Geschrieben von Mittwoch, 22 Januar 2014 18:43

Caliban - Interview zu "Ghost Empire" mit Gitarrist Denis Schmidt

Die Jungs von Caliban Die Jungs von Caliban Foto © Sandra Muequin
Die deutschen Metalcore-Pioniere CALIBAN haben dieser Tage mit "Ghost Empire" ein neues Album veröffentlicht. Wir nutzten die Chance, um Gitarrist Denis Schmidt ein paar Fragen zur Musik und zur Szene zu stellen.

Euch gibt es jetzt seit 1997 – das ist für die recht schnelllebige Metalcore-Szene eine lange Zeit. Was ist euer Geheimnis?

Ein Geheimnis gibt es da nicht. Wir machen nur das, was uns Spaß macht, spielen sehr gerne live und haben die ganzen Jahre auch das Glück gehabt, dieses auch sehr oft machen zu können. Dass einigen Leuten die Musik dann noch gefällt, ist natürlich ein sehr positiver Nebeneffekt. Ohne Fans wären wir natürlich nie so weit gekommen und hätten wahrscheinlich auch schon lange das Handtuch geworfen, bzw. würden die Band als Hobby betreiben und nicht so viel Zeit mit Musik verbringen. Aber zum Glück funktioniert es momentan noch alles ganz gut und wir hoffen, dass es auch noch ein paar Jahre so bleiben wird.

Ihr habt mit „nebeL“ wieder einen deutschen Song auf einem Album. Kommt ihr so langsam auf den Geschmack, mehr deutsche Songs zu schreiben? Der Song „Dein R3.ich“ vom letzten Album hatte ja auch deutsche Parts und mit „Sonne“ habt ihr 2011 einen sehr bekannten Song in eurer Heimatsprache gecovert.

Ich glaube nicht, dass es jemals mehr als ein deutschsprachiger Song auf ein Album schaffen wird. Die deutsche Sprache klingt natürlich sehr hart und passt eigentlich hervorragend zu dieser Art von Musik, aber ich finde es relativ schwer, einen Text auf Deutsch zu verfassen, der sich nicht cheesy anhört. Da ist die Textgestaltung im Englischen wesentlich einfacher, finde ich.

Ihr habt einen in der deutschen Szene recht prominenten Gast auf „nebeL“, oder?

Genau, wir haben Basti von CALLEJON mit an Bord. Nachdem klar war, dass wir wieder einen deutschen Text auf dem Album haben wollen, kam uns direkt Basti in den Sinn. Wir haben ihm dann den Song geschickt und er hat uns wenig später direkt einen Chorus vorgeschlagen, den wir auch sofort genommen haben. Ich finde, das ist ihm sehr gut gelungen, nicht umsonst ist "nebeL" einer meiner Favoriten auf dem Album.

Habt ihr das Gefühl, dass euch als quasi „alten Hasen“ der Respekt gezollt wird, den ihr verdient?

Also ich persönlich lege auf sowas gar keinen großen Wert. Was mich dann aber doch ein wenig ärgert, sind Bands, die seit zwei, drei Jahren Musik machen, alles in den Hintern geschoben bekommen und sich aufführen wie King Louie. Meistens sind die dann nach viereinhalb Jahren wieder von der Bildfläche verschwunden. Aber zum Glück laufen einem solche Bands nicht allzu oft über den Weg.

Was hat sich über die Jahre in der Metalcore-Szene verändert?

Ich denke, das Spektrum ist ein wenig breiter geworden. Es gibt mittlerweile viele neue Elemente, mit denen herumexperimentiert wird. Ansonsten habe ich das Gefühl, dass die Zuschauer schon insgesamt jünger geworden sind, aber das kann auch daran liegen, dass ich schon so alt bin, hahaha ... Als ich damals mit dieser Musik angefangen habe, war das ja schon eine Untergrundbewegung – zu der Zeit hat man nicht im Traum daran gedacht, mit dieser Art von Musik in die Charts zu kommen. Ich hoffe, dass dieser Trend weiterhin bestehen bleibt und die Leute mehr Metal Musik hören, welche Kategorie auch immer.

Leben wir in einem „Ghost Empire“?

Noch nicht ganz, aber es entwickelt sich dorthin. Viele Menschen laufen mit Scheuklappen durch's Leben und konzentrieren sich nur auf ihr eigenes Wohlergehen, Problemen wird aus dem Weg gegangen, nur der eigene Profit zählt. Es sind leblose Hüllen, die auf einem Planeten umherirren, der immer mehr zu Grunde geht.

Direkt im Opener "King" heißt es: „Nothing to hold on / a king of kingdom gone / I'm all alone“. Ein Bezug auf den Albumtitel und Kritik an der heutigen Welt?

In dem Song "King" geht es um eine Führungsperson, in diesem Fall ein König, der sehr egoistisch agiert und seine Macht ganz offensichtlich auslebt. Das hat zur Folge, dass er absolut verachtet wird, zwar seine Macht und viel Geld besitzt, aber im Grunde genommen sehr unglücklich in seiner Situation ist, da dort niemand ist, mit dem er reden kann oder der sich wirklich für ihn interessiert. Man kann das natürlich auch auf Führungspersonen in allen möglichen Bereichen projizieren, Macht zu haben ist oft nicht nur von Vorteil.

Wieso hat es der Song „Falling Downwards“, auf dem Matt Heafy von TRIVIUM als Gast zu hören ist, nicht auf die reguläre Albumversion geschafft?

Zuerst einmal sind wir sehr froh darüber, dass Matt mit uns diesen Song gemacht hat. Er hat vom Gesang her den kompletten Song arrangiert und wirklich einen super Job geleistet. Wir mussten einen Song auswählen, der als Bonus Track auf die Digipak Version kommen sollte. Da dieser Song musikalisch doch ein wenig aus dem Konzept fällt, haben wir uns für diesen entschieden. Es ist jetzt nicht so, dass wir den Song nicht gut genug gefunden hätten, um auf der normalen Version zu landen, er fällt vom Songwriting einfach ein wenig aus dem Rahmen.

Was inspiriert euch heute beim Songwriting? Haben sich die Einflüsse über die Jahre verändert?

Im Prinzip wird man, glaube ich, immer unbewusst von allem Möglichen beeinflußt, auch von ganz anderen Musikrichtungen. Daher hat sich auch bei uns der musikalische Rahmen wesentlich erweitert, die Einflüsse kommen nicht mehr nur aus der Metal oder Hardcore Musik, sondern können auch mal aus der Elektro oder Pop Ecke kommen. Ich denke, je mehr man sich mit verschiedenen Musikrichtungen beschäftigt, desto abwechslungsreicher kann das Endresultat werden.

Was rotiert derzeit bei euch im CD-Player?

Ich muss gestehen, dass ich zu Hause kaum noch Musik höre. Wenn man so oft unterwegs ist und jeden Abend Remmidemmi um sich hat, ist man froh, mal Ruhe zu haben. Wenn ich Musik höre, dann im Auto. Da läuft momentan das Demo Album von MASSACRA – "Day of the Massacra".

Vielen Dank für das Interview!

Wer sich von den Livequalitäten der Jungs überzeugen möchte, sollte sich schnellstmöglich Tickets für die Progression Tour sichern, die CALIBAN headlinen werden.