Geschrieben von Donnerstag, 18 April 2013 20:49

Agrypnie - Interview zum Album "Aetas Cineris" mit Torsten

Ende Februar erschien "Aetas Cineris", das vierte Album der Post Black Metal Band AGRPYNIE. Bereits Ende 2011 gab es die "Asche EP", die den Fans die Wartezeit versüßt, aber auch das Verlangen nach mehr AGRPYNIE geschürt hat. Wie zu erwarten war, ist "Aetas Cineris" ein weiteres ausdrucksstarkes und packendes Werk und damit Grund genug, einige Fragen an Mastermind Torsten zu stellen. Der sympathische Sänger und Gitarrist stand ausführlich Rede und Antwort zum Enstehungsprozess der Platte, Wurzelkunde und zu der Frage, wie man seine Band im Griff hält.

Bitte stell uns AGRYPNIE kurz vor, wer ist dabei und wer macht was?


An dieser Stelle möchte ich auf unsere Homepage www.agrypnie.de verweisen. Dort kann unsere ausführliche Bandbiografie nachgelesen werden.

"Aetas Cineris" wirkt auf mich sehr rund und abgeschlossen. Steht das Album in einem konzeptionellen Zusammenhang?

Nein, nicht wirklich.

Wie lange habt ihr "Aetas Cineris" aufgenommen und kannst du uns etwas zum Entstehungsprozess erzählen?

Wie lange wir aufgenommen haben, ist nicht eindeutig zu beantworten. In unserer Studiozeit in Saarbrücken – es waren um die 12 Tage, wenn ich mich recht erinnere – wurden die Drums, Gitarren und der Bass aufgenommen, zum kleinen Teil schon gemischt und gemastert. Wir haben in diesem Zeitraum ja nicht nur "Aetas Cineris" aufgenommen, sondern auch die "Asche EP".

Es sind diverse Tage für Mix und Mastering ins Land gezogen, die Keys habe ich zu Hause aufgenommen, meine Vocals wurden auf zwei über Monate auseinanderliegenden Sessions ("Asche EP"/"Aetas Cineris") im Studio eines Freundes aufgenommen, Daves Vocals wurden in einem dritten Studio aufgenommen... Irgendwas habe ich bestimmt vergessen... Alles in allem schätze ich, dass wir an dem Album zwischen vier und sechs Wochen gearbeitet haben; Vorproduktion etc. nicht eingerechnet. Entstehungsprozesse sind bei mir ziemlich unspektakulär. Ich arbeite einfach so lange an Songs, bis irgendwann genug für ein Album zusammen sind. Zu „Dezember" und „Asche" gibt es aber „Anekdoten" zu berichten:

Entgegen der „Dezember"-Kälte ist das Grundgerüst des Songs nämlich während meiner Zeit in Australien entstanden, in der ich, man ahnt es bereits, zumeist alles andere als gefroren habe. Mir wurde beim Schreiben des Grundgerüstes jedoch sofort bewusst, in welche Richtung sich dieser Songs trotz der sommerlichen Hitze entwickeln würde.

Der Song „Asche" existiert, in diversen unterschiedlichen Arrangements,  mittlerweile seit fünf bis zehn Jahren. Irgendwie war ich nie zu 100 Prozent mit den jeweiligen Versionen zufrieden, weshalb es der Songs bisher nie auf ein Album geschafft hat. Ich habe mich dann quasi dazu „gezwungen" diesen Song endlich richtig auszuarbeiten, da es schade gewesen wäre, würden die Arrangements einfach im Nirvana meiner diversen Festplatten verschwinden. „Asche" hat über die vielen Jahre eine Art „Eigenleben" entwickelt und die Albumversion hat mit den eigentlichen Ursprungsideen zu diesem Song nicht mehr viel zu tun. Es war eine sehr interessante und spannende Entwicklung.

AGRYPNIE bedeutet „Schlafstörung". Mich würde interessieren, warum ihr diesen Bandnamen gewählt habt und aus welchem Blickwinkel ihr die Schlafstörung seht. Die mangelnde Fähigkeit, die Realität zu ignorieren oder den „Schlaf der anderen zu stören", also im übertragenen Sinne „deren Augen zu öffnen", es gibt viele Interpretationsmöglichkeiten...

Um genau zu sein, bedeutet es „Schlaflosigkeit". Ich hatte in der Vergangenheit und habe immer noch phasenweise massive Probleme mit diversen Schlafstörungen (u.a. mit Schlaflosigkeit). Deshalb empfand ich den Bandnamen als sehr passend.

Ich kann mir schwer vorstellen, dass ihr euch gut gelaunt im Proberaum trefft, ein paar Witzchen reißt und dann problemlos umschalten könnt, um traurige, große Emotionen „abzurufen". Wie läuft eine Probe oder auch die Entstehung eines konkreten Songs bei
AGRYPNIE ab?

Ich sehe keinen Grund, im Proberaum große Emotionen abrufen zu müssen. Wofür? Gerade im Hinblick auf die Tatsache, dass wir alle in verschiedenen Teilen Deutschlands leben, ist die Bandprobe dazu da, die Songs intensiv für Konzerte einzustudieren und nicht, um Gruppentherapien zu führen.

Ich schreibe alle Songs alleine, das Grundgerüst besteht aus Gitarren und Schlagzeug (Drumcomputer). Sobald genug Songs für ein Album zusammen sind (wobei alle Stücke für meinen Geschmack zusammenpassen müssen und ich diverse Songs und noch mehr Riffs in der Hinterhand habe), gebe ich René die Songs zum einstudieren. Dann beginne ich damit, mir Gedanken zu den Keys, den Texten und zum Bass zu machen. Manchmal existieren bereits während des Schreibens eines Songs Ideen, wie z.B. die Keys an Stelle XY zu klingen haben.

AGRYPNIE ist eine der wenigen Bands, bei denen ich auch lange Stücke gut hören kann. Ist die Spieldauer ein Kriterium, wenn ihr einen Song schreibt, oder kriegt das Stück intuitiv, was es an Länge braucht – und kann auch zukünftig mal ganz kurz sein?

„Relativ" kurz ist die Ausnahme (der Song „0545" beispielsweise). Ich kann keine kurzen Songs schreiben und wie du schon sagst, die Stücke bekommen intuitiv die Länge, die sie benötigen. Ich nehme dabei auch gerne in Kauf, dass der Hörer die dritte Wiederholung vielleicht als überflüssig ansieht. Die Stücke sind so lang, wie sie sein müssen.

Deine Texte sind sehr persönlich und zum größten Teil sicherlich aus schmerzhaften Ereignissen bzw. Erkenntnissen entstanden. Wie weit transferiert sich das auf die Bühne? Durchlebst du das jedes Mal wieder besonders, wenn es um Texte geht, die komplett von dir verfasst
wurden?

Bei einigen sehr wenigen Momenten musste ich bei Shows in der Tat bereits mit meiner Fassung ringen. Das passiert aber sehr selten und liegt dann primär an den jeweiligen Lebensumständen während dieses Zeitraums.

Primär dominieren bei mir Aggressionen während der Zeit auf der Bühne. Sicherlich trägt Adrenalin da auch seinen Teil dazu bei. Auf der Bühne kann ich Gefühlen freien Lauf lassen, die ich normalerweise unter der „Oberfläche" trage, beziehungsweise zu begraben versuche. Hass und Aggressionen stehen da an oberster Stelle.

Agrypnie Photo TorstenWas ist deine persönliche Motivation Musik, zu machen?

Die Weltherrschaft und ein amerikanischer Sportwagen vor meiner Luxusvilla, mit einem Pool und Babes darin... Ich kann und möchte das nicht in Worte fassen (müssen). Musik ist mein Leben, mehr muss dazu eigentlich nicht erklärt werden, oder?

Ihr seid jetzt gerade auf Tour mit DER WEG EINER FREIHEIT und HERETOIR, magst du das Tourleben?

Da ich mir mit diesem Interview genauso viel Zeit wie mit allen anderen Interviews gelassen habe, liegt die Tour (leider) bereits einige Wochen zurück. Tourleben ist für mich eine Hassliebe. Man verbringt viel Zeit mit „rumhängen" (und das 24 Stunden lang mit 16 anderen Typen), die Koje im Tourbus ist nicht mit dem Bett zu Hause zu vergleichen und von den Zuständen sanitärer Einrichtungen in einigen Clubs fange ich besser nicht an.

Aber bevor es nun so klingt, als würde der Hass dominieren... Ich liebe es, auf Tour zu sein und meiner gesundheitlichen Konstitution zum Trotz (Scheißgrippe), hätte ich die Aetas Cineris Tour ewig weiterfahren können. Es war eine unvergessliche und intensive Zeit und ich möchte keine Minute davon missen.

Gibt ein es ein Bandritual bei AGRYPNIE, bevor ihr die Bühne betretet?

Ich drohe meinen Mitmusikern mit körperlicher Gewalt, sollten sie auch nur einen Spielfehler ins Set hauen. Hat bisher bestens funktioniert.

Eure Musik wird häufig dem Black Metal zugeordnet, wenn auch mit dem Attribut "Post" davor. Ihr erfüllt aber kaum ein Klischee dieser Szene, kein Warpaint wie IMMORTAL, ihr lebt auch nicht zusammen auf einer Hippiefarm wie WOLVES IN THE THRONE ROOM und befasst euch eigentlich auch nicht wirklich mit typischen Black Metal Themen. DER WEG EINER FREIHEIT entsprechen auch überhaupt nicht dem optischen Black Metal Bild, so wie auch LITURGY das ähnlich machen. Letztere wurden dafür oft kritisiert, könnt ihr diese Kritik für die Anfänge von AGRYPNIE auch bestätigen?

Kann ich nicht bestätigen und mich kümmert „Kritik" in dieser Hinsicht auch nicht. Bands sollten nach ihrer Musik und ihrer Leidenschaft dazu beurteilt werden und nicht danach, ob sie mit Warpaint auf die Bühne gehen.

Welche Werte aus dem Black Metal Genre beeinflussen AGRYPNIE?

Ich beschäftige mich nicht mit solchen Fragen. Es gibt natürlich „Dinge" im Black Metal, die sich in meiner Musik oder mir selbst widerspiegeln. Aber ich zerbreche mir nicht den Kopf darüber oder denke darüber nach, was mir wichtig ist beziehungsweise mich beeinflusst (hat).

Auch wenn AGRYPNIE eine sehr stabile Fanbase hat, dürften die monetären Einnahmen im Vergleich zu den Ausgaben leider eher
gering sein. Das hat zumindest den Vorteil, dass ihr keine Erwartungen erfüllen müsst, um den Geldsack mit der nächsten Veröffentlichung wieder vollzumachen. Aber wie sieht das aus mit Erwartungen der Fans (bezüglich Sound, Intensität, Stil...), in wie weit kann man als AGRYPNIE auf so was achten?

In dieser Hinsicht bin ich absolut egoistisch und kümmere mich weder um Fans, noch um etwaige Erwartungshaltungen. Ich schreibe meine Songs für mich und so, wie ich sie für richtig halte und so, dass ich zu 100 Prozent damit zufrieden bin. Einzig René hat Einfluss auf die Drums, beziehungsweise unser Produzent gibt während den Aufnahmen im Studio von Zeit zu Zeit einen Verbesserungsvorschlag von sich. Das passiert aber relativ selten. Ansonsten gibt es da keinerlei Kompromisse meinerseits.

Ihr integriert auch Ambient in euren Sound, hört also auch Musik außerhalb vom Metal. Wo liegen deine musikalischen Wurzeln, welche Künstler pflastern deinen Weg bis heute?

Alle Künstler hier aufzuzählen, würde sicherlich den Rahmen sprengen. Ich bin musikalisch relativ aufgeschlossen, solange es keine deutsche Volksmusik oder irgendwelche beschissenen Chartsgeschichten sind (wobei aber auch da ab und an mal eine gute Nummer dabei ist). Auf Black Metal gemünzt kann ich allerdings sagen, dass mich die „In The Nightside Eclipse" „entjungfert" hat (Anmerkung Redaktion: Das erste Album der norwegischen Black Metal Band EMPEROR). Beim ersten Durchlauf der Scheibe ist mir die Kinnlade bis auf den Boden geklatscht. Solch eine Kälte und Atmosphäre, das kam einer Offenbarung gleich. Unfassbar.

Vielen Dank für die neue Platte, eure Konsequenz und viel Erfolg für AGRYPNIE weiterhin. Ich bin gespannt, wohin euer Weg noch geht und frage dich stattdessen nach deinen persönlichen Wünschen für die Zukunft von AGRYPNIE.

Gigs im Ausland wären mal eine coole Geschichte. Ansonsten bin ich zufrieden damit, wie sich Agrypnie in den letzten Monaten und Jahren entwickelt hat

Photos by angst-im-wald