Hi Tito, schön, dass Du dir nach dieser im wahrsten Sinne des Wortes echt heißen Show noch Zeit für uns nimmst. Wie war es denn, nach dem letzten Konzert vor zwei Jahren wieder in Weinheim zu spielen?
Es war wirklich verdammt heiß, ich musste eben erstmal meinen „Taucheranzug" ausziehen, haha... Ja, man trifft ein paar bekannte Gesichter wieder und ehrlich gesagt gefällt mir der Teil von Deutschland auch besonders gut, wegen des Weins und des Käses, du wirst lachen. Wenn ich hier bin, gehe ich immer in viele Weinläden und fotografiere Etiketten, die mir besonders gut gefallen. Ich bestelle davon auch viel. Die Mentalität der Leute ist auch sehr sympathisch.
Letztes Jahr hast Du mit TITO & TARANTULA dein 20. Bühnenjubiläum gefeiert, warst davor etliche Jahre mit anderen Bands unterwegs. Was hält Dich auch jetzt noch „on the road"?
Ich war mein Leben lang an Musik interessiert. Mein Vater arbeitete für eine Baufirma und in den Sommern habe ich ihm auf den Baustellen geholfen. Ich mochte die Arbeit aber hatte nie vor, das zu meinem Beruf zu machen. Singen und Tanzen mochte ich einfach viel mehr, als im Schutt zu graben. Und ich denke, mein Vater wusste das, weil er mir immer Pausen gab: „Du kannst gehen und dich ein bisschen hinsetzen" oder „Die Cola ist leer, hol´ uns bitte mal welche".
Was meine Wünsche angeht, haben mich meine Eltern also immer unterstützt. Sie haben sich alles angeschaut, was ich gemacht habe, egal ob ich gerade eine Violine gequält, Theater gespielt oder sonst was getan habe. Ich weiß noch: Einmal, als mein Vater mich in Ballettstrumpfhosen gesehen hat, da hat er sich ein bisschen Sorgen gemacht – was dann schlagartig aufgehört hat, als ich eine Freundin hatte. Dann hat sich mein Leben so entwickelt, dass es irgendwann kein Zurück aus der Musik gab. Und jetzt sitzen wir hier, haha!
Ihr spielt fast alle Eure Shows in Europa, viele davon in Deutschland. Wie kommt es, dass Ihr kaum in den USA tourt?
Ich habe so viele Jahre in den Staaten gespielt – seit den 70ern sind wir kreuz und quer herumgereist, ich bin ja schon ziemlich alt, haha... Als mit „Tarantism" dann das Projekt TITO & TARANTULA begann, hatte ich das Touren durch Amerika irgendwie satt und wollte es einfach nicht mehr länger machen.
TARANTULA habe ich eigentlich nur so zum Spaß angefangen, ich hoffte nicht auf einen Plattendeal oder so etwas. Zu der Zeit habe ich viel in Filmen mitgewirkt, habe viel geschauspielert und Filmmusik geschrieben, mit Comedians zusammen gearbeitet und war Produzent. Ich wollte TARANTULA für die Filme nutzen, um zu komponieren und aufzunehmen. Zu der Zeit dachte wirklich, mein Tourleben sei komplett vorbei – bis Robert und Quentin [Anm.d.Red.: Robert Rodriguez, Quentin Tarantino] daherkamen. Ihre Karrieren waren bis dahin so erfolgreich verlaufen, dass es uns stark beeinflusste. Die Leute wollten uns live spielen sehen, also begannen wir wieder herumzureisen. Das Touren hatte ich 1995 gestoppt, mit TARANTULA zogen wir 1997 wieder los, es gab also bisher knapp zwei Jahre, in denen ich nicht auf Tour war.
Das Touren in den 90ern langweilte jedoch irgendwann, es war sehr teuer und man brauchte wirklich eine Plattenfirma im Rücken. Dann war da dieser deutsche Kerl, den wir trafen. Vor dem Konzert hatten uns die FOO FIGHTERS angerufen und angefragt, ob sie vor uns spielen dürften, weil sie gerade nach Auditions einen neuen Drummer ausprobieren wollten. Die FOO FIGHTERS und wir spielten an dem Abend vor Filmstars wie Wynona Rider und Brad Pitt. Da kam jener Kerl backstage zu uns und sagte: „Tito, ihr seid sehr bekannt in Deutschland". Zuerst hab' ich das nicht geglaubt, aber als er dann immer weiter auf mich eingeredet hat, hab' ich ihn gefragt, ob er uns einen Gig in Deutschland organisieren kann. Ein paar Wochen später hatte er uns eine Deutschlandtour organisiert und so kamen wir wegen diesem einen Typen nach Deutschland.
Was ich an Deutschland schätze, ist, dass sie die Bands gut behandeln und das Reisen einfach ist, weil das Land vergleichsweise klein ist und man sehr schnell in Frankreich, Italien oder England ist. Es hat einfach gepasst und heute mag ich es, hier zu touren und dann nach Hause fahren zu können und nichts zu machen. Zur Zeit sind jedoch wieder ein paar U.S.-Termine geplant. Wir versuchen, die neue Platte bis Dezember fertig zu stellen und wollen dann die erste U.S.-Tour in vielleicht 15 Jahren machen.
Du wirst das wahrscheinlich oft gefragt, aber wie ist es, seine Tochter mit auf Tour und in der Band zu haben? [Lolita Carroll Larriva: Bass + Songwriting]
Es ist sehr hart, haha... Sie denkt nicht, dass ich „cool" bin und schaut mich immer mit diesem Blick an und sagt: „Dad, was tust du da?" Und wenn ich sage: „Ich performe", antwortet sie mir: „Das ist so albern, du erzählst ständig Witze...".
Aber jetzt mal ernsthaft, letztes Jahr hat sie unsere Tour gerettet. Wir haben die aktuelle Platte ["Back Into The Darkness", 2008] zusammen geschrieben. Sie schreibt auch jeden Tag, ich nicht mehr wirklich, aber sie tut es. Eigentlich hat sie ihre eigene Band, aber als wir letztes Jahr tourten, hatte unsere Bassistin Caroline kurz zuvor geheiratet und konnte sich nicht vorstellen, für die Zeit der Tour von ihrem Mann getrennt zu sein. Und Lola sagte einfach: „Ich kann doch Bass spielen". Daraufhin erklärte ich ihr, dass wir nur zwei Tage haben, um einen Ersatz zu finden und sie daher alle Songs in diesen zwei Tagen zu lernen hätte. Ich gab ihr dann auch nur einen Tag, um sicherzustellen, dass wir, falls sie es nicht schaffen sollte, weiter suchen konnten. Sie sagte nur: „Ok, Dad" und konnte nach den ersten zwei Stunden bereits 14 Songs spielen. Also hatte sie gewonnen und ich war sehr stolz auf sie.
Sie hat wirklich viel Spaß, mag das Tourleben und ist mittlerweile mit unserem Drummer [Victor Ziolkowski, seit 2011 in der Band] liiert. Seit sie ein Baby war, kam sie mit auf Tour, für sie ist also der Bus auch ein Teil ihres Zuhauses. Natürlich macht sich ihre Mutter immer ein wenig Sorgen. Wenn Lola von einer Tour zurück kommt, stellt meine Frau immer fest, dass Lola flucht wie ein Pirat. Sie sagt dann: „Ach, all´ diese schlimmen Wörter, das Leben auf Tour und die ganzen Männer im Bus haben einen schlechten Einfluss auf sie." Aber ich mag es einfach, mit einem Teil meiner Familie zusammen zu spielen.
Es wird oft gesagt, dass die Arbeit eines Musikers heutzutage sehr unter den neueren Entwicklungen des Musikbusiness leidet. Zum Beispiel werden CD-Produktionen oft als kaum noch rentabel angesehen. Wie beeinflussen Dich diese Dinge bei deiner Arbeit als Musiker?
Hmm... die Art, wie wir arbeiten, fällt unter die Devise "clever wirtschaften und die Dinge klein halten". Wir reisen nicht mit PA oder Licht, spielen in kleinen Clubs... – größere Konzerte gibt es natürlich auch mal, aber in der Regel sind es zwischen 300 und 600 Zuschauer. Diese schmale Schiene erlaubt es uns, Geld zu sparen. Wir machen einfach nicht viel Geld mit Downloads oder CDs. Das Wichtigste, was ich mit den Jahren gelernt habe, ist, zuallererst die Band zu bezahlen. Bezahlst du deine Band nicht, hast du keine Band. Viele Bookingagenturen und Label bezahlen ihre Bands zuletzt und haben dann nicht mehr genug Geld. Die Musiker sind dadurch verärgert und unmotiviert, was überhaupt nicht gut ist.
Das meiste Geld habe ich damals mit den Filmen verdient, die ich gemacht habe. Ich lebe eigentlich von diesem Geld, während die Touren sich mehr oder weniger selbst finanzieren. So ist es uns möglich, jedes Jahr zu touren. Es ist eine tolle Arbeit, die ganz ok bezahlt ist. Wir werden nicht reich, aber das ist auch nicht wichtig.
Ich denke, die Fans sind mit das Wichtigste. Wenn wir wirklich sehr weit weg spielen, zum Beispiel in Russland, Kasachstan oder Mazedonien, machen wir normalerweise keinen Gewinn. Aber es ist so interessant, in diesen Ländern unterwegs zu sein, vieles verändert sich ja auch. Zum Beispiel hat sich die Situation in Kroatien für Musiker sehr gewandelt. Als wir in unseren Anfangsjahren dort tourten, haben wir, wenn es gut lief, zwei T-Shirts verkauft. Heute ist die Situation etwas anders, so wie viele Länder des „Ostblocks" langsam wieder an Fahrt gewinnen. In Russland waren wir etwa zwölf Mal und haben dabei alle Teile des Landes bereist, vom Zipfel von Alaska bis nach Moskau.
[Anm.d.Red.: An dieser Stelle kommt Marcus Praed (Leadgitarre) dazu]
Marcus und ich arbeiten eigentlich zusammen, seitdem ich das erste Mal in Deutschland war. Zuerst war er unser Techniker und nun ist er in der Band. Er brachte mich dazu, ihn in die Band aufzunehmen, haha... Seit etwa 15 Jahren sind wir befreundet. Unser erster Gig in Deutschland war in Leipzig, oder... Halt, Markus, aus welcher Stadt kommt Mozart?
Marcus: Salzburg.
Das ist aber in Österreich. War dann Leipzig euer erster Gig hier?
Hmm... nee, ich denke es war Hamburg, wenn ich es mir recht überlege. Ja, genau, im Funky Pussy Club, haha! Typisch Hamburg.