Geschrieben von Mittwoch, 08 März 2006 23:50

Amorphis - Interview mit Gitarrist Esa zum Album 'Eclipse'

Amorphis live at Ruisrock 2006. Photo: Tina Solda Amorphis live at Ruisrock 2006. Photo: Tina Solda Bild: I, Eurynome, CC BY-SA 3.0

I, Eurynome, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

AMORPHIS melden sich dieser Tage mit ihrem neuesten Streich, einem Konzeptalbum namens „Eclipse“ zurück. Dafür haben sie wieder tief in der finnischen Mythologiekiste gekramt und ein Hammeralbum zusammengezimmert. Grund genug für uns, Gitarrist Esa am Telefon mal ein paar genauere Informationen aus der finnischen Nase zu ziehen ...

Hallo Esa, wie geht’s dir?

Mir geht’s gut, danke.

Ich wette, du musst dieser Tage eine Menge Interviews geben, richtig?

Da hast du recht, gerade diesen Monat habe ich eine Unmenge an Interviews gemacht.

Hoffentlich nicht nur du alleine, sondern auch der Rest der Band.

Ja, drei von uns kümmern sich um die Interviews und teilen das untereinander auf, so dass es insgesamt ok ist.

Zuerst mal muss ich euch zu diesem großartigen Album gratulieren.

Vielen Dank!

Ihr habt einen wirklich guten Job gemacht. Die Scheibe läuft bei mir auf Dauerrotation, seit ich sie bekommen habe und das, obwohl die Songs nach der Hälfte ausfaden.

Stimmt, ihr müsst ja mit diesen Versionen auskommen. 

Ja, leider.

Ich war anfangs ein bisschen besorgt, also ich hörte, dass ihr diese Faded Versions bekommen würdet, aber ich denke, auch mit der Promo bekommt man schon ein gutes Bild des Albums.

Wie sind denn die Reaktionen auf „Eclipse“, die ihr bisher von den Medien oder aus eurem Umfeld bekommen habt?

Großartig! Wir haben zu unseren letzten beiden Alben recht verschiedene Meinungen gehört und was wir bisher zu „Eclipse“ gehört haben, ist wirklich erstaunlich. Ich glaube, dass „Eclipse“ ein Album geworden ist, auf das viele unserer Fans eine lange Zeit gewartet haben.

Heißt das, auch ihr seid mit dem Ergebnis rundum zufrieden?

Ja, das sind wir. Natürlich musikalisch, aber auch in Bezug auf die Soundqualität und ganz besonders das Artwork. Auch was die Texte angeht, denke ich, dass es uns ganz gut gelungen ist.

Wie würdest du denn im Nachinhein das vergangene Jahr für AMORPHIS sehen? Ihr hattet ja eine Menge Aufgaben vor euch – neuer Sänger, neue Plattenfirma, nicht zu vergessen die Aufnahmen fürs neue Album.

Es war ein richtig gutes Jahr für uns. Auf jeden Fall um einiges besser als 2004, was nicht so gut aufhörte...

Dann konnte es ja nur besser werden.

Stimmt. Als Tomi in die Band kam und wir merkten, was für einen tollen Kerl wir da in die Band geholt hatten, lösten sich viele Befürchtungen in Luft auf, und als wir dann mit den Aufnahmen begannen, lief das Ganze sehr locker und gelöst ab.

Wie lief denn Tomis Integration in die Band ab? Lief da alles vom ersten Tag an glatt oder gab es irgendwelche Anfangsschwierigkeiten?

Nicht wirklich. Ich denke nicht, dass es richtige Probleme gab. Er war vermutlich selbst am besorgtesten, vor allem, wie die Fans auf ihn reagieren würden, aber auch, wie wir anderen so menschlich drauf sind...

Und er sozusagen als der „New kid on the block“?

Richtig. Er kannte ja keinen von uns persönlich. Aber auf der siebenwöchigen US-Tour, die wir kurz darauf gemacht haben, haben wir uns dann ganz gut zusammengerauft und jetzt läuft's wunderbar.

Was würdest du denn als den größten gesanglichen Unterschied zwischen Tomi und Pasi, eurem alten Sänger, ansehen?

Pasis Stimme war eher im mittleren Spektrum angesiedelt, während Tomi von Haus aus etwas tiefer singt und auch ein größeres Spektrum beherrscht. Er hat eine gesunde Aggressivität in die Songs eingebracht und ich denke, er ist ein wirklich guter Sänger.

Hältst du eigentlich immer noch Kontakt zu Pasi?

Ja, klar. Wir sind gute Freunde. Es war ja auch keine Trennung im Streit.

Und habt ihr ihm ein Exemplar von „Eclipse“ zukommen lassen?

Ja, er hat eine Promo bekommen und mag das Album wirklich sehr.

„Eclipse“ klingt um einiges folkiger als seine Vorgänger. Liegt das nur an dem Thema, das dem Album zugrunde liegt oder ist es eine generelle Entwicklung in der Musik von AMORPHIS?

Im Grunde haben wir an der Art und Weise, wie wir ans Schreiben gegangen sind, nicht wirklich viel geändert. Tomi hat uns allerdings neu motiviert und unseren Team- Spirit wieder auf Vordermann gebracht. Er ist ein großer Fan unserer frühen Alben und wollte gern ein wenig dieser alten Sachen in die neue Scheibe einbringen.

Ist er denn auch ins Schreiben der Songs eingebunden gewesen?

Direkt eingebunden war er bei „Eclipse“ nicht, er war mehr der geistige Führer.

Lass uns mal auf die Story zu sprechen kommen. „Eclipse“ ist ja euer erstes Konzeptalbum. Jetzt, nachdem ihr das auch mal gemacht habt – würdest du sagen, es ist einfacher oder schwerer, ein komplettes Album über ein ganz bestimmtes Thema zu schreiben als einfach 10 oder 12 Songs, die nichts miteinander zu tun haben?

Wir hatten ja ein sehr klares Bild vor Augen, was das Thema des Albums anging, daher würde ich sagen, es war schwer, aber nicht zu schwer. Wenn du die Lyrics für einen normalen Song schreibst, musst du alles, was du erzählen willst, in einen Song packen. Deshalb war es auf seine Weise auch wiederum einfacher, die Geschichte in ein komplettes Konzeptalbum packen zu können. Der schwierigste Teil war eigentlich, die Lyrics und die Musik so zusammenzubringen, dass es passte.

Wer von euch ist eigentlich auf die Idee gekommen, ein Konzeptalbum zu machen?

Naja, die Grundidee liegt schon viele Jahre zurück. Es gibt hier in Finnland einen Regisseur, der damals einen Film über genau diese Story machen wollte. Er hat uns kontaktiert und gefragt, ob wir interessiert daran wären, den Soundtrack für diesen Film zu machen. Leider ist aus dem Projekt aus Geldgründen nie was geworden, aber die Idee hatte sich bei uns festgesetzt. Und jetzt, als wir darüber nachdachten, wie die Lyrics für „Eclipse“ aussehen sollten, kam diese Geschichte wieder ans Tageslicht.

Und da habt ihr gedacht, „Hey, gute Geschichte, lasst uns das mal versuchen?“

Ja, weil die Lyrics wirklich sehr gut zur Musik passten, die wir bis dahin schon geschrieben hatten. Die Musik war einfach stark, mit vielen Melodien und stand schon ein wenig im Kontrast zu unseren letzten Alben. Die Musik war also schon da und die Idee hat einfach dazu gepasst.

Die Geschichte von Kullervo, die ihr auf „Eclipse“ erzählt, stammt ja aus der Kalevala. Da gibt’s ja nun eine ganze Menge interessanter Geschichten und Charaktere. Warum habt ihr euch für diese entschieden? Nur deswegen, weil ihr sie ohnehin schon im Kopf hattet? Oder gab es andere Stories, andere Figuren, die noch in Frage gekommen wären?

Stimmt, es gibt 'ne Menge interessanter Geschichten in der Kalevala. Der Grund, warum wir diese genommen haben, ist, dass es eine sehr traurige, gleichzeitig aber auch realistische Story ist.

Kullervo ist ja auch eine sehr tragische Figur. Erst versklavt, dann hat er diese Inzest-Beziehung mit seiner Schwester, ohne zu wissen, wer sie ist und am Ende sind die meisten Figuren tot... da muss man ja einfach ein Album draus machen.

Ja, die Geschichte erzählt einfach Vieles über den Zustand der Menschen, auch heutzutage. Sie ist also auf ihre Art aktuell, wenn ich zum Beispiel an diese ganzen religiösen Streitigkeiten denke. Da hat sich, was die grundlegenden Dinge angeht, nicht wirklich viel geändert. Wir haben auch absichtlich keine Namen in den Texten benutzt und trotzdem funktioniert das alles bestens – wenn man die Geschichte nicht kennt, kann man sich ohne Probleme seine eigene Meinung dazu bilden, worum es da eigentlich geht. Wenn wir Namen ins Spiel gebracht hätten...

... hättet ihr den Leuten die Möglichkeit genommen, ihre eigene Interpretation zu erstellen.

Genau. Das kann man recht einfach, wenn man jetzt die Texte liest, denn hauptsächlich geht es darum, in welchem Geisteszustand sich die verschiedenen Personen befinden.

Hast du denn selbst ein Lieblingstück auf dem neuen Album? Oder sind sie allesamt deine Babies?

Natürlich sind sie irgendwie alle meine Kinder, aber ich persönlich mag „Smoke“ und  „Leaves Scar“ sehr gern. Die beiden würde ich als meine persönlichen Faves bezeichnen.

Ok, eine abschliessende Frage noch. Was kommt auf AMORPHIS in den nächsten Monaten zu? Tourt ihr mit der neuen Platte?

Ja, im März werden wir anfangen zu touren und im April werden wir dann auch nach Europa kommen, unter anderem auch nach Deutschland.

Dann hoffen wir mal auf viele begeisterte AMORPHIS-Konzertgänger. Vielen Dank für das Interview, Esa.