Geschrieben von Mittwoch, 21 Januar 2009 07:07

Wishbone Ash - Interview mit Bandkopf Andy Powell zu "The Argus - Then Again"

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WISHBONE ASH gehörten in den 70er Jahren zur Speerspitze der anspruchsvollen Rockmusik und beeinflussten mit ihrer Mischung aus Blues-, Folk- und Hardrock, vor allem aber mit ihren charakteristischen doppelten Leadgitarren unzählige Bands von THIN LIZZY über WHITESNAKE bis hin zu IRON MAIDEN. Anlässlich der Veröffentlichung eines Radiokonzerts - bei dem WISHBONE ASH ihr Erfolgsalbum „Argus“ komplett zum Besten gaben - und der aktuellen „The Real Deal“-Tour nahm sich Bandkopf Andy Powell die Zeit, um mit BurnYourEars über die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft zu sprechen.


Das Interview findet in einem chinesischen Restaurant unweit des freiburger Jazzhaus statt, in dem WISHBONE ASH rund eine Stunde später auf die Bühne steigen wird. Jetzt aber ist Essenszeit, und während die anderen Bandmitglieder am Nebentisch plaudern, nimmt sich Sänger, Gitarrist und das einzig verbliebene Gründungsmitglied Andy Powell Zeit für ein Interview und bestellt nebenbei in einer Mischung aus Englisch und erstaunlich gutem Deutsch sein Abendessen.

Dein Deutsch ist sehr gut.

Manchmal. (lacht) Ja, ich reise jetzt schon so viele Jahre durch Deutschland, da ist einfach hier und da etwas hängen geblieben. Auf Deutsch: Ich kann ein bisschen Deutsch.

Ist Deutschland für dich eine wichtige Basis?

Ja, absolut. Ich toure jetzt schon seit etwa 35 Jahren in Deutschland. Jedes Jahr komme ich mindestens für vier Wochen hierher.

Das deutsche Publikun hält eben zu den Musikern, die es einmal ins Herz geschlossen hat.

Ja, die Deutschen sind sehr loyale Fans.

Lass und vielleicht mal mit der Geschichte von WISHBONE ASH beginnen …

Gerne…die Band wurde 1969 gegründet. Das war gerade am Ende des Blues-Booms in Großbritannien. Blues war dort ab Mitte der 60er Jahre sehr populär. Von da an ging es immer mehr in die psychedelische Richtung und wurde schließlich zu progressivem Rock. Und so etwa in der Zeit tauchten wir auf. Jede Band dieser Zeit hatte einen speziellen, unverwechselbaren Sound - und der Sound von WISHBONE ASH war die doppelte Leadgitarre.

1970 wart ihr dann auf Tour mit DEEP PURPLE…


Wir haben nur eine Show mit ihnen gespielt. Ich spielte eine Jam-Session mit Richie Blackmoore, und er fragt mich, ob wir einen Plattenertrag haben. Ich sagte „Nein“, und er meinte „Ihr solltet aber einen Plattenvertrag haben!“, und er gab mir gab mir die Telefonnummer ihres Produzenten. So kamen wir zu unserem Vertrag bei MCA Records, heute Universal. So fing alles an.

Kurz nach eurem dritten Album „Argus“ änderte sich das erste Mal eure Besetzung.

Ja, einer ist gegangen. Einer der Gitarristen.

Turner …

Ja, Ted Turner. Und dann holten wir Laurie Wisefield, und Laurie Wisefield blieb die folgend zwölf Jahre bei uns. Wir hatten also eigentlich sehr viel Stabilität in den ersten 15 Jahren der Bandgeschichte.

1987 gab es dann eine Wiedervereinigung der Originalbesetzung.

Ja, wir haben die Band 1987 für drei Jahre in Originalbesetzung reformiert.

Was waren eure wichtigsten musikalischen Einflüsse? Ich habe immer wieder das Gefühl, ein bisschen GRATEFUL DEAD heraus zu hören.

GRATEFUL DEAD? Ja, ein wenig sicher. Wir haben auf dem Fillmore West gespielt. Wir haben mit vielen solchen Bands gespielt wie der STEVE MILLER BAND, POCO…wir haben nicht mit GRATEFUL DEAD gespielt, aber zum Beispiel mit den ALLMAN BROTHERS, aber wir kannten ihre Musik natürlich. Wir haben unser eigenes Ding gemacht, aber sie waren quasi Amerikas "Doppel-Lead-Band".

Ich finde auch, dass ihr eigentlich nicht sehr britisch klingt, eher amerikanisch mit einem leichten Südstaaten-Touch.

Ja, ich würde unseren Sound als „transatlantisch“ bezeichnen. (lacht) Und ein kleines bisschen Südstaatenrock mag dabei sein.

Wo wir gerade bei musikalischen Einflüssen sind: Ihr werdet oft als eines der wichtigsten Vorbilder vieler Bands genannt, wie THIN LIZZY und nicht zuletzt IRON MAIDEN. Was hältst du von dieser musikalischen Nachkommenschaft?

Das ist natürlich toll. Es ehrt einen natürlich immer wenn du hörst, dass jemand angibt, vor dir beeinflusst worden zu sein. THIN LIZZY war ein bisschen mehr Pop-Rock…und IRON MAIDEN sind eine großartige Band. Jetzt haben sie allerdings schon drei Gitarren. (lacht)

Unternehmen wir einen Sprung in die Gegenwart. 1972 habt ihr euer drittes Album „Argus“ veröffentlich. Das war eure erfolgreichste Platte, die von vielen Kritikern sogar als das Album des Jahres angesehen wurde. Wann kam euch die Idee, dieses Album in irgendeiner Form neu aufzunehmen?

Wie wir es ja gerade getan haben…Ja, wir wurden von XM Satelite Radio eingeladen. Das ist die größte digitale Radiostation in den USA. Sie haben uns in ihr Studio in Washington DC eingeladen. Sie haben eine Show namens „Then Again Now, in die sie klassische Rockbands bitten, um ihre großen Alben noch mal am Stück zu spielen. Es war also eigentlich ihre Idee. Und die hat uns gut gefallen. Das einzig Dumme war, dass ich mir am Abend davor eine Lebensmittelvergiftung zugezogen hatte. Ich war in der Notaufnahme und fühle mich wirklich mies, aber am Ende haben wir es dann doch noch gut über die Bühne bekommen.

War es von Anfang an geplant, die Aufnahmen auch als CD zu veröffentlichen?

Nein, eigentlich nicht. Aber die Leute vom Radio meinten: „Hey, ihr könnt die Aufnahmen haben und verwenden, wenn ihr wollt.“ Es war also eher ein Produkt der positiven Umstände.

Die Aufnahmen klingen sehr perfekt. Wie viel davon ist wirklich live?

Es ist absolut live.

Keine Overdubs?

Keine Gesangs-Overdubs... vielleicht hier und da ein Wort, das ich „repariert“ habe, wenn ich mich im Text geirrt oder es nicht deutlich ausgesprochen habe. Aber sonst war es genau so, wie du es auf der CD hörst.

Bist du insgesamt zufrieden mit der Aufnahme? Eine wirklich Live-Atmosphäre kommt ja nicht auf. Das Publikum im Studio muss sehr klein gewesen sein, und außer in den Pausen zwischen den Stücken hört man gar nichts von den Zuschauern.

Ja, da stimmt. Es ist nicht unbedingt eine große „Rock-Explosion“. (lacht) Es war eben das Studio eines Radiosenders.

Wie viele Zuschauer waren bei der Aufnahme dabei?

50 Zuschauer, also wirklich nicht viel. Die eigentliche Sendung wurde dann aber von Millionen gehört.

Wie sehen jetzt nach dieser Veröffentlichung eure Pläne für die Zukunft aus?

Wir wollen uns im Juni zusammensetzen und Material für ein neues Studioalbum schreiben und aufnehmen - für den Nachfolger von „The Power Of Eternity“, unser Album aus dem letzten Jahr. Dieses Jahr ist das vierzigjährige Jubiläum der Band, und wir werden eine große Geburtstagsfeier im Shepherd’s Bush Empire in London geben, einem der schönsten Theater der Stadt. Außerdem wird es eine DVD anlässlich des Jubiläums geben.

Wo du gerade von Jahrestagen sprichst: Ich habe mich gewundert, dass ihr nicht bis 2012 gewartet habt, um „Argus“ in irgendeiner Form neu aufzulegen. Im Moment ist es ja sehr in Mode, große Alben an runden Geburtstagen in irgendeiner Form wieder ins Gespräch zu bringen.

Ja, das wäre auch eine Möglichkeit gewesen. Vielleicht können wir ja das Originalalbum zu diesem Anlass wieder neu auflegen. (lächelt verschmitzt) Aber eigentlich hast du Recht. (lacht)


Was für eine Setlist spielt ihr auf dieser Tour, nachdem ihr nun „Argus“ am Stück neu eingespielt habt?

Oh, wir werden „Argus“ auch spielen…etwa in der Mitte des Sets. Aber wir haben eine sehr rockige Setlist zusammengestellt. Es wird also sehr viel heavier klingen, als die Aufnahme aus dem letzten Jahr. Wir spielen es für das deutsche Publikum etwas härter. Ein paar alte Nummern, ein paar neue…ein paar progressivere, ein paar rockigere…eine bunte Mischung.

Ihr werdet also nicht das komplette „Argus“ Album spielen?

Nein. Das haben wir vor einigen Tagen in Holland getan, aber heute spielen wir nur einige Songs von der Platte.

Wo siehst du WISHBONE ASH im Moment? Rockmusik ist ja, von einigen ganz großen Bands abgesehen, nicht gerade auf dem absoluten Höhepunkt, auch wenn sie sich langsam zu erholen scheint.


Im Moment steht alles auf einer ziemlich soliden Basis. In den 80ern sah es für klassische Rockmusik schon mal sehr viel schlechter aus. Gitarrenbasierte Bands sind im Moment wieder sehr populär, besonders Bands, die hörbar noch mit den Ursprüngen verbunden sind…Classic Rock Bands. Ich denke, es ist gut im Moment…absolut ok. Gut, jetzt steht uns die Rezession bevor, wer weiß, was dann passiert. (lacht) Aber im Moment mache ich mir da keine zu großen Sorgen.

Hast du noch irgendwelche „letzten Worte“ an unsere Leser?

Die Leser im Internet…wir waren damals eine der ersten Bands im Internet mit unserer Website. Es ist toll zu sehen, wenn sich die Leute für deine Homepage interessieren. Ich wünsche euren Lesern ein tolles Jahr 2009 und…keep it real!

Vielen Dank für das Gespräch.

http://wishboneash.com/