unterscheiden. Deren Aufnahmen sind immer so clean und sie gehen mit dem Ziel ins Studio, ins Radio zu kommen und bei MTV zu landen. Wir haben versucht ein Album zu komponieren, das ein wenig verrückt oder sonderbar klingt. Es sollte interessanter und kantiger werden. Und ich denke, das ist uns gelungen.

Euer Album trägt den Titel „Whatever´s Got You Down“. Hat dieser Name eine besondere Bedeutung für dich?

 „Whatever´s Got You Down“ ist eine Zeile aus dem Song „Storm Clouds“. Wir konnten uns in der Band auf keinen  Titel einigen, und dann las ich die Lyrics von Sänger Jason, in denen diese Zeile vorkam. Ich fand sie ganz toll und konnte die anderen Bandmitglieder überzeugen. Denn dieser Titel hat etwas mit unserer Band zu tun und passt zu SAMIAM. Er bedeutet für uns, dass wir weiter in irgendeiner Art und Weise ehrlich zu uns sind und da weitermachen, wo wir aufgehört haben.

Wo siehst du die größten Unterschiede, wenn du „Whatever´s Got You Down“ mit „Astray“ oder „Clumsy“ vergleichst? Was habt ihr am stärksten verändert?

Ich denke das neue Album unterscheidet sich sehr von den drei Vorgängern. Zum einen wechselte Sean vom Bass an die Gitarre, um den Ausstieg von James Brogan zu kompensieren. Er schrieb diesmal mehr als die Hälfte aller Songs und das spiegelt sich wider. Seine Einstellung ist komplett anders, als es bei früheren Alben der Fall war. Er kommt nicht aus dem Punkrockbereich und schrieb ganz andere Songs, als wir es gewohnt waren. Und so ist letztendlich auch der Sound des gesamten Albums anders.

Auf „Clumsy“ und „Astray“ wurden alle Songs von James, dem ehemaligen Gitarristen, geschrieben. Die Beschaffenheit der Songs war sehr dicht und alle besaßen einen großen „SAMIAM- Stempel“. Sie klangen ganz klar nach SAMIAM. Auf „Whatever´s Got You Down“ klingen wir differenzierter als je zuvor.

Der typische SAMIAM-Sound ist nicht mehr so leicht zu erkennen. Ich denke, dass die Leute nicht immer den gleichen Sound hören wollen, sondern auch positiv darauf reagieren, wenn jemand anders klingt. Dieses Album spricht sicher die Hörer und Fans, die unserer Musik ein wenig offener gegenüberstehen, an. Aber dennoch bin ich natürlich sehr gespannt, wie „Whatever´s Got You Down“ ankommen wird.

Denkst du, dass diese Veränderungen im Sound eine logische Konsequenz, der typische Schritt nach vorne, sind?

Ich würde nicht unbedingt sagen, dass das neue Album einen Schritt nach vorne oder einen Schritt weiter bedeutet. Für mich heißt das, dass wir besser geworden sind, und das sind wir nicht. Wir sind eine alte Band, die schon lange dabei ist. Wir schreiben Songs, die wir mögen und spielen wollen. Wir wollen auch nicht unbedingt mehr Platten verkaufen oder eine wichtigere Rolle auf dem Musikmarkt spielen, wie viele von den neuen Bands.

Unsere Einstellung ist es, so weit wie möglich von einer großen Karriere entfernt zu sein. Wir machen Musik, weil es uns Spaß macht. Aus diesen Gründen würde ich nicht unbedingt sagen, dass wir weitergegangen sind, sondern dass wir eher einen Schritt zur Seite gemacht haben. Wir haben in unserem Sound etwas verändert, aber wir wollen damit nichts erreichen.

Habt ihr während der sechs Jahre eigentlich schon weitere Songs für SAMIAM geschrieben oder kam das wirklich alles erst in den letzten knapp 15 Monaten?

Ich habe mich ja in den vergangenen Jahren mit SOLEA beschäftigt und für die auch gut 20 Songs alleine geschrieben. Natürlich hätten diese Tracks auch Songs für SAMIAM sein können, doch wurden sie für SOLEA veröffentlicht. Unser Sänger Jason hat zum Beispiel in den sechs Jahren gar keine Musik gemacht und Sean war mit den SAKERS beschäftigt. Klar haben wir Songs geschrieben. Ich saß häufig auf meiner Couch und habe herumprobiert, doch im Endeffekt entstanden die neuen SAMIAM-Songs alle erst in den Monaten, bevor wir ins Studio gegangen sind.

Wie viele Songs hattet ihr eigentlich für die Aufnahmen komponiert?

Wir hatten insgesamt 17 eigene Songs inklusive des Coversongs, „This Would Be Are Here“ von den ZOMBIES fertig. Allerdings haben wir aber erstmal nur zwölf Songs auf dem neuen Album verewigt. Den Coversong und die restlichen Songs werden wir als Bonustracks, B-Seiten oder auf Samplern veröffentlichen. Da sind wir noch nicht ganz sicher. Die zwölf Songs, die wir ausgesucht haben, sind in unseren Augen die Songs, die am komplettesten und vollständigsten waren. Daher haben wir uns für sie entschieden.

Wie kam es eigentlich, dass Burning Heart, eure Plattenfirma, euch so lange die Treue gehalten hat? War der Vertrag 2000 nicht ausgelaufen?

Ja das stimmt, der Vertrag endete 2000 mit „Astray“. Doch wir haben immer freundschaftlichen Kontakt mit den Jungs von Burning Heart gehalten. Und als wir nun wieder ein Album aufnehmen wollten, da boten sie uns sofort wieder einen Deal an. Da wir mit unserer Musik kein Geld machen wollen, war es für uns die beste Möglichkeit, die wir kriegen konnten. Bei Burning Heart sind wir gut aufgehoben und werden super betreut. Im Grunde sind Burning Heart mittlerweile ein Teil der Band.