Geschrieben von Dienstag, 05 Dezember 2006 09:11

Deadline - Interview mit Bassist Herve




Link: http://www.deadline-uk.com

 
Die britischen Streetpunker von DEADLINE sind eine sehr umtriebige Band, die in den letzten zwei Jahren mit „Getting Serious“ und gerade jetzt mit „Take A Good Look“ zwei richtig starke Alben veröffentlicht hat. Besonders lebt die Musik der Band von Sängerin Liz. Ihr sympathischer Ehemann und Bassist Herve stand uns Rede und Antwort und plauderte aus dem Nähkästchen über das neue Album, die Rockszene in London und vieles mehr. Dabei wurde er aus dem Hintergrund tatkräftig von seiner Frau mit Kommentaren und Hinweisen unterstützt.
Herve, stell dich und deine Band doch mal in ein paar kurzen Sätzen vor.

DEADLINE waren von Beginn an eigentlich immer Liz, unsere Sängerin, und ich. Der Rest der Band zeichnete sich regelmäßig durch Wechsel im Line-Up aus. So ist Lee Jones schon seit drei Jahren dabei, die anderen beiden Mitglieder Pascal und Ryan stießen aber erst kürzlich zur Band. Ryan ist auch erst 20 Jahre alt, aber ich finde es gut, wenn junges und frisches Blut in der Band ist.
Wann genau habt ihr denn mit DEADLINE begonnen?
Wir starteten DEADLINE vor ungefähr sechs Jahren, und ein Jahr später kam dann unsere erste 7-inch auf den Markt. Davor hatten wir aber auch noch keine einzige Show gespielt, und so ist es vielleicht besser zu sagen, dass wir im Grunde mit DEADLINE erst mit der 7-inch begannen.
Wie kam denn euer Treffen, also das von Liz und Dir zustande, so dass ihr die Band dann gegründet habt?
Wir wohnten damals schon zusammen. Ich spielte in diversen anderen Bands zu diesem Zeitpunkt. Wir spielten meistens Punkrock. Doch Liz sagte mir immer wieder, sie könnte das besser machen und mit mir zusammen eine bessere Band auf die Beine stellen. Dabei war es Ihr zu diesem Zeitpunkt auch egal, in welche Richtung im Punkrockbereich es gegangen wäre. Wie dem auch sei, eines Tages haben wir uns dann mal den Gesang von Liz zu ein paar Punkrocknummern angehört, und das war wirklich gut. Und so gründeten wir zusammen DEADLINE.

Allerdings fällt mir auf, dass du Franzose bist. Eine etwas ungewöhnliche Mischung für einen Franzosen in einer englischen Punkband zu spielen, oder? Wie kommt es, dass du in London wohnst?

Ja, sehr ungewöhnlich (lacht), aber ich wohne jetzt schon seit gut zwölf Jahren in London. Und warum ich nach London kam? Du kannst sagen „London Calling“ (lacht erneut). Die Punkszene in Frankreich ist richtig schlecht und so kam ich nach London, um mir einige Shows anzuschauen und hier auch für einen Sommer zu arbeiten. Daraus wurden dann mehrere Jahre, und nun bin ich tatsächlich immer noch hier. Es ist einfacher hier Bands zu finden, Musik zu machen und Touren zu organisieren. Außerdem ist es auch einfacher, nach einer Tour wieder in sein normales Leben einzusteigen. Das alles ist in Frankreich extrem kompliziert. So lange ich Musik mache, werde ich wohl auch in London wohnen bleiben. Wenn das dann mal irgendwann aufhört, dann werde ich wohl irgendwo in Bayern leben.
Du sprichst die britische Punkszene an. Allerdings sind in Deutschland nur wenige Bands aus London oder England bekannt. Existiert dort wirklich so eine große Szene? Und woran kann das liegen, denn eine der wenigen Bands, die aus London in Deutschland einen Namen haben, sind eben DEADLINE?
Es gibt schon einige sehr gute Bands in London und auch in England. Die FILAMENTS zum Beispiel, eine sehr gute Skapunk Band. Aber es stimmt, die Punkszene in London hat eine schwere Zeit erlebt. Doch nun gibt es einige neue Bands, die sich den Weg nach oben bahnen. Da wären zum Beispiel ARGY BARGY oder BLACK RADIO. Und dann ist das Problem, dass nur wenige der bestehenden Bands aus England sich die Mühe machen, um in Deutschland oder Europa auf Tour zu gehen. Das ist sehr schade, denn ich bevorzuge die vorhandene Szene und finde sie wirklich gut. Und auch in Deutschland gibt es einfach viele Clubs, und es macht immer Spaß, und es ist einfach gut dort zu spielen. Ich denke, wir haben sogar häufiger in Deutschland als in England gespielt. Es gibt unglaublich viele Clubs bei euch und auch die Leute, die auf den Konzerten sind, sind meistens supernett, und so ist die gesamte Szene bei euch einfach toll. Dagegen ist alles in England sehr professionell, vielleicht zu professionell und zu Geld orientiert. Wenn du eine Show in England oder London veranstalten willst, dann musst du als Band Geld an den Veranstaltungsclub bezahlen. Und so haben die Bands das ganze Risiko, ob sie überhaupt genug Geld bekommen, um nicht mit Minus aus den Konzerten herauszugehen. In Deutschland gibt es spezielle Promoter, die sich um die Konzerte kümmern, und das ist von Vorteil und nicht so kompliziert. Ein weiteres Problem an der Szene in London ist, dass alles so multikulturell ist, und dass es gar nicht klar ist, welche Band wirklich für die britische Szene steht. Du hast natürlich ganz viele Leute auf den Shows, aber auch die kommen von überall her, und so ist es gar nicht so sicher, wer zu welcher Szene gehört. Es ist schon sehr verschieden, im Gegenteil zur deutschen Szene.
Dann lass uns doch mal über euer neues Album „Take A Good Look“ sprechen. Doch zuerst habe ich folgende Frage: Eure Musik ist von der Stimme von Sängerin Liz sehr dominiert. Sie wirkt für mich immer wie die Hauptfigur in der Band und irgendwie auch wie eure Galionsfigur. Was denkst du darüber?
Oh, wie soll ich es sagen. Sie hat eine tolle Stimme, die wir auch herausbringen wollen. Beim letzten Album war es sehr wichtig, ihre Stimme auch in den Vordergrund zu bringen, und genau das musste der Produzent machen. Allerdings so, dass die Musik nicht so in den Hintergrund tritt. Es sollte so ähnlich wie bei einem Solokünstler werden. Wir als Band wollten, dass die Stimme schon dominiert und nicht hinter der Band verschwindet. Bei jedem Release von uns befindet sich die Stimme im Vordergrund. Es ist ähnlich wie bei BAD RELIGION, auch dort dominiert die Stimme. Aber genau wie bei denen ist die Band, die dahinter spielt, eben auch sehr gut und das soll ja auch herüberkommen. Und am wichtigsten ist, dass beides gut harmoniert. Genau das ist bei DEADLINE der Fall, und damit sind wir eben auch sehr zufrieden.
Würdest du sagen, dass wenn Liz nicht eure Sängerin wäre, dass die Musik von DEADLINE nur noch Durchschnitt wäre?
Puh, nein nicht so ganz, keine Ahnung, ich denke auch, wir werden musikalisch immer besser und besser. Das ist echt eine fiese Frage. Ich denke aber, dass unsere ersten drei Alben wirklich im musikalischen Bereich eher durchschnittlich waren und auch sehr ähnlich klangen, ohne die Stimme von Liz mit einzubeziehen. Aber bei unserem neuen Album sehe ich das nun etwas anders. Auch ohne den Gesang wäre „Take A Good Look“ immer noch ein sehr gutes Album, ohne wenn und aber. Wir haben jetzt auch einen neuen wirklich guten Schlagzeuger, der schon auf dem neuen Album trommelt, und das merkt man einfach. Und so klingt das neue Werk in allen Bereichen so richtig gut. Ich denke, du brauchst immer einen guten Sänger, um eine Band auch hervorragend klingen zu lassen.
Im letzten Jahr habt ihr gerade erst euer drittes Studioalbum „Getting Serious“ veröffentlicht. Wenig später, genauer in diesem Sommer, kam dann die EP „Hangin` On The Telephone“. Und nun folgt schon das neueste Album. Warum war diesmal die Zeit zwischen den Alben so kurz? Habt ihr soviel Zeit, um so viel Songs zu schreiben und sie auch aufzunehmen?
Wir haben einfach zuviel Zeit (lacht). Nein, wir haben einfach unglaublich viele sehr gute Songs und so viele Ideen gehabt. Da haben wir gesagt, warum sollten wir warten, lasst sie doch gleich aufnehmen, und daher war die Zeitspanne diesmal eher kurz. Nach der „Getting Serious“ brauchten wir einen neuen Schlagzeuger, und wir hatten viele Probleme bei der Suche und dabei, ihm die alten Songs beizubringen. Doch als das alles passte, gingen wir sofort wieder ins Studio. Und ich denke, wenn ich mir „Take A Good Look“ so anhöre, dann war es eine sehr gute Entscheidung, sofort wieder ins Studio zu gehen. Und nun klingen wir einfach noch besser, was auch an unserem neuen Schlagzeuger liegt, wie ich ja schon erwähnte. Aber wir haben auch normale Berufe, Kinder und im Grunde ein völlig normales Leben. Soviel Zeit bleibt da nicht. Und in der wenigen freien Zeit wird getourt und neue Songs entstehen. Die neuen Ideen sind einfach in deinem Kopf, du musst sie nur einfangen und sie zu Papier bzw. auf CD bringen. Allerdings weiß ich nicht, wann das nächste Album herauskommt. Ich glaube, du solltest es nicht nächstes Jahr erwarten. Ich denke, es wird gute zwei Jahre dauern.
Aber habt ihr die Songs für das neue Werk jetzt geschrieben, oder war es so, dass ihr letztes Jahr so viele neue Songs hattet, die alle nicht mehr auf „Getting Serious“ gepasst haben?
Ja, die sind alle neu. Wir schrieben die Songs für „Getting Serious“ und das Album kam heraus. Und irgendwie fingen wir sofort wieder damit an, Songs zu schreiben. Woche für Woche kamen ein bis zwei Songs dazu und schon hatten wir ziemlich schnell das Material für „Take A Good Look“ zusammen. Es ging alles superschnell. Vielleicht lag es auch daran, dass wir im Endeffekt mit „Getting Serious“ nicht so ganz zufrieden waren. Wir lieben die Songs, aber den Sound finden wir eben nicht so gut. Und irgendwie fühlten wir uns glaube ich genötigt, ein Album zu kreieren, was unseren eigenen Ansprüchen gerecht werden würde. Und das ist uns gelungen. „Take A Good Look“ besitzt eine gute Songauswahl, der Sound ist hervorragend, und so sind wir im Moment sehr zufrieden mit dem neuen Werk.
Wenn du jetzt noch einmal genau „Getting Serious“ mit „Take A Good Lok“ vergleichst, wo denkst du sind die größten Unterschiede?
Wie ich schon sagte, natürlich der Sound und die Produktion. Die sind beide bei „Take A Good Look“ einfach besser. Bei „Getting Serious“ ging bei der Produktion sehr viel schief. Wir hatten keine Zeit und auch kein Geld, um noch einmal ins Studio zu gehen und nachzuproduzieren. So sind wir nicht so zufrieden mit „Getting Serious“. Nun haben wir bei der neuen Scheibe viel mehr Zeit investiert und so lange daran gearbeitet, bis wir wirklich zufrieden waren. Alleine Liz hat ganze vier damit Tage verbracht, ihre Gesangsparts einzusingen. Bei „Getting Serious“ waren es noch 1-2 Tage, und beim ersten Alben waren es nur wenige Stunden. Da wir aber nun soviel Zeit investierten, konnte Liz mehr Leidenschaft in ihre Stimme legen und mehr ausprobieren. Sie hat jeden Song mehrmals eingesungen und sich die beste Version ausgesucht. Und natürlich ist auch der Sound des Schlagzeugs sehr unterschiedlich. So druckvoll klang glaube ich noch nie ein Schlagzeug auf einer CD von DEADLINE.
Mir kommt es so vor, als wäre „Take A Good Look“ etwas ruhiger und gleichzeitig melodiöser geworden. Was meinst du dazu?
Echt? Eigentlich denke ich das nicht. Ehrlich gesagt würde ich sogar meinen, dass „Take A Good Look“ sogar härter geworden ist. Persönlich meine ich, dass wir aggressiver geworden sind, mehr harte Songs verwendet haben und so einfach mehr Druck entfalten, als wir es noch auf „Getting Serious“ getan haben. Klar haben wir einige poppige Songs und ein paar Rock´N Roll Songs verewigt. Aber da teile ich deine Meinung dennoch nicht.
Hat der Titel des Albums eine besondere Bedeutung?
Ja, wie auch die anderen Titel der Alben und auch die Lyrics ist alles immer sehr persönlich bei uns. Es geht um familiäre Dinge, Dinge die passieren und die wir erleben. Aber es ist immer Liz, die die Titel aussucht und auch die Lyrics schreibt.
Dann ist mir eine andere Sache aufgefallen. Im Gegensatz zu euren anderen Alben ist das Cover diesmal völlig anders. Woran liegt das?
Das stimmt. Ich habe mir die gesamte Diskografie angeschaut und die Cover verglichen. Und unsere ersten drei Alben, die Singles, sie sehen alle gleich aus. Und das hat mich total genervt, ich wollte alles am Aussehen unseres neuen Werkes ändern. So habe ich mir meine DVD-Sammlung angeschaut und fand das rot ziemlich gut aussieht, vor allem mit schwarz und weiß zusammen. Der Albumtitel war aber von Liz bereits gewählt worden, und so habe ich das Coverartwork versucht, mit den drei Farben zu erstellen. Dafür machten wir ein Foto von einem Kind, das in unserer Nähe wohnt. Dann habe ich das Ganze in Photoshop bearbeitet und fertig war es. Besonders wichtig ist das Aussehen des Kindes dabei, denn genau das bezieht sich auf den Titel. Manchmal musst du einfach etwas an deinen CDs ändern, und ich wollte einfach keine tätowierten Menschen mehr auf unseren Alben sehen.
Wie sieht es mit euren Videos aus? Ihr habt immer nette Videos gedreht. Habt Ihr schon entschieden, welches euer Lieder das erste Video vom neuen Album werden wird?
Sicher ist das noch nicht. Es hängt davon ab, ob People Like You das Video bezahlen werden oder nicht. Dann werden wir „1975“ als Video drehen. Aber wenn ich das Video am Computer selber machen muss, dann werde ich wohl „All I Ever Wanted“ nehmen, denn der Song ist sehr kurz. (lacht) Aber ich würde am liebsten ein Video zu „1975“ machen, denn dieser Song ist einfach Klasse. Die Lyrics sind sehr emotional und persönlich. Wir könnten in einem Video einfach nur Liz zeigen, oder wo und wie wir wohnen. Aber sicher ist da noch nichts, und im Moment fehlt uns sowieso ein wenig die Zeit, um ein Video zu drehen.
Ich würde gerne noch einmal einen kleinen Schritt zurück machen. Vor gut zwei Jahren habt ihr das Label gewechselt und seid bei People Like You gelandet, dem wohl zur Zeit größten Punk, Rockabilly und Psychobilly Label. Wie kamt ihr dazu?
Unser erstes Album haben wir in Eigenproduktion aufgenommen und herausgebracht. Das war leicht verdientes Geld, aber es war einfach zuviel Arbeit. Und so veröffentlichten wir unser zweites Werk dann in England bei Captain Oi. Da war eigentlich auch alles gut, aber sie kümmern sich nicht um relativ neue Bands, sondern nur um die alten Größen wie SHAM 69, COCK SPARRER und Konsorten. Promotion für neue Bands gibt es gar nicht, und so wurden wir nicht wirklich gefördert und waren sehr unzufrieden. Daher suchten wir ein neues Label, das uns besser vermarktet und einfach aktiv ist für alle seine Bands. Genau so ein Label ist People Like You. Wir haben dann THE BONES nach London auf Konzerte eingeladen und spielten dort mit Ihnen. THE BONES sind eine unserer Lieblingsbands. Wir veranstalteten dieses Konzert, und es war das erste Konzert der BONES in London überhaupt. Und Andre von People Like You entschied sich wegen des Konzertes, sein Wochenende in London zu verbringen. So sah er DEADLINE live. Am Montag danach rief er mich dann an und bot mir einen Vertrag bei People Like You an. Natürlich sagte ich zu, denn es ist ein sehr gutes Label.
Zwischen den beiden letzten CDs habt ihr ja noch die EP „Hangin On The Telephone“ aufgenommen. Ist der Titeltrack nicht eine Coverversion? Wie kamt ihr auf die Idee?
Ja, das ist richtig. „Hangin On The Telephone“ ist im Original von den NERVES. Allerdings hat BLONDIE in den 80er Jahren den Song gecovert. Liz liebt die BLONDIE-Version dieses Songs. Wir coverten den Song also und spielten ihn live. Da er sehr gut ankam, entschlossen wir uns, diese EP zu machen. People Like You fanden die Idee super, und so veröffentlichten wir diese EP, limitierten sie aber sehr streng. Es gab lediglich 1.000 CDs und 1.000 Vinylversionen. Und nun ist diese EP ausverkauft. Beim Cover haben wir uns übrigens so wie BLONDIE angezogen und ich denke, uns ist da ein wirklich lustiges Cover gelungen.
Gut, dann kommen wir zum Ende. Wie sehen eure nächsten Pläne aus?
Ich denke, wir werden ein neues Album noch vor Weihnachten herausbringen, wahrscheinlich mit Weihnachtssongs. (lacht) Nein, im Ernst. Wir werden wohl gut drei Monate Pause machen. Dabei werden wir in Europa keine Shows spielen, lediglich einige ganz wenige Konzerte in England sind geplant. Die Leute sollen unser Album erst mal besser kennen lernen und sich in die Songs reinhören. Voraussichtlich im Februar werden wir dann wieder in Deutschland touren. Dann können wir auch viele neue Songs spielen, da unsere Fans dann sicher alle Songs kennen werden. Ich denke, das ist besser so. Im Februar werden wir übrigens wahrscheinlich eine Woche mit ROSE TATOO in Deutschland spielen, aber ganz sicher ist das noch nicht. Das wäre natürlich super. Im April werden wir dann gut drei Monate in Europa touren und unsere Platte live vorstellen. Zur Zeit organisieren wir die Konzerte im nächsten Jahr.
Okay. Dann vielen Dank für das Interview, Herve.
Danke Dir auch. Take Care!