Geschrieben von Nadine Donnerstag, 11 April 2013 20:56
Lotus Feed - Interview zu „So close... so far" mit Doc Marten
Das aktuelle Album „So close... so far" der Kölner Gothic Post Rock Band LOTUS FEED hat mich auf eine Art Zeitreise in die guten, alten, schwarzen Zeiten geschickt und besonders mit dem außergewöhnlichen Gesang überzeugt. Eine zeitlose Platte, die sicher nicht nur Schwarzheimern gefallen wird. Der sympathische Gitarrist der Band „Doc Marten" Bijkerk nahm sich Zeit für uns, und wir sprachen über LOTUS FEED, Fundraising, die schwarze Szene, das aktuelle Album und sogar schon ein bisschen über das nächste Werk.
Stelle euch bitte den BurnYourEars Lesern kurz vor. Wer ist dabei und wer macht was?
Wir haben bei uns das, was man die klassische Rockbandbesetzung nennt, bestehend aus vier Musikern, die da wären: Alex Landsberg mit Gesang, David Sielaff am Schlagzeug, Lars Tellmann am Bass und ich, „Doc Marten" Bijkerk, spiele die Gitarre.
Wie entstand die Band LOTUS FEED?
LOTUS FEED wurden 1995 von unserem Sänger Alex und unserem Schlagzeuger David gegründet. Zu dieser Zeit unterschied sich die Musik der Band allerdings ganz erheblich von dem, was wir gegenwärtig machen. Damals war das Ganze eher so eine klassische Proberaum-Band, die wohl mehr aus „Spaß an der Freud'" zusammenkam, um mehr oder weniger regelmäßig ein bisschen zu musizieren, ohne dabei zu ernsthaft in die Zukunft zu blicken.
Euch gibt es bereits seit 1995 und „So close... so far" ist erst euer drittes Album, soweit ich informiert bin. Wie entstand die Band LOTUS FEED und warum gibt es erst so wenige Veröffentlichungen?
Tatsächlich ist „So close... so far" unser zweiter offizieller Label-Release. Bevor wir Ende 2010 bei af-music untergekommen sind, hatten wir bereits eine EP mit dem Titel „A savage breath within our lives" in Eigenregie aufgenommen und veröffentlicht. Im Grunde ist es so, dass die Band in ihrer jetzigen Form erst seit 2009 existiert. In diesem Jahr sind Lars und ich zu Lotus Feed gestoßen und seitdem hat sich im Grunde auch die Zielsetzung klar ausgeformt. Dabei entstand auch der Sound, für den wir inzwischen mehr oder weniger bekannt sind.
Bassist Lars Tellmann und du sind also relativ neu dabei, wollt ihr mit LOTUS FEED jetzt mehr Schwung aufnehmen?
Ich denke, wir haben bereits „mehr Schwung aufgenommen". In den vergangenen drei Jahren ist sehr viel geschehen – viel mehr als in den 13 Jahren davor und das soll auch in Zukunft weitergehen... In dieser Zeit sind alle unsere Releases erschienen, wir haben eine regelmäßige, auch überregionale Bühnenpräsenz gezeigt und sind in dieser Zeit als Band zusammengewachsen und gereift.
Wie lange habt ihr an „So close... so far" gearbeitet , wo habt ihr aufgenommen?
Insgesamt haben wir etwa sechs Monate am Album gearbeitet. Die Vorbereitungen zu den Aufnahmen haben wir im Frühjahr 2012 getroffen, also Songauswahl, technische Planung und so weiter. Die Recording-Sessions fanden in unserem eigenen Studio sowie in meinem Schlafzimmer statt. (lacht)
Der Gesang ist sehr markant, den schüttelt man sich nicht einfach aus dem Ärmel. Hört sich nach viel Gesangsunterricht an, oder?
Alex hat nie Gesangsunterricht gehabt, aber er hat eine ausdrucksstarke Stimme und weiß sie effektiv einzusetzen. Zumindest empfinden wir das so...
Ihr gebt eine Menge musikalische Einflüsse auf eurer Facebookseite an. Treffender geht es kaum: Nimm alle diese Bands, mische sie – und heraus kommt LOTUS FEED. Wie entsteht ein Song, was sind eure Trademarks?
Es ist so, dass die Grundgerüste zu den Songs von Lars und mir geschrieben werden und wir später mit den anderen beiden das Material im Proberaum ausarbeiten. Das hat sich bewährt. Ein Hauptunterschied zum Vorgängeralbum besteht darin, dass wir die Songs in meinem Heimstudio bereits komplett vorproduzieren und dabei im Grunde auch schon die klangliche Ausprägung des Materials im Vorfeld definieren. Im Proberaum geht es dann im Wesentlichen darum, Alex' Texte einzuarbeiten und dass David die Drums „in natura" erarbeitet...
Ich denke aber auch, dass LOTUS FEED nicht allein das Ergebnis einer Mixtur aus irgendwelchen mehr oder weniger relevanten Genrebands der 80er ist. Natürlich sind wir von der Musik vieler Bands beeinflusst, wie wohl so ziemlich jede andere Band auch. Dennoch legen wir Wert darauf, dem Ganzen unser eigenes Gewand anzulegen. Dazu gehört sicher nicht zuletzt die Art, wie Alex singt...
Sicher könnt ihr von den Erlösen mit LOTUS FEED nicht eure Leben bestreiten, wie verdient ihr euer täglich Brot?
Der Traum aller „Nischenmusiker" – von seinen Künsten leben zu können... Nein – natürlich nicht! Wir sind froh, dass wir uns selbst "tragen" können und mit unseren Einnahmen aus Gigs, Merch- und Albenverkauf unsere Kosten und Ausgaben halbwegs ausgeglichen bekommen. Was wir grundsätzlich nicht tun, ist die inzwischen weit verbreitete Praxis des „Fundraisings"... Meiner Meinung nach nichts weiter, als darum zu "betteln, dass man eine Platte aufnehmen und publizieren kann"...
Die Zeiten, wo Plattenfirmen den Bands die Produktion finanzierten, sind nun mal vorbei und das Risiko liegt nun bei den Bands. Ich halte es für den falschen Weg, sich auf diese Weise absichern zu wollen... Ansonsten haben wir alle in der Band unsere „Day-Jobs". Jeder von uns geht einer geregelten Beschäftigung nach, mit der er seinen Lebensunterhalt bestreitet. Ich bin beispielsweise in der Medienbranche tätig – passt ja auch irgendwie...
Ich wurde nicht ganz schlau aus eurem Cover, wer hat es gemacht und was steckt dahinter?
Auf dem Cover ist ein Holzschnitt aus dem Jahr 1936 abgebildet, mit dem Titel "Hill" des Künstlers Paul Landacre... Es waren in erster Linie ästhetische Erwägungen, die uns zur Wahl des Motivs führten. Aber es verweist auch auf eine Single des Albums, „Upon a hill". Alles weitere liegt im Auge und Geist des Betrachters. (lacht)
Euer Bandfoto (mit den Händen vor den Gesichtern) finde ich klasse! Wer hatte die Idee und was soll es ausdrücken?
Die Idee stammt von Rebecca Müller-Czychi, einer sehr guten Freundin von mir, die darüber hinaus eine unglaublich gute und talentierte Fotografin ist und neben dem Blick für besondere Perspektiven auch ein sehr kreatives Händchen für Bildkomposition besitzt. Außerdem war es ihr ausdrücklicher Wunsch, in dieser Richtung für uns tätig zu werden, nicht zuletzt auch, da sie sich sehr stark mit unserer Musik identifizieren kann.
Ich selbst bin, wie gesagt, hauptberuflich in der Kreativbranche unterwegs und hatte im Vorfeld schon klare Vorstellungen bezüglich des Artworks. So habe ich im Vorfeld das grobe Design schon definiert. Rebecca hat mit uns die Fotosessions gemacht und später haben wir dann gemeinsam die Gestaltung in Form gebracht.
Gerade Gothic hat es etwas schwerer, was Verkäufe angeht – vielen hören einfach das „gute, alte Zeug" und was heutzutage als Gothic verkauft wird, ist teilweise sehr weit am Ziel vorbei. Ich glaube, da fehlt mal wieder ein richtiger Knaller, der neue Impulse setzt. Gibt es eine unbekannte, schwarztendierte Band, die ihr uns empfehlen könnt?
Eine sehr schwer zu beantwortende Frage! Wie ich oft und gerne sage: Keine Band wird heutzutage mehr das musikalische Rad neu erfinden. Ich glaube, es ist grundsätzlich immer eine Frage der persönlichen Präferenzen und des Geschmacks. Es gibt so wahnsinnig viele Sub-Genres und es werden ständig neue Phantasiebegriffe entwickelt für Dinge, die wir in ähnlicher Form bereits 1000 Mal gehört haben...
Da ich an dieser Stelle nur meine eigene persönliche Empfehlung aussprechen kann: THE SOFT MOON, PROJECT:KOMAKINO, LUXURY STRANGER und CHRISTINE PLAYS VIOLA, mit denen wir auch gut befreundet sind.
Was war deine erste Platte, selbst gekauft oder auch geschenkt?
SEX PISTOLS – "Never Mind The Bollocks"! Ich habe sie im Erscheinungsjahr gekauft und das hat mich geprägt. (lacht)
Was war bis dato eure schönste Erfahrung mit LOTUS FEED?
WGT 2011 – gar keine Frage!
Wohin soll es hingehen, was soll mit LOTUS FEED im besten Fall passieren?
Wir haben bereits Songmaterial für ein weiteres Album geschrieben und könnten, wenn wir das wollten, theoretisch in Kürze mit den Aufnahmen dazu beginnen. Vorab werden wir aber noch im Frühjahr eine Nachfolge-EP veröffentlichen, auf der auch ein Gastsänger zu hören sein wird, der sicher einer ganzen Reihe von Hörern nicht unbekannt sein dürfte. Mehr wird an dieser Stelle noch nicht verraten...
Im Übrigen werden wir in Kürze unsere Live-Aktivitäten wieder verstärken. Wir haben vor kurzem unser Management gewechselt und man kann davon ausgehen, dass bald eine ganze Reihe von Auftritten anstehen wird, worauf wir uns natürlich sehr freuen!
Vielen Dank für die Zeit und viel Erfolg für die neue Platte!
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