Geschrieben von Samstag, 08 März 2014 14:01

Behemoth - Interview zu "The Satanist"

Wir trafen die polnische Black Metal Band BEHEMOTH in Hamburg anlässlich ihrer aktuellen Tour zum neuen, allseits gefeierten Album "The Satanist". Unsere Fragen zur Scheibe, zur Auftritts-Situation in Polen und zu Katzen beantwortete Bassist Orion im Tourbus, während Sänger Nergal im Hintergrund saß und ab und an zu uns hinüberblickte. Eine etwas eigenartige Situation, zumal der Bassist sehr leise und langsam sprach und sich nur etwas mühsam aus der Reserve locken ließ.

Hi Orion, w
ann bist Du das erste Mal mit dem Musikmachen in Kontakt gekommen?

Hmm, da war ich etwa 12 oder 13 Jahre alt, damals habe ich meine erste Gitarre bekommen. Mein Vater hat mir ein paar alte Rockbands vorgespielt und ich wollte damals einfach so sein wie die. Ich habe also meine erste Gitarre bekommen und einfach angefangen zu spielen.

Euer letztes Album „Evengelion“ war ein echtes Meisterstück. Ich könnte mir vorstellen, dass es nicht gerade einfach war, mit "The Satanist" ein neues Album zu produzieren, das mindestens genauso gut ist.

Ja, nach dem Release von „Evengelion“ haben wir uns darüber unterhalten, was wir als nächstes machen wollen, denn zu der Zeit hatten wir noch gar keine Idee. Wir hatten keine Ahnung, wie wir das Album noch übertreffen können und wollten uns zu 100 Prozent auf das neue Album konzentrieren, um es noch besser zu machen. Dann gab es natürlich eine längere Pause, aufgrund der Leukämie-Diagnose von Nergal, sodass es auch einige große Veränderungen gab. Es hat alles sehr lange gedauert und während der Pause konnten wir uns alle genauer überlegen, was wir machen wollen. Wir finden es auch sehr gut, uns nicht mit anderen Bands vergleichen zu müssen und hören bei sowas immer nur auf uns selbst, während des ganzen Prozesses der Entstehung. Das neue Album ist menschlicher, viel persönlich und organischer.

Der Albumtitel „The Satanist“ ist ja eigentlich sehr simpel aber auch ein wenig stereoty, wieso habt Ihr diesen Titel gewählt?

Klar klingt der Titel ein wenig klischeehaft, aber ein derartiger Titel wurde auch noch nie verwendet für eine Metalband wie uns. Der Titel steht einfach für alles, was wir zurzeit sind. Es ist der beste und einfachste Weg, das zu zeigen.

Normalerweise müsste ich nun fragen, was Dein Lieblingsstück auf dem Album ist. Mich würde aber interessieren, welches Lied Du am wenigsten magst.

Ich mag die Songs eigentlich alle, einen derartigen gibt es also gar nicht.

Bei „The Abscene Ov Light“ habt Ihr einen polnisch eingesprochenen Text. Wieso ist dieser, wie der Rest auch, nicht in Englisch?

Naja, warum denn nicht?

Ihr müsst doch eine Intention dabei gehabt haben. Vielleicht einfach nur, um Euren polnischen Wurzeln treu zu bleiben?

Das wäre wohl viel zu philosophisch gedacht. Es ist nicht so, dass wir glauben, etwas auf Polnisch mit auf das Album packen zu müssen, damit wir unsere Verbindung zu unserer Heimat nicht verlieren. Wir dachten uns einfach, es passt sehr gut und hört sich auch sehr gut an, es ist ein Teil aus einem polnischen Drama von Witold Gombrowicz. Das ist im Original auch auf Polnisch, sodass eine Übersetzung nicht nötig war.

Ich habe ein Zitat von Dir gefunden, welches ich aus dem Polnischen habe übersetzen lassen. Darin sagst Du, dass es für Dich eine große Ehre und Chance ist, nun bei BEHEMOTH Bass zu spielen, weil Novy die Band verlassen hat. Er habe aber natürlich auch eine große Lücke hinterlassen hat und Du wüstest nicht, ob Du sie füllen kannst. Denkst Du noch immer so?

Naja, Novy hat die Band verlassen und ich kam dazu, so ist das manchmal. Für mich ist es natürlich schön. Ich bin eine ganz andere Person und die Art, wie ich spiele, ist auch anders. Ich fühle mich deswegen nicht schlecht und ich fülle den Platz doch sehr gut aus. Ich habe damit kein Problem.

Ihr habt bei Eurer jetzigen Tour ein paar echt gute Bands dabei. IN SOLITUDE, SVARTTJERN, INQUISITION und CRADLE OF FILTH – wie ist es, mit so vielen Leuten unterwegs zu sein und mit ihnen zu spielen, kommt es da auch mal zu Spannungen?

Bis jetzt hatten wir eigentlich noch keine Probleme, mit niemandem. Die meisten sind auch mittlerweile Freunde von uns. Natürlich sind es sehr viele, inklusive der Crew sind wir 45 Leute. Das ist aber auch nur so, weil die Tour so groß ist, das hat keinen großen Einfluss auf uns und es gibt keine großen Missverständnisse. Das sind alles gute Leute und es klappt alles sehr gut bis jetzt, auch wenn die Tour quasi vorbei ist.

In welcher Stadt in Deutschland spielst Du am liebsten?

Oh, das ist schwierig zu sagen. Ich erinnere mich immer an die Shows in Hamburg, die sind immer sehr gut. Die in Berlin sind auch super, Frankfurt auch. Wobei ich mit den Shows in Ostdeutschland nicht immer glücklich bin, das kommt aber auch immer auf die Tagesform der Leute an.

Gibt es einen Unterschied für Dich zwischen den deutschen und anderen Fans?

Global gesehen schon. Die Leute in Amerika reagieren einfach anders auf die Musik und die Shows, als die Menschen hier in Deutschland. Aber die Menschen in Frankreich oder der Schweiz sind da auch wieder ganz anders.

Nergal war ja schon immer das Gesicht der Band. Er hat jetzt ein Buch geschrieben, in dem Du und der Rest der Band auch zur Sprache kommen, zudem hat er seine schwere Krankheit überstanden. Glaubst Du, das hat das Bild der Fans von Dir und dem Rest der Band verändert?

Ich habe echt keine Ahnung. Wir sprechen so oft mit der Presse und Nergal hat schon viele Interviews vor dem Buch gegeben. Ich glaube nicht, dass die Fans uns dadurch anders wahrnehmen, wenn überhaupt dann vielleicht durch ein paar Geschichten, die Nergal geschrieben hat. Es beeinflusst uns nicht so sehr, aber natürlich ist er das Gesicht der Band und das muss er auch sein. Er ist quasi der Bandleader und der, der die wichtigen Entscheidungen trifft.

Polen ist ja ein sehr katholisches Land mit etwa 95 Prozent Katholiken, soweit ich weiß.

Naja, das sagt die Statistik. Ich sehe das ein bisschen anders, aber es sind schon sehr viele Katholiken dort.

Habt Ihr noch immer Probleme dort mit Eurer Musik?

Natürlich. (An dieser Stelle schmunzelt Orion das erste Mal ein wenig)

Nergal war ja auch mal vor Gericht, wegen des "Bibel"-Prozesses.

Nun, der Prozess hat vor vielen Jahren begonnen und ist erst vor einer Woche beendet worden – nach sechs Jahren. Er hat ihn gewonnen und wurde für nicht schuldig befunden. Wir haben noch immer ein paar Shows in Polen, die abgesagt werden. Um Dir ein kleines Beispiel zu geben: Bei uns in Polen haben wir ein kleines Festival, auf dem wir spielen sollten. Aber eine recht wichtige Person in der Regierung der Stadt, in der das Festival stattfand, hat rausgefunden, dass wir da spielen sollten. Also hat er sehr viel schlechte Presse verbreitet, sodass das Festival abgesagt werden musste.

Ist das nicht nervig? Ihr könnt quasi überall spielen, nur in Eurer Heimat habt Ihr Probleme?

Wir können ja in Polen spielen, jedoch gibt es dort häufig Probleme. Es ist mittlerweile nicht mehr nervig, es passiert einfach immer mal. Wir können dagegen nichts tun. Es gibt so viele wichtigere Dinge im Leben, als sich über solche Kleinigkeiten aufzuregen.

Das letzte Mal habe ich Euch beim Metal Hammer Paradise gesehen und es wirkte einfach alles koordiniert. Es gibt leider auch Bands, deren Sound schlecht ist und die Performance noch viel schlechter. Wieso ist das bei Euch nicht so, was glaubst Du?

Ich habe echt keine Ahnung. (Lacht ein wenig)
Um ehrlich zu sein, tun wir für die Konzerte gar nicht so viel. Wir treffen uns natürlich vorher, um ein neues Album zu machen. Das sind dann ein paar Monate, in denen wir durchgehend spielen, das übt natürlich sehr. Das war es dann aber auch schon. Auf der Tour machen wir dann genau dasselbe. Wenn man eine neue Setlist vorbereitet, muss man natürlich die neuen Songs üben, aber auch das dauert nur ein paar Tage und geschieht nur wenige Tage vor dem Tourstart.

Was die Band gut macht, ist einfach die Wahl der richtigen Leute, mit denen man in einer Band ist. Eine Band muss einfach eine Band sein – es ist so simpel, wie es klingt. Aus meiner Sicht kann eine Band mit nur einem festen, starken Mitglied, das die Musiker für jede Tour austauscht, niemals funktionieren. Es ist schön zu hören, dass wir immer noch eine so gute Liveband sind und natürlich versuchen wir dies zu bleiben. Wir spielen jetzt in der gleichen Besetzung seit 2003 – was nun etwa zehn Jahre sind – und arbeiten auch größtenteils mit denselben Leuten, auch auf den Touren. Heutzutage gibt es natürlich auch mal neue Leute, besonders bei so großen Touren wie dieser. Aber das Vertrauen, das wir in die Leute und uns selber stecken, macht das Ganze einfach besser. Wenn du aufhörst daran zu glauben, dass das, was du machst, gut ist, kann das Ganze auch nicht funktionieren.

Ihr spielt dieses Jahr auch auf dem Wacken Open Air, dem größten Metalfestival der Welt. Ist das sogar für Euch etwas Besonders oder macht Ihr Euch da keinen Druck?

Für uns ist jedes Konzert etwas Besonderes und wir wollen auch jedes Konzert zu etwas Besonderem machen. Wacken ist natürlich ein sehr großes Ding. Wir sind schon seit Jahren mit dem Festival in Kontakt aber haben das Angebot, dort zu spielen, nie angenommen, weil es einfach nicht so gut war. Dieses Jahr haben wir ein gutes Angebot bekommen und nun sind wir froh, dass wir dort spielen können. Ich freue mich auch sehr darauf ... Wacken ist halt was echt Großes.

Was ist eigentlich das Beste an den Touren in Deutschland und was das Schlechteste?

Ich kann in Deutschland immer sehr viel lachen, wenn ich die betrunkenen Deutschen sehe mit Bier und diesem „Wurst-Ding“, wie auch immer Ihr das nennt.

Wurst und Schnitzel.

Ja, genau. Das ist einfach so typisch für Deutschland und es ist schön, ein Teil davon sein zu können. Deutsche sind auch sehr ordentlich, wie man es halt immer sagt: „Ordnung muss sein!“ (sagt er auf Deutsch – sogar sehr gut). Aus professioneller Sicht ist das natürlich sehr gut für uns als Band, das heißt, dass alles klappen wird, was von den Deutschen geplant wurde. Es gibt aber sonst kaum große Unterschiede zwischen den Touren in Deutschland und anderen europäischen Ländern, aber ich genieße es von Mal zu Mal mehr, hier spielen zu können.

Wie würdest Du Dich einem Blinden beschreiben?

Oh scheiße man, worüber schreibt Ihr in Eurem Magazin noch gleich? (Lacht ein wenig)
Wenn ich gerade auf Tour bin, wäre es genug Information für den Blinden, wenn er mich riechen würde. Lass es uns dabei belassen. (Lacht)

Ok, zu guter Letzt: Magst Du Katzen?

Ja, eigentlich mag ich schon Katzen ... aber wieso fragst Du das?

Manche mögen halt Katzen, andere Hunde.

Oh, eigentlich mag ich beide. Ich habe momentan leider weder Katzen noch Hunde. Früher, als ich sagen konnte, dass ich die Tiere mit jemanden zuhause lassen kann, wenn ich auf Tour bin, war es mal so, doch heute wäre das unverantwortlich. Aber ich hätte gerne wieder einen Hund.

Ok, das war's dann auch. Hast Du noch ein paar letzte Worte?

Nein, Du? (Lacht)
Danke für das Interview.