Geschrieben von Donnerstag, 26 Juni 2008 10:41

Societys Parasites - Interview mit Sänger Freddy



Hellcat Records, das Label von RANCID Frontmann Tim Armstrong, hat seit Jahren ein unglaubliches Gespür dafür, neue und noch unentdeckte musikalische Rohdiamanten zu entdecken. Dazu gehören sicherlich SOCIETYS PARASITES aus LA. Die latinostämmige Band veröffentlichte unlängst ihr selbstbetiteltetes Debüt und überzeugt darauf mit peitschend aggressivem und sehr wütendem Hardcorepunk. Das war Grund genug für uns, ein Gespräch mit Sänger und Gitarrist Freddy zu führen. Dabei erzählte Freddy ausführlich vom Debüt, der Musik, ihrer zweiten Heimat Hellcat Records und Vielem mehr.
Freddy, stell doch dich und deine Band SOCIETYS PARASITES mal in ein paar kurzen Sätzen vor!

Ja, ich bin Freddy von der Band SOCIETYS PARASITES, ich singe und spiele Gitarre. Außerdem sind noch in der Band Andy am Bass, Jimmy am Schlagzeug und Julio an der zweiten Gitarre. Zumindest war das auf der Europa-Tour so. Unser Gitarrist konnte nicht auf die Tour mitkommen. Da haben wir Julio gefragt, der bei SWITCHBLADE RIOT spielt. Und Julio sagte zu. So konnten wir mit ihm auf Tour gehen, was gut passte. Denn Julio sang auch schon auf unserer CD mit, kannte unsere Lieder und integrierte sich bestens in unsere Band. Er ist ein cooler Typ, uns hat es wirklich Spaß mit ihm gemacht.
Es gibt ja sicher einige Leser, die von euch noch nichts gehört haben. Wie würdest du denen euren Musikstil beschreiben?

Wir spielen Musik, die sehr hart, schnell, aggressiv und richtig laut ist. Wir haben auch einige Songs, die langsamer sind, aber im Grunde kannst du unsere Musik als schnell und aggressiv bezeichnen. Wir mischen eben dreckigen Oldschool Punk mit Hardcore, und dann kann die Musik ja auch nur so sein.
Was oder wer hat euch am meisten beeinflusst?

Wir haben die Band 1997 gegründet, da war ich gerade erst 11 Jahre alt. Ich hörte eigentlich von Beginn an nur Thrash, Crust und Hardcore. Das hat mich sicher sehr beeinflusst. Vor allem, weil ich bis heute eigentlich immer noch am liebsten Crustpunk mag.
Eure Musik wirkt sehr aggressiv. Wo kommen diese Aggressionen her?

Gute Frage, eine hundertprozentige Antwort kann ich dir dazu nicht geben. Ich greife meine Gitarre und fange an zu spielen, und die Musik kommt so aus mir heraus. Natürlich kann es auch an den wütenden Texten liegen, die wiederum dann ja auch sehr zur Musik passen. Vielleicht liegt es auch daran, dass meine Familie sehr arm ist, ich im Ghetto aufgewachsen bin und diese gesamten schlechten Umstände einfach nur rausmüssen. Und dafür ist die Musik wohl das beste Ventil! Im Gegenteil ist es für mich unglaublich schwierig, einen Song zu schreiben, der fröhlich oder witzig ist, da auch hier einfach die Gesamtsituation wohl zu sehr hineinspielt und mich dann doch beeinflusst.
Beziehen sich die Schwerpunkte eurer Texte auch auf diese Situationen, die ihr erlebt habt?

Ja, auf jeden Fall. Ich verarbeite in meinen Texten Situationen und Probleme, die ich meinem Viertel und meiner unmittelbaren Nachbarschaft miterlebe. Denn in LA gibt es davon leider genug. Ich bin mit meinen 22 Jahren sicher noch nicht erfahren und hab vielleicht auch noch nicht viel erlebt, aber meine Familie hatte nicht viel, und irgendwie war ich auch immer unglücklich mit meinem Leben. All diese Dinge kommen dann in unseren Liedern vor, die zusammen mit der gesamten Musik eben das Ventil sind, um weiterzumachen und alles raus zu lassen. Auf der Bühne geht es mir eben richtig gut!
Lass uns mal über euer Debüt sprechen, welches zu Beginn des Jahres via Hellcat erschien. Wie kam der Deal zustande und wie ist euer Verhältnis zu Tim Armstrong?

In den letzten Jahren hat sich Hellcats Roster ziemlich geändert. Die reinen Ska- und Punkbands sind nicht mehr so vertreten. Dagegen haben Crustpunk- und Hardcorepunkbands mehr und mehr eine Heimat dort gefunden. Das hat uns den Einstieg bei Hellcat sehr viel einfacher gemacht. Heute ist Hellcat eben bevölkert mit unglaublich vielen Bands aus ganz vielen Genres, und so hatten auch wir die Chance, dort etwas zu veröffentlichen. Und ich fühl mich wirklich wohl auf Hellcat. Zum einen wegen der Vielfalt an Bands, zum anderen wegen der wirklich netten Leute dort und der wirklich guten Betreuung. So haben wir auch ein außerordentlich gutes Verhältnis zu Tim Armstrong und Co. Sie mögen uns anscheinend sehr, wodurch uns natürlich eine Menge Möglichkeiten gegeben werden. Wir werden einfach extrem unterstützt, und nur deshalb konnten wir eine Europa-Tour machen und sind nun ein wirklich großes Stück weiter mit unserer Musik, als wir das noch vor kurzem waren.
Auf all den letzten Releases von Hallcat scheint es so, als würden die Bands Tim Armstrong gleich mitbuchen, der überall mindestens einen Song gesanglich unterstützt. Wie habt ihr es geschafft, dem aus dem Wege zu gehen?

Hehe, da hast du Recht. So viele Bands haben Tim Armstrong oder Lars Fredriksen auf ihren CDs als Gastmusiker dabei. Wir haben aber von vornherein gesagt, dass wir das nicht wollen, weil es einfach zu vorhersehbar ist. Jeder erwartet doch mittlerweile, dass auf einem Hellcat Release einer der beiden RANCID Frontmänner mit dabei ist. Und obwohl wir mit beiden wirklich sehr gut befreundet sind, kam das für uns aus diesem Grund einfach nicht in Frage. Dabei haben wir nichts dagegen, wenn Freunde auf unserer CD mitsingen. Julio von SWITCHBLADE RIOT sang bei einem Song auf unserem Album mit, wie ich ja schon erzählt habe. Wir wollten eben mal etwas anderes machen und nicht nach Schema F das tun, was alle erwarteten, und ich glaube uns ist das wirklich gut gelungen.
Aber wir haben eben auch musikalisch nicht soviel mit RANCID zu tun wie andere Bands, was natürlich auch noch ein Grund war. Unser Stil ist schon sehr unterschiedlich, und so passte das auch in dieser Hinsicht nicht. Schließlich ist unser Werk sehr aggressiv und kein Sing-A-Long Album sondern eine Scheibe, die sehr wütend klingt. Wir wollten etwas machen, was sich von den anderen Scheiben auf Hellcat abhebt, und das haben wir geschafft. Und wir hatten einfach wirklich Glück, dass wir bei diesem Label gelandet sind und es geschafft haben, einen Plattendeal zu bekommen. Vielleicht liegt das wirklich daran, dass wir anders klingen. Aber gerade in LA gibt es so Unmengen an tollen Punkbands, die keine Chance haben, mal ein Label zu finden. Wir bekamen einfach diese Chance und freuen uns da jeden Tag aufs Neue darüber.
Das Intro von eurem Debüt fiel mir sofort auf. Es klingt, als gehöre es auf eine Funpunk CD und will nicht so wirklich zu Hardcorepunk passen. Ist dieses Intro eine Methode, um Unterschiede deutlich zu machen und Abwechslung für eure Musik zu kreieren?

Ja, das ist richtig. Ursprünglich ist dieses Intro im Proberaum entstanden, als Aufwärmübung vor jedem Proben. Zuerst war es nichts anderes als eine Art Jamsession. Doch dann gefiel es uns immer besser, und schließlich bauten wir es aus, feilten daran und machten es richtig gut. Soli kamen dazu, das Schlagzeug wurde betont und so weiter. Freunde, denen wir das Teil vorspielten, sagten, wie gut es sei. Dann kamen wir auf die Idee, es als Intro für unser Debüt zu verwenden. Gerade auch, weil es sich von unserer Musik sehr unterscheidet und so völlig anders klingt, wollten wir es unbedingt draufhaben. Denn wie du schon sagst, so kommt Abwechslung auf das Album, werden verschiede Stile gekreuzt. Und das haben wir gut geschafft. Außerdem ist es eine Art Ruhe vor dem Sturm, eine Art Vorbereitung auf die aggressive Wand, die dann kommt, hehe. Vielleicht wollten wir den Hörer auch erstmal in Sicherheit wiegen, wer weiß. Auf jeden Fall passt das Intro sehr gut, eben weil es anders ist.
Als ich euch das erste Mal gehört habe, kam mir ein interessanter Musikvergleich in den Sinn. Irgendwie erinnert eure Musik mich stark an UNION 13, die vor einigen Jahren relativ bekannt in der Hardcoreszene waren, auch aus LA kamen und ebenfalls wie ihr Latinoamerikaner sind. Was hältst du von dem Vergleich?

Ich denke, dass du damit wirklich Recht hast. Denn UNION 13 sind tatsächlich eine meiner Lieblingsbands und haben unsere Musik mit Sicherheit  mitgeprägt. Außerdem haben sie die gleichen Wurzeln wie wir. Ich habe damals auch tatsächlich die erste Platte von ihnen nur wegen der Photos gekauft, die in unserer Nachbarschaft aufgenommen wurden. Das verbindet einfach. Und dann haben die ja tatsächlich auch ordentlichen Erfolg gehabt. Ist doch klar, dass UNION 13 daher Vorbilder für uns sind. Und sie spielten damals in unserer Gegend auf Hinterhöfen, und wir machen das auch. Also, diese Band hat uns geprägt und uns Wege aufgezeigt, was wir machen können und wie wir es anstellen müssen.
Soundtechnisch sind da übrigens auch Ähnlichkeiten, da stimme ich dir ebenfalls voll zu. Auch sie klangen sehr aggressiv. Aber das liegt, glaube ich, wirklich an unserer Gegend. Ich kenne da keine einzige Band, die poppig klingt oder etwas anderes als wütende Musik macht. Die Basis ist eben doch das soziale Umfeld, was dich und deine Musik, zumindest bei uns, am stärksten prägt. Es liegt daran, wo du aufwächst, wie dein Umfeld ist und was du für Erfahrungen machst. Und UNION 13 haben eben den gleichen Background wie wir. Das verbindet dann natürlich.
Kommen wir zur letzten Frage. Ihr alle bei SOCIETYS PARASITES seid ja Latino Amerikaner. Gibt es Unterschiede zu anderen Bands, und ist es für Latinos, die Punkmusik machen, in Amerika schwieriger als für andere Bands?

Oh ja, da sind große Unterschiede. Wir werden anders behandelt und sofort und unweigerlich in die mexikanische Ecke gedrückt. Wir sind einer Menge Vorurteilen ausgesetzt, durch die wir es sicher schwerer haben als andere Bands. In LA ist das etwas anders, denn dort bestehen sehr viele Bands aus Latinos im Hardcore- und Punkbereich. Aber sonst sind die Unterschiede in Amerika groß und die Schwierigkeiten sind oft nicht zu übersehen, aber wir können mittlerweile doch sehr damit umgehen.
Freddy, vielen Dank für das Interview.

http://www.myspace.com/societysparasites