Geschrieben von Donnerstag, 08 Januar 2009 09:48

Callejon - Interview zu "Zombieactionhauptquartier"


Manchmal scheinen Bands einfach alles richtig zu machen. Die Musik, das Erscheinungsbild, der Arbeitsethos und die Art, wie sie sich weiterentwickeln. Bei den Kölnern von CALLEJON scheint all dies jetzt grade zuzutreffen, denn der Fünfer befindet sich einfach in aller Munde – und wird dabei überdurchschnittlich oft für gut befunden. Vom Underground hochgearbeitet befinden sich CALLEJON auf Nuclear Blast mittlerweile auf einem der dicksten Label im Metal-Bereich und gehen ab wie Schmidts Katze. Kurzum, wir baten zum Interview ...

 

Stell doch bitte mal dich und deine Band vor.

Hey, ich bin der Bernhard und spiele Gitarre bei Callejon. Die Band wurde 2003 von Basti (voc) und mir ins Leben gerufen, und wir haben seitdem 2 EPs und ein Album auf einem kleineren Indielabel veröffentlicht, und das neue ist gerade auf Nuclear Blast erschienen.Unsere Grundidee ist ziemlich einfach, wir wollen Musik machen und das mit ganzem Herzen. Wir waren immer eine Band, die immer nur genau das macht, was sie will und was sich richtig für uns anfühlt. Wir versuchen einfach nur, die Musik zu schreiben, die wir auch als Fans hören würden, nicht mehr und nicht weniger.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit Nuclear Blast? Wie waren die Reaktionen auf euren Deal mit ihnen?

Nuclear Blast haben auf Anhieb verstanden, was die Band will und wie die Vision dahinter aussieht. Sie zeichnen sich aber auch einfach dadurch aus, dass sie von Nightwish über Meshuggah bis hin zu Behemoth die volle Bandbreite dessen haben, was Metal zu bieten hat. Wir hatten auch mit anderen Labels Gespräche, aber nirgendwo war von Anfang an so ein Grundvertrauen, das Gefühl, dass man sich seit Jahren kennt, obwohl man sich zum ersten mal sieht. Man spürt bei Nuclear Blast einfach, dass die Leute dort arbeiten, weil sie Musik lieben, und das hat auch für uns als Callejon immer die höchste Priorität. So was ist im Musikgeschäft gerade auf Labelseite eine absolute Ausnahme. Und natürlich ist es ein Traum, mit einem Label zu arbeiten, das so viele Bands beherbergt, die wir schätzen und lieben.
Die Reaktionen der Fans waren größtenteils sehr positiv, aber einige Leute scheinen sich auch daran zu stören. Das mag zum Teil daran liegen, dass man uns einen solchen Deal nicht gönnt, und zum Teil daran, dass manche Fans wohl die Befürchtung haben, durch die Zusammenarbeit mit Nuclear Blast könnte unsere Musik zum ihrer Ansicht nach Schlechteren beeinflusst werden, was natürlich ziemlicher Käse ist. NB haben nie versucht, Einfluss auf das Songwriting zu nehmen, zumal bei Vertragsunterzeichnung sowieso schon 95 % der Songs fertig waren. Außerdem kann ich auch nicht wirklich nachvollziehen, welche Rolle es für den Hörer spielt, auf welchem Label eine Platte rauskommt, wenn es eigentlich um die Musik geht.

Wie kam es zu der Verschiebung der Veröffentlichung von "Zombie..."?

Da ist es leider zu einem Fehler beim Vertrieb Warner gekommen, der in der Auslieferungsliste das falsche Veröffentlichungsdatum stehen hatte. Deshalb wurden die Platten zu spät an die Händler rausgeschickt... das ist natürlich ärgerlich, aber so etwas passiert nun mal, und das Album war ja zumindest bei Nuclear Blast selber, bei EMP und bei unseren Shows zum regulären VÖ erhältlich.

Warum überhaupt das Zombie-Thema?

Wir hatten schon den Song "Zombiefied" fertig und spielten gerade mit dem Gedanken, das Album auch um diese Zombiethematik aufzubauen, auch weil Basti ein totaler Zombiefilm-Fanatiker ist. Dann kamen wir zu den Testaufnahmen für das Album zu Eike nach Hamburg, wo wir in einer Musikerwohnung im höchsten Stockwerk eines leerstehenden Verwaltungsgebäudes untergebracht waren. Das wiederum stand auf dem obersten Parkdeck eines verlassenen Parkhauses... also pure Zombieatmosphäre. Der Besitzer der Wohnung hat uns dann auch direkt eröffnet, dass auf dem Parkdeck vor Kurzem jemand erhängt wurde.Jedenfalls haben wir diesen Grusel-Vibe mit in das Album einfließen lassen, wir sind durch die leerstehenden Gänge gegeistert, haben das Büro Nr. 666 gefunden und uns dann nachts nicht getraut, pissen zu gehen, weil das Klo im Treppenhaus war. Jedenfalls haben wir gedacht, dass das alles kein Zufall sein kann, und deshalb haben wir dann das Album "Zombie Action Hauptquartier" genannt und auch textlich um dieses Motiv aufgebaut.
Darüber hinaus passt die Thematik einfach gut zur Band, weil ein Zombie das Paradoxon von Leben und Tod in einer Person verkörpert. Bei Callejon drehen sich fast alle Songs um die Zerrissenheit zwischen Verzweiflung und Lebensbejahung, zwischen Reflexion und Betäubung. Auch wenn unsere Texte oft eine auf den ersten Blick negative Botschaft vermitteln, sehen wir doch immer auch die Ironie darin, das Licht am Ende des Tunnels. Und diese Horrorthematik und speziell dass Zombies als untote Kreaturen natürlich sehr Metal-affin sind, passt zu der Musik. Die beklemmende Atmosphäre und die apokalyptischen Szenarien, die in Zombiefilmen vorkommen, sind sehr nah an unserer inhaltlichen und stimmungsmäßigen Ausrichtung.

Habt ihr die Änderungen im Gesang bewusst vorgenommen? Sollte es von Anfang an weniger "nach Emo" klingen?

Nicht unbedingt. Wir haben im Studio gemerkt, dass Bastis natürliche Gesangsstimme eigentlich tiefer liegt als die Sachen, die er in der Vergangenheit eingesungen hat. Das lag daran, dass wir früher oft unter Zeitdruck im Studio arbeiten mussten, und uns nicht damit "aufhalten" konnten, mal verschiedene Gesangsstile auszuprobieren. Das war diesmal zum Glück anders, und meiner Meinung nach hat der Gesang und die ganze Platte dadurch sehr viel gewonnen.

Wie viel Zeit beansprucht die Band mittlerweile in eurem Leben?


Mehr Zeit als alles andere. Die Proben und das Songwriting, Touren und Shows, Bookingpläne, Promotermine, Interviews, Videodreh, der ganze Steuer- und Buchhaltungsaufriss, all das nimmt uns zeitlich und aufwandsmäßig ziemlich in Anspruch, zumal wir "nebenbei" noch Jobs oder Studium, Beziehung und Familie unter einen Hut bringen müssen. Das schlaucht manchmal ganz schön, aber wir haben uns für dieses Leben entschieden, und es gibt nichts, was wir lieber machen würden. Trotzdem muss man natürlich eine Menge Kompromisse eingehen, und das war in der Vergangenheit auch der häufigste Grund dafür, wenn Mitglieder die Band verlassen haben.

Habt ihr die Sprüche für die Voice-Over-Promo selber gemacht? Wie kamt ihr auf die Idee?

Haha, ja, die Voice-Overs stammen von mir. Der Typ, der da herummeckert, ist Hermann, ein Bauer aus dem Münsterland, der Korn zum Frühstück trinkt und nicht gerade ein diplomatisches Gemüt hat. Hermann ist ein Charakter, den wir uns mal auf Tour ausgedacht haben, und den ich dann und wann mal auspacke, und wir haben uns einfach überlegt, dass Voice-Overs in diesem Stil mal was Witziges wären und nicht so nervtötend wie das übliche "you are listening to the new Callejon-release Zombieactionhauptquartier blabla".

Wie seid ihr damals eigentlich an den Distro-Vertrag mit Sony für eure EP gekommen?

Sony machen keine Distro für uns, sondern sind unser Verlag, das heißt sie vertreten unsere Songrechte, machen die Gema-Abrechnung, etc.Nico, der zuständige A&R, kannte unseren Manager und fand die "Fauler Zauber Dunkelherz" EP ziemlich geil, deshalb hat er uns in den Verlag gesignt und unterstützt auch darüber hinaus die Band, wo es möglich ist.

Seid ihr aufgrund eures Namens eigentlich jemals ernsthaft mit Caliban verwechselt worden?

Das ist bis dato noch nicht passiert. Caliban kann man ja noch halbwegs aussprechen, bei Callejon wird es da schon haariger.

Wie schreibt ihr eure Songs? Und in welchen Intervallen probt ihr?

Wir proben in der Regel zweimal die Woche, wenn wir uns auf Studioaufnahmen oder Touren vorbereiten auch schon drei bis viermal.Grundsätzlich sind alle Mitglieder am Songwriting beteiligt, Alleingänge sind bei uns die absolute Ausnahme. In der Regel bringen ich oder Buschy einige Riffs von zu Hause mit in den Proberaum, stellen sie den anderen vor, und dann wird daran gefeilt, bis alle 100-prozentig damit zufrieden sind. Das hat den Vorteil, dass theoretisch keiner einen Kompromiss eingehen muss, und wir uns wirklich intensiv mit jedem einzelnen Song beschäftigen. Wir machen uns allerdings vorher auch kein vorgefertigtes Bild davon, wie das Endprodukt nun klingen soll, sondern schreiben einfach das, was sich für uns gut und richtig anfühlt, ohne uns hierbei Grenzen zu setzen. Wir sind fünf unterschiedliche Typen, und jeder hat für sich einen breit gefächerten Musikgeschmack, der mit in die Band einfließt.

Wie kam es, dass gleich zwei (übrigens ziemlich coole)  "ruhige" Songs auf dem Album sind?

Wir hatten einfach Bock darauf, auch mal Songs zu schreiben, die in diese ruhigere Richtung gehen. Wir haben das nicht nur um des Experimentierens Willen gemacht, sondern weil wir der Ansicht sind, dass es wirklich gute Songs geworden sind, die die nötige musikalische Abwechslung auf dem Album gewährleisten und sich trotzdem gut in den Gesamtkontext einfügen. Uns war klar, dass wir damit wohl nicht überall Anklang finden würden, aber als Band muss man sich immer auf sein eigenes Urteil verlassen.

Warum sind auf dem hidden Track zwei mal die selben Songs zu hören?

Ist dem so? Das wird evtl. ein Versehen bei der Promo-Version der Platte sein, die ich mir allerdings auch nicht bis zum Ende durchgehört habe, haha... Naja, doppelt hält besser, dann ist es ein hidden "hidden Track".

Ihr wart auf dem Vainstream-Festival eine der ersten Bands und habt einen sehr geilen Gig hingelegt. Was für Festival-Erfahrunge habt ihr bereits gesammelt, und was war eure größte Show bis jetzt?

Wir haben diesen Sommer einige Festivals gespielt, darunter das Vainstream, das Spack, das Summerblast und das Serengeti. Auf dem Vainstream war es echt beeindruckend zu sehen, dass um so eine unmenschliche Uhrzeit tatsächlich schon Leute kommen, um uns zu sehen. Generell sind Festivals eine sehr geile Sache, weil man die Möglichkeit hat, vor vielen Menschen zu spielen und es jede Menge geiler Bands gibt. Ich finde kleinere Clubshows aber auch sehr ansprechend, weil man da direkt am Publikum ist, die Reaktionen unmittelbar mitbekommt und mit den Leuten leichter interagieren kann. Das Vainstream war bis dato die Show mit den meisten Besuchern, aber unser persönliches Highlight war das Konzert  in Köln auf der Infiziert-Tour. Wir sollten eigentlich im Underground spielen, und die Show wurde dann wegen der großen Nachfrage in die Live Music Hall verlegt, das war für uns ein echter Hammer.

Wo siehst du euch in drei Jahren?

Ich weiß nicht, sowas ist ziemlich schwer vorauszusehen. Wir werden natürlich versuchen, in der Zukunft mehr Fans hinzuzugewinnen, neue Platten machen und vor allem viel touren. Alles andere wird sich zeigen.

Famous Last Words?

Herzlichen Dank für das Interview, hört mal in unser neues Album rein, schaut mal auf unserer Myspace-Seite und Hompage vorbei und feiert mit uns auf den kommenden Konzerten!

Kai