Geschrieben von Alexander Mittwoch, 16 April 2014 17:55
Red Fang - Interview mit David Sullivan zu "Whales And Leeches" und Bier
RED FANG haben vor einigen Monaten ihr neues Album „Whales And Leeches“ veröffentlicht. Wir trafen uns vor ihrer Show in Hamburg, um Gitarrist David Sullivan ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Da wir leider keinen ruhigen Raum im Knust fanden, setzten wir uns kurzerhand ins Treppenhaus.
Hi David, schön Dich zu sehen. Stell Dich doch bitte kurz vor.
Ich bin David und spiele bei RED FANG Gitarre.
Ihr habt Euer letztes Album „Whales and Leeches“ letztes Jahr im Oktober veröffentlicht. Gibt es bei dem Album etwas ganz Besonderes oder ist es einfach nur ein neues, grandioses RED FANG Album?
Bei dem Album ist wirklich etwas anders. Wir haben es auf eine komplett andere Art und Weise geschrieben. Normalerweise schreiben wir einfach die Songs, so wie sie gerade kommen. Und wenn wir genug zusammen haben, sagen wir uns einfach, dass es an der Zeit ist, ein Album aufzunehmen. Aber bei diesem Album waren wir so viel auf Tour, dass wir uns selbst eine Deadline gegeben haben. Wir waren drei Monate zuhause und haben die Zeit im Studio gebucht und angefangen, das Album zu schreiben und aufzunehmen. Dadurch hatten wir natürlich viel Druck, den wir sonst beim Songwriting nicht haben. Einige der Songs sind aber auch etwas älter. Songs, die wir vorher einfach noch nicht aufgenommen oder vollendet haben. Wir hatten also sehr viel mehr Druck als sonst, da wir in den drei Monaten ein ganzes Album produziert und gleichzeitig die Songs geschrieben haben
Glaubst Du, dass der Druck gut oder schlecht war?
Nun, es hat mir gezeigt, dass wir wirklich in der Lage sind, Songs auch unter Druck zu schreiben. Jedoch finde ich es nicht besser, es auf diese Weise zu machen, weil man einfach nicht den Schalter zum Songschreiben an und aus machen kann. Man kann nicht auf Knopfdruck kreativ sein, die Songs kommen ja nicht einfach so.
Wäre aber deutlich einfacher.
Ja klar wäre es das. Das wäre super, aber leider ist es nicht so. Wenn man einen Song schreibt, muss sich dieser auch über die Zeit entwickeln. Ich finde diese Art und Weise nicht vorteilhafter, obwohl es mir auch geholfen hat, mich mehr auf das Songschreiben selber zu konzentrieren. Es war eine interessante Erfahrung. Ich finde es auch cooler, wenn wir die Zeit haben, um die Songs vorher zusammen zu performen. Einige Songs wurden erst an dem Tag fertig, an dem wir sie aufgenommen haben. Ich finde es deutlich entspannter, viel Zeit beim Songwriting zu haben.
Viele Fans bringen Euch sofort mit Bier in Verbindung, nicht zuletzt wegen Eurer Videos. Ist es nicht ein wenig nervig, dass viele immer nur an Bier denken und euch Journalisten eigentlich in jedem Interview, zumindest in denen, die ich gesehen oder gelesen habe, nach Bier fragen? Übrigens habe ich auch noch ein paar Fragen zu dem Thema.
Ein wenig nervt es schon, denn das ist natürlich nur ein kleiner Aspekt unserer Musik. Die meisten Musiker trinken Bier und werden nicht so sehr auf das Thema festgenagelt. Ich weiß natürlich, dass es eigentlich nur wegen unserer Videos ist, da es dort häufig um Bier geht und ein wenig lächerlich dargestellt wird, wenn wir uns einen Anzug aus Bierdosen bauen und solche Sachen. Ich mag es natürlich, Bier zu trinken, ich liebe Bier! Also ja, es ist ein wenig nervig und wir versuchen uns auch ein wenig von diesem Image zu distanzieren und es nicht mehr in jedem Video zum Thema zu machen.
In eurem letzten Video war ja nur gelegentlich mal eine Flasche zu sehen, bei Eurem „playthrough“ -Video zu „No Hope“.
Ja, stimmt, da haben wir uns nur mit Besen und so aufgehalten und komische Sachen gemacht. Ich mag Bier und es gehört auch zu RED FANG, aber nicht nur, wir sind einfach keine Bier-Band.
Wo wir schon bei den Videos sind, die sind ja immer sehr speziell. Wenn Ihr zum Beispiel Anzüge aus Bier baut oder mit einem Auto etliche Dinge kaputt fahrt, bleibt einem das im Gedächtnis. Ich habe damals zuerst Euer „Prehestoric Dog“-Video gesehen und fand es echt lustig, wurde aber auch so sehr von dem Video selber beeinflusst, dass ich die Musik zuerst gar nicht beachtet hab. Glaubst Du, dass einige Fans Euch gerade aufgrund der Videos nicht richtig ernst nehmen können und das zu Problemen führt?
Nun, ich finde nicht, dass es direkt ein Problem ist, aber ich weiß, was Du meinst. Es reicht uns, dass wir unsere Musik ernst nehmen und die Musik immer an erster Stelle kommt. In den meisten Videos von irgendwelchen Metal oder Hard Rock Bands sieht man die Musiker immer nur als harte, männliche Macho-Typen und das ist einfach nicht das, was wir sind. Wir sind einfach nur ein paar Typen die Rock oder Stoner Rock spielen. Ich mag es, dass unsere Videos viel Humor haben, auch wenn unsere Songs deutlich ernster sind, manchmal sogar sehr düster. Ich weiß, was Du meinst, einige Leute denken nur an die Videos und kümmern sich nicht um die Musik, aber das ist auch egal. Aber hoffentlich mögen einige auch die Videos und die Musik, sodass sie sich dadurch mehr mit der Band beschäftigen.
Glaubst Du, Ihr wärt auch so bekannt, wenn Ihr ganz normale, stereotypische Videos machen würdet?
Nein, wären wir wohl nicht. Ich glaube, die Videos haben da sehr geholfen, auch damit die Fans sehen, wer und wie wir sind. Besonders in der heutigen Zeit des Internets ist es wirklich wichtig, Videos zu haben, die sich einbrennen. Einige Leute würden vielleicht einen Link zu einem Song verschicken und sagen: „Schau Dir mal den coolen Song an.“ Aber viel mehr Leute würden sagen: „Schau Dir mal dieses echt lustige Video an.“ Ohne die Videos wären wir nicht da, wo wir jetzt sind. Natürlich will ich als Musiker auch ernst genommen werden, aber gleichzeitig ist es für mich auch wichtig, humorvoll zu sein.
Bei Euren Videos arbeitet Ihr mit Whitey McConnaughy zusammen, der auch die Ideen für die Clips hat. Sucht er sich dann einen Song aus, zu dem seine Idee passt, oder entscheidet ihr, welcher Song visuell umgesetzt wird?
Manchmal suchen wir uns einen Song aus und er macht dann was Cooles daraus. Bei „Prehestoric Dog“ war es aber so, glaube ich, dass er einfach den Song gehört hat, zu uns kam und uns seine Ideen erklärt hat. Aber das ganze Konzept kommt von Whitey. Er weiß einfach, wie wir sind und kennt unseren Humor. Wir versuchen natürlich auch immer ein bisschen was aus unserem Leben widerzuspiegeln und geben ihm ein paar Sachen vor, über die wir uns freuen würden. Aber die Idee und das Konzept stammt letztendlich von ihm. Wir machen schließlich Musik und keine Videos.
Während Ihr Eure Videos dreht, wie viel Bier müsst Ihr da eigentlich trinken? Ich glaube, nüchtern kann man sich bei sowas nicht immer ernst nehmen, oder?
Bei dem „Prehestoric Dog“-Video mussten wir auch für das Filmen selber viel trinken, sodass Whitey gesagt hat, dass wir nur trinken dürfen, wenn es wichtig für das Video ist, damit wir am Ende des Drehtages nicht total betrunken sind. Natürlich haben wir dann immer was getrunken, als er nicht hingeschaut hat. Bei „Blood Like Cream“, wo uns die Zombies verfolgen, war es aber so, dass wir gar nichts während des Drehs getrunken haben, weil wir einfach nicht genug Bier hatten. Wir hatten so viele Statisten, die Zombies gespielt haben, und nur so wenig Bier, dass es am Ende gerade gereicht hat, dass nach dem Dreh jeder ein Bier in der Hand hatte.
Du trinkst jetzt gerade ja auch Bier, in den Videos trinkt Ihr und auf der Bühne trinkt Ihr. Trinkst Du eigentlich auch mal kein Bier?
Oh, das ist heute mein erstes Bier. Ich handhabe das so, dass ich ein Bier trinke, bevor ich auf die Bühne gehe und dann etwas auf der Bühne. Ich kann einfach nicht jeden Abend trinken. Man kann auf Tour auch einfach nicht so viel trinken, man ist immer erschöpft, bekommt wenig Schlaf, da geht das einfach nicht. Unsere Toursituation ist zwar sehr gut, aber es geht trotzdem nicht, dass man jedem Abend Bier trinkt, wir wollen ja auch noch gute Shows abliefern. Ich fühle mich, seitdem ich das so handhabe, auch wirklich besser.
Man hört ja leider viel zu häufig von Musikern, die ein massives Alkoholproblem haben.
Ja, die gehen häufig nach den Shows auch noch in Bars und Clubs und so. Ich weiß zwar nicht, wie die anderen aus der Band das machen, aber ich nehme das einfach gelassen und trinke wenig. Es gab ein paar Tage in England, an denen ich richtig getrunken habe. So wie zum Beispiel auch gestern. Aber sonst trinke eigentlich sehr wenig, weil ich das einfach nicht durchhalten würde und auch immer eine gute Show abliefern möchte.
Um wieder ein wenig vom Bier wegzukommen und ein wenig mehr über Eure Musik zu sprechen. Ich habe Euch das erste Mal 2012 auf dem RockHarz Festival gesehen, erinnerst Du Dich noch an das Festival?
Ich glaube ja, jedoch bin ich mir nicht ganz sicher. Wir haben in den letzten paar Jahren so viele Konzerte gespielt und Festivals besucht, dass man einfach nicht alle auseinander halten kann. Manche Festivals, wie das Hellfest, bleiben im Gedächtnis, andere nicht.
Vor zwei Tagen seid Ihr aus den Niederlanden gekommen und morgen geht es schon nach Schweden. Ist das nicht ein wenig anstrengend, immer unterwegs zu sein? Belastet Euch das nicht und könnt Ihr so überhaupt noch gute Shows abliefern?
Heute müssen wir sogar direkt nachdem wir das Konzert gegeben haben los, weil wir unserer Fähre erwischen müssen. Wir haben leider nie viel Zeit und können uns auch die Städte nie so wirklich ansehen. Es ist immer nur fahren, ausladen, Soundcheck, essen, Konzert, einladen und wieder von vorne. In den USA fahren wir selber und tauschen immer, hier haben wir zum Glück einen Fahrer, sodass es nicht ganz so anstrengend ist. Aber ja, grundsätzlich ist es sehr anstrengend.
Wie ich hörte, hattet Ihr in den USA auch mal einen Unfall während einer Tour.
Stimmt, als das passierte, waren wir etwa 40 Meilen von Portland entfernt und kamen gerade aus Seattle, als ein Hirsch auf der Straße auftauchte. Ich habe zu der Zeit gerade geschlafen und Aaron war der Fahrer. Er hat versucht auszuweichen und ist dabei von der Straße abgekommen – als er dann korrigieren wollte, sind wir auf der anderen Seite der Straße gelandet und haben uns zwei Mal überschlagen und landeten mit den Rändern auf dem Boden. Als ich aufwachte, wurde ich gerade an die Decke von unserem Bus geschleudert. Wir hatten sehr viel Glück, die Sachen waren aus dem Bus geflogen und die Fenster waren kaputt, aber die schlimmste Verletzung war eine gebrochene Rippe von unserem Tontechniker. John hatte einen kleinen Schnitt an der Hand und einen am Kopf. Ich hatte mich nicht einmal angeschnallt, weil ich ja im Bett lag und geschlafen habe, und trotzdem ist nichts passiert. Wir hatten wirklich Glück. Als wir zum Stehen gekommen sind, bin ich sofort aufgesprungen und habe geschaut, wie es dem Rest geht. Aber es waren alle in Ordnung, als ich gesehen habe, dass sie sich alle unterhalten haben. Der Bus war natürlich kaputt, aber dem Hirsch ging es gut.
Und was war mit Euren Instrumenten?
Die waren auch alle heil. Wir haben eine Art Käfig, sodass die immer geschützt sind. Die sind alle sicher verstaut und gut gepackt, sodass auch bei einem Unfall wie diesem nichts umherfliegen kann. Wir scherzen immer, dass sie verstimmt waren. Die Instrumente waren heil, uns ist nichts passiert, wir hatten Glück. Wirklich Glück.
Das klingt alles ziemlich … ich weiß auch nicht, sehr krass.
Das war es auch. Als wir zum Stehen gekommen sind und der erste Schock vorbei war, bin ich aus dem Bus geklettert und habe ein paar Sachen eingesammelt, Telefone und so. Ich war natürlich froh, unsere Sachen zu finden aber ich dachte mir auch, dass es komplett unnötig ist. Es sind nur irgendwelche Dinge, die man kaufen kann, einfach Müll. Das wirklich Wichtige war, dass wir das heil überstanden haben. Dieser ganze materielle Kram ist nicht wichtig. Mein Telefon oder iPod, das sind einfach nur Dinge, aber dass wir gesund sind, ist viel wichtiger. Das hat alles ein wenig verändert.
Um wieder ein lustigeres Thema anzuschneiden: Für „No Hope“ habt Ihr dieses „playtrough“-Video gemacht und ich muss sagen, John ist ein wirklich guter Luftgitarrenspieler. Kannst du eigentlich Luftschlagzeug spielen?
Ja, aber nicht viel (trommelt ein wenig in der Luft herum). Aber John macht das wirklich super. Einmal, als wir auf Tour waren, saß er irgendwo im Bus und ein cooles Lied lief, er hatte gute Laune und er fing an, Luftgitarre zu spielen. Er ist dann rückwärts vom Sitz gefallen, auf dem Boden gelandet, hat gelacht und einfach weiter spielt. Er macht das echt gut.
Kann er auch auf einer echten Gitarre spielen?
Ja, kann er ein bisschen. Er sagt zwar immer, dass er es nicht kann, aber ein paar Songs hat er schon drauf. Aber um in einer Band zu spielen reicht es noch nicht.
Ok, zurück zum Bier. Was ist dein Lieblingsbier hier in Deutschland?
Oh, das ist schwierig. Ich hatte gestern ein echt gutes Bier aber ich hab' leider keine Ahnung mehr, wie es heißt. Ich habe eigentlich kein Lieblingsbier. Ich mag jedes Bier. Ich mag auch dieses Astra, das ich gerade trinke. Das ist doch aus Deutschland, oder?
Ja ist es.
John hat sogar ein Tattoo, das so aussieht wie das Logo von Astra. Diesen Anker hier (zeigt auf den typischen Astraanker).
Wenn ich mal in den Staaten bin, welches Bier würdest Du mir empfehlen?
Wir haben echt viel gutes Bier. In Portland haben wir viele Sorten von Microbrew. Ich mag aber auch das PBR Bier sehr gerne. Es gibt halt viele Arten, wobei sie eigentlich alle sehr stark sind. Ich würde aber am ehesten Anchor Steam oder Black Butte Porter empfehlen. Ich trinke für gewöhnlich aber IPA. Ich trinke zwar viel Bier und mag es auch, habe aber keinen richtigen Favoriten, sie sind alle gut.
Für einen Journalisten ist es immer schwierig, Fragen zu finden, die kaum jemand zuvor gestellt hat. Wenn ich etwas über Euer neues Album wissen möchte, könnte ich auch genauso gut jedes andere Interview im Internet lesen, aber ein Interview sollte etwas Besonderes sein und man muss auch etwas über die Musiker selbst erfahren, daher mal eine etwas ungewöhnliche Frage: Was glaubst Du, welcher Charakter von „Die Simpsons“ am besten zu Dir passt und wieso?
Das ist eine echt gute Frage, die hat mir auch noch nie jemand gestellt. Ich glaube, Lisa Simpson würde am besten passen, obwohl sie ein weiblicher Charakter ist und ich ein Typ bin. Sie passt aber sehr gut, sie ist Musikerin, sie kümmert sich um die Umwelt und ist klug. Ich glaube, deswegen würde sie am besten zu mir passen. Sie ist zwar ein bisschen idealistisch, aber das mag ich.
Ist es eigentlich ein wenig nervig, immer diese Interviews zu machen und Fragen zu beantworten, die man vermutlich schon etliche Male gehört hat?
Ja, diese typischen Fragen wie „Was sind Eure Einflüsse?“ oder „Wie schreibt Ihr Eure Songs?“, das nervt natürlich. Aber es ist mir auch relativ egal, es freut mich einfach, Musik machen zu können, zu reisen und Leute zu treffen. Es gibt natürlich auch sehr gute und sehr schlechte, wie Du schon sagst. Man könnte irgendein anderes Interview lesen, da viele Fragen eh immer gleich sind. Wenn dann neue Fragen kommen, ist das natürlich cool. Ich würde, um ehrlich zu sein, lieber keine Interviews geben und nur Musik machen. Aber das gehört einfach dazu. So kann man auch Leute treffen und ich sehe, dass die Leute sich für die Band interessieren.
Zum Schluss nenne ich ein paar Sachen und Du sagst, was Dir als erstes dazu einfällt, egal ob es nur ein Wort ist oder ganze Sätze.
Bier
Astra
Hamburg
Graffiti
Cheesburger
Pommes
Gras
Rauchen
Interviews
Brainfreeze
Kater
Essen
Was zum Beispiel?
Eier, Würstchen ... dieses ganze Essen, das man zum Frühstück eigentlich ist, das hilft immer sehr.
... und zum Schluss: Nüchtern werden
Oh, das ist schwierig, aber ich würde "Willenskraft" sagen, wenn man wirklich gar nicht mehr trinken will.
Hast Du noch irgendwelche abschließenden Worte?
Ja, danke für’s Kommen und auch danke an all die Fans, die heute gekommen sind. Nach dieser Tour werden wir kurz nach Hause fliegen und im Juli ein paar Festivals besuchen. Danach geht es dann nach Australien, aber das nicht vor Oktober ... und bis dahin: Rock on!
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