Zhenya, schön, dass Du dir die Zeit genommen hast, mir ein paar Fragen zu beantworten.
Ach, das mach' ich doch gerne.
Wie geht es Dir zur Zeit?
Ja ganz gut, wir sind gestern hier angekommen, es ist sonnig und nachdem der Regen nun auch endlich vorbei ist, kann man die Campingatmosphäre auch richtig genießen.
Wie oft warst du schon auf Wacken?
Das ist jetzt das vierte Mal.
Und wie findest Du es dieses Jahr so? Deine ersten Eindrücke ?
Also ich find’s eigentlich ganz nett. Wir haben eine sehr nette Gruppe, mit der wir campen - das war nicht immer so, wir haben auch schon neben Neonazis gecampt, das war weniger angenehm. Also verspricht, gut zu werden.
Was ist Dein Highlight dieses Jahr auf dem Open Air?
Ich freu' mich unheimlich auf RAMMSTEIN und ich werde mir natürlich RUSSKAJA geben, weil die letztes Jahr der Geheimtipp waren.
Du trittst ja dieses Jahr zusammen mit den Reitern auf. Du warst zwar schon auf großen Bühnen, aber Wacken ist ja noch was ganz anderes. Wie denkst Du darüber?
Also ich find’s cool, dass wir das machen können, allerdings "auftreten" ist ein bisschen übertrieben, denn der einzige, der singen wird, ist Max und wir anderen machen da nur ‘nen kleinen Gag mit denen, deswegen bin ich jetzt nicht sonderlich aufgeregt.
Wenn du jemandem die Musik, die Du machst, beschreiben müsstest, was würdest du sagen? Wie klingt aequitaS?
Eine Mischung aus Rock, Pop und Comedy.
Und wofür steht "aequitaS"?
Das steht für eine Tugend. Ich habe mir das damals in meiner Schulzeit im Lateinunterricht ausgedacht, das kam als Vokabel dran und es steht für „die Gleichheit“... und ich finde, die Gleichheit ist eine schöne Tugend.
Einfach und aussagekräftig.
Genau.
Wie bist Du eigentlich zur Musik gekommen? Und wie lange machst du schon Musik? Wie hast du angefangen?
Angefangen habe ich im Kindesalter, weil meine Oma mich gezwungen hat, aber ich habe nicht „nein“ gesagt, also war es weniger ein Zwingen als ein „Hey guck mal, das ist ein Klavier, willst du da nicht drauf spielen?“ Und es hat mir gefallen und ja, keine Ahnung, in der Schulzeit fängt man dann an, sich ein paar Skills anzutrainieren, bis man dann hört, dass man scheiße ist und dann hört man trotzdem nicht auf.
Ja, wie lange mach' ich das jetzt? Seit 2006 eigentlich richtig, da hab ich mir Equipment besorgt, von meinem ersten Geld, das ich bei der Arbeit verdient hab', und da habe ich auch angefangen zu schreiben.
Machst du seitdem auch schon Musik unter dem Namen aequitaS?
Ja, ich habe mich damals auch schon so genannt. Ich habe den Namen ja aus meiner Schulzeit und das ist auch schon ein bisschen her.
Gab es in den Jahren auch mal Momente, in denen Du dachtest: „Ich hab keine Lust mehr, ich höre auf“, oder hast Du das immer positiv gesehen und wolltest weitermachen?
Ich hab' so das Gefühl, dass mein eigener Charakter das verhindert, dass ich das nicht durchziehen könnte. Also klar, man hat so Momente, bei denen man sagt: „Zu viele Hater oder kein' Bock mehr, gefällt doch eh keinem mehr“, so Depriphasen, aber plötzlich kommt dann 'ne geile Idee und das hört sich gut an und plötzlich hast du wieder Spaß an der Sache.
Das heißt, wir können uns auch darauf freuen, dass Du weitermachen wirst.
Ja, na klar.
Wenn man Deine Songs hört, sind da ja recht viele Einflüsse: ein bisschen Rock wie Du meintest, Comedy... eigentlich von allem etwas. Was hörst Du privat so für Musik?
Ich höre tatsächlich sehr viel, ich höre von Rock bis Pop alles und dazu noch russische Musik, also russische Rockmusik, russische Popmusik, klassische Musik und sowas. Ich würde jetzt aber nicht behaupten, dass ich mir von den Musikrichtungen viele Einflüsse hole, tatsächlich sind die meisten aber aus der Rockmusik, ich höre alles eigentlich. Ich finde es ein bisschen faschistisch zu sagen "ich höre das aus Prinzip nicht".
Du hast deinen YouTube-Kanal, bist da auch immer noch sehr aktiv und hast dadurch auch einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt. Meinst Du, das hat Deine Musik ein bisschen beeinflusst, dass du gerade durch YouTube bekannt geworden bist, oder hättest Du die Musik genauso gemacht, wenn es anders gekommen wäre?
Das hat es tatsächlich nicht unwesentlich beeinflusst, weil ich auch zeitgleich in einer Metalband gespielt habe und ich habe gemerkt, dass die Musik, die wir mit der Metalband gemacht haben, immer die gleiche geblieben ist und immer einen auf "seriös" macht. Dadurch, dass ich als Solokünstlerin auf YouTube aktiv war, sind ein paar Grenzen, die man als seriöser Musiker hat, einfach nicht gegeben. Zum Beispiel hätte ich diese ganzen Comedynummern nicht gemacht, wenn ich mich einem seriösen, politischen oder auch älterem Publikum präsentiert hätte. Aber auf YouTube ist das Publikum richtig breit gefächert, das heißt, du kannst machen, was du willst und irgendeinen Nerv triffst du immer. Und Sachen wie „Magenliebe“ oder „Fluch der Karibik mal anders“ wären wohl nicht entstanden, wenn ich nicht YouTube als Medium genutzt hätte.
Du hast nun bei YouTube schon über 120.000 Abonnenten, was ja schon recht viel ist. Das beeinflusst doch sicher auch das Privatleben? Ich könnte mir vorstellen, dass Du unterwegs oder hier auf Wacken ganz oft erkannt und angesprochen wirst. Wie fühlt sich das an?
Auf der Straße passiert das zum Glück nicht so oft, weil sich dort meine Zielgruppe einfach nicht häuft. Auf Festivals passiert das doch recht häufig und ich muss immer damit rechnen. Das ist aber ok, da die Leute auf Festivals meistens recht lustig, recht nett sind und ich werde dann auch nicht lange belästigt. Viele treffe ich, die einfach nur kurz mit mir labern oder eine Unterschrift wollen, oder was mit mir trinken, und die freuen sich dann auch immer, wenn sie mich sehen und ich mit ihnen rede, das ist immer sehr angenehm.
So kannst Du ja auch eine besondere Nähe zu deinen Fans entwickeln.
Ja, genau!
Du hast eben gesagt, sowas wie „Fluch der Karibik mal anders“ - Du hast eine ganze Reihe an Clips, die sich „... mal anders“ nennt, wie suchst Du die Songs aus, die du dort teils parodierst?
Zum Teil parodiere ich sie ja nicht, sondern interpretiere sie neu, auf eine Weise, die zum Teil sehr stark vom Original abweicht. Bei „Fluch der Karibik“ ist es im Original ein klassisch angehauchter, orchestraler Track und ich hab' halt eine witzige Rocknummer daraus gemacht. Ich hab' da tatsächlich kein System.
Woher kommt dann Deine Inspiration? Du sagst zwar, Du hast kein System, aber setzt Du Dich einfach hin und denkst „so, ich schreib' jetzt ein neues Lied“, oder kommt das ganz spontan?
Das kommt ganz spontan. Die Ideen kommen tatsächlich aus allen möglichen Richtungen, entweder ist es etwas, wo ich sage, dass ich es schon ewig mal machen wollte, oder ich hab' plötzlich eine Melodie im Kopf und dann setze ich mich zwei Wochen hin und schreibe dazu einen Text oder man jamt mit Leuten. Es ist tatsächlich schon mal passiert, dass ich einen Kumpel besucht habe, der Schlagzeuger ist und ich sagte: „Hey pass auf, ich schmeiß jetzt mein Handy an und wir spielen drei Minuten was, ich hab grade 'ne Idee“, und dass daraus dann ein Song entsteht. Aber es ist immer sehr unterschiedlich. Das Wichtigste ist, finde ich, dass man das nicht erzwingt. Tatsächlich hat es noch nie geklappt, dass ich einen neuen Song geschrieben habe, weil der Zeitplan ruft. So habe ich es zum Teil mit meiner alten Band mal gehandhabt, da sind dann zum Teil richtig erzwungene und konstruierte Songs draus geworden, die ich persönlich nicht so gut fand.
Du hast vor einigen Tagen einen neuen Song hochgeladen, „Relentless“. Wie kam es dazu, was willst Du mit dem Song eigentlich sagen, er ist immerhin schon ein wenig anders als die letzten Songs davor.
Tatsächlich wurde mir auch unterstellt, dass ich dafür bezahlt worden bin, aber eigentlich habe ich einen persönlichen Grund, wieso ich diesen Song geschrieben habe. Ich war letztes Jahr das erste Mal mit meiner derzeitigen Freundin auf Wacken und sie hat mir den „Berry Flavoured Relentless“ näher gebracht und ich bin sehr schnell süchtig danach geworden. Es gab eine Zeit, in der ich „Blog TV“ gemacht habe und währenddessen zehn Dosen oder so getrunken habe oder fünf, wir wollen mal nicht übertreiben. Mein guter Freund Fabian, der auch mein Gitarrist ist, hatte dann irgendwann die Idee, dass wir einen Song über „Relentless“ schreiben... und dann haben wir, weil wir beide übelst in dieses Getränk verknallt sind, einen Tribute dazu geschrieben und das ist auch der Grund, wieso ich diesen Song gemacht habe.
Wenn man sich das Video zu „Relentless“ ansieht und vor allem die Kommentare, sieht man viele Hater, die sagen: „Ach, das Video ist total schlecht, aber der Song ist ganz ok." Wieso hast Du das Video so gemacht, wie es ist und wie reagierst Du auf derartige Kommentare?
Die meisten, die sich beschwert haben, dass das Video scheiße ist, haben sich nicht über das Video selbst beschwert, sondern darüber, dass ich mit Max zusammen gearbeitet habe... und das finde ich ein bisschen schwach und ich werde jetzt nicht, nur weil er einen Shitstorm abbekommen hat, einen Freund wie einen Aussätzigen behandeln und stehe jetzt einfach mal drüber. Wieso ich das Video so gemacht habe, wie es ist? Weil es spontan ist, so wie wir es früher immer gemacht haben und bei den YouTube Anfängen hat man auch irgendeine fixe Idee gehabt, Kamera angeschmissen und abgedreht, ohne eine besondere Absicht. Einerseits haben wir das Video so quasi als Parodie auf sich selber gemacht, andererseits, weil zwei gute Freunde, Shari und Max, gerade Zeit hatten und ich habe mir gedacht, setzen wir sie einfach als Darsteller ein.
Und so ist das dann entstanden? Ganz spontan?
Naja, wir haben uns dann getroffen und eine Liste gemacht, was wir alles für Szenen einbringen wollen und dann alles im Laufe von zwei Nachmittagen abgedreht.
Du machst eigentlich zu jedem Song auch ein Video, mal aufwändiger, mal weniger.
Meistens eher weniger, da dabei die Musik eher im Vordergrund stehen soll.
Dadurch wird auch der Bekanntheitsgrad immer größer, viele Musiker haben ja das Ziel, mit ihrer Musik berühmt zu werden und Geld zu verdienen. Steht das für dich auch im Vordergrund, berühmt zu werden, oder steht für dich die Musik selber im Vordergrund und du willst einfach nur Spaß dabei haben?
Der Spaß ist natürlich wichtig, sonst musst du viel Geld damit verdienen, denn dann wäre es einfach nur ein Job. Tatsächlich ist jeder, der behauptet, er möchte keinen Fame, ein Lügner. Denn wenn du auftrittst, möchtest du dich ja präsentieren und die Anerkennung dafür, daher kann ich guten Gewissens behaupten, dass ich es wegen des Fames mache. Einfach dafür, dass es möglichst viele Leute hören und möglichst viele Leute darauf feiern.
Du gibst ja auch recht viele Konzerte, zum Beispiel auf dem StreamDay vor etwa einem Monat. Ich habe darüber einen Bericht geschrieben, in dem ich sage, dass viel dazu gehört, spontan eine so lange Show zu machen - was dort ja nötig war, da es einige Probleme gab. Wenn Du nun improvisieren musst, machst Du das einfach so ganz locker oder ist es für dich eine große Herausforderung, spontan eine halbe Stunde oder gar mehr zu spielen?
Ich sag's mal so: Ich habe mir mit der Zeit ein gewisses Repertoire angeeignet, natürlich mit eigenen Songs, man schreibt ja immer mehr. Und dann gibt es einfach noch ein paar Sachen, bei denen man im Laufe der Auftritte merkt, dass sie bei den Leuten gut ankommen, die kann man im Notfall dann rausholen.
Ich habe dich auf dem StreamDay das erste Mal live gesehen und war begeistert, Du trittst eigentlich nur mit Deiner Gitarre auf, singst dazu, alles recht einfach gehalten. Genau das ist auch das, was ein bisschen das Flair von Deinen Auftritten ausmacht und trotzdem schaffst Du es immer wieder, die Leute mitzureißen. Genau das finde ich persönlich recht positiv, wobei es auch Leute gibt, die es recht langweilig finden. Hast Du schon mal daran gedacht, etwas zu ändern oder soll das einfach so bleiben, sodass du die Authentizität beibehältst?
Also, einerseits ist es, wenn man nur mit Gitarre auftritt, leichter zu improvisieren, man muss die Band nicht einweihen in spontane Änderungen, spontan geht sowieso nichts mit Band, denn die muss auch synchron mitziehen können. Ich bin jetzt einmal mit der Band aufgetreten, das hat ganz gut geklappt, weil wir die Passagen zum Mitsingen auch eingeprobt hatten. Du hast jetzt allerdings meine letzten Auftritte auf Conventions nicht mit verfolgt, zum Beispiel letztes Jahr beim Cosday, da läuft das so, dass ich Hälfte-Hälfte mache. Lieder, bei denen ich weiß, dass ich improvisieren werde, spiele ich mit Gitarre, bei anderen Liedern, wo ich weiß, dass sie nur mit der Gitarre nicht gut klingen, nehme ich Backing-Tracks mit. Das funktioniert dann auch ganz gut und die Atmosphäre kommt auch immer recht gut rüber.
Wie fandest Du den StreamDay eigentlich?
Ich fand ihn recht lustig und habe dort auch recht viele nette Leute getroffen. Ich fand ihn allerdings recht chaotisch und aus professioneller Sicht schwach.
Wie gesagt, ich habe dich dort das erste Mal live gesehen und würde Dich gerne häufiger sehen... Gibt es in nächster Zeit Events, zu den man gehen sollte, bei denen Du auch auftrittst?
Ich dachte daran, bei den nächsten Singer/Songwriter Slams mitzumachen, in Hamburg, sonst wollte ich mich nächstes Jahr beim Hoernerfest bewerben und werde wahrscheinlich noch bei ein oder zwei Konzerten von JAN HEGENBERG mit auf der Bühne stehen, in Hamburg und München wahrscheinlich.
Wenn du ein Konzert spielst, gibt es da etwas, das auf jeden Fall immer mit dabei sein muss, das Dir nicht fehlen darf?Abgesehen von den Instrumenten natürlich.
Ja, Leute natürlich, die Bock d'rauf haben. Ich finde es tatsächlich deutlich angenehmer, vor einem Publikum zu spielen, das mich zum größten Teil schon kennt, als vor einem neuen Publikum, weil dem muss ich dann immer was beweisen und ich finde es sehr angenehm, auf die Bühne zu kommen und zu wissen, dass sich die Leute schon freuen. Das nimmt einem sehr viel Druck.
Gab es auch mal die eine oder andere lustige Geschichte, die du mit uns teilen möchtest?
Ja, technische Pannen ständig - und da habe ich mir angewöhnt, wenn der Techniker zum Beispiel vergessen hat, den Kanal aufzudrehen, oder meine Gitarrenbuchse spinnt, dass ich mit dem Publikum „Tetris“ a cappella singe. Das kennt einfach jeder und da macht auch jeder mit, das habe ich schon bei einigen Konzerten gemacht.
Auf was können sich die Fans deiner Musik demnächst gefasst machen? Sind neue Veröffentlichungen geplant?
Songs stehen eigentlich immer an, aber ich habe es mir abgewöhnt, Deadlines zu nennen. It’s done when it’s done, sag' ich immer. Klar, es kommen ständig neue Songs, das dauert nur manchmal bei mir, das heißt aber nicht, dass ich zwischendurch tot bin.
Gibt es noch etwas, das du loswerden möchtest?
WACKEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEEN!
Geschrieben von Alexander Samstag, 31 August 2013 17:22
AequitaS - Interview mit Zhenya über ihre YouTube-Bekanntheit, Musik und Konzerte
AequitaS alias Zhenya wird eher den YouTube-Fans unter unseren Lesern ein Begriff sein. Wir trafen die umtriebige Musikerin und YouTuberin auf dem Wacken Open Air und sprachen mit ihr über ihre Musik, Videos und Konzerte.
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