Wie ist die Stimmung bei euch? Ein Deal bei Svart Records, ein viel beachtetes und bejubeltes Debüt – ihr legt eine steile Karriere hin.
Hanno: Karriere ist ein großer Begriff. Aber es läuft sehr gut, viel besser als erwartet. Eigentlich hatten wir nur vor, eine Platte aufzunehmen und umsonst ins Netz zu stellen, damit wir Gigs spielen können. Alles was jetzt passiert, ist wie ein Geschenk, das man nicht erwartet hat – da freut man sich ja am meisten drüber.
Was ist das Highlight bisher?
Hanno: Das erste Highlight war, zu merken, dass die Platte richtig geil wird. Wir haben relativ aus der Hüfte aufgenommen, am Tag vorher hatten wir die Tracks noch nicht mal ganz fertig und haben gesagt: Wir machen das jetzt so und fertig aus. Dass dann ein paar Wochen später schon die ersten Dealanfragen kamen, war ein bisschen unwirklich: Wir hatten noch nicht eine einzige Show gespielt und gleich einen fetten Deal von einem Amilabel auf dem Tisch. Da mussten wir uns schon zusammenreißen, da nicht drauf durchzudrehen. Und dann natürlich die Einladung zum Roadburn-Festival. Es gibt Bands, die arbeiten jahrelang darauf hin, da zu spielen und werden nicht eingeladen …
Und euch fällt es in den Schoß.
Hanno: Genau. Walter (Hoeijmakers, Veranstalter) ruft an und lädt uns ein, weil er Fan ist. Das ist schon echt krass. Wir wurden jetzt auch für ein sehr großes Festival in Schweden gebucht (das Getaway Rock Festival, Anm. d. Red.), für mit das größte Festival in Finnland, und vorher geht es wahrscheinlich nach Norwegen. Im Mai touren wir in Portugal und Spanien. Das ist alles ein Geschenk. Es ist alles geil gerade und jetzt liegt es an uns, dass es auch Spaß macht und nicht zu Arbeit verkommt.
Ihr seid bei Svart Records unter Vertrag. Hanno, hat es geholfen, dass du beruflich mit denen zu tun hast? (Anm. d. Red.: Hanno arbeitet bei Oktober Promotion, einer Agentur, die unter anderem mit Svart Records zusammenarbeitet.)
Hanno: Die Frage liegt natürlich auf der Hand. Aber Oktober Promotion hat erst vor wenigen Monaten angefangen, mit Svart zu arbeiten, und ich selbst arbeite mit denen gar nicht. Ich muss auch zu meiner Schande gestehen, dass ich das Label erst gar nicht auf dem Schirm hatte, aber als ich gesehen habe, was die für Bands haben, erschien mir das Label auch passend. Also habe ich denen unser Material geschickt, aber ohne zu sagen, dass ich in der Band bin. Zwei Tage später kam dann die Antwort: Die fanden das geil und wollten das veröffentlichen. Irgendwann habe ich dann gesagt, dass ich in der Band spiele und hatte auch ein bisschen Schiss, dass das ein Abturn für die sein könnte. Aber das war denen zu Recht völlig egal, es ändert ja auch nichts an der Qualität der Musik.
Ihr passt ja auch super auf das Label.
Hanno: Ja, und es hat uns auch super geholfen. Viele sagen, das Label sei heutzutage nicht mehr so wichtig, und das stimmt auch in manchen Bereichen. Aber Svart Records ist ein echtes Trademark. Leute kaufen Platten, nur weil sie wissen, dass die über dieses Label rauskommen. Für uns ist das eine Ehre.
War von Anfang an klar, dass ihr ein Duo sein wollt?
Erinc: Wir haben zu zweit angefangen und ausprobiert, ob das geht. Und es lief sofort super. Es ist einfach so unglaublich einfach, zu zweit zu arbeiten, man kommt viel schneller auf den Punkt. Und vom Sound her haben wir festgestellt: es ist machbar, es ist fett, es ist das, was wir wollten. Und jetzt sehen wir keinen Grund, daran was zu ändern.
Ihr kennt euch schon länger, oder?
Erinc: Wir kennen uns schon ziemlich lange, ja.
Hanno: Seit Oktober 1997. Wir gehen ins 17. Jahr. Wir haben immer schon zusammen gejammt, aber es jetzt erst auf die Kette gekriegt, eine Band zusammen zu machen.
Mal zu eurer Musik und euren Einflüssen: Ich habe Stoner-Vibes gehört. Seid ihr damit einverstanden?
Hanno: Wenn du das so sagst, habe ich damit kein Problem. Aber wir haben mit Stonerrock relativ wenig zu tun. Ich persönlich höre mir so eine Mucke überhaupt nicht an. Aber ich kann auf jeden Fall die Ästhetik des Riffings und des basslastigen Sounds verstehen.
Erinc: Ich mag Stoner schon ganz gerne, wenn es nicht zu psychedelisch wird.
Hanno: Aber wir sind weit davon entfernt, eine Stonerband zu sein.
Das stimmt. Ich hatte trotzdem so ein Stonergefühl bei eurer Platte.
Hanno: Klar, viel Fuzz, viel Bassverstärker …
Erinc: … beckenlastiges Schlagzeug …
Hanno: … viel Rauschen – das stimmt schon.
Und ihr habt euch nach dem türkischen Wort für Pilz benannt.
Erinc: Wir hatten mehrere Namen zur Auswahl. Das Wort sieht einfach schön aus, und es passt auch zur Band: Pilze können giftig sein und wir bekommen manchmal das Feedback, dass unsere Shows gut, aber auch unangenehm sind.
Hanno: Es ist ein kraftvolles Wort. Stumpf ist Trumpf – das Logo sieht aus wie ein Klassiker, den man in seinen Schultisch ritzt.
Das ist ja auch schon die halbe Miete: Das Logo muss auf der Kutte gut aussehen.
Hanno: Absolut!
Und die naheliegenden Mantafahrer-Witze haben euch nicht davon abgehalten?
Hanno: Wir haben sie alle zwei-, dreimal gehört und die meisten davon selber gemacht. Ich glaube aber, dass das sogar ein Vorteil ist: Selbst wenn du den Namen verarschen kannst, du vergisst ihn nicht.
Sehe ich das richtig, dass sich die Ernsthaftigkeit bei euch eher auf die Musik beschränkt und nicht auf die Texte? Oder worum geht es zum Beispiel in „Astral Kannibal“?
Hanno: Das ist einer der wenigen Songs, in denen es wirklich um was geht. Es geht um Astralreisen, also außerkörperliche Erfahrungen, um die Angst, aus einem Traum nicht in die Realität zurückzukehren. Dieses „Kannibal“ ist dann nur so ein Gore-Faktor, der dazukommt.
Haben die Texte für euch eher die Funktion, eine Stimmung zu unterstützen?
Hanno: Wir haben keine Message, wenn du das meinst. Die einzige Message ist die Kraft der Musik. Machen wir uns nichts vor: Wir sind beide keine native speaker. Das einzige, was wir können, ist Wortbilder zu schaffen, Slogans, die gut klingen und den Klang der Musik zu unterstützen.
Warum habt ihr euer Album auch auf Tape rausgebracht?
Erinc: Wir sind beide mit Kassetten groß geworden, deshalb fanden wir es einfach cool. Außerdem haben Kassetten mittlerweile auch wieder eine gewisse Lobby.
Die Verpackung scheint ja sowieso recht wichtig zu sein bei euch – wo habt ihr das Cover aufgetrieben?
Hanno: Der Titel „Death By Burning“ stand schon vorher fest. Dann habe ich dieses Bild bei einem Freund gesehen und sofort gesagt: Ich muss das auf meiner Platte haben. Leider ist das aber kein altertümliches Werk, das man einfach so verwenden kann, sondern erst wenige Jahre alt. Es stammt von einem Künstler namens Aron Wiesenfeld. Dem habe ich einfach eine Mail geschrieben: Hey, wir sind eine Band ohne Geld und ich bin verliebt in dieses Cover – eine ziemliche Schnapsidee eigentlich. Und dann kam eine Mail zurück, darin stand „okay“ und es war ein 50 Megabyte großer Anhang dran. Er meinte nur: „Ich bin sicher, es sieht geil aus auf eurer Platte, viel Spaß.“
Hat er sich mal erkundigt, was ihr für Musik macht?
Hanno: Ich habe ihm vorher einen Link und nachher eine fertige Platte geschickt, aber ich weiß nicht, ob er sich damit auseinandergesetzt hat. Ich finde, das ist eins der geilsten Plattencover aller Zeiten. Würde ich das bei einer anderen Band sehen – ich würde sofort durchdrehen auf diese Tristesse, die trotzdem ein Understatement wahrt.
Ein brennender Mensch wäre auch übertrieben gewesen.
Hanno: Da hast du vollkommen Recht. Wie bebildert man „Death By Burning“? Entweder geht man in totale Metal-Klischees oder auf einen extremen Gore-Faktor. Oder man sucht sich was ganz Subtiles, und das haben wir gefunden.
Ich will dich nicht zu nerdigen Monologen verleiten, deshalb bitte ganz kurz: Wie entsteht dein Gitarrensound?
Hanno: Ich spiele genauso viel Equipment wie fünfköpfige Bands. Ich spiele auch über Bassverstärker. Und ich benutze Effektgeräte, die die Gitarre tiefer legen, damit es klingt wie ein Bass. Die Verstärker schalte ich parallel, die laufen fast immer alle gleichzeitig. Der eine gibt den Bassbereich, der andere den Mittenbereich, der dritte den Höhenbereich. Ich versuche, das Frequenzspektrum von einem Bass und zwei Gitarren alleine abzudecken.
Wie lange hast du daran gebastelt?
Hanno: Das ist eigentlich seit Tag Eins der Sound. Ich bin aber auch tatsächlich sehr, sehr großer Nerd und kenne mich gut aus. Deswegen war es relativ einfach, ich wusste was ich machen musste, damit wir auch zu zweit heftig klingen.
Denkt ihr schon an ein zweites Album?
Erinc: Wenn wir im Proberaum gute Ideen haben, nehmen wir die auf und sammeln die. Wenn wir einen Song zusammenstellen, greifen wir in diese Box und probieren rum, bis ein Grundgerüst steht. Was diese Ideen angeht, sind wir ganz gut dabei. Und wir sind auch heiß drauf, das aufzunehmen, wir haben schon wieder einige richtig fette Sachen.
Gibt es also ein zweites Album über Svart Records?
Hanno: Es gibt auf jeden Fall ein zweites Album. Aber bei welchem Label muss man dann sehen. Im Moment finde ich das mit Svart extrem cool. Die reden uns nicht rein, lassen uns komplett unser eigenes Ding machen und sind große Freunde von geilen Verpackungen, farbigem Vinyl und allem, was du fragen kannst. Die Platte kommt weltweit, das ist schon ziemlich geil. Und das merkt man auch über die Merch-Verkäufe. Das läuft sehr gut, das Tape war über Nacht ausverkauft. Und dafür sind wir auch sehr dankbar, weil wir wissen, dass das nicht selbstverständlich ist.
Also jetzt ist erstmal Genießen angesagt?
Hanno: Ja, genau. Wir geben uns Mühe, hoffen, dass die zweite Platte genauso gut wird, wenn nicht besser. Und hoffen, dass wir unglaublich viele Konzerte spielen können, möglichst auf der ganzen Welt. Es ist eben geil, dass unsere Musik so wertgeschätzt wird, dass uns Leute private Mails schreiben, um sich zu bedanken, oder dass Leute aus Mexiko unser Tape bestellen.
Erinc: Wenn nach einem Konzert jemand kommt und sagt, dass er das richtig gut fand, das ist irgendwie das Beste. Das macht Spaß und dann machen wir wohl auch was richtig.